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In der Rollenden Buschenschank durch die Weinberge - der Reblaus Express vulgo Lokalbahn Retz-Drosendorf

Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013

Höchst vergnüglich stellte sich die Fahrt mit dem Reblaus Express auf der knapp 40 km langen Lokalbahnstrecke Retz nach Drosendorf dar, die Chefred Dr. Populorum an einem sommerlichen Augusttag unternahm. Dass die beschauliche Fahrt in den grünen Spantenwaggons der 1950er Jahre eine Anfahrt ganz in den Norden der Republik unmittelbar an der tschechischen Grenze wert ist, das muss sich herumgesprochen haben, denn die 3x täglich an Wochenenden und Feiertagen zwischen Retz und Drosendorf verkehrenden Züge waren alle sehr gut besucht, darunter sehr viele Radtouristen.

Zur Geschichte der Bahn:

Nachdem sich Drosendorf schon 2x vergeblich um einen Bahnanschluss bemüht hatte (normalspurige Lokalbahn von Frain an der Thaya über Drosendorf nach Raabs an der Thaya - vorkonzessioniert am 1. Juli 1897 sowie eine elektrische Bahn von Dobersberg über Karlstein an der Thaya nach Drosendorf - vorkonzessioniert am 28. Mai 1900) sollte es im 3. Anlauf klappen: Für eine normalspurigen Lokalbahn Retz–Drosendorf wurde am 27. Juli 1908 die Konzession erteilt. Die Baubewilligung für die Strecke von Retz - Drosendorf wurde am 23. 10. 1908 erteilt sowie am 1. 2. 1909 jene für den Bahnhofsbereich Retz. Der Baubeginn erfolgte im Oktober 1908.

 

Die technisch-polizeiliche Streckenprüfung erfolgte am 16. 8. 1910. Der planmäßige Betrieb  wurde am 21. Oktober 1910 aufgenommen. Der Betrieb wurde in den Anfangsjahren von den  Niederösterreichischen Landesbahnen durchgeführt.

 

Nach wirtschaftlichen Turbulenzen der NÖ-Landesbahnen im Gefolge des 1. WK  ging die Bahn am  24. September 1924 in den Besitz der Bundesbahnen Österreichs (BBÖ - Vorläufer der ÖBB) über.

 

Nachdem die Bahn auch den "kalten Krieg" überdauert hatte verkehrte dennoch am 9.6.2001 der letzte reguläre Personenzug, die ÖBB haben unter Duldung oder sogar auf Initiative der Politik wieder mal eine Strecke stillgelegt nachdem sie vorher kaputtgespart und unattraktiviert wurde. Doch statt dem Abbruch - wie sooft anderswo zelebriert - wurde die Strecke einer neuen Nutzung zugeführt und erlebt seither einen 2. Frühling. Seit 2002 verkehren touristische Züge mit dem Markennamen "Reblaus Express" von Retz nach Drosendorf, vorerst auf Bestellung des Landes NÖ durch die ÖBB als Betreiber und EVU, welche meist Dieselloks der Reihe 2143 einsetze.

Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013

Noch unter ÖBB-Ägide am 1.10.2010 in der Nachmittagssonne sonnen sich im beim Heizhaus Retz die ÖBB 2143 022-8 sowie 2070 073-8

 

Seit 2010 nach der Übernahme der Strecke durch das Land NÖ fungiert die NÖVOG als Betreiber. Als EVU fungieren aktuell die Wiener Lokalbahnen, die auch die Lokomotiven stellen. Am Besuchstag der Strecke im August 2013 war dies die V 100 mit der Bezeichnung 9281 20000 90-80. Die WLB besitzt 3 dieser von Bombardier gebauten Dieselloks mit einer Leistung von 1060 kW.

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Die V 100 der WLB vor dem Bahnhof Retz

 

Aktuell 2013 werden als Waggons grüne Spantenwagen mit zusätzlich einem Radtransportwaggon sowie einer rollenden Buschenschank eingesetzt.

 

An der 39,9 km langen Strecke liegen bzw. lagen folgende Bahnhöfe und Haltestellen:

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Retz (km 0,0; Höhe 245 m.ü.A.)

