Die internationale Eisenbahnstrecke Freiburg (Breisgau) – Breisach – Colmar – Reaktivierung in der Pipeline
Beklagt man bei uns in Österreich, dass mehrere Eisenbahnstrecken zu unseren östlichen Nachbarn immer noch unterbrochen oder gar abgebaut sind, obwohl der Fall des Eisernen Vorhangs bereits über 30 Jahre her ist, so zeigt dieses Beispiel aus Deutschland bzw. Frankreich, dass es noch viel länger dauern kann, bis eine einst unterbrochene internationale Eisenbahnstrecke wieder reaktiviert wird.
Ursprünglich als Teil einer internationalen Fernverbindung von Paris nach Wien durch die Vogesen und den Schwarzwald angedacht wurde daraus ein binationales Eisenbahnprojekt, welches in 2 Phasen in Betrieb ging. Der Abschnitt auf deutscher Seite, nämlich von Freiburg im Breisgau über Gottenheim (Abzweig Kaiserstuhlbahn) in die Stadt Breisach am Rhein wurde am 14. September 1871 eröffnet, als Betreiber für diese staatlich betriebene Privatbahn fungierten die Großherzoglich Badische Staatseisenbahnen (BadStB).
Der Abschnitt auf französischer Seite (eigentlich deutscher Seite, da das Elsass nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1871 zum Deutschen Reich kam) konnte nach der Fertigstellung der Rheinbrücke bei Breisach (Baubeginn 1875) die Eröffnung am 7. Jänner 1878 gefeiert werden.
Nach dem 1. Weltkrieg wurde das Elsass wieder Frankreich zugeschlagen – bzw. der Kriegssieger Frankreich holte sich das Elsass wieder – wurde Breisach Grenzbahnhof der auch Breisacher oder Colmarer Bahn genannten Strecke, wobei wie bei vielen Grenzziehungen auch hier ein Bedeutungsverlust der Strecke zu verzeichnen war.
Seit der Sprengung der Breisacher Brücke über den Rhein im Feber 1945 ist die internationale Strecke nun unterbrochen und mehrfache Anläufe zur Reaktivierung scheiterten an den Kosten für die Neuerrichtung der Brücke über den Rhein (die Fundamente der alten Eisenbahnbrücke dienen aktuell der Straßenbrücke).
Auf deutscher Seite war die Strecke wie vielerorts in Europa nach dem Aufkommen des Individualverkehrs von der Einstellung bedroht, entging diesem Schicksal aber und wurde 1997 Teil des Breisgau-S-Bahn Systems. Im Rahmen des Projektes Breisgau-S-Bahn 2020 wurde 2019 der Abschnitt Freiburg – Gottenheim elektrifiziert, 2020 folgte der restliche Abschnitt bis Breisach am Rhein.
Die S-Bahnen (aktuell 2021 betrieben von DB Regio AG Baden-Württemberg) verkehren Mo-So im Halbstundentakt. Die Fahrtdauer Freiburg – Breisach beträgt 24 Minuten.
Auf französischer Seite fand durch die französische Staatsbahn SNCF bis 1969 Personenverkehr auf dem Abschnitt Colmar bis Volgelsheim (vormals Neubreisach Feldbf) statt, danach verkehrten täglich noch 2 Güterzüge von Colmar zum Rheinhafen bei Marckolsheim (dt. Markolsheim). Der 1982 gegr. Verein Chemin de Fer Touristique du Rhin betreibt auf dem französischen Teil der Strecke Museumsbahnfahrten.
Die geplante Reaktivierung:
2012 gründete sich der Verein Trans-Rhin-Rail, der sich neben der Streckenrenovierung zwischen Colmar und Volgelsheim auch für den Bau der Brücke engagiert.
Die von deutschen und französischen Regionalpolitikern 2018 in Auftrag gegebene und im März 2019 publizierte Machbarkeitsstudie für den Wiederaufbau der Eisenbahnbrücke über den Rhein bescheinigte dem Projekt großes Potential. Errechnet wurde ein Fahrgastpotential von 4000 bis 6000 Reisenden/Tag sowie Baukosten zwischen 235 und 275 Mio. €. In einer im November 2020 vorgestellten Potenzialanalyse zur Reaktivierung von 42 stillgelegten Schienenstrecken in Baden-Württemberg belegte die Strecke Breisach–Colmar Platz 5 in der Gruppe „Sehr hohes Nachfragepotential. 2019 wurde eine vertiefende Studie zur technischen Realisierung der Bahnlinie in Auftrag gegeben und für den Fall eines positiven Ergebnisses (Studie wird für 2021 erwartet) wurden hohe Förderzusagen seitens des Bundes sowie der EU in Aussicht gestellt. Auch im deutsch-französischen “Aachener Vertrag” wird dem Projekt hohe Bedeutung zuerkannt. Quasi als Pre-SEV soll bis zur Reaktivierung der Bahnlinie eine Schnellbuslinie im Juni 2023 in Betrieb genommen werden.
Wir wünschen diesem wichtigen und völkerverbindenden Projekt eine rasche Umsetzung!
Die Stationen der Strecke:
- Freiburg (Breisgau) Hbf, km 0,0 (> Rheintalbah nach Basel Bad Bf. bzw. Mannheim; Höllentalbahn Donaueschingen)
- Freiburg Klinikum, Hs, km 1,0
- Freiburg Messe/Universität, Bf, km 2,1
- Freiburg West, ehem. Hs bis 2019, km 4,2
- Freiburg-Landwasser, Hs ab 2019, km 4,4
- Hugstetten, Hs, km 7,4
- Gottenheim, Bf, km 11,7 (>Kaiserstuhlbahn nach Riegel-Ort)
- Wasenweiler, Hs, km 14,9
- Ihringen, Hs, km 17,8
- Breisach, Bf, km 22,5 (> Kaiserstuhlbahn nach Riegel-Malterdingen)
—- Staatsgrenze D / F und ehem. Rheinbrücke Breisach 328 m —-
- Volgelsheim (ehem. Neubreisach Feldbf), Betriebsstelle, km 26,1 (> Hafen, zur Museumsbahn CFTR)
- Neuf-Brisach (ehem. Neubreisach), Betriebsstelle, km 27,2
- Wolfgantzen (ehem. Wolfganzen), ehem. Hs, km 29,7
- Sundhoffen (Sundhofen), ehem. Hs, km 36,1
- Neuland, ehem. Hs, km 38,8
- Colmar, Bf, km 44,1 (> Straßburg bzw. Mühlhausen-Basel; Metzeral; Bollwiller)
Die Strecke ist eingleisig, normalspurig und seit 2020 von Freiburg bis Breisach mit 15kV 16,7 Hz elektrifiziert.
Links:
Verein Trans-Rhin-Rail Colmar-Freiburg >>>
Studie Schienenverbindung Colmar-Freiburg >>>
DEEF Kategorie Eisenbahnen >>>
Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum.
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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: 3. April 2021; Letzte Ergänzung: 4.4.2021