Unterinntalbahn

A: Die  Unterinntalbahn Kufstein – Wörgl – Jenbach – Innsbruck

Unterinntalbahn Eisenbahn Kufstein Wörgl Jenbach Innsbruck Tirol
Im längsten Tunnel Österreichs, dem Münsterertunnel, am 26.11.2012 bei der Fahrt zum Festakt „Eröffnung Neue Unterinntalbahn“ (Foto Archiv Dr. Michael Populorum / DEEF)

Allgemeines, Geschichte

Als Unterinntalbahn (auch Inntalbahn, Bahnstrecke Kufstein – Innsbruck) wird die normalspurige, 2-gleise und elektrifizierte Eisenbahnstrecke von der Grenze zu Bayern über Kufstein und die beiden Eisenbahnknoten Wörgl und Jenbach nach Innsbruck bezeichnet, welche 1858 eröffnet wurde und eine Länge von 75 km aufweist. Sie ist Teil des von der EU konzipierten TEN-Projektes Nummer 1, der Eisenbahnachse von Berlin nach Palermo, in späterer Phase ab 2014 auch als Kernnetzkorridor Skandinavien – Mittelmeer bezeichnet.

Die Unterinntalbahn wurde von der österr. – ungarischen Eisenbahngesellschaft k.k. Tiroler Staatsbahn als k.k. Nordtiroler Staatsbahn errichtet, wobei der berühmte Carl Ritter von Ghega, der Erbauer der Semmeringbahn, in die Trassenfestlegung involviert war. Der Bau der Strecke basiert auf einem Staatsvertrag zwischen Österreich und dem Königreich Bayern aus dem Jahre 1851, der den Anschluss der in beiden Staaten zu bauenden Eisenbahnen aneinander regelt.. Da zwischen Wien und Tirol damals noch keine direkte Eisenbahnverbindung bestand, wurde in Artikel 1 vereinbart, auf bayerischer Seite eine Eisenbahnstrecke von München bis zur Grenze bei Salzburg und eine Eisenbahnstrecke von Rosenheim bis zur Tiroler Grenze bei Kufstein zu errichten. Österreich verpflichtete sich in Artikel 2 zum Bau einer Eisenbahn von Salzburg bis Bruck an der Mur und von Kufstein nach Innsbruck.

Am 29. April 1853 wurde der Bau der Strecke Wörgl–Innsbruck, am 16. August 1854 der Bau von Kufstein bis Wörgl auf Staatskosten angeordnet. Am 24. November 1858 konnte die Gesamtstrecke eröffnet werden. Die Strecke auf Bayerischem Gebiet von Rosenheim zur Reichsgrenze bei Kufstein wurde bereits am 5. August 1858 eröffnet.

Über die Unterinntalbahn rollt nicht nur der Transitverkehr (Güter und Personen) von Deutschland nach Italien, die Strecke ist auch für den innerösterreichischen Verkehr Wien – Salzburg – Innsbruck über die Korridorstrecke über Rosenheim von äusserster Wichtigkeit sowie auch als Fortsetzung der Salzburg – Tiroler Bahn via Zell am See – Kitzbühel – Wörgl. Als Zulauf zur Arlbergstrecke hat die Unterinntalbahn auch eine wichtig Funktion im Verkehr in den äusserste Westen Österreichs sowie weiter in die Schweiz.


Die Neue Unterinntalbahn

In Ergänzung zur bestehenden Unterinntalbahn wurde eine neue Trasse geplant und tw. schon gebaut und eröffnet um

      • die alte Strecke zu entlasten bzw. mehr Trassenkapazität zu haben
      • die Umwelt zu entlasten, vor allem die Anrainer vor dem Lärm zu schützen
      • eine adäquate Zulaufstrecke für den Brennerbasistunnel (BBT) zu haben

Die bis dato eröffnete Neue Unterinntalbahn besteht fast zur Gänze aus 2 langen Doppelspurtunneln, nämlich

Münsterertunnel (15.990 m), somit längster Eisenbahntunnel Österreich

Terfnertunnel (15.840 m)

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Wanne Stans und Ostportal des zweitlängsten Tunnels Österreich, dem Terfnertunnel

Ursprünglich primär als Güterzugstrecke begonnen änderten die ÖBB die Planungen ab und errichteten entgegen der ursprünglichen Intention eine Hochgeschwindigkeitsstrecke, die für Geschwindigkeiten bis 250 km/h ausgelegt ist. Dafür gab es offenbar seitens der EU mehr Förderungen als für eine Güterzugstrecke. Zum Befahren der Neuen Strecke müssen die Lokomotiven mit dem Europäischen Zugsicherungssystem ETCS Level 2 ausgerüstet sein, wobei die Ausrüstung pro Lokomotive mit ca. einer halben Million Euro! zu Buche schlägt. Dies führt jetzt in der Praxis zur grotesken Situation, dass viele Güterzüge nach wie vor lärmend auf der alten Strecke oberirdisch dahinscheppern, weil vor allem die zahlreichen privaten Güterverkehrs- EVU´s ihre Loks nicht mit dem teuren ETCS 2 ausrüsten wollen bzw. dies betriebswirtschaftlich einen Nonsense darstellt. Andererseits wird den Fahrgästen in den lärmarmen Railjets eine Fahrt im Untergrund durch das schöne Land Tirol zugemutet oder wie es ein Leser an unsere Redaktion formulierte „Man wird wie eine Rohrpost im Tunnel durch Tirol durchgeschossen“.

