Die Jungfraubahn “Top of Europe” – von der Kleinen Scheidegg hinauf auf´s Jungfraujoch

Allgemeines
Die Jungfraubahn (JB) – Marketingbezeichnung “Top of Europe” – ist sicher eine der bekanntesten und auch spektakulärsten Eisenbahnen Europas und auch weltweit. Die schmalspurige, elektrifizierte Zahnradbahn führt seit 1912 von der Kleinen Scheidegg (2.061 m) im Tunnel durch Eiger und Mönch bis auf das Jungfraujoch, wo sie im höchsten Bahnhof Europas (Top of Europe) auf 3.454 m Seehöhe endet. Der ursprünglich vom Spiritus Rector des Projekts Adolf Guyer-Zeller geplante Weiterbau auf den Gipfel der Jungfrau (4.158 m) unterblieb allerdings bis heute.
Mit mehr als 1 Million Fahrgäste pro Jahr auf das Jungfraujoch ist die Jungfraubahn eine der Top-Destinationen der Schweiz. Mit der Eröffnung der Seilbahn “Eiger Express” im Jahr 2020 als zusätzlichem Zubringer zum bisherigen alleinigen Zubringer Wengernalpbahn soll es möglich sein, die Fahrgastzahlen hinkünftig in Richtung 2 Millionen pro Jahr auszudehnen. Eigentümer der Jungfraubahn ist die Jungfraubahn Holding AG, Betreiber die Jungfraubahnen Management AG, beide beheimatet in Interlaken, Kanton Bern.

Einige Kennzahlen der Jungfraubahn
Eröffnung der Gesamtstrecke: 1912
Streckenlänge: 9,34 km, davon 7,2 km im Tunnel
Spurweite: 1.000 mm (Meterspur)
Antrieb: Elektrisch, 1.125 Volt 50 Hz Drehstrom (Dreiphasenwechselstrom)
Traktion: Zahnstangen, System Strub
Maximale Neigung: 250%%
Eigentümer: Jungfraubahn Holding AG
Betreiber: Jungfraubahnen Management AG (100% Tochter der Jungfraubahn Holding AG)
Stationen Kleine Scheidegg – Jungfraujoch Top of Europe:

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- Kleine Scheidegg, Bahnhof, km 0,0; 2.061 m Seehöhe (> WAB nach Grindelwald bzw. Lauterbrunnen)
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- Eigergletscher, Bf., km 2,04; 2.320 m (> seit 2020 Übergang zur 3S-Seilbahn “Eiger Express” nach Grindelwald Terminal)
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- Rotstock, ehem. Haltestelle im Jungfraujoch-Tunnel, km 2,90; 2.530 m
- Eigerwand, Betriebsausweiche im Eiger, ehem. Personenhalt, km 4,40; 2.864 m
- Eismeer, Ausweiche und Personenhalt im Mönch, km 5,73; 3.158 m
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- Jungfraujoch Top of Europe, Endbahnhof, km 9,34; 3.454 m
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Meilensteine der Geschichte der Jungfraubahn
Die Planung und der Bau der Jungfraubahn ist unzweifelhaft mit dem Namen eines Mannes verbunden, nämlich dem Namen Adolf Guyer-Zeller. Es wird erzählt, dass Guyer-Zeller, eine umfassend gebildete und wirtschaftlich potente Persönlichkeit aus Zürich, mit seiner Tochter bei einer Wanderung in Mürren unterwegs war und dabei einen Zug der Wengernalpbahn gegen die Kleine Scheidegg fahren so. Dabei fasste er den visionären Entschluss, eine Bergbahn weiter hinauf auf die Jungfrau zu planen und zu bauen. Noch am gleichen Abend hielt er seinen Entschluss auf Papier in Form einer Skizze fest.

