Neuer Fahrplan bei den ÖBB 2021/2022
Jedes Jahr findet am 2. Sonntag im Dezember der europaweite Fahrplanwechsel statt, heuer war es Sonntag der 12. Dezember 2021. Dazu nachfolgend die dazugehörige PA der ÖBB sowie anschließend ein Kurzkommentar meinerseits.
ÖBB: Neue Verbindungen & moderne Züge im Fahrplanjahr 2022
PA der ÖBB (Wien, 20. Oktober 2021)
- ÖBB als Rückgrat und Herz fürs KlimaTicket
- Früher buchen – günstiger reisen – Klima schützen
- Mit dem Nightjet in die Stadt der Liebe
- Mehr Verbindungen im Nah- und Fernverkehr
- Neue und modernisierte Züge auf Schiene
Der neue Fahrplan tritt europaweit am 12. Dezember 2021 in Kraft. Die ÖBB haben im Fahrplanjahr 2022 nicht nur neue und verbesserte Zugverbindungen im Nah- und Fernverkehr im Gepäck, sondern investieren auch in Service und die Zukunft der Mobilität – ganz im Sinne der Reisenden und der Umwelt.
„Die Bahn ist ,back on track‘.
Die Reisenden in unseren Zügen sind zurückgekehrt und es freut mich, dass die Bahn langsam wieder zu alter Stärke aufläuft. Mit dem neuen Klimaticket ist man ab 26. Oktober in ganz Österreich mobil und damit erwarten wir nochmals einen deutlichen Zuwachs an Reisenden. Wir sind als größter Anbieter im öffentlichen Verkehr mit unseren Zügen und Bussen in ganz Österreich Rückgrat und Herz für das KlimaTicket. Daher sind wir gewappnet für die Zukunft – mit neuen Zugverbindungen, verbesserten Angeboten, einem zeitgemäßen Preissystem und einer modernen Zugflotte, die das Reisen noch komfortabler macht“, betont ÖBB CEO Andreas Matthä.
Die ÖBB verbinden Europa: neue Nachtzugdestinationen
Das Nachtzugnetz der ÖBB wächst und ist das größte in ganz Europa. Mit unseren Nighjets lässt es sich bequem über Nacht in viele europäische Städte reisen und dabei im Schlaf das Klima schützen. Von der Stadt der Musik in die Stadt der Liebe: Mit der neuen Nightjet-Verbindung geht es ab Fahrplanwechsel dreimal pro Woche von Wien über München und Straßburg nach Paris. Auch der neue tägliche Nightjet von Zürich nach Amsterdam nimmt im Dezember seine Fahrt auf. Ab 12. Juni 2022 wird der bestehende Nightjet nach Berlin verlängert und startet künftig schon ab Graz. Mit dabei ist eine EuroNight-Wagengruppe nach Warschau – wodurch Graz gleich zwei neue Nachtzugdestinationen bekommt. Auch nach Rumänien lässt es sich über Nacht mit einem Schlafwagen reisen – von Wien nach Cluj-Napoca und von Wien über Timişoara nach Bukarest.
Verbesserungen im Nah- und Fernverkehr
Die ÖBB bauen auch unter Tags internationale Direktverbindungen weiter aus: Eine Railjet-Verbindung Wien – Innsbruck – Bregenz wird bis nach Frankfurt/Main verlängert. Von Graz nach Budapest gibt es künftig zwei Direktzüge zu attraktiven Zeiten – passend für den nächsten Kurzurlaub.
Auch das nationale Angebot wird ausgeweitet, z.B. auf der Strecke Graz – Linz und bringt damit attraktive Umsteigemöglichkeiten für Reisende von Kärnten nach Oberösterreich und Graz nach Deutschland sowie retour.
Der Fahrplan für die Pendler:innen ab St. Pölten Richtung Wien Meidling und Wien Hauptbahnhof wurde optimiert, sodass ab Fahrplanwechsel ein 15-Minuten-Intervall im Frühverkehr möglich ist.
Im Nah- und Regionalverkehr können sich die Pendler:innen über weitere Angebotsverbesserungen freuen – insbesondere auf diverse Taktverdichtungen und zusätzliche Verbindungen im Abendverkehr. Rund 1,4 Millionen zusätzliche Angebotskilometer wird es im neuen Fahrplanjahr für den Nah- und Regionalverkehr geben.
Investitionen in die Zukunft: rund 4,1 Mrd. Euro
„Wir setzen die Qualiätsoffensive bei unseren Zügen fort und investieren über 4,1 Mrd. Euro bis 2027 in moderne Züge und damit die Zukunft des Reisens. Diesen Weg gehen wir seit Jahren mit großer Überzeugung, um auch den Anforderungen und Wünschen unserer Kund:innen an eine modernen Zugflotte zu entsprechen“, so ÖBB CEO Andreas Matthä.
