Innviertelbahn

Die Innviertelbahn: Eine Hauptbahn als Nebenbahn – von Neumarkt-Kallham über Ried im Innkreis nach Braunau am Inn / Simbach # Teil 1

Innviertelbahn Innkreisbahn Eisenbahn Österreich Neumarkt-Kallham Pram-Haag Ried im Innkreis Gurten Geinberg Braunau am Inn Simbach
Auf Gleis 5 wartet der Jenbacher Dieseltriebwagen 5047 098-8 auf seinen weiteren Einsatz auf der Innviertelbahn Richtung Ried im Innkreis (16.9.2011) Foto: Archiv DEEF / Dr. Michael Populorum
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Eine Dokumentation in Wort, Bild & Video
Von Dr. Michael Alexander Populorum

Teil 1: Von Neumarkt-Kallham nach Ried im Innkreis (“Rieder Stern”)

Prolog

Alle Wege führen nach Ried – noch hat diese Aussage im Streckennetz des Inn- und Hausruckviertels Gültigkeit, der “Rieder Stern” voll in Funktion. Doch es gab und gibt immer noch Gerüchte, dass die desaströse österreichische Verkehrspolitik auch im Inn- und Hausruckviertel statt einem Ausbau des umweltfreundlichen Schienenverkehrs schon einem mittelalterlichen Henker gleich die Axt zum vernichtenden Amputationsschlag ausholt. Dagegen muss Widerstand geleistet werden!


Verlauf der Innviertelbahn

Die Innviertelbahn (auch Innviertlerbahn, auch Innkreisbahn) zweigt knapp 2 km nach dem Bahnhof Neumarkt-Kallham (29,7 km von Wels) von der 1861 eröffneten Passauerbahn bei der Blockstelle Neumarkt-Kallham West bei Streckenkilometer 31,6 (von Wels) ab und erreicht nach 21,6 Kilometern auf Normalspurgleisen die Bezirks-, Einkaufs- und Schulstadt Ried im Innkreis.

Innviertelbahn Innkreisbahn Eisenbahn Österreich Neumarkt-Kallham Pram-Haag Ried im Innkreis Gurten Geinberg Braunau am Inn Simbach
Abzweig der Innviertelbahn von der elektrifizierten Passauerbahn

Von Ried fahren die meisten Zügen weiter nach Braunau am Inn sowie oftmals über die Staatsgrenze (Grenzfluß Inn) ins Bayrische nach Simbach am Inn, wo Anschluss an die Züge Richtung Mühldorf (“Mühldorfer Stern”) besteht.

Die Gesamtlänge der Innviertelbahn von Neumarkt-Kallham nach Braunau am Inn beträgt 58,4 km, bis zum Grenzbahnhof Simbach (in Bayern jenseits des Inns gelegen) sind es 60,5 km.


Geschichte der Innviertelbahn

1861 bekam die Bezirkshauptstadt Schärding (damals noch Scheerding genannt) ihren Bahnanschluss mit der Inbetriebnahme der Passauer Bahn. Für die Bezirkshauptstadt Ried im Innkreis reichte es damals nur für einen 20 km vom Zentrum entfernten Bahnhof an der Passauerbahn, nämlich Riedau-Ried, zu dem täglich 2 Stellwagenfahrten eingerichtet wurden.

Braunau blieb vorerst überhaupt ohne Anschluss an das expandierende Schienennetz der Monarchie. Räumlich und geschichtlich bedingt war das Innviertel nach Bayern und der Residenzstadt München orientiert und so kristallisierte sich auf Wunsch und Drängen der Rieder eine Linienführung Neumark (später Neumarkt-Kallham) – Ried – Altham nach Braunau heraus.

1865: Bau- und Betriebskonzession für eine “Neumarkt – Ried – Braunauer Bahn”

1868: Sicherstellung der Finanzierung und Gründung der “k.k. priv. Aktiengesellschaft der Neumarkt – Ried – Braunauer Bahn” mit Sitz in Ried

1869: Beginn der Bauarbeiten

1870: Die vorhin genannte Gesellschaft wird durch Kauf durch die “Kaiserin Elisabeth Bahn” liquidiert. Die KEB war bestrebt, diese Linie zu erwerben, da sie die kürzeste Linienführung von Wien nach München darstellte (65 km kürzer als über Salzburg) und die KEB die Konkurrenzierung ihrer Linie über Salzburg fürchtete

5.4.1870: Sonntäglicher probeweiser “Vergnügungszug” zwischen Altheim und Braunau

20. Dezember 1870: Betriebsaufnahme auf der Strecke Neumarkt-Kallham – Braunau

1. Juni 1871: Fertigstellung der Brücke über den Inn nach Simbach und Eröffnung der Bayerischen Ostbahn Simbach – Mühldorf – München

1882: Verstaatlichung der KEB, die Strecke wird Teil der späteren “k.k. Staatsbahnen”

5. Juni 1883: Der 1. “Orient-Expreß” verlässt Paris Est Richtung Wien und während 14 Jahren (bis 1897) fährt dieser Luxuszug über die Strecke München – Simbach – Braunau – Ried – Neumarkt-Kallham – Wels (> Wien – Konstantinopel) und nicht über Rosenheim und Salzburg.