Nur knapp 4 Monate später reichte Guyer-Zeller am 20.12.1893 das Projekt Jungfraubahn beim eigenössischen Bundesrat ein und genau nach 1 Jahr, am 21. Dezember 1894 wurde die Konzession für das Projekt erteilt. Bis zur Gesamtfertigstellung der Jungfraubahn (abgespeckt nur bis zum Jungfraujoch) sollten jedoch fast 20 Jahre vergehen, Jahre voller Mühsal und Widrigkeiten, die jedoch – zum Glück für die Nachwelt – alle gemeistert werden konnten. Der Initiator, Mentor und teils auch Finanzier des Projektes, Adolf Guyer-Zeller, sollte obendrein die Vollendung seines Werkes nicht mehr persönlich erleben, er starb 1899 in Zürich an Lungenentzündung.
Victor Freiherr von Röll
vermerkt in seiner Enzyklopädie des Eisenbahnwesens Band 6, Seite 312 f, zur Jungfraubahn folgendes:
Jungfraubahn (Berner Oberland, Schweiz). Vgl. Art. Bergbahnen, Bd. II, Seite 211. Bis jetzt wohl die interessanteste Bergbahn in Europa, führt, von der kleinen Scheidegg ausgehend, im Innern von Eiger, Mönch und Jungfrau mitten in die großartigsten Gebiete des ewigen Schnees. Vgl. Abb. 176. Die kleine Scheidegg wird von Interlaken aus sowohl über Lauterbrunnen, als auch über Grindelwald erreicht.
Nicht weniger als drei verschiedene Konzessionsgesuche (Projekte Köchlin, Trautweiler und Locher) beschäftigten im Jahre 1890 die schweiz. Bundesversammlung. Diese Pläne sahen die Verlängerung der Berner Oberlandbahnen (s.d.) bis Stegmatten oder Stechelberg und von da einen kontinuierlichen oder stellenweise unterbrochenen Tunnel bis etwas unterhalb des Jungfraugipfels vor. Die Konzession für das jetzt in Ausführung begriffene Projekt erhielt Guyer-Zeller (s.d.) am 21. Dezember 1894 zuhanden einer zu bildenden Gesellschaft. In dieser Konzession wurde der sektionsweise Bau gestattet und es sind in der Tat dem Betriebe übergeben worden: Station Eigergletscher, 2323 m ü. M., am 19. September 1898, Station Eigerwand, 2868 m ü. M., am 18. Juni 1903, Station Eismeer, 3161 m ü. M., am 25. Juli 1905[312] und Station Jungfraujoch, 3457 m ü. M., am 1. August 1912 (9613 m schiefe Baulänge). Die letzte Strecke, von da bis zum Gipfel, wird gebaut. Die Konzession hatte vorgesehen, daß der Bundesrat die Genehmigung der Ausführungspläne für Strecken über 3200 m Höhe ü. M. erst erteilen werde, wenn nachgewiesen sei, daß Bau und Betrieb der Bahn in diesen Höhen Leben und Gesundheit der Menschen keine ausnahmsweisen Gefahren biete. Auf dem Gipfel erhielt die konzessionierte Gesellschaft das Expropriationsrecht nur insoweit, als sie das Land für die Bahnanlage nötig hat. Guyer-Zeller starb während des Baues. Der Jungfraubahntunnel führt bis 7∙1 km durch Hochgebirgskalk, dann durch Gneis. Am 31. Dezember 1912 waren auf den Bau 15∙0 Mill. Fr. verwendet, in welchem Betrage jedoch für die Kraftwerke Lauterbrunnen und Burglauenen samt Zuleitungen 3∙6 Mill. Fr. inbegriffen sind. Der Meteorologie, Physiologie, Biologie und Geologie leistet die Bahn wesentliche Dienste.
Im Sommer wird die J. vom 15. Mai bis 15. Oktober betrieben, u.zw. vom 1. Juni bis 1. Oktober mit täglich 12 Zügen in jeder Richtung nebst allfälligen Bedarfszügen. Im Winter verkehren vom 21. Dezember bis 28. Februar, im Anschluß an die Sportzüge der Wengerenalpbahn, täglich mehrere Züge bis Jungfraujoch und zurück.
Die Station Eigergletscher hat Restaurant, Post, Telegraph und Telephon. Die nachfolgenden Felsstationen haben Seitenstollen und Aussichtsfenster mit Geländern. Auf Station Eismeer befindet sich ein Restaurant mit einem Speisesaal für 200 Personen und ein Postbureau. Auf Station Jungfraujoch sind Buffet und Unterkunftslokale vorhanden.
Der Verkehr hat sich wie folgt entwickelt: 1899 wurden 43.719, 1900 50.092, 1911 86.067 Reisende befördert.
Anmerkung: Im Jahr 2023 wurde ein neuer Besucherrekord aufgestellt – 1.007.000 Fahrgäste wurden auf das Jungfraujoch (Top of Europe) befördert bei einem Umsatz von 188,2 Millionen Franken.

Eröffnungsdaten
Die Eröffnung fand in 5 Etappen statt, bedingt auch durch eklatanten Kapitalmangel. Man konnte erst weiterbauen, nachdem Einnahmen durch den Bahnbetrieb in den eröffneten Strecken für den Weiterbau zur Verfügung standen.
19.09.1898 Kleine Scheidegg – Eigergletscher
02.08.1899 Eigergletscher – Rotstock
28.06.1903 Rotstock – Eigerwand
25.07.1905 Eigerwand – Eismeer
01.08.1912 Eismeer – Jungfraujoch

Über Adolf Guyer-Zeller
Guyer-Zeller, der Begründer der Jungfraubahn, geboren 1. Mai 1839 in Neuthal bei Bauma (Kanton Zürich), gestorben 3. April 1899 in Zürich. Er studierte an der Kantonsschule in Zürich, an der dortigen Hochschule und eidg. Technischen Hochschule, sowie an der Akademie von Genf. Zu seiner weiteren Ausbildung ging er 1859 nach Frankreich, von hier nach England und Nordamerika. 1862 machte er eine Reise nach Palästina und Ägypten und wurde 1855 Teilhaber der Baumwollspinnerei seines Vaters. 18 Jahre lang war er Mitglied des Zürcher Kantonsrates. Seine vielen Reisen hatten ihm namentlich in volkswirtschaftlicher Beziehung den Blick erweitert. So erkannte er schon in den Sechzigerjahren die Bedeutung einer Eisenbahn durch den Arlberg, und seit 1870 begeisterte er sich für den Bau der Gotthardbahn, für deren Umgestaltung in den Siebzigerjahren er in der Öffentlichkeit und im Zürcher Kantonsrate mit Erfolg auftrat. Nach deren Durchführung stiftete er der Gotthardbahn 50.000 Fr., deren Erträgnisse zur Belohnung hervorragender Leistungen im Betriebsdienste derselben zu verwenden sind.