Im Nahverkehr wird es für die Pendler:innen schon bald zusätzliche Cityjets geben – Ende 2022 werden bereits die ersten Züge in Vorarlberg auf Schiene gehen.
Für bequemes Reisen über Nacht werden aktuell 22 Sitzwagen zu modernen Multifunktions-Liegewagen für den Nightjet upgegradet. Diese modernisierten comfort-Liegewagen werden im neuen Fahrplanjahr nach und nach in die bestehende Flotte integriert und heben den Komfort insbesondere für Familien und Reisende mit eingeschränkter Mobilität auf ein neues Niveau. Parallel dazu werden bereits die ersten der insgesamt 33 Nightjets der neuen Generation gebaut, die dann ab Frühjahr 2023 unterwegs sein werden und dem Nachtreisen nochmal eine neue Komfortdimension geben.
Mit „ÖBB Live“ schnell zum passenden Sitzplatz
Das neue Tool „ÖBB Live“ (zu finden bei der Reisevorschau im Ticketshop) wird es künftig noch einfacher machen, den passenden Sitzplatz zu finden. Es zeigt in allen ÖBB geführten Zügen im Inland u.a. die Info an, wo welcher Wagen mit welcher Ausstattung (Wagennummer, Wagenklasse, Fahrradstellplätze, Ruhezone, Familienzone, WC, Bordbistro, Infopoint, barrierefreie Plätze usw.) zu finden ist, und gibt zusätzlich in den ÖBB Railjets eine prognostizierte Auslastung der einzelnen Wagen an. Das bedeutet nicht nur bestmögliche Orientierung, sondern erspart den Reisenden auch bei stark frequentierten Zügen die längere Sitzplatzsuche.
Auch im ÖBB Ticketshop kommt es zu einer schrittweisen Neugestaltung, mit der die Usability verbessert werden soll. Ab Mitte November wird dazu etwa die Oberfläche des Homescreens im Web neugestaltet, um künftig den Kauf einfacher zu gestalten und z.B. eigene Favoriten anlegen zu können. Im Lauf des Jahres 2022 soll dann auch die ÖBB App aktualisiert werden.
Ausbau der ÖBB 360 Mobilitätsservices
Auch im kommenden Jahr steht der Ausbau der „ÖBB 360“-Mobilitätsservices im Fokus. Gemeinsam mit Partnern, wie Gemeinden, Tourismusregionen, Unternehmen und Wohnbauträgern, entwickeln die ÖBB nachhaltige Produkte und Services, damit die Reisenden ihre täglichen Wege bequem, lückenlos und ohne Privat-Pkw zurückgelegen können. Dafür werden verschiedenste Angebote von klimaschonenden Sharing-Services gebündelt und in der wegfinder App verfügbar gemacht. Ganz nach dem Motto: klimafreundlich, einfach und flexibel ans Ziel. Die ersten modernen Mobilitätshubs sind bereits in Betrieb gegangen, 2022 sollen nun in mehreren Gemeinden weitere folgen.
Früher buchen – günstiger reisen – Klima schützen
„Österreich ist seit Jahren das Bahnland Nr. 1 in der EU – mit dem Klimaticket können wir künftig wohl noch mehr Fahrgäst:innen in unseren Zügen willkommen heißen und damit gemeinsam einen wesentlichen Beitrag zum Klimschutz leisten. Der Zuwachs an Reisenden und der verstärkte Trend beim Ticketkauf in Richtung Online-Buchung, hat zur Erweiterung unseres neuen Preissystems geführt. Wer früher und online bucht, bekommt einen besseren Preis als jene Kundinnen und Kunden, die erst am Tag der Abfahrt am Schalter ein Ticket lösen. Somit haben es unsere Kund:innen in Zukunft selbst in der Hand, wie viel sie für ihr Ticket bezahlen“, erklärt ÖBB CEO Andreas Matthä.
Der Preis für das Ticket errechnet sich nach dem Buchungszeitpunkt und dem Verkaufskanal. Das günstigste Ticket ist bis 15 Tage vor Abfahrt in der App oder im Web zu buchen. Die Variante des Ticketkaufs am Reisetag und Schalter ist die teuerste. Am Schalter wird es ab dem 12. Dezember 2021 dafür eine Neuerung bei der ÖBB Vorteilscard geben: sie bringt dort künftig 50 % Ermäßigung.
