Die ehem. Lokalbahn Felixdorf – Blumau-Neurißhof – Tattendorf
Lokalbahn Felixdorf – Tattendorf
Zwischen Felixdorf an der Südbahnstrecke und Tattendorf an der Inneren Aspangbahn wurde 1914 eine durch das Steinfeld im Wiener Becken führende normalspurige und nicht elektrifizierte Militärschleppbahn mit einer Länge von 10,9 km errichtet, auf der vom 15. Mai 1928 bis zum 31. August 1932 auch ein regulärer Personenverkehr angeboten wurde. Nach Einstellung des Personenverkehrs wurde die Strecke zwischen Tattendorf und dem Bahnhof Blumau-Neurißhof für den Gesamtverkehr stillgelegt und die Gleise abgebaut. Aktuell findet noch sporadischer Güterverkehr für das Österreichische Bundesheer von Felixdorf bis zur Ladestelle des ÖBH in Blumau (Truppenübungsplatz Großmittel) statt, die Gleise zum Bf Blumau-Neurißhof liegen zwar noch aber es findet kein Verkehr mehr statt. Bei meiner Expedition an einem heißen Junitag 2020 konnte ich die Gleise bzw. Gleisreste bis zur L&R Erdbau GmbH verfolgen.
Die Gemeinde – Zentrum der Munitionsfabrikation (k.u.k. Pulverfabrik)
Die im Niederösterreichischen Industrieviertel situierte Gemeinde Blumau-Neurißhof hat aktuell 1.821 Einwohner (2021) erlebte ihren wirtschaftlichen Aufschwung Ende des 19. Jahrhunderts als Zentrum der österreichischen Munitionsfabrikation, wobei im Jahr 1918 30.000! Personen dort in der k.u.k. Pulverfabrik beschäftigt waren. Die Relikte davon zeigen sich heute in zweierlei Gestalt und machen die Gemeinde einzigartig in ihrer Gestaltung: Zum einen finden sich hier wohl die meisten denkmalgeschützten Objekte in Österreich, die im Gefolge von Industriebetrieben (Munitionsfabrikation) entstanden sind und heute für zivile Wohnbedürfnisse genutzt werden (ehem. Arbeiter-/Angestelltenwohnhäuser, ehem. Beamtenwohnhäuser, ehem. Direktionsgebäude, ehem. Offizierswohnhäuser, 2 Kasernen etc.). Zum anderen finden sich rundum zahlreiche Relikte der ehemaligen Fabriken, zwischenzeitlich großteils von der Vegetation zurückerobert und großteils zu Ruinen verkommen. Teile davon sind militärisches Sperrgebiet (Garnisonsübungsplatz Blumau), wo auch der Autor dieser Zeilen in den 1980-Jahren als junger Leutnant an Rette- und Bergeübungen in Objekten im Rahmen eines Kurses an der ABC-Abwehrschule teilgenommen hat.
Bewohnte Objekte
Ruinen
Es sind mehr als 100 Ruinen vorhanden.
Die Strecke (Stationen, Anschlussbahnen)
Vom Bahnhof Felixdorf an der Südbahnstrecke gelegen (km 0,0) zweigt die Strecke in einem Bogen nach links ab und kreuzt nach ca. 400 Meter die Wiener Neustädter Straße und führt nach Osten entlang der Großmittelstraße, wo die ehemalige Lokalbahn Ebenfurth-Wittmansdorf gekreuzt wird.
Nach gut einem halben Kilometer biegt die Strecke nach Nordnordost ab, um nach ca. 1 Kilometer die Blumauer Straße zu erreichen, der sie dann Richtung Nordost folgt. Bei Steckenkilometer 3,0 liegt die ehem. Haltestelle Böhlerwerke, bei km 3,1 zweigen Gleisanlagen zu den ehem. Böhlerwerken (Munitionsfabrik) bzw. nachfolgend Fa. Almeta (Almeta Metallumschmelzwerk Gesellschaft m.b.H.) ab. Die Gleise sind tw. stark verwachsen weil seit Jahren ungenutzt! Aktuell befindet sich auf dem Gelände u.a. ein ziviler Schießplatz, bei meinem Besuch vor Ort peitschten Schüsse über das Gelände und hielten mich auch von einem Besuch des ehem. Werksgeländes ab.
Bei Streckenkilometer 4,1 zweigt die AB zu den Laderampen des Österreichischen Bundesheeres ab, an deren Ende der Soldatenfriedhof Blumau liegt. Bis hierher gibt es sporadischen Güterverkehr.
Bei km 4,1 gab es früher eine Haltestelle namens “Kino” – hier war früher das Kino von Blumau angesiedelt (heute Telatzky GmbH Stahl- und Anlagenbau).
Nach dem Abzweig der AB des ÖBH schwenkt die Trasse nach Norden und überquert die Sollenauerstraße und führt dann in nordöstlicher Richtung durch das Blumauer Siedlungsgebiet bzw. eine Waldlandschaft. Bei km 4,9 war früher die Haltestelle Blumau (Steinfeld), an die wohl die Straßenbezeichnung “Bahnhofstraße” mit gleichnamiger Bushaltestelle erinnert. Kurz danach deutet die Wegbezeichnung “Ausweiche” auf eine betriebliche Ausweiche der Strecke hin.
Mit einem Ostschwenk der Trasse (hier liegen immer noch die Gleise) wird der ehem. Bahnhof Blumau-Neurißhof bei km 6,1 erreicht. Das gut erhaltene Bahnhofsgebäude wird vom Bauhof der Gemeinde genutzt.
Am östlichen Ende des Bahnhofs wird die Sollenauerstraße gequert, und eine ehemalige Anschlussbahn führt nach Querung der Pottendorferstraße in ein ehemaliges Betriebsgelände, wo sich die Gleise weiter verzweigen. Bei der EK über die Sollenauerstraße findet sich auch die einzige Labungsstelle weit und breit, das Cafe Zeitlos.
Das Hauptgleis führt direkt südlich der Pottendorferstraße weiter nach Osten, wo es bis zum Betriebsgelände der L&R Transport und Erdbau GmbH bzw. Metall Recycling GmbH mit dem achteckigen unter Denkmalschutz stehenden Wasserturm verfolgt werden kann (ca. Streckenkilometer 6,6).
Von der restlichen Strecke bis zur Einmündung in die Aspangbahn südwestlich des Bahnhofs Tattendorf sind keine sichtbaren Relikte vorhanden.
Erreichbarkeit mit Öffis
Die Anreise erfolgte mit der Inneren Aspangbahn bis zur Haltestelle Teesdorf und von dort mit dem Autobus Nr. 326 bis Neurißhof Anton-Rauch-Platz. Die Rückfahrt erfolgte nach stundenlangen Doku-Arbeiten mit Autobus Nr. 326 von der Station Sollenau Böhler bis zum Bhf Felixdorf. Dort kehrte ich vor meiner Rückfahrt nach Salzburg noch im neu gestalteten Bahnhofsbuffet auf eine kleine feine Jause ein.
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Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum.
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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: 8. November 2021; Letzte Ergänzung: 28.11.2021