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DEEF-Blog 2014: ÖBB & Schnee - Wie der Teufel und das Weihwasser

Autor: Dr. Michael Populorum, 9.2.2014

Alle Jahre wieder schneit es, zumindest in Österreich. Dabei einmal mehr und einmal weniger. Heuer haben wir den seit Menschengedenken mildesten Winter, einzig südlich der Alpen kam es bedingt durch ein Italientief zu einem 75-jährigen Ereignis was den Schneefall betrifft. Dieses Ereignis (kräftigen Neuschnee innert kurzer Zeit) war von den Wetterfröschen lange vorher angekündigt worden und die ÖBB Pressekompanie war auch sogleich bestrebt zu verkünden, man sein gut vorbereitet darauf.

Doch wie sooft lagen zwischen Ankündigungen und Realität Welten. Schon nach einem Tag Schneefall, als PKW´s, LKW´s und Busse noch nahezu ungehindert über die Autobahnen und Bundesstrassen rollten, war im ORF Online schon zu lesen: "ÖBB stellen Bahnverkehr in Kärnten großteils ein" und dann immer wieder "Schneechaos bei den ÖBB".

Was war geschehen? Personal an der Strecke ist ja schon seit einiger Zeit Mangelware bei den ÖBB (Stichwort unbesetzte Bahnhöfe, Betriebsführungzentrale), Personalzuführungen gab es offenbar nicht - zumindest nicht im notwendigen Ausmaß - kurzum, man war offensichtlich nicht vorbereitet auf die Schneemengen. Daß es auf Nebenstrecken wie der Gailtalbahn oder der Karawankenbahn Klagenfurt - Rosenbach (wo ja eh nur mehr 1 Zug pro Tag fährt) oder von mir aus auch noch auf der Drautalbahn nach Lienz Probleme geben kann, ok, aber dass nach 1 Tag schon eine der größten und wichtigsten Alpentransversalen, die Tauernbahn, dicht gemacht wurde, das ist schon mehr als heftig.

Während die Tauernschleuse von Böckstein nach Mallnitz-Obervellach noch in Betrieb war, wendeten die Intercity bereits in Bad Gastein und die EC wurden über das Ennstal mit fast 3 Stunden Verspätung geführt. Von Lawinengefahr war da noch nicht die Rede, denn sonst hätte auch die Tauernschleuse eingestellt werden müssen. Warum wendet man in Bad Gastein und nicht in Mallnitz-Obervellach, dem Wintersportort, es war doch Ferienbeginn der östlichen Bundesländer. Und es hätte eine Verbindung für die Pendler gegeben. So war zwischen Bad Gastein und Böckstein eine unnötige Lücke. Offenbar hat das jemand im fernen Wien am Schreibtisch entschieden. Und man ließ dann wohl auch noch die Strecke entlang der Tauernsüdrampe Mallnitz-Obervellach nach Spittal an der Drau zuschneien - zumindest läßt sich das aus den vagen Meldungen der ÖBB ableiten (die Kommunikation ist ja nicht gerade die Stärke der Staatsbahn).

Dann war die Tauernbahn in Summe 1 Woche dicht, bis man endlich die angeblich gefährliche Lawine über dem Tauerntunnel Südportal partiell absprengte und die Strecke wieder freigegeben wurde. Auch die Strecke von Lienz an die Südtiroler Grenze nach Innichen ist zwischenzeitlich wieder frei, wobei man sich natürlich fragt, warum dort bar jeder Lawinengefahr die Strecke gesperrt werden mußte? Offenbar hatte man zuwenig Kräfte vor Ort.

Als alle Schienenstränge schon im Schneechaos untergegangen waren wurden lt. ÖBB Pressestelle 10!! Mann mit 2 Schneepflügen aus Salzburg in den Süden beordert, was natürlich weitere Fragen aufwirft, die sich aber sicher jeder Leser mit ein bißchen Hausverstand selbst zusammenreimen kann. Nota bene: Die Pustertalbahn von Innichen gen Westen auf Südtiroler Boden war während der ganzen Zeit frei befahrbar, offenbar hat man dort rechtzeitig mit genügend Kräften den Schneemassen Einhalt geboten.

Die Gailtalbahn von Hermagor zum Streckenendbahnhof Kötschach-Mauthen ist aber nach wie vor (seit 10 Tagen) nicht befahrbar, offenbar hat man da erst gar nicht angefangen zum Schneeräumen als das Italientief kam.

Fazit:

"Alle reden vom Wetter aber wir fahren...." - so oder so ähnlich lautete ein bewährter Werbeslogan der ÖBB in der guten alten Bahnzeit vor einigen Jahren und damit kann man definitiv ein positives Image fürs Bahnfahren aufbauen. Die Realität aber "Alle fahren nur die ÖBB stehen" bewirkt jedoch das Gegenteil, die ÖBB schaden somit nachhaltig dem System Eisenbahn. Für Schönwetterbahnen hat es heute keinen Platz im Verkehrssystem.

Was die Lawinengefahr über dem Tauerntunnel Südportal angeht so hoffe ich doch, daß der Infrastrukturbetreiber diese so wichtige Strecke schleunigst lawinensicher ausbaut (siehe Lawinen- oder Steinschlaggalerien an diversen Tunnelportalen). Geld dafür müßte ja wohl vorhanden sein wenn man sich anschaut, wieviele Milliarden in manche fragwürdigen Löcher in den Bergen versenkt werden.

Nachsatz: In der Steiermark gibt es im Süden (Südbahn) auch massive Probleme die durch umgestürzte Bäume (Schnee-/Eisregen) verursacht wurden. Die liegen jetzt angeblich massenweise in den Fahrleitungen und die Hänge sind instabil geworden. Rechtzeitiger Baumschnitt hätte da wohl auch vorgebeugt und einen offenbar längerfristigen SEV unnötig gemacht.

Eine Chuzpe sondergleichen spielt sich auf der Radkersburger Bahn ab - die Strecke ist zwar von den Unbillen der Natur nicht berührt (Dieselstrecke) aber ist trotzdem stillgelegt. Grund: Die Triebwägen und Lokomotiven können offenbar auf herkömmlichem Weg nicht betankt werden, weil sich die Tankstelle in Graz befindet und die Strecke (Südbahn) ja gesperrt ist. Auf die Idee, dass man in so einer Notsituation die Triebwagen auch von einem handelsüblichen Tankwagen aus auftanken kann ist man wohl noch nicht gekommen. Längerfristig sollte man da natürlich eine kleine Tankstelle in Bad Radkersburg oder Spielfeld einrichten, ich könnte mir gut vorstellen, daß es so eine Einrichtung dort in früheren Jahren auch gegeben hat als bei der Eisenbahn noch nicht die "Esrentiertsined-Mentalität" der ÖBB das Sagen hatte.

Link:

Die ÖBB als Schönwetterbahn - Kaum schneits stehen die Räder still (2012) >>>

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Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF;  Erstmals online publiziert: 9. Februar 2014; Ergänzungen:

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Last modified  Samstag, 02. Mai 2015 11:23:49 +0200
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