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Plakat Orient Express: Quelle Wikipedia, gemeinfrei

Langfristig sollte sich jedoch die Relation über Salzburg durchsetzen, die Innviertelbahn ist bis heute nur eingleisig und nicht elektrifiziert.

Betreiber der Strecke sind die ÖBB.


Stationen der Innviertelbahn

Insgesamt 5 Stationen (Bahnhöfe und Haltestellen inkl. der Endpunkte) werden bedient (die Haltestelle Feldegg wurde 2001 aufgelassen), nämlich (in km von Neumarkt-Kallham, Höhenangaben bezogen auf den Pegel von Triest):

Neumarkt-Kallham (seit 2024 auch Neumarkt im Hausruckkreis-Kallham) , Bahnhof, km 0,0; Seehöhe 385 m ü.A. (Übergang zur Passauerbahn Richtung Passau bzw. Wels, Übergang zur LiLo Richtung Niederspaching)

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5047 085-5 im Sonnenschen am 23. März 2015 am Bahnsteig 5 in Neumarkt-Kallham bereit zur Fahrt Richtung Braunau

Das große Aufnahmegebäude von Neumarkt-Kallham widerspiegelt die Bedeutung dieses Knotenbahnhofs an der Passauer Bahn – es zweigen von dieser internationalen Bahnstrecke Wels-Passau ab die Innviertelbahn sowie die LiLo Richtung Niederspaching-Peuerbach/Eferding. Das Bahnhofsbuffet ist leider – wie vielerorts an ÖBB-Bahnhöfen – inzwischen Geschichte.

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Am 16.9.2011 steht der ÖBB Talent 4024 008-7 als REX Passau Hbf – Linz Hbf abfahrtsbereit auf Gleis 3 des Bahnhofs Neumarkt-Kallham

Wendling, Haltestelle, km 6,5

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Betonunterstand Haltestelle Wendling

Pram-Haag, Bahnhof, km 9,7; 439 m ü.A. (geplant war Verbindung nach Haag am Hausruck zur Haager Lies, nicht hergestellt)

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Bahnhof Pram-Haag

Feldegg, ehem. Haltestelle, km 11,5, 2001 aufgelassen

Peterskirchen, Haltestelle, km 15,1

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Stationsgebäude Peterskirchen. Das Wirtshaus direkt dahinter ist leider geschlossen

Ried im Innkreis, Bahnhof, km 21,6; 451,6 m.ü.A. (Übergang Richtung Schärding bzw. Attnang-Puchheim)

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Desiro BR 5022 014-4 als REX angekommen in Ried im Innkreis aus Richtung Braunau und bereit zur Weiterfahrt nach Linz Hbf (28.7.2015)

Die Haltestellen werden nur bei Bedarf bedient, dh. wenn Fahrgäste am Bahnsteig warten oder jemand möchte aussteigen und hat im Zug rechtzeitig die “Haltewunschtaste” betätigt.


Betrieb auf der Innviertelbahn

Der Schwerpunkt liegt eindeutig im Personenverkehr, es hat viele Pendler und Schüler.

Frequenz/Fahrzeit:

Werktags (Mo-Fr) finden sich in der HAFAS-Fahrplan Abfrage 2011/2012 ab Neumarkt-Kallham 18 Direktverbindungen nach Ried im Innkreis von 5.53 bis 22.17. Die Fahrzeit der meisten Regionalzüge beträgt 20 Minuten. Es hat also zumindest einen Stundentakt der zeitweise verdichtet werden. Ab 2013 wurden die Umsteigemöglichkeiten in Linz (von/zum Railjet), in Ried im Innkreis (Richtung Attnang und Schärding) sowie in Simbach am Inn (zur Südostbayernbahn Richtung Mühldorf > München) deutlich verbessert.

Die schnellste Verbindung ist die 2008 eingeführte Schnellzugverbindung DE/RE 968 von Garsten bei Linz nach München mit 15 Minuten. Diese Direktverbindung wurde 2013 wieder eingestellt.

Am Sonntag gibt es (2011/12) 11 Direktverbindungen von 6.48 bis 22.17. Es hat also ca. einen 2-Stundentakt.

Aktuelle Zeiten siehe Fahrplanauskunft der ÖBB et al.

Rollmaterial:

Der Personenverkehr im Innviertel wird auf allen Strecken mit dem Jenbacher Triebwagen 5047 sowie der Nachfolgebaureihe 5022 “Desiro” abgewickelt, die je nach Bedarf Solo oder in Doppeltraktion anzutreffen sind.  Auch lokbespannte Züge (CS-Wagen) kommen vereinzelt zum Einsatz.

