Der Wachtl-Express – schmalspurig unterwegs in 2 Ländern

Allgemeines
Die Wachtlbahn ist eine mit 900 Volt Gleichstrom elektrifizierte Schmalspurbahn mit 900 mm Spurweite und einer Länge von 5 km im Grenzgebiet von Bayern und Tirol und führt von Kiefersfelden in Bayern nach Wachtl in der Gemeinde Thiersee in Tirol. Von 1880 bis 1991 war die Bahn ausschließlich für den Transport von Gestein aus den Steinbrüchen in Wachtl ins Zementwerk nach Kiefersfelden im Einsatz, seit 1991 gibt es auch Personenverkehr.

Seit der „Einmottung“ des Zementwerkes Ende 2002 dient die Bahnstrecke ausschließlich dem Touristikverkehr in den Sommermonaten. Die Vermarktung erfolgt unter dem Namen „Wachtl Express“ bzw. „Wachtl-Bahn“ durch den Verein „Museums-Eisenbahn-Gemeinschaft Wachtl e. V. „, der die Betriebsführung innehat und auch Eigentümer der Waggons ist (seit 2012). Die Instandhaltung der Strecke sowie der beiden eingesetzten Lokomotiven Nummer 4 und 5 sowie einer Diesellok erfolgt durch die HeidelbergCement AG, die nach wie vor Eigentümerin der Infrastruktur ist und auch den Strom kostenfrei zur Verfügung stellt.

Historie
Ab 1853 Zementproduktion in Kiefersfelden (Brennofen des Andreas Bleier). Zement wurde u.a. auch für den Bahnbau Rosenheim – Kufstein verwendet (eröffnet 1858)
Um 1880: Beginn der Transporttätigkeit auf Schienen von Wachtl nach Kiefersfelden mittels Pferdeeisenbahn. Spurweite vermutlich 600 mm. Transportleistung 500 Tonnen pro Tag
1923: Umspurung der Bahn auf exotische 820 mm. Die Traktion mit einer Naßdampf-Lokomotive von Maffei ermöglichte eine tägliche Transportleistung von bereits 1.000 Tonnen
1923: Das Werk firmiert unter dem Namen Bayerische Portland Cement-Fabrik Kiefersfelden
1926: Das Zementwerk kommt an die damalige Portland-Cementwerke Heidelberg-Mannheim-Stuttgart AG (ab 1938 Portland-Zementwerke Heidelberg Aktiengesellschaft)
Nach dem 2. WK: Umstellung auf Dieseltraktion, Transportleistung 1.200 Tonnen/Tag.
1957 neues Schienenprofil S 49
1961 Zwei Ausweichen in Hechtsee/Schöffau und Breitenau ermöglichen eine tägliche Transportkapazität von 2.000 Tonnen
1970 Umspurung auf 900 mm und Elektrifizierung mit 1.200 Volt Gleichstrom
1978: Das Unternehme firmiert jetzt als Heidelberger Zement Aktiengesellschaft.
Dezember 1990 Gründung der Museums-Eisenbahn-Gemeinschaft Wachtl e. V. , vorerst noch im Rahmen der HeidelbergCement AG
6. Juli 1991: Aufnahme des Personenverkehrs mit 2 im selben Jahr von der Wendelsteinbahn angekauften und von 1.000 mm auf 900 mm umgespurten Personenwagen (Baujahr 1912)
1993: Ankauf eines weiteren Personenwagens von der Wendelsteinbahn, Umspurung und Umbau zum Barwaggon
1994: Ausgliederung des Vereins aus der HeidelbergCement AG zu einem eigenständigen EVU
2001/2002: Umbenennung des Unternehmens in HeidelbergCement AG
31. Dezember 2002: Schließung des Zementwerks in Kiefersfelden
2003: Das Werksgelände wird an die Rohrdorfer Gruppe (Südbayerisches Portland-Zementwerk Gebr. Wiesböck & Co. GmbH) verkauft, an der Heidelberg AG seit 1968 einen nennenswerten Anteil hält
2008: Die Dettendorfer Unternehmengsgruppe übernimmt große Teile des Werksgeländes als Johann Dettendorfer Ferntrans GmbH & Co. KG Logistikpark Kiefersfelden. Adaptierung des Geländes für die neue Nutzung.
16.5.2008: Sprengung des Hochofen
4.6.2008: Sprengung des Kamins
2012: Übergabe der Waggons in das Eigentum des Vereins
Juli 2014: Beginn Abriss der Betonsilos
2017: Behörde untersagt Fahrten wegen schlechtem Zustand der Infrastruktur
Nachfolgende Jahre: Teilweise Sanierung sowie Ankündigungen der Wiederaufnahme des touristischen Verkehrs – allerdings bis heute (Juli 2025) ruht der Verkehr

