200 Jahre Kohle-Bergbau im Hausruck – Dokumentation der Relikte # Teil 5: Auf dem Grubengeistweg entlang der ehem. Kohlebahn Holzleithen-Thomasroith
Eines der wenigen Relikte, die vom ehem. Kohlebergbau im Hausruck auch heute noch halbwegs vermarktet werden, ist der sogenannte “Grubengeistweg”, ein im Rahmen der OÖ-Landesausstellung 2006 “Kohle & Dampf” gestalteter Themenweg, der fast durchgängig auf der Trasse der ehemaligen Kohlebahn von Holzleithen (an der Hausruckbahn) nach Thomasroith verläuft. Dauer der Wanderung in eine Richtung ca. 2 Stunden, ohne Schwierigkeiten, auch für Kinder geeignet.
Von der Niederstraßer-Bahn zur Kohlebahn Holzleithen-Thomasroith
Die Kohle, welche durch die 1847 gegründete Traunthaler Gewerkschaft im Raum Thomasroith abgebaut wurde, ist anfangs (1850-1877) von Thomasroith auf der sogenannten Niederstraßer-Bahn nach Niederstraß (Ortsteil der heutigen Stadtgemeinde Attnang-Puchheim) transportiert worden. Diese Niederstraßer-Bahn wurde von 1848-1850 mit einer Spurweite von 1.106 mm (Spurweite der Pferdeeisenbahn Budweis-Gmunden) errichtet, war ca. 13 km lang und hatte ein durchgängiges Gefälle Nord-Süd von max. 40 Promille. Dieses Gefälle machte man sich beim Abtransport der Kohle zunutze – die beladenen Kohlewagen rollten einzig durch die Schwerkraft betrieben nach Niederstraß, der Rücktransport der leeren Wagen nach Thomasroith erfolgte bis 1870 durch Traktion durch Pferde und Ochsen, danach durch Dampflokomotiven.
Großen Aufschwung erlebte der Kohleabbau im Hausrucker-Ostrevier rund um Thomasroith aber auch Wolfsegg/Kohlgrub durch die Eröffnung der Westbahn Wien – Linz – Salzburg 1860 durch die Kaiserin Elisabeth Bahn, wobei ein neuer Bahnhof mit einem Schmalspur-/Normalspur-Kohleterminal entstand, der heutige Bahnhof Attnang-Puchheim.
1877 wurde dann die normalspurige Hausruckbahn (Nordast der Salzkammergutbahn, errichtet von der Rudolfsbahn-Gesellschaft) von Attnang über Ried nach Schärding eröffnet. Die Trassierung erfolgte im südlichen Abschnitt von Attnang bis ca. Lehen auf der Trasse der Niederstraßer-Bahn (eine Umspurung also), der Rest der Niederstraßer Bahn wurde stillgelegt und abgebaut.
Als neuer Transportweg für die nächsten Jahrzehnte etablierte sich die normalspurige Zweigbahn von Holzleithen an der Hausruckbahn nach Thomasroith. Diese normalspurige Holzleithner-Zweigbahn, eröffnet am 23.10.1877 hatte ein Länge von 6,18 km und führte vom Bahnhof Holzleithen (Strecken-km 124,4 ab Stainach-Irdning) über die Halte-/Ladestellen Hausruckedt (km 1,98) und Mühlau (km 3,39) nach Thomasroith, wo sich auch die Bergbaudirektion der WTK (Wolfsegg-Traunthaler Kohlenwerks AG) befand. Betreiber des Güter- wie Personenverkehrs war anfangs die Kronprinz Rudolf Bahn, ab 1883 die kk. Staatsbahnen.
Als Besonderheit dieser Holzleithner-Zweigbahn ist zu erwähnen, dass ab 1923 zwischen Thomasroith und Mühlau ein 4-Schienengleis existierte, nämlich zusätzlich zur Normalspur ein 580 mm Grubenbahn-Gleis. Die abgebaute Kohle aus Waldpoint wurde durch den Czedik-Tunnel zur Verladung nach Mühlau gebracht, nach Auflassung der Zweigbahn Holzleithen-Thomasroith 1935 wurde von 1947 bis 1968 die Kohle in umgekehrter Richtung aus dem Revier Thomasroith bis Mühlau und dann durch den Czedik-Stollen über Waldpoint nach Ampflwang transportiert. Auf der Holzleithner-Zweigbahn erfolgte der letzte Personentransport am 22. Mai 1932, der letzter Güterzug verkehrte am 15. Jänner 1935. 1938 nach dem Anschluss wurde die Strecke durch die DR abgebaut.
Der Grubengeistweg heute
Nach dem Ausstieg aus dem Jenbacher Triebwagen in der Haltestelle Holzleithen der Hausruckbahn sieht man das breite Planum, das bis vor wenigen Jahren noch mehrere Gleise aufwies, bis die ÖBB diese herausriss und den Bahnhof zur Haltestelle degradierte, wodurch seither keine Kreuzungsmöglichkeit mehr gegeben ist. Auch die mächtige Kastanie wurde Opfer der Motorsäge, ein Bankerl überlebte. Ein Geisterbahnhof wo früher reger Betrieb herrschte.
Der Startpunkt des Grubengeistweges befindet sich links der Hauptstraße (Rieder Straße) im Zentrum von Holzleithen (Marktgemeinde Ottnang am Hausruck), ca. 5 Minuten Fußweg ab der Bahnstation.
Fazit
Eine nette Wanderung, welche für die gesamte Familie unschwierig und eigentlich zu jeder Jahreszeit und Witterung unternommen werden kann. Zum einen ist es erfreulich, dass hier beim Grubengeistweg das Thema Kohlenabbau- und Transport nicht völlig vergessen wurde – wie leider in anderen Gegenden des ehem. Kohleabbaus im Hausruck geschehen – und zahlreiche Schautafeln gute Informationen liefern. Allerdings merkt man auch, dass der Grubengeistweg schon bessere Zeiten erlebt haben dürfte (morsche Bänke, verblichene Beschreibungen auf den Tafeln), und die Gemeinden bzw. Tourismusvereine angehalten sind, den Grubengeistweg gut in Schuss zu halten und auch entsprechend zu vermarkten – dann kommen auch die Gäste und bringen Einnahmen für die örtliche Gastronomie und Hotellerie.
Alle Fotos entstanden im Rahmen einer Begehung am 4. Juni 2021.
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Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum.
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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: 27. Juni 2021; Letzte Ergänzung: 1.8.2021