Bedenklich und zu hinterfragen ist ausserdem, warum man entgegen bestehender Sicherheitsvorschriften 2 über 15 km lange Tunnel, die noch dazu im Mischverkehr betrieben werden (Güterzüge, event. mit gefährlichen Stoffen und Personenzüge gleichzeitig im Tunnel), warum man diese Tunnel als Doppelspurtunnel ausgeführt hat und nicht als 2 eingleisige Röhren, was eigentlich state of the art wäre.

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Ostportal Terfnertunnel (29.5.2011)

Die Neue Unterinntalbahn im Abschnitt Kundl – Baumkirchen mit den 2 genannten Tunneln wurde am 29.11.2012 eröffnet, die Kosten belaufen sich auf ca. 2,4 Milliarden Euro. Im Raum Stans wurde die oberirdische Bestandsstrecke auf einer Länge von ca. 5 km räumlich verlegt.

Der weitere Ausbau der Unterinntalbahn vom Raum Kundl bis Kufstein und weiter nach Bayern in den Raum Rosenheim ist auf Österreichischer Seite durch die ÖBB in Planung und (2018) kurz vor dem Baubeginn, während auf Deutscher Seite die DB mit den Planungen extrem in Verzug ist und eine Realisierung des gesamten Zulaufs zum Brennerbasistunnel daher in weite Ferne gerückt ist. Dabei dachte man anfangs, dass hinsichtlich der 3 beteiligten Bahnen ÖBB, DB und FS die Italiener als Unsicherheitsfaktor zu betrachten sind, nein es sind die Deutschen, welche sich offenkundig zum unverlässlichen Partner entwickelt haben.


Die Stationen der Unterinntalbahn

Kufstein, Bahnhof, km 2,3 (ab Staatsgrenze zu Bayern); 482 m.ü.d.M.

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Ein nüchterner Bahnhof in der Bezirkshauptstadt Kufstein und das Serviceangebot ist minimal, auch kein Bahnhofsbuffet mehr
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Bahnhof Kufstein straßenseitig
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Railjet in der langgezogenen Kurve im Bf Kufstein Richtung Innsbruck (5.7.2015)

Stimmersee, ehem. Haltestelle bis 1942, km 4,7

Schaftenau, Haltestelle, km 6,6

Langkampfen, Haltestelle, km 8,5

Kirchbichl, Bahnhof, km 11,9; 494 m

Wörgl Hbf, Bahnhof, km 16,0; 505 m

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Hektometerstein 16 am Hausbahnsteig in Wörgl

Der Bahnhof Wörgl macht einen recht guten Eindruck, leider hat jedoch
das Bahnhofsrestaurant seit ca. 2016 geschlossen und der jetzige Kebap-Pizzastand ist kein adäquater Ersatz. Da wirkt die Bäckerei schon ein bisschen wertiger. Wörgl – oder zumindest die Umgebung des Wörgler Bahnhofs – scheint keine Örtlichkeit zu sein, wo man seine Gourmetgelüste befriedigen kann.

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Bahnhof Wörgl mit Vorplatz
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Halle Bahnhof Wörgl

Kundl, Bahnhof, km 22,3; 510 m

Knoten Radfeld, km 25,7,
Verbindung zur Hochleistungsstrecke „Neue Unterinntalbahn“

Rattenberg-Kramsach, Haltestelle, km 30,0

Das mittelalterliche Städtchen Rattenberg liegt unmittelbar zu Füßen der Haltestelle, allerding von Barrierefreiheit keine Spur! Es kamen zahlreiche Touristen mit meiner S-Bahn an, offenbar auch um länger zu bleiben, also mit Koffern, Kinderwagen etc. Es war traurig anzusehen, mit welcher Mühsal sie sich ihre Feriendestination wahrlich erkämpfen mussten!