Neben dem episodischen Personentransport als Touristikbahn wird die Wachtl-Bahn nach wie vor als Werksbahn (offizielle Bezeichnung: Steinbruchrollbahn Kiefersfelden) in Reserve gehalten, sind doch die Abbaurechte im Steinbruch Wachtl noch bis in die 2030er Jahre aufrecht und der Steinbruch und die Verladeeinrichtung in Wachtl sowie die Brecheranlage im ehemaligen Zementwerk Kiefersfelden noch betriebsfähig. Somit kann auf eine eventuelle stärkere Nachfrage am Betonmarkt durch erneutes Hochfahren der eigenen Rohstofferzeugung reagiert werden.
Stationen der Wachtlbahn
Kiefersfelden Zementwerk km 0,0
Siedlerweg km 0,5
Kohlstatt km 1,3
Hechtsee / Schöffau km 2,5
Breitenau km 3,5
Gießenbachklamm km 3,9
Wachtl km 5,0
Streckenende ca. km 5,2
Touristikverkehr
Der touristische Personenverkehr findet vorwiegend in den Sommermonaten statt und zwar meist alle 2 Wochen an Samstagen und Sonntagen. Dabei werden aktuell (Stand 2015) 3 Fahrten täglich angeboten. Die Fahrt kostet je Richtung 3 Euro, die Fahrtzeit einfach beträgt ca. 25 Minuten. Bei einigen Stationen heißt es „Halt auf Verlangen“.
Kleine Fotodoku von meinem Besuch der Wachtl-Bahn im Juli 2015






































Fazit
Eine Fahrt mit dem Wachtl Express ist ein nettes kurzweiliges Vergnügen, das man einmal gemacht haben soll. Kombiniert man die Fahrt mit einer Wanderung in dieser schönen Gegend, so kann man den Wachtl Express auch mehrmals als Fahrgelegenheit nutzen. Die Aufenthaltszeit in Wachtl ist etwas zu kurz bemessen – um bspw. im nahen Gasthaus Wachtl einzukehren oder in Ruhe Fotos zu machen. Eine sinnvolle Maßnahme wäre sicher ein 2-Stunden-Takt, da kann man dann mit der nächsten Verbindung zurückfahren bzw. bspw. am Hechtsee nach einem Bad wieder weiterfahren. Das geht aktuell leider nur, wenn man den ersten von drei Zügen nimmt.
Am Tag meiner Reise hatte es 34 Grad im Schatten und da in den Waggons die Fenster nur einen Spalt aufgemacht werden konnten (wegen 1 einzigen engen Straßenunterführung!) kam man in den Genuss einer Saunafahrt mit ca. 50 Grad im Waggon. Hier sollte schon an die Eigenverantwortlichkeit der Fahrgäste appelliert und die Fenster geöffnet werden. Leider machen sich immer mehr Un-Sitten aus Amerika auch in Europa breit, so eben auch die Sache mit den Fenstern oder dass man auf der Lok nur mitfahren darf, wenn man vorher 5 Euro Versicherungsprämie bezahlt hat. Worauf ich dann verzichtet habe!
DEEF und sein Chefred wünschen sich, dass die Wachtl Bahn bald wieder fahren wird und Jung und Alt sich bei einer Fahrt erfreuen werden können!
Jojo der Wachtl Zug
der mocht uns froh 🙂