Pfänderbahn – eindrucksvolles Schweben hinauf auf den Bregenzer Hausberg

Wasser und Berg – beides hat Bregenz, die Landeshauptstadt von Vorarlberg (29.306 Einwohner, 1.1.2022) etwas zu bieten: Sie liegt am Ufer des Bodensees, dem drittgrößten See Mitteleuropas, wo man vom größten Bodenseehafen Österreichs zahlreiche Schiffsfahrten im Dreiländereck Österreich, Deutschland und Schweiz machen kann. Und Bregenz hat einen Hausberg, den 1.062 m hohen Pfänder, einem Ausläufer der Allgäuer Alpen. Und dieser Pfänder ist mit einer Seilbahn, einer zweispurigen Pendelbahn, erschlossen und zwar schon seit 1927, womit die Pfänderseilbahn die drittälteste Seilbahn Österreichs ist.

Geschichte der Pfänderbahn
Bereits im 19. Jhd. erfolgte die touristische Erschließung des Pfänders, u.a. durch Anlegen von Wegen und durch den Bau des Pfänderhotels oben am Gipfel. Ende 19. Jhd. / Anfang 20. Jhd. folgten die ersten Planungen zur technischen Erschließung des Pfänders, wobei vorerst Schienenbahnen als technische Aufstiegshilfen angedacht wurden. Umgesetzt wurde dann jedoch eine Aufstiegshilfe in Form einer Luftseilbahn, wobei der Beginn des 1. WK die Planungen kurz stoppte.
In den Goldenen Zwanziger-Jahren war es aber dann soweit und nach einer Bauzeit von gut einem halben Jahr (Juli 1926 bis Februar 1927) wurde die Pfänderbahn am 20. März 1927 als 3. Personenseilbahn Österreichs durch Bundespräsident Michael Hainisch eröffnet. Für die Errichtung der 1. Pfänderbahn zeichneten der deutsche Seilbahnpionier Adolf Bleichert & Co. aus Leipzig-Gohlis und die Simmeringer Waggon- und Maschinenfabrik (Wien) verantwortlich. Die Bauten der Tal- und Bergstation erfolgten nach Entwürfen des bekannten in Bregenz ansässigen deutschen Architekten Willibald Braun (1882-1969).

Die Pfänderbahn wurde im Laufe ihrer Geschichte mehrmals umgebaut bzw. dem Stand der Technik entsprechend modernisiert. Die alten Holzkabinen der ursprünglichen Pfänderbahn von 1927 wurden 1938 durch Leichtmetall-Kabinen ersetzt. Von Oktober bis Dezember 1959 wurden die bestehende Betriebsanlage abgebaut und durch eine neue zeitgemäße Anlage ersetzt. Die Mechanik stammte von der Voest in Linz, die Elektrik von der Firma BBC in Wien. Die Wiederinbetriebnahme 1960 erfolgte mit neuen Leichtmetall-Kabinen, welche nun 38 Personen fassten und die Transportleistung von 255 Personen/Stunde auf 400 Personen/Stunde erhöht werden konnte.

Neue Pfänderbahn ab 1995
1994/95 gab es die größten Erneuerungen in der Geschichte der Pfänderbahn, wobei die seilbahntechnischen Belange von der Fa. Doppelmayr mit Unterstützung von Hölzl Seilbahnbau aus Südtirol (seit 2002 Doppelmayr) ausgeführt wurden. Die bis heute (2022) bestehenden Neuerungen waren u.a.
- Neue Panoramakabinen für 80 Personen von der Firma CWA
- Reduzierung von 4 auf 2 Stützen (Stütze 1 54 m hoch)
- Neues umlaufendes gespleißtes Zugseil, dadurch Entfall der Tragseilbremsen
- Insgesamt 4 Tragseile (2 je Bahn)
- Hydraulische Seilspannung
- Umbau der Stationen
- Schiebebahnsteige um die Stationen nicht breiter werden zu lassen trotz der größeren Gondeln


2017 erfolgte ein Umbau der kompletten E-Technik durch die Firma FREY Austria GmbH.
Weiters wurden in den letzten Jahren noch ein Parkhaus nächst der Talstation sowie ein Seminarraum in der Bergstation mit prächtigem Panoramablick auf die Bregenzer Bucht errichtet.

Für die Besucher wurden auf und neben der Bergstation Aussichtsplattformen errichtet.


Pfänderbahn Museum
In der Talstation der Pfänderbahn ist ein kleines feines Museum zur Geschichte der Pfänderbahn eingerichtet. Die Ausstellung widmet sich den 3 Aspekten Natur, Unternehmen und Technik am Pfänder. Ein Besuch des Pfänderbahn-Museums lohnt auf alle Fälle!