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5047er Doppel der Innkreisbahn in Ried am Innkreis bereit zur Weiterfahrt nach Neumarkt-Kallham, 5047 079-8 am Zugschluss (16.9.2011)

Weiters sind im grenzüberschreitenden Verkehr Dieseltriebwägen der DB / Südostbayern Bahn vom Typ 628 mit Steuerwagen 928 im Einsatz.

Der bis 2013 geführte morgendliche D-Zug 968 nach München bzw. der abendliche Gegenzug von München (nach Linz) wurde mit IC-Wagen (1. und 2. Klasse) geführt und von einer Herkules (2016) gezogen.


Fazit & Ausblick

Der Verkehr auf der Innviertelbahn kann aktuell als positiv bezeichnet werden, wiewohl es natürlich zahlreiches Optimierungspotential gibt. Ein optimierter “Innviertel-Takt” könnte richtungsweisend in Österreich für den Nahverkehr in der Fläche werden.

Inwieweit der angedachte Ausbau der Innviertelbahn zu einer Hochleistungsstrecke auch umgesetzt werden wird, das steht in Zeiten leerer Kassen gepaart mit gleichzeitiger Orientierungslosigkeit bei den verantwortlichen Verkehrspolitikern jedoch in den Sternen.

Fix sollte sein, dass die Innviertelbahn ab 2029 vollständig elektrifiziert sein wird.

Keinesfalls jedoch darf begonnen werden, das “Innviertler Eisenbahnnetz” (hier ist der Terminus noch berechtigt) mit den Backbone-Knoten Neumarkt-Kallham, Ried im Innkreis, Braunau sowie Schärding an der einen oder anderen Stelle zu amputieren. Denn wie heißt es so schön: Das Ganze ist grösser als die Summe seiner Teile!


Nota bene: 

Über den 2024 von ÖBB (CEO Matthä) und Verkehrsministerium (BM Gewessler) präsentierten “Plan” einer Hochleistungsstrecke quer durch das Innviertel Richtung Mühldorf Obb. (“Neue Innkreisbahn”) kann man nur den Kopf schütteln! Wie das wohl auch die Verantwortlichen bei der Deutschen Bahn gemacht haben werden, denn die wissen von solchen Plänen rein gar nichts.

Es ist längst an der Zeit, den Bestand im regionalen Kontext zu optimieren (Innviertelbahn) und natürlich auch im internationalen Kontext, sprich TEN Korridor “Magistrale für Europa” (Paris-Budapest), da hat es längst Optimierungsbedarf zwischen Salzburg und Attnang-Puchheim aber da  geht peinlicherweise nichts weiter. Wenn diese Hausaufgaben erledigt sind dann kann man sich Neuem zuwenden aber aktuell sind das “Hirngespinste” und sollen wohl von den riesigen Problemen im Eisenbahnverkehr in Österreich ablenken. “Schuster bleib bei deinen Leisten” kann man da nur sagen….


Innviertelbahn Innkreisbahn Eisenbahn Österreich Neumarkt-Kallham Pram-Haag Ried im Innkreis Gurten Geinberg Braunau am Inn Simbach
“Rieder Stern” – nach Braunau am Inn geht es weiter auf Gleis 3

Hier geht die Fahrt weiter:
Innviertelbahn Teil 2: Von Ried im Innkreis nach Braunau am Inn und weiter nach Simbach (Inn) >>>


Links / Literatur

Hager Christian, 1995: Die Bahnen im Innviertel. Bahn im Bild Band 92.

Christopher Andreas, 1988:  Kohlebahnen im Hausruck. Bahn im Bild Band 64.

Aschauer, Franz, 1964: Oberösterreichs Eisenbahnen. Geschichte des Schienenverkehrs im ältesten Eisenbahnland Österreichs. Schriftenreihe der oö. Landesbaudirektion, Band 18. Wels.

Betreiber ÖBB PV AG >>>

DEEF: Die Innviertelbahn Teil 1: Von Neumarkt-Kallham nach Ried im Innkreis >>>

DEEF: Die Innviertelbahn Teil 2: Von Ried im Innkreis über Braunau am Inn nach Simbach (Inn) >>>

DEEF: Hausruckbahn Teil 1: Direttissima Schärding – Ried im Innkreis >>>

DEEF: Hausruckbahn Teil 2: Von Ried im Innkreis nach Attnang-Puchheim >>>

DEEF: Regionalbahn mit großem Potential – Die Mattigtalbahn >>>

DEEF: Die Passauerbahn Wels-Passau >>>

DEEF: Die “Alte LILO” von Neumarkt-Kallham über Niederspaching nach Waizenkirchen / Peuerbach >>>

DEEF: Die Aschacherbahn von Haiding nach Aschach an der Donau >>>

DEEF: Die Hauzenberger Bahn (Granitbahn) von Passau nach Hauzenberg >>>


Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum

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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF

Erstmals Online publiziert: / page first published 18. Dezember 2011;  Seiten-Relaunch 25.4.2025; Letzte Ergänzung / page last modified 26.4.2025