Railway & Mobility Research Austria # Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum
Südbahn Wien Graz Spielfeld
Die Südbahn Teil 1: Durch Österreich von Wien über den Semmering und Graz nach Spielfeld-Straß
Die Südbahn ist nach der Westbahnstrecke (Wien – Linz – Salzburg – Innsbruck) die zweitwichtigste Eisenbahnstrecke Östereichs, zumindest wenn es um den Personenverkehr geht. Sie schafft Anbindung an das niederösterreichische Industrieviertel rund um Wiener Neustadt, das Semmeringgebiet sowie die Steiermark mit Graz als der zweitgrößten Stadt Österreichs sowie von Bruck an der Mur abzweigend auch an das Bundesland Kärnten sowie Osttirol.
Das Herzstück aber auch aktuell noch der Flaschenhals der Südbahn ist die erste Gebirgseisenbahnstrecke Europas, das Unesco Weltkulturerbe Semmeringbahn, wie der Abschnitt zwischen Gloggnitz (km 74,9) und Mürzzuschlag (km 116,7) bezeichnet wird. Hier wird in einigen Jahren der Semmeringbasistunnel Verbesserungen bringen.
Nebst regionalen Interessen waren es vor allem geopolitische Notwendigkeiten, die den Bau dieser vom Herz der kk Monarchie, der Residenzstadt Wien, ausgehenden Bahnstrecke nach Süden beflügelten, nämlich “Österreichs Tor zu Welt”, den Hafen von Triest, eisenbahnmäßig anzubinden. Jahrzehnte später sollte diese Notwendigkeit nochmals im Fokus der österreichischen Staatsinteressen liegen, als mit den “Neuen Alpenbahnen” Pyhnrbahn, Tauernbahn, Karawankenbahn, Wocheinerbahn und Karstbahn eine zweite Verbindung zum lebensnotwendigen Seehafen Triest errichtet wurde.
Chronologie der Errichtung (Eröffnungsdaten):
5. Mai 1842: Wien – Gloggnitz
16. Mai 1841: Baden b. Wien – Wiener Neustadt
29. Mai 1841: Baden b. Wien – Mödling
20. Juni 1841: Mödling – Wien-Gloggnitzer Bahnhof (Südbahnhof Nr. 1)
17.7.1854: Gloggnitz – Mürzzuschlag (Semmeringbahn, Baubeginn August 1848)
12.7.1857: Gesamtstrecke Wien – Triest befahrbar
Die ersten Überlegungen zur Verbindung nach Triest stammten vom Österreichischen Eisenbahnpionier Franz Xaver Riepl (* 1790 in Graz, † 1857 in Wien), der unter Umgehung des Semmerings die Strecke über Ungarn legen wollte. Proponent und Treiber des Projekts war der Unternehmer und Bankier Georg Simon Sina, Freiherr von Hodos und Kisdia, (* 1783 in Niš, † 1856 in Wien), der Konzessionen für mehrere Bahnprojekte anstrebte.
Zur Verwirklichung der Eisenbahnprojekte wurde 1838 die Wien-Raaber Eisenbahn-Gesellschaft gegründet, die ursprüngliche beabsichtigte Benennung Kaiser-Ferdinand-Südbahn wurde vom Kaiser abgelehnt. Da der Bahnbau Richtung Ungarn ins Stocken geriet und die Konzession 1842 verloren ging, wurde die Gesellschaft in Wien-Gloggnitzer Eisenbahn-Gesellschaft umbenannt.
1853 machte der Staat von seinem Übernahmerecht für die Strecken Sinas Gebrauch, darunter auch die Strecke Wien – Gloggnitz. Die Verwaltung erfolgte ab nun durch die k.k. südliche Staatsbahn (SStB). Der Bau der restlichen Abschnitte der Südbahn erfolgte durch die SStB.
Große Meriten konnte sich Carl Ritter von Ghega (* 1802 als Karoli de Ghega in Venedig, † 1860 in Wien) erwerben, der für Planung und Bau der Strecke über den Semmering (erste Gebirgsbahn Europas, seit 1998 UNESCO Weltkulturerbe) sowie weiter nach Süden verantwortlich zeichnete.
1851 übernahm die k.k. südliche Staatsbahn selbst die Betriebsführung zwischen Wien und Laibach (vorher Wien-Gloggnitzer Eisenbahn-Gesellschaft). 1858 wurde die SStB im Rahmen der totalen Privatisierung der Österreichischen Eisenbahnen an die k.k. privilegierte Südbahn-Gesellschaft verkauft, die den Betrieb bis zur Übernahme durch die BBÖ 1923 führte.
Ende des Linksverkehrs:
Der Osten Österreichs – meine Oma Auguste sprach da historisch bedingt gerne von der russischen Zone – hat ja relativ lange das Erbe der britischen Ingenieure bewahrt, welche die ersten Eisenbahnen auf Linksverkehr wie heute noch im Autoverkehr in GB zu beobachten auslegten.
