Rittner Seilbahn

Die Seilbahn auf den Bozner Hausberg, den Ritten

Gondel der Rittner Seilbahn im unteren Abschnitt mit dem Bozner Hauptbahnhof in der Bildmitte. Fotostandort in den St. Magdalena Weinbergen 18. Jänner 2012

Wenn sich im Sommer die Hitze im Bozner Talkessel staut, die Landeshauptstadt Bozen zum Backofen wird, dann ist es eine Wohltat, zumindest für einige Stunden oder für Tage oder Wochen auf das kühlere, verträglichere Klima am Ritten zu entfliehen. Wohlhabende Bozner Familien verbrachten so schon vor über einem Jahrhundert ihre Sommer oben am Ritten. Und so ist es nicht verwunderlich, dass man schon relativ früh eine Aufstiegshilfe hinauf auf den Ritten andachte und dann auch baute.

Die heutige 3S-Umlauf-Seilbahn hatte 2 Vorläufer, nämlich die

  1. Rittner Bahn, eine Zahnradbahn mit Adhäsionsabschnitt im Vor- und Nachlauf, in Betrieb von 1907/08 bis 1966
  2. alte Rittner Seilbahn, eine Pendelbahn, in Betrieb von 1966 bis 2007

1. Die Rittner Bahn:

Die als Lokalbahn konzessionierte Strecke bestand aus 3 Abschnitten, nämlich

  • dem Straßenbahnabschnitt tw. in gemeinsamer Nutzung mit der ehem. Straßenbahn Bozen, vom Bozner Waltherplatz über den Bahnhof zum Rittnerbahnhof, wo auch das betriebliche Zentrum der Rittner Bahn angesiedelt war
  • der Zahnradstrecke vom Rittnerbahnhof, wo eine Zahnradlok hinter den Triebwagen gekoppelt wurde und diesen durch die Weinberge hinauf aufs Rittner Plateau zur Station Maria Himmelfahrt gebracht
  • der Adhäsionsstrecke von Maria Himmelfahrt über Oberbozen nach Klobenstein
Auf diesem Damm arbeitete sich die alte Zahnradbahn bergan. Heute schwebt man lautlos hinauf nach Oberbozen, die Gondel wirft einen Schatten am alten Bahndamm

In den 1960er Jahren, als der Individualverkehr stetig zunahm, machten sich fehlende Investitionen in Strecke und Fahrzeuge immer deutlicher bemerkbar, die Fahrzeit der Zahnradbahn war nicht mehr konkurrenzfähig. Eine Erneuerung der Zahnradbahn erschien zu teuer bei gleichzeitig bescheidenen Effekten hinsichtlich der Fahrzeit und so wurde eine Luftseibahn hinauf auf das Plateau angedacht. Ein Unfall (Entgleisung) mit mehreren Toten auf der Zahnradstrecke im Jahr 1964 signalisierte das nahende Ende der Zahnradstrecke, welche durch eine Luftseilbahn ab 1966 ersetzt wurde. Während Straßenbahnstrecke und Zahnradstrecke stillgelegt sind, erfreut sich die Adhäsionsstrecke oben am Plateau nach wie vor großer Beliebtheit bei Touristen wie Einheimischen.

Überblick und Kennzahlen Rittner Bahn >>>


2. Rittner Seilbahn alt (Pendelbahn)

Als Ersatz für die Zahnradbahn hinauf aufs Rittner Plateau wurde am 14.7.1966 die Rittner Seilbahn eröffnet, die mit einer Länge von über 4,5 km als eine der längsten Personenseilbahnen der Welt galt.

Gondel der alten Rittnerseilbahn (Pendelbahn) im Depot Bf Klobenstein

Dazu einige Kennzahlen:

  • Typ: Pendelbahn
  • Hersteller: Ceretti e Tanfani (Mailand)
  • Talstation: 276 m
  • Bergstation Oberbozen: 1.227 m
  • Höhenunterschied: 950 m
  • Länge: 4.565 m
  • Geschwindigkeit max.: 8 m/sek
  • Fahrzeit: 12 Minuten
  • Fahrbetriebsmittel: 2 Gondeln
  • Fassungsvermögen Gondel: je 50 Personen
  • Transportkapazität: 250 Personen je Stunde
  • Anzahl Stützen: 8 (7 Trägerstützen, 1 als Verankerungsstütze für die Tragseile)
  • Seildurchmesser Tragseil: 52 mm
  • Zugseil: 27 mm
  • Gegenseil/Balastseil: 22 mm
  • Hilfsseil: 5 mm
  • Antriebsmotor Elektro: 270 PS
  • Hilfsdiesel bei Stromausfall: 300 PS
  • Besonderheit: Aufgrund der Länge brauchte es jeweils 2 Tragseile (bergseitig/talseitig), die jeweils bis zur Stütze 8 reichten, wo das durchgehende Zugseil die Kabine auf das andere Tragseil hinüberzog