Als in den Siebzigerjahren alle Eisenbahnaktien in der Schweiz entwertet waren, bekundete er seinen Scharfblick durch das Vertrauen, das er in diese Werte setzte. Er sicherte sich einen großen Aktienbesitz und damit einen bedeutenden Einfluß auf die Entwicklung der schweizerischen Eisenbahnen und im besonderen auf die schweizerische Nordostbahn, deren Präsident er wurde. Die Machtäußerung eines einzelnen, wie sie in ihm bei dieser Unternehmung zur Geltung gelangte, mag nicht wenig zu dem Übergang der schweizerischen Hauptbahnen in den Besitz des Staates beigetragen haben. Die Verstaatlichung selbst wurde von ihm begrüßt. Daneben trat er mit wechselndem Erfolge ein für die Entwicklung der Nebenbahnen und für eine große Engadin-Orientbahn (Chur-Tiefenkastel-Albula-Engadin-Ofenberg-Münster-Meran), als eine über Zürich führende Eisenbahnverbindung Calais-Konstantinopel gedacht. Ihre Fortsetzung erblickte er in einer Bagdadbahn und in dem Anschlusse des europäischen Eisenbahnnetzes an das Indiens.
Sein Lieblingsplan war seit 1893 die Jungfraubahn, deren Trasse er selbst festgestellt hat. Die ersten Teilstücke der Bahn, Kl.-Scheidegg-Eigergletscher-Rotstockschlucht nebst dem Wasserwerk Lauterbrunnen, baute er ganz aus eigenen Mitteln, und er hatte die Freude, am 19. September 1898 die erste Sektion dem Betriebe zu übergeben. (Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 6. Berlin, Wien 1914, S. 38-39).

Strecke und Betrieb
Grundsätzlich besteht auf der Gesamtstrecke Kleine Scheidegg – Jungfraujoch ein Halbstundentakt. Seit 2020 nach der Eröffnung des Eiger Express, einer 3S-Umlaufseilbahn von Grindelwald Terminal zum Eigergletscher, verkehren zusätzlich Kompositionen vom Eigergletscher (Bahnsteig in der neuen Seilbahnstation) zum Jungfraujoch (neue Kaverne mit Bahnsteig) und retour, die in einem kurzen Abstand zu den anderen Zügen verkehren.

Die Fahrzeit Kleine Scheidegg – Jungfraujoch beträgt 41 Minuten. Gehalten wird im Bahnhof Eigergletscher (Übergang zur Seilbahn Eiger Express) und dann noch ein touristischer Halt im Tunnel in der Station Eismeer. Dort hält der Zug 5 Minuten, die Passagiere können durch Panoramascheiben in Kavernen eine spektakuläre Aussicht auf das Ewige Eis genießen. Aus fahrplantechnischen Gründen (Maximierung der Fahrgastzahlen) entfällt seit Ende 2016 der Halt in der Aussichtsstation Eigerwand.
Eingesetzte Triebwägen:
BDhe 4/8: Nummern 211-214 (gebaut 1992/93 bei SLM/ABB) und Nummern 215-218 (gebaut 2002 bei Stadler). Eine Komposition besteht aus 2 Endwagen. Meist verkehren die BDhe in Doppeltraktion.
Bhe 4/8: Nummern 221-224 (gebaut 2016 bei Stadler). Eine Komposition besteht aus 2 Endwagen und 1 Mittelwagen.


Noch einige Fotos
Landschaft und Einrichtungen am Top of Europe
Grandiose Ausblicke – sofern kein Nebel oder Sturm – auf die hochalpine Landschaft mit Giganten aus Fels und Eis und auf mächtige Gletscher. Mit einem Lift kann man auf die Plattform des Sphinx-Observatorium fahren oder auf das ewige Eis hinausgehen, um auf eine Jause hinüber auf die Mönchsjochhütte zu wandern oder sich im Snow Fun Park auszutoben, bspw. mit einem Flug auf der Tyrolienne (Seilrutsche). Und wie man es in der Schweiz fast überall an Tourismusdestinationen findet eine vielfältige Erlebniswelt. Es hat mehrere Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten (u.a. Schoki und Uhren) und dazu noch u.a. einen multimedialen Erlebnisrundgang, ein 360 Grad Kinoerlebnis sowie den Eispalast mit Eisskulpturen.














Noch einige Fotos zur Jungfraubahn












Links
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Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum.
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redaktion@dokumentationszentrum-eisenbahnforschung.org
Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredaktor Railway & Mobility Research Austria / DEEF # Railways & Ropeways of Europe
Erstmals Online publiziert: 10. Oktober 2024; Letzte Ergänzung / page last modified 10.10.2024