Doch das ist nun auch auf der Südbahn Geschichte: Bereits 2012 wurde der Abschnitt Wien – Payerbach-Reichenau auf Rechtsverkehr umgestellt, zum Fahrplanwechsel im Dezember 2019 folgte auch der Abschnitt von Payerbach-Reichenau bis Bruck an der Mur. Zumindest bis zur Eröffnung der Koralmbahn wird im Abschnitt Bruck an der Mur bis Graz noch weiterhin links gefahren.
Die Stationen:
Wien Hauptbahnhof, Bf, vormals Wien Südbahnhof, km 0,0; 208 m.ü.d.M.
Wien Matzleinsdorfer Platz, ehem. Haltestelle (heute S-Bahnstation der Stammstrecke)
Wien Meidling, Bf, km 3,4; 210 m
Wien Hetzendorf, Hs, km 5,2
Wien Atzgersdorf, Hs, vormals Atzgersdorf-Mauer, km 8,2
Wien Liesing, Bf, km 9,6; 225 m (>Kaltenleutgebner Bahn)
Perchtoldsdorf, Hs, km 11,0
Brunn-Maria Enzersdorf, Bf, km 12,9
Mödling, Bf, km 15,2; 213 m (>ehem. LB Mödling-Hinterbrühl; ehem. Laxenburger Bahn)
Guntramsdorf-Thallern, vormals Guntramsdorf an der Südbahn, Hs, km 19,3
Gumpoldskirchen, Hs, km 20,8
Pfaffstätten, Bf, km 24,1
Baden b. Wien, Hs, km 26,0; 241 m (> Übergang zur Badner Bahn)
Bad Vöslau, Bf, km 30,3
Kottingbrunn, Hs, km 32,4
Leobersdorf, Bf, km 33,9; 259 m (> Leobersdorfer Bahn nach Weißenbach-Neuhaus, bis 2004 nach St. Pölten)
Sollenau, Bf, km 38,4; 274 m (> Innere Aspangbahn)
Felixdorf, Bf, km 39,7; 277 m (> ehem. LB Felixdorf-Tattendorf nach Blumau-Neurißhof)
Theresienfeld, Hs, km 42,6
Wiener Neustadt Nord, Hs, km 45,5
Wiener Neustadt Hbf, km 48,2; 268 m (> Pottendorferlinie; Puchbergerbahn; Gutensteinerbahn; Mattersburgerbahn; Äußere Aspangbahn)
Die k.k. priv. Locomotiv & Maschinen-Fabrik Wiener Neustadt
St. Egyden, Hs, bis 2012 Bf, km
Neunkirchen N.Ö., Bf, km 62.6; 369 m (ehem. LB nach Willendorf an der Puchbergerbahn)
Rohrbach bei Ternitz, ehem. Hs bis 1945, km 64,6
Ternitz, Bf, km 67,1
Pottschach, Hs, vormals Bf, km 69,9
Gloggnitz, Bf, km 74,9; 439 m (> Semmeringbasistunnel im Bau)
Schlöglmühl, Hs, km 77,7
Payerbach-Reichenau, Bf, km 82,0; 494 m (> Nostalgieverkehr auf der ehem. LB nach Hirschwang an der Rax)
Küb, Hs, km 84,8; 543 m
Eichberg, Bf, km 88,2; 608 m
Klamm-Schottwien, Hs, km 92,3; 699 m
Breitenstein, Bf, km 97,6; 794 m
Wolfsbergkogel, Hs, km 102,1; 884 m
Semmering, Bf, km 103,4; 894 m
Der Semmering Scheiteltunnel:
Zwischen dem Bahnhof Semmering in Niederösterreich und der Haltestelle Steinhaus in der Steiermark wird der Semmering einem Scheiteltunnel durchörtert. Ursprünglich bestand der Scheiteltunnel aus einer Röhre mit 2 Gleisen. Aufgrund dringendem Sanierungsbedarf begann man 1949 mit den Bau eines zweiten, eingleisigen Tunnels östlich des alten mit einem Abstand bis zu 100 m. Dieser neue Semmeringtunnel mit einer Länge von 1.512 m wurde im März 1952 eröffnet, anschließend der alte Tunnel mit einer Länge von 1.434 saniert und dabei auf 1 Gleis rückgebaut.