Für alle Reisenden, die mit dem Klimaticket in ganz Österreich unterwegs sein werden, aber nicht auf ÖBB Extras verzichten möchten, sind Upgrade-Pakte erhältlich: das 1. Klasse Upgrade (ab 1.355 €), das Lieblingsplatz-Abo (ab 48 €) und das Businessplatz-Abo (ab 240 €).
Kurzkommentar ChefRed DEEF
Jedes Unternehmen ist natürlich bestrebt, vor allem die positiven Leistungen und Chancen im Marketing hervorzukehren, so auch die ÖBB – und das ist natürlich legitim. Das erfordert aber auch kritische Respondenten, kritische Journalisten, welche die Unternehmen – hier also die ÖBB – sowie die Öffentlichkeit darauf hinweisen, wo es offenkundig nicht ganz so rund läuft. Leider hat es kaum fachkundige und kritische Journalisten in Österreich, die bei Pressekonferenzen, Konzernbilanzen sowie Präsentationen der ÖBB kritisch nachfragen und die Oberen der ÖBB zu einem kritischen Diskurs auffordern. Meist wird der Pressetext der Staatsbahn kritiklos abgedruckt, am besten mit copy und paste – typische Lohnschreiberlinge halt aber keine wirklichen Journalisten.
Aber das nur als Vorbemerkung, hier ein paar Punkte aus meiner Sicht:
Das Klimaticket ist sicher ein Hit und ist in wenigen Monaten bereits über 100.000 Mal verkauft worden. Spät aber doch hat Österreich das bekommen, was die Schweiz mit ihrem Generalabo schon seit Ende des 19. Jhds. für ihre Premium-Fahrgäste aufgelegt hat. Was dieses österr. “Klimaticket” im Unterschied zum Generalabo der Schweiz noch nicht anbietet: Freie Fahrt oder Ermäßigung für die Schifffahrt (die ja auch beruflich genutzt werden kann und wird) sowie für Zahnradbahnen, Standseilbahnen und Luftseilbahnen, meist als Bergbahnen zu bezeichnen. Hier könnte ggf. auch ein kleiner Aufpreis auf das standardmäßige Klimaticket angeboten werden.
Dass die ÖBB nun Europameister bei den Nachtzügen sind mag sicher erfreulich sein, allerdings rollt man bis dato – also bis die ganz neuen Nightjet-Garnituren verfügbar sind – noch mit jahrzentealtem tw. “versifftem” Material durch die Gegend. Eines muss dabei aber klar sein: Der Preis für den Liege- bzw. Schlafwagen muss adäquat zur Qualität und Leistung sein und sich an den Preisen der Hotellerie orientieren. Wenn ich für ein Schlafwagenabteil über 100 oder über 150 Euro pro Nacht bezahle, dann muss ich zumindest davon ausgehen können, dass die Sauberkeit und die Hygiene der eines 3- oder 4 **** Hotels entspricht. Pippifein gereinigt und hygienisch – davon sind wir aber in den meisten Schlaf- und Liegewägen noch Lichtjahre entfernt. Und ich muss davon ausgehen können, dass das Nachtzugpersonal wie in einem 3- oder 4**** Hotel die ganze Nacht für den Gast da ist, für die Wünsche der Gäste aber auch für die Sicherheit der Gäste und nicht, dass sich das Personal – wie aktuell oftmals berichtet wird – in die eigene Koje zurückzieht und schläft anstatt zu wachen! Aber lassen wir uns überraschen!
Dass das Angebot im Nah- und Fernverkehr weiter ausgebaut wird ist löblich aber natürlich auch ein Gebot der Stunde. Diesen Hype was das Klima betrifft muss die Bahn nutzen und Fahrgäste durch Angebot und Qualität dazu gewinnen. Allerdings pfeifen die ÖBB aus dem letzten Loch, wenn es um die Fahrzeuge geht – seit Jahren herrscht ein durch Managementfehler bedingter akuter Fahrzeugmangel und wenn dann ein Railjet ausfällt, dann bekommen die Fahrgäste oftmals als Ersatz eine S-Bahn-Garnitur oder Waggons, die noch Plumpsklos haben. Und in so einer misslichen Phase verscherbelt(e) man auch noch unzählige bewährte Intercity-Waggons oder baut sie aktuell zu Nachtzugwaggons um, anstatt sie für laufend vorkommende Notfälle in Reserve zu halten. Denn Reserven zu bilden – das lernte ich damals bei der Offiziersausbildung beim Militär bereits nach 2 Monaten und man lernt das wohl auch im 1. Semester beim BWL-Studium – das ist ein wesentlicher Managementgrundsatz!
