Kohlebahnhof Hinterschlagen Heissler-Stollen

200 Jahre Kohle-Bergbau im Hausruck – Dokumentation der Relikte # Teil 8: Kohlebahnhof Hinterschlagen, Ing. Heissler-Stollen

Durch den Heissler-Stollen (Tunnel) kam die Kohle aus den nördlich liegenden Abbaufeldern rund um Illing

Vom Kohlebahnhof Hinterschlagen, wo zur Blütezeit des Abbaus fast ein Dutzend 580 mm Gleise lagen, wurde die Kohle, welche vor allem durch den Ing. Heissler-Stollen und den Rudolfstollen antransportiert wurde, in bis zu 100-Hunte-langen Zügen zum Brecher Buchleithen transportiert (siehe Beitrag Kohlebahn Hinterschlagen – Buchleithen >>>).

Nach Schließung des Bergbaus in Hinterschlagen (1991) fanden für kurze Zeit ab 1995 touristische Befahrungen durch das Bahnhofsgelände und durch den Rudolfstollen statt. Diese “Bergbau-Erlebniswelt Hinterschlagen”, betrieben von einem privaten Unternehmer aus der Region, lief gut und speziell an den Wochenenden herrschte Hochbetrieb in Hinterschlagen.

Im österreichischen Kulturatlas, Kapitel Oberösterreich, liest man dazu:

Auf privater Basis wurde ca. 8 km nördlich von Ampflwang, im Braunkohlerevier Hinterschlagen, die so genannte “Bergbauerlebniswelt” eingerichtet. Los gehts mit einer Fahrt mit der Grubenlok. Die Hunte sind mit Sitzplätzen eingerichtet. Es wackelt ordentlich. Die Fahrt geht zuerst rund um das Museums-Gasthaus. Dann fährt der Zug in einen Stollen ein. Im Stollen hält der Zug an. Nach Vorführung eines historischen Films über den Braunkohleabbau (mit Originalaufnahmen) im Hausruck geht man mit einem ehemaligen Bergmann ca. 100 m in einen Stollen in den Berg. Entlang des Weges sieht man die verschiedenen Zimmerungsmethoden, den Streckenvortrieb und den Abbau. In kurzer Zeit bekommt der Besucher einen lebendigen Eindruck von der Arbeit unter Tage. Anmerkung: Auf dem Abraumschuttkegel kann man mit Mini-Jeeps gegen Gebühr herumkurven.

Bedauerlicherweise konnte der private Betreiber anstehende Investitionen nicht aus eigener Tasche stemmen und so ruht – gepaart mit anderen Gründen – seit Ende der 1990er Jahre der Betrieb am Bf Hinterschlagen und auf der Kohlebahn zum Brecher Buchleithen. Die angedachte Reaktivierung im Rahmen der Landesausstellung 2006 erfolgte bedauerlicherweise nicht – zwar flossen nicht unbeträchtliche Summen (teilweise mit wenig Nachhaltigkeit) in zahlreiche Projekte, aber der bereits einmal gut arbeitende Betrieb in Hinterschlagen wurde nicht gefördert mit der Begründung, es handle sich dabei um einen gewerblichen Unternehmer. So flossen die Beträge an Gemeinden und Vereine, das prädestinierte Highlight Hinterschlagen mit der bereits vorhandenen Infrastruktur konnte daher weder zur Landesausstellung noch später wieder für den Besucherverkehr geöffnet werden.

Vor Ort in Hinterschlagen bietet der ehem. Betreiber der Bergbauerlebniswelt im “Hausruckpark” aktuell (2021) diverse Freizeitangebote für Private und Firmen wie Bogenschießen, Paintball, Offroad etc. an, die Relikte des Bergbaus sind aktuell ungenutzt und verwahrlosen zusehends.

Nachfolgende Fotos stammen von einer Begehung im Juni 2021. Danke an Ludwig Herndlbauer, den ehem. Betreiber der Bergbauerlebniswelt und jetzigen GF des Hausruckparks, für das interessante und aufschlussreiche Gespräch vor Ort.