Die Pendelbahn wurde im September 2007 stillgelegt und bis März 2008 abgebaut.  Bis zur Inbetriebnahme der neuen Seilbahn erfolgt der Personentransport auf der 1969 eröffneten Straße mit Autobussen. Die heutige Rittnerseilbahn mit deutlich höherer Transportleistung wurde dann im Mai 2009 eröffnet.


3. Die heutige Rittnerseilbahn:

Zugang Talstation

Die heutige Rittner Seilbahn wurde am 23.5.2009 eröffnet und ist – von Revisionen abgesehen – ganzjährig in Betrieb. Sie ist Teil der Öffentlichen Verkehrsinfrastruktur Südtirols und befindet sich im Eigentum der Südtiroler Transportstrukturen (STA) und wird von der SAD Nahverkehr AG betrieben. Die Fahrgastzahlen haben durch die Nutzung von einheimischen wie ausländischen Touristen sowie Pendlern die Schwelle von 1 Million Fahrgäste bereits überschritten, im Jahr 2016 wurden 1.041.939 Fahrgäste gezählt. Die Rittner Seilbahn ist besonders günstig mit der Mobilcard zu nutzen, sie ist darin inkludiert.

Die Talstation mit moderner Architektur, ein Hingucker. An gleicher Stelle stand früher der Rittner Bahnhof, wo der Zahnstangenabschnitt begann

Kennzahlen:

  • Typ: 3S-Bahn (Dreiseilumlaufbahn, dh. 2 Tragseile, 1 Zugseil)
  • Hersteller: Leitner Ropeways (Sterzing)
  • Höhe Talstation: 273 m (am Ort des alten Rittnerbahn-Bahnhofs)
  • Höhe Bergstation Oberbozen: 1.223 m
  • Streckenlänge: 4.550 m
  • Antriebstation: Berg
  • Umlenkstation: Tal
  • Tragseilverankerung: Berg und Tal
  • Leistung elektrischer Hauptantrieb: 2 x 350 kW
  • Leistung Notantrieb: 200 kW
  • Betriebsmittel: Ursprünglich 8 Gondeln, seit Frühjahr 2015 10 Gondeln
  • Kapazität pro Gondel: 35 Fahrgäste (24 Sitzplätze, 11 Stehplätze)
  • Förderleistung: Ursprünglich 550, ab Frühjahr 2015 720 Pers./Std.
  • Betriebsmittelabstand: 1.500 m
  • Betriebsmittelfolgezeit: 240 sek
  • Betriebsmittelhersteller: Sigma Cabins (Veyrins-Thuellin, Frankreich)
  • Höchstgeschwindigkeit: 7 m/s (25,2 km/h)
  • Fahrtdauer: 12 Minuten
  • Geschwindigkeit mit Reserveantrieb: 7 – 3.5 m/s (25,2 – 12,6 km/h)
  • Geschwindigkeit mit Notantrieb: 2 m/s (7,2 km/h)
  • Durchmesser Tragseil: 47 mm
  • Durchmesser Zugseil: 40 mm
  • Durchmesser Rettungsseil: 32 mm
  • Stützen: 7
Da die Gondeln zum Ein- und Aussteigen vom Zugseil abgeklemmt werden hat man keinen Stress und die Fahrt ist auch für in der Bewegung eingeschränkte Personen ein Vergnügen

Der untere Abschnitt durch die Weinberge ist deutlich steiler als der obere wo es eher eben dahingeht (11.8.2011)
Die Bergstation taucht in der Ferne auf, die Fahrt geht fast eben über Wälder, Felder und Gärten. Hier weht zeitweise ganz schön der Wind, die Konstruktion mit 2 Tragseilen bewährt sich dabei bestens (11. August 2011)
Die Bergstation, gleich dahinter fahren die Züge der Rittnerbahn nach Klobenstein bzw. Maria Himmelfahrt ab
Eingang Bergstation
Oberbozen, Gondel hat fast die Bergstation erreicht. Hier sieht man deutlich die geringe Neigung der Trasse

Links:

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Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum.

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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF

Erstmals Online publiziert: 27. Juni 2020; Letzte Ergänzung: –