Dass man das Klimaticket upgraden kann auf die 1. Klasse ist natürlich sehr zu begrüssen und wichtig, um zumindest Teile der ehemaligen Premiumkunden mit der Österreichcard 1. Klasse weiter als Kunden zu binden. Wie sich das mit den Abos für Sitzplatz und Businessklasse verhält, das muss sich erst in der Praxis zeigen. Hier wäre es vielleicht auch anzudenken, hier einen Pauschalpreis zu verrechnen (bspw. plus 500 Euro und dafür 1 Jahr Businessklasse). Was sicher ein Unfug wäre, wenn die gekauften Abos – als bspw. 100 Upgrades auf die Businessklasse – nur 1 Jahr gelten würden, denn wer weiß schon wieviel er wirklich benötigt. Die überzähligen Upgrades müssen entweder retourniert werden können oder müssen im Folgejahr (wenn wieder ein Klimaticket mit Upgrade gekauft wird) weiter gelten!
Dass der Ticketshop wieder umgebaut wird ist löblich nur sollte er zu einer besseren Usability führen und nicht wie in der Vergangenheit oft mit zahlreichen Macken (“Bugs”) auf die Fahrgäste losgelassen werden. Die Fahrgäste als Versuchskaninchen – das geht gar nicht! Eine Anzeige hinsichtlich der Auslastung bei einzelnen Zügen ist eine gute Sache, das hat die SBB in ihren Fahrplänen allerdings schon seit Ewigkeiten eigebaut.
Hinsichtlich Preisstaffelung je nach Vertriebskanal sowie Zeitpunkt der Buchung gab und gibt es auch bei anderen Eisenbahnunternehmungen, inwieweit das von den Fahrgästen angenommen bzw. goutiert wird und ob es sich für die ÖBB rechnet – sprich Einnahmensicherung – das wird der Feldversuch zeigen.
Bis 2027 sollen über 4 Milliarden Euro in neues rollendes Material investiert werden, spricht CEO Andreas Matthä. Da kann man sich ja auf einiges an Qualität und Quantität freuen und es ist zu hoffen, dass man dann auch wieder Reserven bildet und mehr Zeit hat, die Flotte dann öfter zu warten und vor allem die Züge öfter zu waschen – aktuell sind die Züge oft speziell außen (Fenster) dauerverdreckt!
Was es natürlich dringend bräuchte ist eine Regionalbahnoffensive! Milliarden um Milliarden werden in “Hochleistungsstrecken” gebuttert, um Milliarden werden lange Tunnel gegraben, aber abseits weniger Hauptverkehrsachsen rumpeln die Züge wie einst zu Kaisers Zeiten dahin, man fährt quasi auf Kaisers Schienen und das im 21. Jahrhundert! So kann das nicht weitergehen! Man braucht nur an die Ennstalbahn zu denken oder an die Salzkammergutbahn, wo man bei letztgenannter zum Fahrplanwechsel wieder 2 Stationen zugesperrt hat, nur um den Fahrplan halten zu können. Das ist keine nachhaltige Strategie. Besser wäre es, die Strecke zu ertüchtigen um die Fahrgeschwindigkeit deutlich erhöhen zu können bzw. die Fahrzeit zu verringern.
Last not least ein Wort zu den Stationen (Bahnhofsoffensive): So lobenswert es ist, dass man endlich mit jahrzehntelangem Verzug Bahnhöfe und Haltestellen barrierefrei macht und modernisiert aber man sollte dabei schon auf die Qualität und das Erscheinungsbild achten. Meist besteht ein Bahnhofsumbau der ÖBB Infra darin, das bestehende Aufnahmsgebäude (oft noch ein herrlicher Bau aus der Gründerzeit) zuzusperren oder gar abzureissen und den beheizten Warteraum, die Toiletten und ggf. ein Buffet durch einen meist nicht mal ordentlich gegen Wind und Wetter abgedichteten Glaskäfig zu ersetzen. Dazu werden statt ordentlichen (warmen!) Holzbänken kühle Metallbänke aufgestellt, die schon nach wenigen Jahren rosten und damit nicht mal mehr einen ordentlichen Anblick bieten. Die Bahnhofsoffensive, so wichtig sie ist, braucht auch Qualität und Funktionalität und die ist bis dato kaum wo sichtbar! Außer eventuell auf den Hochglanzfoldern der Architekten und Bauherren!
Auf ein erfolgreiches Jahr 2022 für die Eisenbahnen in Österreich und weltweit!
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Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum.
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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: 27. Dezember 2021; Letzte Ergänzung: –