Eisenbahnen als Schönwetterbahnen

Winter-BAHN-CHAOS oder der Traum von der VERKEHRSWENDE!

Immer öfter ist beim Verkehrsträger Eisenbahn zu beobachten, dass selbst nicht außergewöhnliches Witterungsgeschehen zum Kollaps bei demselben führt und wegen etwas Schnee, Wind oder Regen immer öfter Fahrgäste mit Autobussen im Schienenersatzverkehr transportiert werden.

ÖBB Streckensperren 9.1.2012 als Symbolfoto für das von den heutigen Bahnmanagern verursachte schlechte Image des Verkehrsträgers Eisenbahn

Unter dem obgenannten Titel erreichte unsere Redaktion eine Aussendung von Martin Teißl, seines Zeichens Sprecher des Arbeitskreises FAHRGAST Tirol, die ich unserer Leserschaft nicht vorenthalten möchte.


Winter-BAHN-CHAOS oder der Traum von der VERKEHRSWENDE!

Nachdem wegen des Schnees derzeit hier in Tirol bei der Eisenbahn großteils überhaupt nichts mehr funktioniert, erlaube ich mir einige grundsätzliche Anmerkungen zu machen:

Während wir von der ACHENSEEBAHN wissen, dass sie in ihrer Anfangszeit vor weit mehr als 100 Jahren im Besitz des Klosters Fiecht stand und im Auftrag dieses Klosters auch immer wieder im Winter ausfahren musste, und zwar um Baumstämme zu transportieren, weil auf der sogenannten Kasbachstraße kein Vorankommen war, wobei dazumal teilweise wesentlich mehr Schnee lag als derzeit hier in Tirol (!) und die Achenseebahn dennoch VERLÄSSLICH UND OHNE AUSZUFALLEN unterwegs war , herrscht derzeit bei der Eisenbahn hier in Tirol bedauerlicherweise eine gewisse winterliche Tristesse:

Ich zähle einige aktuelle Beispiele auf:

Stubaitalbahn: IVB-Meldung von heute: Wegen umgestürzter Bäume fährt die Stubaitalbahn nur bis Kreith! Als Ersatz kann die Buslinie 590a benutzt werden. Mein Kommentar: DER AUTOBUS FUNKTIONIERT, die Schiene nicht!

Straßenbahnlinie 6: IVB-Meldung von heute: Die Straßenbahnlinie 6 von Innsbruck nach Igls ist vorübergehend gesperrt! Ein Schienenersatzverkehr mit Bussen über Lans wurde eingerichtet! Mein Kommentar: DER AUTOBUS FUNKTIONIERT, die Schiene nicht!

Arlbergbahn: ÖBB-Meldung von heute: Wegen Unwetterschäden sind zwischen Ötztal und Bludenz voraussichtlich bis 15.01.2021, Betriebsschluss keine Fahrten möglich. Wir haben für Sie einen Schienenersatzverkehr zwischen Ötztal und Bludenz eingerichtet. Mein Kommentar: DER AUTOBUS FUNKTIONIERT, die Schiene nicht!

Brennerbahn: ÖBB-Meldung von heute: Wegen Unwetterschäden sind zwischen Brennero/Brenner und Innsbruck Hbf. voraussichtlich bis Betriebsschluss keine Fahrten möglich. Wir haben für Sie einen Schienenersatzverkehr zwischen Brennero/Brenner und Innsbruck Hbf. eingerichtet. Mein Kommentar: DER AUTOBUS FUNKTIONIERT, die Schiene nicht!

Karwendelbahn: ÖBB-Meldung von heute: Die Karwendelbahn ist bis zum Betriebsschluss am Freitag gesperrt! Ein Schienenersatzverkehr mit Bussen ist zwischen Innsbruck und Seefeld eingerichtet. Mein Kommentar: DER AUTOBUS FUNKTIONIERT, die Schiene nicht!

Außerfernbahn: DB-Meldung von heute: Garmisch-Partenkirchen – Reutte in Tirol / Vils: Witterungsbedingte Streckensperrung / Schienenersatzverkehr nicht möglich! Mein Kommentar: Hier funktioniert AUSNAHMSWEISE AUCH DER AUTOBUS NICHT!

Ich erlaube mir bitte daran zu erinnern, dass es einmal eine Zeit gab, in der nicht nur die ACHENSEEBAHN, sondern auch andere Eisenbahnen bei weitaus mehr Schnee als derzeit problemlos funktioniert haben, während es anno dazumal auf der Straße oft Probleme gab:

Quelle: https://www.wittenbergersonntag.de/page/daten/redaktionmedia/10875/big.Scheurell_Bahn_Wetter.jpg

DEUTSCHE BUNDESBAHN: Alle reden vom Wetter! Wir nicht! Fahr lieber mit der Bundesbahn! ==> 

DEUTSCHE BUNDESBAHN: Alle reden vom Wetter! Wir nicht! Wir fahren immer! ==> 

Quelle: https://pbs.twimg.com/media/DSmOaXNX4AA1vfP?format=jpg&name=large

Meiner Meinung nach stimmt bei den Eisenbahnen im Hinblick auf die heutzutage übliche Betriebsführung grundsätzlich etwas nicht!

