Die Gutensteinerbahn Wr. Neustadt – Wöllersdorf – Gutenstein

Allgemeines
Die Gutensteinerbahn führt vom Wiener Neustädter Becken durch das von der Piesting durchflossene Piestingtal als Eingangspforte in den Wienerwald und wird daher auch Piestingtalbahn genannt.
Die normalspurige, eingleisige und nicht-elektrifizierte Regionalbahn hat eine ursprüngliche Länge von Wittmannsdorf nach Gutenstein von 32,6 km. Der kleinste Radius beträgt 139 m, die größte Neigung 22 Promille, die Höchstgeschwindigkeit 90 km/h.
Geschichte der Gutensteinerbahn
Die Gutensteinerbahn hat mehrmals im Lauf ihrer Geschichte die Streckenführung geändert. Gebaut wurde sie von den Niederösterreichischen Südwestbahnen, die auch die Niederösterreichische Südwestbahn bzw. Leobersdorfer Bahn errichtet hatten, von der ja ursprünglich die Gutensteinerbahn abzweigte.
Eröffnet wurde die Gutensteinerbahn am gleichen Tag wie das Stück der Leobersdorfer Bahn von Leobersdorf an der Südbahn nach Kaumberg, und zwar am 1.9.1877. Die Gutensteinerbahn zweigte damals beim sogenannten Wächterhaus 3 bei ca. km 3,5 ab Leobersdorf von der Leobersdorfer Bahn ab. Im Zuge der im August 1883 eröffneten Lokalbahn Ebenfurth – Wittmannsdorf wurde ein Bahnhof in Wittmannsdorf errichtet und sodann wurde die Trassenführung geändert, die Gutensteinerbahn zweigte direkt aus dem Bahnhof Wittmannsdorf ab, der Abzweig beim Wächterhaus 3 wurde aufgelassen.
Eine Verknüpfung mit der Puchbergerbahn (Schneebergbahn) nach Puchberg am Schneeberg erfolgte im April 1897, als Gleichzeitig mit der Eröffnung der Stammstrecke auch der Seitenast Bad Fischau nach Wöllersdorf an der Gutensteinerbahn eröffnet wurde. Eine weitere Verknüpfung erfolgte im August 1900, als die k.k. priv. Eisenbahn Wien-Aspang, welche ein Jahr zuvor die Betriebsführung auf der Schneebergbahn (Puchbergerbahn) übernommen hatte, eine Verbindungsbahn zwischen Sollenau und Feuerwerksanstalt errichtete, welche in Steinabrückl mit der Gutensteinerbahn verknüpft wurde. Im Mai 1947 wurde der Abschnitt Sollenau–Steinabrückl und im Mai 1972 der Abschnitt Steinabrückl–Feuerwerksanstalt wieder aufgelassen.

Mit der Einführung des NAT 91 wurde der Verkehr auf der Stammstrecke zwischen Wittmannsdorf und Wöllersdorf zurückgefahren und verstärkt die Züge ab Wiener Neustadt über Bad Fischau-Brunn (Abzweig von der Puchbergerbahn) und den Seitenast der Puchbergerbahn nach Wöllersdorf geführt, 1995 wurde der Personenverkehr auf der Stammstrecke Wittmannsdorf bis Wöllersdorf ganz eingestellt. Obwohl es nachfolgend konkrete Überlegungen gab, die bereits elektrifizierte Strecke von Leobersdorf bis Wittmannsdorf bis nach Wöllersdorf zu verlängern und bis Wöllersdorf ab Wien einen S-Bahn Verkehr aufzubauen, hat man sich dann für das totale Gegenteil entschieden – anstatt Elektrifizierung und S-Bahn Verkehr wurde 2015 die Strecke demoliert und abgetragen.

Der Betrieb auf der Gutensteinerbahn
Die Zukunft der Gutensteinerbahn scheint langfristig gesichert zu sein, trotz der bei der Österreichischen Staatsbahn vorherrschenden Mentalität zur Stillegung von Regionalbahnen (unter Duldung und Mithilfe der Politik – sonst ginge das ja gar nicht).
Neben dem Personenverkehr gibt es durch einige Betriebe an der Strecke ein durchaus beachtliches Frachtaufkommen, das zum Glück für die Anwohner auf der Schiene und nicht auf der Straße abtransportiert wird.

Im Personenverkehr gibt es einen durchgängigen Stundentakt, gefahren wird mit Dieseltriebwägen der BR 5022 Desiro. Die Fahrzeit von Wiener Neustadt nach Gutenstein beträgt 55 Minuten.
Die Güterzüge werden mit Loks der BR 2016 Hercules bespannt, es verkehren mehrere Güterzugpaare pro Tag, sogar am Wochenende.

