Die Pyhrnbahn – die immer noch unterschätzte Neue Alpenbahn
Die Pyhrnbahn ist eine nord-südlich gerichtete 104 km lange Eisenbahnverbindung im Kernnetz der ÖBB Infra vom Linzer Zentralraum im Donautal durch das oberösterreichische Krems- und Steyrtal im oö. Alpenvorland und weiter nach Süden durch die Urlaubsregion Pyhrn-Priel und durch den Bosrucktunnel in den Ennstaler Alpen ins Steirische Ennstal mit dem Endbahnhof Selzthal.

Die Pyhrnbahn wurde im Rahmen des letzten großen Eisenbahnprojekts der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, den “Neuen Alpenbahnen” zur Herstellung leistungsfähiger Nord-Süd Alpenquerungen (Pyhrnbahn, Tauernbahn) und einer von der privaten Südbahngesellschaft unabhängigen leistungsfähigen Anbindung des wichtigsten Hafens der Donaumonarchie, nämlich Triest (Karawankenbahn, Wocheinerbahn, Karstbahn), von 1901 bis 1906 errichtet. Als Nukleus der späteren Pyhrnbahn dienten die Aktivitäten der k.k. priv. Kremsthalbahn-Gesellschaft, die 1881 die Kremstalbahn von Linz bis Kremsmünster eröffnete. Die Strecke diente ebenso wie die Verlängerungen – 1883 Kremsmünster nach Micheldorf und 1888 Micheldorf nach Klaus – der Erschließung des Raums inkl. Anbindung der Wirtschaftsbetriebe (vor allem Sensen, Holz) an die Märkte.
Der von 1901 bis 1906 dauernde Bau der Pyhrnbahn gliedert sich in 3 Phasen:
- Durchörterung des Großen Bosrucks in den Ennstaler Alpen durch einen einröhrigen Tunnel (Bosrucktunnel, Länge 4.766 m, Baubeginn 1901)
- Bau der Strecke Klaus – Selzthal (Baubeginn 1903)
- Baumaßnahmen an der bereits bestehenden Kremstalbahn, aus der Lokalbahn wird eine Hauptbahn (Baubeginn 1904)
Abzweigende Strecken:
In Linz zweigt die Pyhrnbahn von der Westbahnstrecke Wien-Linz-Salzburg ab
Von Traun wurde 1994 eine Verbindungsschleife zur Westbahnstrecke bei Marchtrenk eröffnet. Dort findet von wenigen R oder REX-Verbindungen hauptsächlich Güterverkehr statt
Vom Bahnhof Rohr-Bad Hall zweigte von 1887 bis 1989 eine Lokalbahn nach Bad Hall ab. Von dort konnte man bis 1933 auf einen Seitenast der schmalspurigen Steyrtalbahn Richtung Pergern-Sierning umsteigen
Vom Bf Rohr-Bad Hall zweigte weiters von 1893 bis 1965 die Lokalbahn nach Sattledt und weiter nach Wels (Wels-Rohrer Bahn) ab, wobei das Teilstück Wels – Sattledt heute Teil der Almtalbahn nach Grünau im Almtal ist
In Klaus hatte die ehem. Steyrtalbahn ihren Ausgangs bzw. Endpunkt – der PV wurde von Klaus bis Molln 1968 eingestellt, heute verläuft auf dem ehem. Trassee der beliebte Steyrtal-Radweg