Steinhaus, Hs, km 107,7; 836 m
Spital am Semmering, Bf, km 110,5; 789 m
Mürzzuschlag, Bf, km 116,7; 681 m (> Semmeringbasistunnel; > ehem. Neubergerbahn nach Neuberg an der Mürz)
Hönigsberg, Hs, km 120,6
Langenwang, Hs, km 123,6
Krieglach, Bf, km 128,5; 612 m
Mitterdorf-Veitsch, Bf, km 132,7
Wartberg im Mürztal, Bf, km 135,1
Kindberg, Bf, km 140,1; 566 m
Allerheiligen-Mürzhofen, Hs, km 144,2
Marein-St. Lorenzen, Bf, km 146,7
Kapfenberg Fachhochschule, Hs, km 150,6
Kapfenberg, Bf, km 153,6; 509 m (> ehem. Thörlerbahn nach Au-Seewiesen)
Bruck an der Mur, Bf, km 157,9; 489 m (> Leoben, weiter Rudolfsbahn nach Klagenfurt oder Schoberpass nach Selzthal)
Stausee, ehem. Hs bis 1967, km 163,4
Pernegg, Bf, km 167,6
Mixnitz Bärenschützklamm, Bf, km 171,0; 466 m (Breitenauer Bahn St. Erhard
Frohnleiten, Bf, km 183,0
Badl-Semriach, ehem. Hs bis 1966, km 188,0 (alte Trasse via Badlwand Galerie)
Peggau-Deutschfeistritz, Bf, km 190,8; 402 m (> LB nach Übelbach)
Stübing, Hs, km 194,6
Gratwein-Gratkorn, Bf, km 200,7; 381 m
Judendorf-Straßengel, Hs, km 202,8
Gösting, ehem. Hs bis 1965, km 207,2
Graz Hbf, Bf, km 211,4; 364 m (> Steirische Ostbahn nach St. Gotthard; Wieserbahn nach Wies-Eibiswald; Köflacher Bahn nach Köflach)
Graz Don Bosco, Hs, km 213,1 (> Koralmbahn)
Graz Puntigam, Bf, km 216,2
Feldkirchen-Seiersberg, Hs, km 218,4
Flughafen Graz-Feldkirchen, Hs, km 220,1
Abtissendorf, ehem. Hs bis 1996, km 220,7
Kalsdorf, Bf, km 224,2
Werndorf, Bf, km 229,5; 301 m (> Koralmbahn nach Klagenfurt)
Wildon, Bf, km 235,0
Lebring, Hs, km 238,4
Kaindorf a. d. Sulm, Hs, km 244,3
Leibnitz, Bf, km 246,8; 275 m (>ehem. Sulmtalbahn nach Pölfing-Brunn)
Wagna, ehem. Hs bis 1945, km 249,5
Ehrenhausen, Hs, km 253,9
Spielfeld-Straß, Bf, km 257,9; 263 m (> Radkersburgerbahn nach Bad Radkersburg, ehem. weiter nach SLO)
———– Staatsgrenze A / SLO bei km 260,1 ———–
Betrieb:
Die Südbahnstrecke ist durchgehend elektrifiziert, nämlich seit:
29. September 1956: Wien Südbahnhof–Gloggnitz
28. September 1957: Gloggnitz–Payerbach-Reichenau
29. Mai 1959: Payerbach-Reichenau–Mürzzuschlag
24. Mai 1963: Mürzzuschlag–Bruck an der Mur
22. Mai 1966: Bruck an der Mur–Graz Hbf
29. Mai 1972: Graz Hbf–Spielfeld-Straß (bis hier: 15 kV Wechselstrom)
27. Mai 1977: Spielfeld-Straß – Spielfeld-Straß-Staatsgrenze (– Maribor, Slowenien) mit 3 kV Gleichstrom
Aufgrund nicht gerade weitsichtiger Politik wurde – ähnlich wie auf der Franz-Josefs-Bahn – südlich von Werndorf nach dem 2. Weltkrieg das 2. Gleis herausgerissen. In den letzten Jahren wurde damit begonnen, die Zweigleisigkeit wieder herzustellen, ca. 15 km Strecke sind hier aktuell noch offen.
Auf der Strecke Wien – Graz verkehrt der Railjet im Stundentakt und benötigt für die Fahrt 2 Stunden 35 Minuten. Einige der RJ-Verbindungen erfolgen mit Garnituren der Tschechischen Staatsbahn CD, wobei diese Verbindungen dann meist über Wien hinaus bis Prag durchgebunden werden. Die Anzahl der EC Richtung Slowenien/Kroatien wurde in den letzten Jahren drastisch reduziert, eine Verstärkung dieser Verbindungen ist im Sinne eines optimierten Fernverkehrs in Europa dringend zu wünschen.
Dichten Pendlerverkehr gibt es zwischen Wien und Wiener Neustadt. Folgende Linien verkehren hier:
S2 bis Mödling
S3, S4 bis Wiener Neustadt
R bis Wiener Neustadt bzw. Payerbach-Reichenau
Der Semmering wird von einigen wenigen RJ-Halten abgesehen nur von einem R zwischen Payerbach-Reichenau und Mürzzuschlag verkehrend angebunden, der im 2-Stunden-Takt verkehrt. Nicht gerade das Gelbe vom Ei.
Auf steirischer Seite verkehrt von Bruck/Mur nach Mürzzuschlag die S9, von Bruck/Mur bis Graz die S1. Von Graz südwärts verkehrt die S6 bis Werndorf (GKB Dieseltriebwagen, danach Richtung Deutschlandsberg) sowie die S5 bis Spielfeld Straß, werktags im Halbstundentakt.
Links:
DEEF Doku “Die Südbahn Teil 2 Spielfeld-Straß – Triest” (in Planung)
Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum.
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