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Hölzelmühle (1927 aufgelassen)

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Hofern (km 8,2; Höhe 416 m)

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Nieder-Fladnitz (km 10; 422 m)

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Pleißing-Waschbach (km 14,4; 384 m)

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Weitersfeld NÖ (km 17,9; 429 m)

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Oberhöflein (km 22,8; 424 m; seit 2007 nicht mehr bedient)

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Anglerparadies Hessendorf (km 23,7; 440 m)

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Hessendorf (km 24,7; nicht bedient)

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Langau (km 26,5; 450 m)

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Geras-Kottaun (km 31,3; 460 m)

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Johannesthal (km 32,9; 1994 aufgelassen)

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Zissersdorf (km 35,1; 485 m)

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Wallfahrtskirche Maria Schnee (temporäre Haltestelle, 1938 aufgelassen)

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Drosendorf (km 39,8; 414 m)

 

Die Fahrtdauer des Reblaus Express beträgt 1 Stunde und 15 Minuten je Richtung auf der Gesamtstrecke. Diese weist bis zu 29 Promille Steigung auf, der kleinste Kurvenradius beträgt 170 Meter. Die offizielle Strecken-Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h erreichte der Zug meiner Einschätzung nach nicht, aber dennoch war es nicht so leicht, den guten in der Rollenden Buschenschank servierten Wein ohne gröbere Pannen zu trinken. Die Spantenwagen machten in den Kurven einen Höllenlärm, es kreischte und quietschte furchterregend.

 

Die Abfahrt erfolgte von Gleis 1 des Bahnhofs und nach wenigen hundert Metern bog der Reblaus Express von der Nordwestbahn Richtung Znaim nach links ab. Vorerst galt es Höhenmeter zu gewinnen, es ging mit der Maximalsteigung durch die Retzer Weinrieden bergan und die Stadt Retz wurde halbkreisförmig im Norden umrundet. Ein prächtiges Panorama bot sich den zahlreichen Reisenden.

Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013

 

Bis zur Haltestelle Hofern hat unser Zug auf den ersten 8 Kilometern bereits 170 Höhenmeter bewältigt.

Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013 Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013

Den Ausläufern des Manhardsberges entlang geht es weiter bergan, und Wälder lösen die Rebkulturen ab - wir haben die Grenze vom Weinviertel ins Waldviertel passiert. Der Bahnhof Nieder-Fladnitz weist ein schmuckes Bahnhofsgebäude auf.

Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013

Anschließend fällt die Strecke, am Waldrand und durch Felder verlaufend, wieder leicht ab und erreicht die Senke vom Waschbach. Bis zur Einstellung des Schienen-Güterverkehrs per 10. 12. 2010 gab es in Pleißing-Waschbach Rundholz- und Strohverladung.

Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013

Ab hier steigt es wieder. Wir fahren durch Ackerland, welches mit zahlreichen Alternativkulturen (z.B.: Raps, Mohn, Distel, Kümmel, Flachs, Sonnenblumen, Amaranth, Kürbis), sowie Getreide, Erdäpfel, Kukuruz u. Zuckerrübe bestellt wird.

 

Im Bahnhof Weitersfeld NÖ endete bis 2010 der Güterverkehr (Baustoffe, Düngemittel, Holz, Getreide, Stroh, Erdäpfel, Ölkerne).

Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013

 

Nun fällt die Bahnlinie in das Tal der Fugnitz ab und verläuft kilometerweit, abseits von Straßen und Siedlungen, traumhaft schön durch Wald und Flur, weiter durch die ehemalige Haltestelle Ober Höflein, welche sich ca. 1 km vom dazugehörenden Ort entfernt befindet und daher mangels Inanspruchnahme seit 2008 nicht mehr planmäßig bedient wird.

Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013 Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013

Die aktuell nicht mehr bediente Station Oberhöflein

 

Es folgt ein kurzer, gerader Anstieg vorbei an Feldern und Fischteichen. An der  Haltestelle Anglerparadies Hessendorf liegt eine idyllisch gelegenen Teichanlage, die an diesem Tag gut frequentiert war und auch unser Zug bringt noch einige Gäste dazu.

Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013 Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013

Wir aber fahren weiter, ansteigend durch dichten Wald und alsbald vorbei an der aufgelassenen Haltestelle Hessendorf, entlang dem „Hintaus“ von Bauerngehöften. Weiter durch Felder, dann ein Kuriosum beim Reblaus Express vor der Einfahrt in den Bahnhof Langau - wir müssen vor einer offenen Schrankenanlage anhalten und warten, bis der FahrGast-Betreuer, der hurtigen Schrittes in den Bahnhof trabt, den Schranken heruntergelassen hat. Am Bahnhof Langau gab es von 1949-1963 eine Kohleverladungsanlage, wovon noch Reste zu sehen sind. Ein Gruppe von ca. 30 Kindern-/Jugendlichen samt Betreuer wollen auch noch in den Zug und der Halt dauert einige Zeit bis die ganzen Fahrräder im Packlwagen verstaut waren.

Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013

Nach zügiger Fahrt durch weite Felder und einem kurzen Gefällestück im Wald erreichen wir nach einem engen Bogen die
Haltestelle Geras- Kottaun .

Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013

Nach kurzem Ausblick auf Geras mit seinem 1153 gegründeten Prämonstratenser–Chorherrenstift und dem großen Fischteich folgt neuerlich eine Walddurchfahrt.

 

Vorbei an der seit 1994 aufgelassenen Haltestelle Johannesthal, auf einer hohen Brücke über den Thumeritzbach und durch eine Föhrenallee führt die Strecke, mit erneut starker Steigung, wieder durch Felder zum höchsten Punkt der Strecke, dem Bahnhof Zissersdorf.

 

Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013

 

Nun strebt unsere Bahn, mit stetem Gefälle, oberhalb von Fischteichen, durch Äcker, einer kurzen Walddurchquerung und Wiesen, vorbei an der bereits 1938 aufgelassenen Station Maria Schnee dem Endpunkt der Strecke, dem Bahnhof Drosendorf entgegen. (nach Webseite Reblaus Express, verändert)

Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013

Leider bleibt der Reblaus Express zu kurz in Drosendorf stehen um zumindest einen kleinen Spaziergang durch die historische Kleinstadt zu machen oder gar, um in einem gemütlichen Wirtshaus einzukehren.

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Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013

Fazit: Eine äusserst vergnügliche Reise durch das Wein- und Waldviertel. Sehr lobenswert die Betreuung, von der informativen Gestaltung der Webseite beginnend bis zum Personal am Zug. Immer flink durch den Zug unterwegs die Belegschaft der Rollenden Buschenschank, wo es neben Getränken auch bspw. Liptauerbrote sowie Kuchen gibt. Verhungern und verdursten muss man also wahrlich nicht. Das Achterl Veltliner kostet 1.- Euro, das Viertel Spritzer 1,80, wohlfeile Preise also.

Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013 Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013

Reblaus Express Retz Drosendorf DEE Dr. Michael Populorum 2013

 

Als Anreisetag empfiehlt sich nicht unbedingt ein Feiertag oder der Sonntag, denn da fährt der "grösste Mobilitätsanbieter" der Nation, die ÖBB, gerade mal alle 2 Stunden von Wien nach Retz - blamabel kann man da nur sagen - und so mußte der Herr Chefred 1 Stunde auf den Anschlußzug Richtung Wien warten und obendrein war das traditionelle Bahnhofsbuffet wegen Renovierung (oder baldiger Schließung) versperrt. Also eher den Samstag als Reisetag nehmen. Eine längere Verweildauer in Drosendorf wäre wünschenswert. Über Möglichkeiten von Ausflügen (u.a. nach dem Städtchen Hardegg mit zugehöriger Burg) in Kombination mit Bussen wird man auf der Webseite bestens hingewiesen.

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Linktip: www.reblaus-express.at

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Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur Railway Research Austira / DEEF;  Erstmals Online publiziert: 18. August 2013; Ergänzungen: 8.2.2021

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Last modified  Montag, 08. Februar 2021 20:37:54 +0100
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