Einsam im Wald im ehemaligen Kohlebahnhof Hinterschlagen wartet dieser offensichtlich gut erhaltene Güterwagen auf bessere Zeiten – werden die wieder einmal kommen??
Die nach der Schließung des Bergbaus getätigten Investitionen in die Besucherbefahrungen – hier ein Lokunterstand – liegen bedauerlicherweise brach
Hunte / Loren im ehem. Bf-Gelände
Noch mehr Hunte/Loren
ein rustikaler Holzbau, in dem u.a. das Gasthaus drinnen war
Wegweiser und Plakate aus einer vergangenen Zeit – seit 2019 steht auch das Gasthaus leer (Pensionierung)
Hier waren mal Loks untergestellt
Die Gleise biegen nach links Richtung zum ehemaligen Besucherstollen (Rudolfstollen) ab
Gleis Richtung Schaustollen (Rudolfstollen)
das ehem. E-Werk
E-Werk und ein größeres längliches Gebäude (ehem. Nutzung??), überall ein bisschen Patina aber auch Zeichen von Aktivitäten – eine “lebende Geisterstadt”
Um die Besucherbefahrung effizient abzuwickeln wurde der Rudolfstollen mit einem 2 Mundloch versehen, durch das die Lok mit den Hunten einfuhr, um dann über das original Stollenportal wieder auszufahren. Hier im zusätzlich erbauten Mundloch steht noch eine Akkulok mit einigen angehängten Hunten und wartet auf bessere Zeiten
Das mit Toren versehene Originalportal des Rudolfstollens, angeschlagen 1949
Hinter dem Tor sieht man den Eingang in den mit Holz ausgezimmerten Stollen
Gleich vor den beiden Stollenzugängen ist eine Sportanlage, wo man sich auch laben kann oder konnte. Allerdings bei meinem Besuch unter der Woche keine Menschenseele zu sehen
Blick Richtung Gastwirtschaftsgebäude. Ich könnte mir vorstellen, dass hier auch zu Zeiten des Bergbaus eine Kantine in Betrieb war
Auf diesem Parkplatz und im jetzt bewaldeten Hintergrund befanden sich die ausgedehnten Gleisanlagen des Kohlebahnhofs Hinterschlagen. Rechts sichtbar das Gebäude mit dem Gasthaus
Wohnhäuser der WTK, die bewohnt sind
Der berühmte Ing. Heissler-Stollen, angeschlagen 1934, Nukleus des Abbaus in Hinterschlagen. Er führte als Tunnel hinüber ins Quellgebiet der Antisen (Antisenursprung) und ermöglichte den Abtraunsport der Kohle aus dem Raum Illing. Der Heissler-Stollen fiel hier in Hinterschlagen dann dem Tagebau zum Opfer
Blick aus dem Stollenportal – davor eine Ansammlung von alten und neuen Baggern, ein kleines Tohuwabohu
Im Stolleneingangsbereich ist eine kleine Barbarakapelle situiert – auch die macht einen traurigen Eindruck

Anreise mit Öffis

Die An-/Abreise erfolgte ab Bf Vöcklabruck mit dem Postautobus, Linie 706 bzw. Linie 708 bis Ampflwang. Von dort ca. 1 Stunde Fußmarsch nach Hinterschlagen.


Fazit

Es ist ein Jammer, dass die Bergbaurelikte in Hinterschlagen so verwahrlosen und nicht bespielt werden. Man dürfte sich von der öffentlichen Hand (Gemeinde, Denkmalamt) ein Mindestmaß an Unterstützung und Pflege erwarten, bspw. dass die Barbarakapelle ordentlich in Schuss gehalten wird und dass es vor Ort zumindest einen aktuellen Übersichtsplan gibt, wo der interessierte Besucher erfährt, welche Relikte wo zu finden sind und was es mit den Relikten auf sich hatte, also die ehem. Nutzung.

Da der Hausruckpark vom privaten Unternehmer ja bespielt wird gäbe es sicher zahlreiche Synergien in Hinblick auf eine Reaktivierung der Besucherbefahrungen auf der Kohlebahn von Buchleithen als auch in den Rudolfstollen. Hier sollte ein professionelles, gemeinsames Konzept mit anderen Touristikbetrieben in der Region entwickelt werden, bspw. auch eine Kooperation mit der ÖGEG, die ja zu ihrem Museum in Ampflwang touristische Fahrten ab Timelkam anbietet. In einem Gesamtpackage könnten dann Interessierte weiter nach Hinterschlagen fahren, dort in den Stollen einfahren, um authentisch den Kohleabbau zu erleben. Dann ein Einkehrschwung in das GH Mundloch, dann noch eine Runde Bogenschießen oder Paintball und Rücktransport nach Ampflwang und Timelkam. Das täte dem Tourismus in der gesamten Region gut! Das müsste allerdings koordiniert werden, von der Gemeinde, vom Tourismus und es bedarf zumindest einer Anschubfinanzierung für die beteiligten Unternehmen!


Wie sieht es am anderen Ende des Ing. Heissler-Stollens im Antisenurprung aus?? Das erfahrt ihr hier >>> (in Ausarbeitung)


Links

DEEF Kategorie Bergbau/Industrie >>>

DEEF-Doku 200 Jahre Kohle-Bergbau im Hausruck – Dokumentation der Relikte # Gesamt-Überblick mit Links zu den einzelnen Beiträgen >>>

Freizeitanlage Hausruckpark in Hinterschlagen >>>

Gemeinde Ampflwang >>>


Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum.

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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF

Erstmals Online publiziert: 9. Juli 2021;  Letzte Ergänzung: 1.8.2021