In Selzthal besteht Anschluss zur Ennstalbahn Richtung Bischofshofen bzw. St. Valentin / Amstetten sowie zur Schoberpaßstrecke Richtung St. Michael / Obersteiermark
Der Bosrucktunnel
Im Gegensatz zu anderen großen Tunnelprojekten in den Alpen und den neuen Alpenbahnen, nämlich Tauerntunnel, Karawankentunnel, Wocheinertunnel und Arlbergtunnel, welche bei (ursprünglich) sonstiger eingleisiger Strecke in weiser Voraussicht doppelspurig gebaut wurden, ist der 4,8 km lange Bosrucktunnel nur eingleisig ausgeführt. Bereits in den 1960er Jahren stellte sich das als äußerst unangenehm dar, als nämlich durch Gebirgsdruck, Wassereinbrüche und Schäden durch die Dampflokomotiven eine Generalsanierung notwendig wurde und der Bosrucktunnel längerfristig total gesperrt werden musste.
Die Sanierung des Tunnels wurde allerdings auch zur Elektrifizierung des Abschnitts Selzthal bis Spital am Pyhrn genutzt, sodass ab Mai 1965 auf diesem Abschnitt mit E-Loks gefahren werden konnte. Die Elektrifizierung der Reststrecke erfolgte allerdings weit später, nämlich erst im September 1977 war die Gesamtstrecke nach über 2-jähriger Bauzeit elektrisch befahrbar.
Einfahrt in den Bosrucktunnel Nord
Auch aktuell gibt es immer wieder Probleme mit dem Bosrucktunnel, vor allem durch Wassereinbrüche, sodass schon seit langem Rufe nach einer zweiten Tunnelröhre laut wurden. Aber wir befinden uns in Österreich und nicht in der Schweiz – während man an der Pyhrnautobahn einen Tunnel nach dem anderen eröffnete und schließlich im Juli 2013 auch eine neue zweite Röhre durch den Bosruck dem Verkehr übergeben werden konnte, tat sich außer vagen Planungsabsichten bei der Eisenbahn NICHTS. Dies könnte sich eines Tages als fatale Nachsichtigkeit entpuppen.
Die Stationen:
- Linz Hbf, Bahnhof, km 0,0; Übergang zur Westbahnstrecke, zur Summerauerbahn, zur LiLo

- Linz Oed, Haltestelle, km 3,3
- Linz Wegscheid, Bahnhof, km 4,9
- St. Martin b. Traun, Haltestelle, km 6,7
- Traun, Bahnhof, km 8,1

- Ansfelden, Haltestelle, km 10,3
- Nettingsdorf, Bahnhof, km 12,4
- Nöstlbach-St. Marien, Haltestelle, km 15,6
- Linning, ehem. Haltestelle bis 1909
- Neuhofen an der Krems, Bahnhof, km 18,9

- Piberbach, ehem. Haltestelle bis 1909
- Kematen-Piberbach (bis 2018 Kematen an der Krems), Bahnhof, km 22,7

- Neukematen, ehem. Haltestelle bis 1996, km 25,8
- Rohr-Bad Hall, Bahnhof, km 28,1

- Oberrohr, ehem. Haltestelle bis 1909
- Kremsmünster, Bahnhof, km 32,4



- Krift, Betriebsausweiche, km 36,3
- Ried-Diepersdorf, ehem. Haltestelle bis 1995, km 38,2
- Wartberg an der Krems, Bahnhof, km 40,3
- Nußbach, Haltestelle, km 42,1
- Sautern, ehem. Haltestelle bis 1827, km 45,0
- Schlierbach, Haltestelle (vormals Bahnhof), km 46,2
- Galgenau, ehem. Haltestelle bis 1984, km 48,8
- Blumau, ehem. Haltestelle bis 1909, km 49,5
- Kirchdorf an der Krems, Bahnhof, km 50,5


- Micheldorf, Bahnhof, km 53,4

- Obermicheldorf, ehem. Haltestelle, km 54,9
- Schön, ehem. Haltestelle, km 58,2

- Klaus, Bahnhof, km 60,5









- Steyrling, Bahnhof, km 64,2


- Hinterstoder, Bahnhof, km 67,8



- St. Pankraz, ehem. Haltestelle, km 70,2

- Pießling-Vorderstoder, Bahnhof, seit 2001 kein PV-Halt, km 75,6
- Roßleithen, Haltestelle, km 79,6

- Windischgarsten, Bahnhof, km 81,7



- Spital am Pyhrn, Bahnhof, km 87,4



- Linzerhaus, ehem. Haltestelle bis 1996, heute Betriebsausweiche seit 2016, km 91,9

- Ardning, Bahnhof, km 98,0


- Selzthal, Bahnhof, km 104,3


Streckenoptimierungen
Wie vielerorts auch auf den Hauptstrecken der Österreichischen Staatsbahn ist man auch auf der Pyhrnbahn noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen und “gurkt” auf Trassen der längst untergegangenen Donaumonarchie mit für Fahrgäste inakzeptablen Geschwindigkeiten dahin. Also weit weg vom “Auto stehen lassen” und Umstieg “auf die Bahn”. Auch wenn einige Linienbegradigungen und Streckenoptimierungen in den 1980er und 1990er Jahren stattgefunden haben und die Abschnitte Linz-Nettingsdorf und Wartberg-Schlierbach jetzt 2-gleisig befahrbar sind, der Rest ist eingleisig und oft nicht schneller als mit 70 km/h zu befahren. Die Streckenhöchstgeschwindigkeit liegt übrigens bei 140 km/h, vor allem in den leichten und unschwierigen Geländebereichen viel zu langsam – man (die Staatsbahn) hat wie vielerorts in Österreich (bspw. Nordbahn, Ostbahn, Summerauerbahn, Passauerbahn usw.) die Zeit verschlafen und bietet abgesehen von punktuellen Maßnahmen keine wirklich nachhaltigen Optimierungen an.