Und dieses grundsätzlich nicht Stimmende wird meiner Meinung nach zu dem führen, was Fritz Gurgiser vom Transitforum Austria-Tirol, mit Blick auf den Präsident der Wirtschaftskammer Tirol Christoph Walser im Rahmen eines Vergleichs des Straßenverkehrs mit der 30 (!) Jahre im Rückstand befindlichen Eisenbahn im Dezember 2020 mit folgenden Worten beschrieben hat, 

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Der Herr Präsident irrt gewaltig: Der Rückstand wird nie mehr aufgeholt werden, denn er beträgt bereits 30 Jahre. Und außerdem sind es vor allem die Vertreter der Industrie- und Wirtschaftskammern, die seit Jahrzehnten durch ihre Haltung den “Grundirrtum des grenzenlosen Güterverkehrswachstums auf der Straße gepuscht haben”. In der gesamten EU (!), und diese Ehrlichkeit muss verlangt werden, setzt niemand auf die Eisenbahn, sondern alle Mitgliedstaaten auf die “billige Straße”. So ist es und damit müssen wir uns auseinandersetzen und nicht von etwas träumen, was unter diesen Rahmenbedingungen nicht mehr kommen kann. LG Fritz Gurgiser
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Ich kann mir wie Fritz Gurgiser beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Verkehrsmittel wie die EISENBAHN im Rahmen der VERKEHRSWENDE hinkünftig eine grundsätzlich weniger marginale Bedeutung als derzeit erlagen soll, wo es doch so ist, dass der Straßenverkehr heutzutage fast immer funktioniert, während die Eisenbahn ständig ausfällt”, wenn ein Lüfterl weht oder wenn Schnee fällt. Das gilt im Personenverkehr genauso wie im Güterverkehr!

Ich musste gestern auch mit dem Linienbus in die Arbeit nach Innsbruck fahren, weil meine S-Bahn nicht verkehrte! Also auch hier auf der Hauptstrecke im Tiroler Inntal dasselbe Bild: DER AUTOBUS FUNKTIONIERT, die Schiene nicht!

Meine Schlussfolgerung (ich komme faktisch zum selben Ergebnis wie Fritz Gurgiser, drücke das Ergebnis aber in etwas anderen Worten aus):

So wie die Eisenbahn heute betrieben wird, ist sie NICHT geeignet, um im Rahmen der Verkehrswende nennenswerte Transportanteile von der Straße auf die Schiene zu verlagern (sei es im Güterverkehr oder sei es im Personenverkehr), weil sie ständig ausfällt, “wenn ein Lüfterl weht oder wenn Schnee fällt“.

In Analogie zu Fritz Gurgiser schließe ich mit diesem Satz: Und diese EHRLICHE EINSICHT muss auch von PRO BAHN verlangt werden!

Es ist also nicht so, dass die Eisenbahn grundsätzlich nicht funktioniert und ständig ausfällt, sondern es muss letztlich an der heutigen Betriebsführung einiges faul sein. Darum funktioniert auch hier in Tirol seit einigen Tagen vieles nicht mehr bei der Eisenbahn, UND ZWAR IM GEGENSATZ ZUM AUTOBUS! LEIDER!

Einen schönen Abend noch

Martin Teißl


Fazit: Bereits in meinem Blog aus dem Jahr 2012 “Die ÖBB als Schönwetterbahn” (Link siehe unten) habe ich diese Mißstände angeprangert, Ursachenforschung betrieben und Lösungen gefordert. Leider schädigen lethargische und unwillige Bahnmanager nach wie vor das Image des früher so verlässlichen Verkehrsträgers Eisenbahn.  Die Schweiz sei hier ausgenommen, dort ist man nach wie vor top.

Hier ist zum einen die Politik gefordert, ihre Aufsichtspflicht besser wahrzunehmen und ggf. einzuschreiten und zweitens zeigt sich einmal mehr, dass es in Österreich Fahrgastvertretungen braucht, die auch wirklich die Fahrgäste und deren Wünsche vertreten – das ist leider bis dato kaum der Fall. Daher ein besonderes Lob an den Sprecher des Arbeitskreises Fahrgast Tirol für seine offenen und punktgenauen Aussagen!


Links:

DEEF Blog 2012 ÖBB Schönwetterbahn >>>

DEEF Blog 2014 ÖBB & Schnee wie Teufel und Weihwasser >>>

ÖBB und Winterdienst – ein Wintermärchen >>>

Arbeitskreis Fahrgast Tirol >>>


Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum.

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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF

Erstmals Online publiziert: 17. Jänner 2021; Letzte Ergänzung: –