Die Stationen der Gutensteinerbahn

Wiener Neustadt Hbf, Bahnhof, km 0,0; 268 m.ü.d.M.

Wr. Neustadt Anemonensee, Haltestelle, km 2,1 (gemeinsam mit Puchbergerbahn)

Bad Fischau-Brunn, Bahnhof, km 5,3 (wird nur von der Puchbergerbahn bedient, Gutensteinerbahn fährt durch)

Bad Fischau, Haltestelle, km 0,7 ab Bad Fischau-Brunn

Feuerwerksanstalt, Bahnhof, km 3,2

Wöllersdorf, Bahnhof, km 5,5 ab Bad Fischau-Brunn; 328 m
(km 9,1 ab Wittmannsdorf – km 0,0 über Matzendorf, ehem. Haltestelle km 3,8; Steinabrückl, ehem. Bf km 6,9; dieser Abschnitt ist abgebaut)

Wöllersdorf-Marchgraben, Haltestelle, km 10,2

Piesting-Harzwerk, Haltestelle, km 12,7

Piesting, Bahnhof, km 13,7; 343 m

Dreistetten, Haltestelle, km 14,8

Ober Piesting, Bahnhof, km 15,9; 352 m

Zugkreuzung in Ober Piesting, oben am 9.7.2018 mit 5022 046-5, unten am 28. Juni 2012 mit 5022 059-7. Im Jahr 2012 war der Bahnhof mit einem Buffet bewirtschaftet, 2018 war das Gebäude ohne Nutzung.

Wopfing, Haltestelle, km 17,5

Waldegg, Bahnhof, km 19,0; 368 m



Waldegg-Dürnbach, Haltestelle, km 19,6
Oed, Bahnhof, km 22,1; 396 m

Miesenbach-Waidmannsfeld, Haltestelle, km 23,7

Ortmann, Bahnhof, km 26,7; 415 m
Pernitz Wipfelhofstraße, Haltestelle, km 27,5
Pernitz-Muggendorf, Bahnhof, km 28,3; 430 m

Pernitz Raimundviertel, Haltestelle, km 29,4
Gutenstein, Bahnhof, km 32,6; 468 m.ü.d.M.

Ankunft in Gutenstein am 9.7.2018. Als ich im Jahr 2012 dort war, gab es im kleinen Nebengebäude rechts ein in Funktion befindliches Bahnhofsbuffet, 2018 war keine Spurt mehr davon zu sehen. Gegenüber vom Bahnhof der stattliche Gebäudekomplex des Gutensteinerhofs, dort kehrte ich 2012 auf Speis und Trank ein. 2018 war dort alles dicht, ein Schild wies darauf hin, man könne das Gebäude pachten oder kaufen. Jedenfalls keine Labungsstelle dort weit und breit.


Ergänzungen
Anmerkung zur Gastronomie:
Im Unterschied zur Puchbergerbahn ist man kulinarisch gesehen bei der Gutensteinerbahn arm dran. Weder in den Bahnhofsgebäuden noch in unmittelbarer Nähe der Bahnhöfe bieten sich lukullische Freuden an, offenbar hat es in dieser Region ein großes Wirtesterben gegeben. Zum Glück fand ich im Juli 2018 eine Art Würstelbude in Waldegg, wo ich gut und günstig meinen Hunger und Durst stillen konnte. Auch ein Piestinger Bier konnte ich genießén, allerdings wird es seit einigen Jahren nicht mehr in Piesting gebraut und auch die Markenrechte wurden damals an die jetzige Brauerei in Villach verkauft.

Anm. zur Gutensteinerbahn:
Schade dass man zuletzt die Stammstrecke von Wittmannsdorf demoliert hat anstatt bis Wöllersdorf den schon konkret angedachten elektrifizierten S-Bahn-Verkehr aus dem Wiener Zentralraum umzusetzen. Wie vielerorts in Österreich wäre es auch bei der Gutensteinerbahn anzuraten, gemeinsam mit den Touristikern etwas mehr Informationen für Ortsfremde in den einzelnen Stationen bereitzustellen. Bspw. wo man Hunger und Durst löschen kann, wo es ins Zentrum geht, wo ggf. ein Taxi bestellt werden kann. So kommt man an den Stationen an und findet keine aktuellen Infos vor, von einem Willkommen in Wort und Bild oder mit Blumen am Bahnhof wie früher üblich ganz zu schweigen. Aktuell fühlt man sich auf den meisten Eisenbahnstationen in Österreich ganz und gar nicht willkommen geheißen!

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Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum
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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: / page first published 11. Juli 2018; Seiten-Relaunch 12.4.2025; Letzte Ergänzung / page last modified 13.4.2025