Kennzahlen der Pfänderbahn aktuell (4. Generation)
Name der Bahn: Pfänderbahn
Betreiber: Pfänderbahn AG
Verbund:
Bauart: Zweispurige Pendelbahn (80-AT) mit je 2 Tragseilen und 1 Zugseil
Hersteller: Doppelmayr mit Unterstützung von Hölzl
Baujahr/Eröffnung: 1995 / 1995 (ursprünglich 1. Generation 1927)
Höhe Talstation: 425 m
Ort Talstation: Bregenz Stadt
Höhe Bergstation: 1.031 m (Gemeinde Lochen)
Höhendifferenz: 606 m
Streckenlänge (schräge Länge): 2.063 m
Maximale Neigung: 61,38 %
Mittlere Neigung: 30,83 %
Anzahl der Stützen: 2
Durchmesser Tragseile: 50 mm (Austria Draht)
Durchmesser Zugseil: 32 mm
Antrieb/Traktion: Elektrisch, Thyrister-Gleichstromantrieb, 2 Motoren
Antriebsleistung (Betrieb): 600 kW
Steuerung: Siemens
Antriebsstation: Bergstation
Notantrieb: Dieselmotor hydrostatisch, Nennleistung 60 kW
Betriebsmittelhersteller: CWA
Anzahl Betriebsmittel: 2 Gondeln
Kapazität je Betriebsmittel: 80 Personen (+ggf. 1 Wagenbegleiter)
Max. Fahrgeschwindigkeit Strecke: 12,00 m/sek
Max. Förderleistung pro Stunde: 928 Personen
Fahrzeit in Minuten: 4,33 Minuten
Besonderheiten: Wagenbegleiter nur ab Fahrgeschwindigkeit von 10 m/sek (im normalen Tagesgeschäft wird meist ca. 6 m/sek gefahren); unterschiedliche Spurweiten in Station, Strecke und bei den Stützen.




Videoclip oben: Antriebsachse für das Zugseil. Eine Etage unterhalb ist der Motor, eine Etage darüber die Antriebsscheibe des Zugseils

Touristische Tipps
Der Pfänder wird als Ausflugsziel für die ganze Familie beworben und entsprechende Attraktionen und Einrichtungen präsentieren sich dem Seilbahn-Fahrgast nach Verlassen der prächtigen Panorama-Gondel oben am Bregenzer Hausberg.

Es locken zahlreiche Wanderwege, von kurz bis etwas länger. Ein kurzer aber steiler Anstieg führt in wenigen Minuten hinauf zum ORF-Sendemasten direkt am Pfändergipfel, wo man ebenso wie von der Bergstation einen tollen Blick über den Bodensee mit der Bregenzer Bucht im Vordergrund und der Stadt Lindau am rechten Bildrand. Wer nicht im direkt neben der Bergstation gelegenen Berghaus Pfänder (SB-Restaurant mit Terrasse) einkehren möchte, hat oben am Pfändergipfel 2 weitere Möglichkeiten zum Einkehrschwung – “Pfänderspitze” und “Schwedenschanz”. Von der Bergstation sind es auch nur wenige Minuten und weniger steil zum GH “Pfänderdohle”, der allerdings im Hochsommer geschlossen hat. Dafür kann man dort gemütlich im Winter einkehren, denn die Pfänderbahn fährt – von technischen Revisionen abgesehen – im Ganzjahresbetrieb.
Weitere Wanderwege durch die sanfte Mittelgebirgslandschaft sind gut ausgeschildert, bspw. kann man ja den Weg zurück ins Tal nach Bregenz oder Lochau nicht per Seilbahn sondern per pedes unternehmen.
Für Kinder wurde ein Abenteuerspielplatz nächst der Bergstation eingerichtet und ein Alpenwildpark ist für Familien mit Kindern interessant.


Auch Radwandern am Pfänder ist angesagt – Radwandern auf dem Pfänderrücken oder über 600 Höhenmeter talwärts zum Bodensee, bergan gehts mit der Pfänderbahn, wo Fahrräder gerne mitgenommen werden – von 8-10 Uhr sogar gratis!





Pfänderbahn und Bodensee-Schifffahrt
Äußerst erfreulich ist es, dass die Pfändernbahn und die Österreichische Bodenseeflotte (Vorarlberg Lines) kooperieren – mit einer Kombi-Karte “Berg & Bodensee” lässt sich bares Geld sparen!

Weitere Fotos















Nota bene
Herzlichen Dank an den Maschinisten der Pfänderbahn Raimund Kreuter für die technischen Erläuterungen und die interessanten Blicke hinter die Kulissen. Wir wünschen dem Maschinisten und der Pfänderbahn “Allzeit freie Fahrt”!

Links
Webseite Pfänderbahn >>>
Hersteller der Bahn Doppelmayr / Garaventa >>>
Seilhersteller Austria Draht (Voest Alpine) >>>
Gondelhersteller CWA (Olten, CH) >>>
Frey Austria Seilbahnsteuerungen >>>
DEEF-Kategorie Seilbahnen in Österreich >>>
DEEF-Kategorie Seilbahnen >>>
DEEF-Doku Vorarlbergbahn Bludenz – Lindau >>>
Webseite heutige Nachfolgefirma von Adolf Bleichert >>>
Bleichert & Co – Die Drahseildynastie >>>

Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum.
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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: 16. Juli 2022; Letzte Ergänzung / page last modified 20.7.2024