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alent 4024 083-0 am 30. Juni 2018 in der Haltestelle Rattenberg-Kramsach, sein Ziel ist Telfs-Pfaffenhofen.
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Der für den VVT werbende Talent 4024 088-9 fährt aus dem Tunnel kommend in die Haltestelle Rattenberg-Kramsach ein. Sein Ziel als S1 ist Kufstein. Am anderen Ende des Tunnels befindet sich der Bahnhof Brixlegg, an dem auch REX halten

Der Rattenberger Tunnel war mehr als ein Jahrhundert lang der längste Tunnel der Unterinntalbahn – weil nämlich auch ihr einziger! Der 182 m lange Tunnel unter dem Burgberg der Stadt hindurch nimmt sich natürlich bescheiden aus gegenüber den fast 12 km langen Neubautunneln, aber er ist noch immer der einzige Tunnel, der bergmännisch aufgefahren einen Berg durchörtert.

Brixlegg, Bahnhof, km 31,3

Münster-Wiesing, Haltestelle, km 37,2

Jenbach, Bahnhof, km 40,9; 530 m; > Übergang zur Zillertalbahn sowie zur Achenseebahn

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Jenbach ist der einzige Bahnhof Österreichs mit 3 Spurweiten – RJ am 24.5.2014 auf Gleis 2 Richtung Innsbruck, im Hintergrund der ehem. Wagen der Hungerburgbahn als Denkmal beim Achenseebahnhof
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Durch den vielen Tourismusverkehr ist in Jenbach auch am Sonntag viel los, vor allem im Sommer. Daher gibt es auch eine Cafeteria

Knoten Stans, km 44,3,
Verbindung zur Hochleistungsstrecke „Neue Unterinntalbahn“

Stans bei Schwaz, Haltestelle neu verlegt seit 2011, km 45,7

Unterinntalbahn Eisenbahn Kufstein Wörgl Jenbach Innsbruck Tirol
Die alte Haltestelle Stans bei Schwaz noch vor der Linienverlegung (29.5.2011)
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Die alte Haltestelle Stans bei Schwaz noch vor der Linienverlegung (29.5.2011)

Schwaz, Bahnhof, km 48,4; 538 m

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Das schön restaurierte Aufnahmsgebäude der „Silberstadt“ Schwaz, Bezirkshauptort des gleichnamigen Bezirks
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Ausserplanmässiger Railjethalt am Bahnhof Schwaz, am Hausbahnsteig ein Talent Richtung Wörgl (16.5.2011)

Pill-Vomperbach, Haltestelle, km 51,7

Terfens-Weer, Haltestelle, km 55,2

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Haltestelle Terfens-Weer

Fritzens-Wattens, Bahnhof, km 59,1; 555 m

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Bahnhof Fritzens-Wattens. Der Bahnhof wurde 2024/25 komplett umgebaut

Volders-Baumkirchen, Haltestelle, km 61,3

Knoten Fritzens-Wattens 2, km 62,4, Verbindung zur „Neuen Unterinntalbahn“ & Umfahrung Innsbruck (Zulauf Güterstrecke zum BBT)

Hall in Tirol, Bahnhof, km 66,6 (1944-1974 Solbad Hall)

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Talent 4024 099-6 auf Gleis 3 abfahrtsbereit von Hall Richtung Wörgl (28.12.2013)
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Lichtdurchflutete Halle des Bahnhofs Hall in Tirol

Hall-Thaur, Haltestelle seit 2017, km 68,7

Rum, Haltestelle, km 70,1

Innsbruck Hbf, km 75,1; 582 m.ü.d.M.; Übergang zur Brennerbahn und zur Arlbergbahn

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Haupthalle des neuen Innsbrucker Hauptbahnhofs

Der Betrieb

(Stand 2018)

Auf der Unterinntalbahn verkehren die S-Bahnlinie S1 (ab/bis Kufstein) und S2 (ab/bis Wörgl Hbf) und S3 (ab/bis Hall in Tirol). Auch Züge der Zuggattung REX (Regionalexpress) sind unterwegs, beide Gattungen verkehren oberirdisch auf der alten Strecke.

Weiters DB ÖBB Eurocitys München über den Brenner nach Verona bzw. Bologna oder Venedig.

Alle Railjets halten in Wörgl Hbf, in Kufstein und Jenbach meist alternierend. Ist in Jenbach kein planmäßiger Halt vorgesehen, so können die Züge die gesamte Neubaustrecke im Tunnel befahren, bei einem Halt in Jenbach wird nur der westliche Abschnitt der Neubaustrecke frequentiert (Terfnertunnel).


Links

DEEF Baustellenbesuch Neue Unterinntalbahn 2011 >>>

DEEF Eröffnung Neue Unterinntalbahn 2012 >>>

DEEF-Reader „Brennerbasistunnel“ >>>

Zu unserem Video-Kanal
https://www.youtube.com/@Railways-Ropeways-of-Europe 


Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum

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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF

Erstmals Online publiziert: / page first published 24. Juni 2018;  Seiten-Relaunch 28.7.2025; Letzte Ergänzung / page last modified 28.7.2025