Verkehr
Dass man fast wie zu Kaisers Zeiten gemächlich durch das – zugegebenermaßen – wunderschöne oberösterreichische Alpenvorland, die Pyhrn-Priel Region – zuckelt, motiviert natürlich nicht unbedingt Fahrgäste, die Bahn zu nutzen. Während man den Lokal- und Regionalverkehr – seit Einführung des S-Bahn Systems in OÖ verkehrt auf der Pyhrnbahn bis Kirchdorf an der Krems die S 4 – einigermaßen ausgebaut hat, sieht es südlich von Kirchdorf (bis dorthin Stundentakt) eher triste aus, denn dort gibt es nur mehr 2-Stunden Takt. Der Fernverkehr Linz – Graz, immerhin zwischen den beiden größten Landeshauptstädten im Staate Österreich, kam durch Unwilligkeit der Staatsbahn ÖBB zwischen 2011 und 2014 überhaupt zum Erliegen, ein völliges Unding!
Einfahrt REX in Klaus an der Pyhrnbahn
Seit 2014 kann man wieder 2x täglich direkt mit einem “Mini-Intercity” zwischen den beiden Städten fahren. Aber mit einer Reisezeit von 3 Stunden nicht gerade attraktiv – die Bahn muss sich an den Fahrzeiten der Straße orientieren, sonst wird man keine Zugewinne an Fahrgästen machen können, vor allem auch nicht ob des schlechten Service auf der Strecke: Kein modernes Wagenmaterial, wo zeitweise auch die 1. Klasse fehlt beim IC, kein WLAN, keine Businessklasse, keinen Speisewagen, die REX-Züge und tw. auch Wagen am Intercity mit Plumpsklo, wie zu Kaisers Zeiten.

Und eingetaktet sind diese IC-Züge nicht wirklich: Kommt man von Graz aus in Linz an, dann sieht man gerade noch die Schlussleuchten des Railjets Richtung Westen – in der Schweiz undenkbar!
Internationalen Personenverkehr hat die Pyhrnbahn nun schon länger nicht mehr, zuletzt 2005 bis 2008 verkehrte der Eurocity „Jože Plečnik“ zwischen Laibach und Prag über die Pyhrnbahn. Da aber weder Pyhrnbahn noch Summerauerbahn zeitgemäß ausgebaut sind ist ein internationaler Verkehr – was die Fahrzeit betrifft – nicht unbedingt attraktiv.
Internationalen Güterverkehr gibt es allerdings schon und das nicht zu knapp – über die sogenannte “Pyhrn-Schober Achse” werden die Märkte in Deutschland und Tschechien mit denen in Slowenien und tw. Kroatien und Ungarn verbunden.

Zug der Rollenden Landstraße kommt aus dem 248 m langen Posttunnel heraus
Wie geht es weiter?
Irgendwann – und zu hoffen ist BEVOR der alte Bosrucktunnel wegen Einsturzgefahr geschlossen wird – muss man das Thema “Neubau Bosrucktunnel” anpacken, nicht nur “thematisieren” und langfristig “planen” sondern umsetzen. Das kann eine zweite Röhre neben der bestehenden sein – was wohl auch sicherheitstechnisch sinnvoll wäre – wenn die zweite Röhre fertig ist kann die alte generalsaniert und mit der neuen durch Fluchtwege verbunden werden. Wenn man meint, man braucht unbedingt einen totalen Neubau des Tunnels schon weit nördlicher beginnend, dann sollte man sich auch überlegen, was mit den Gemeinden bspw. Windischgarsten und Spital am Pyhrn passieren soll, will man diese Tourismusgebiete dann etwa vom Schienenverkehr abhängen?

Ob es unbedingt eine durchgängige Zweigleisigkeit braucht wie manche Initiativen vor Ort fordern, möchte ich hier nicht ausführen, nur soviel: Es gibt auch eingleisige Strecken mit hoher Leistungsfähigkeit und Qualität wenn man es nur intelligent angeht.
Links:
DEEF: Memorandum Wiedereinführung IC-Verkehr >>>
DEEF: 4:1 am Bosruck >>>
Alle Fotos copyright DEEF/Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum
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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: 26. Oktober 2019; Letzte Ergänzung: –