Die Hochfläche des Ritten über der Stadt Bozen galt und
gilt den Einheimischen als willkommenes kühleres Refugium im Sommer, wenn
es im Talkessel von Bozen und der Stadt Bozen heiß und schwül ist. Und
auch die Touristen schätzen seit dem 19. Jahrhundert diese Gegend, sei es
als Tagesgast oder als Gast einer der zahlreichen Hotels am Rittner
Plateau. Daher ist es nicht verwunderlich, daß schon Ende des 19.
Jahrhunderts Pläne für den Bau einer Aufstiegshilfe geschmiedet wurden.
Am 13. August 1907 wurde die Rittner Bahn in der
ursprünglichen Form eröffnet, wobei man den Streckenverlauf in 3
Teilstücke gliedern kann:
Teilstück 1: Verlauf als Strassenbahn in Bozen vom
Waltherplatz über den Bahnhof Bozen (Anschluß an die Brennerbahn)
zum sogenannten Rittnerbahnhof mit den Remisen
Teilstück 2: Steilstrecke mit Zahnradbetrieb
(Nachschiebeleistung einer Zahnradlok) vom Rittnerbahnhof durch die
Weingärten mit der Station St. Magdalena Weinkeller nach Maria Himmelfahrt
Teilstück 3: Adhäsionsbetrieb von Maria Himmelfahrt
über Oberbozen (heute Übergang zur Rittnerseilbahn) nach Klobenstein
Seit Juli 1966 besteht nur mehr das Teilstück 3, die
Adhäsionsbahn am Rittner Plateau. Teilstück 2 wurde durch eine Seilbahn
ersetzt, wobei die Talstation beim ehem. Bahnhof der Zahnradstrecke
situiert ist und wie schon erwähnt die Bergstation unmittelbar neben dem
Bahnhof Oberbozen. Der Seilbahnbetrieb statt der Zahnradstrecke hat
die Fahrzeit drastisch reduziert (nur mehr ca. 1/5 der ursprünglichen
Fahrzeit). Die Bozner Strassenbahn wurde ebenfalls im Jahr 1966
durch Busse ersetzt.
Eine Fahrt mit der Seilbahn auf den Ritten und danach
die Fahrt mit der Rittnerbahn ist nicht nur für den Eisenbahnliebhaber ein
Muß beim Besuch der Stadt Bozen.
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Von der 35 Personen fassenden Gondel neuen
Rittnerseilbahn hat man einen spektakulären Tiefblick auf die Stadt
Bozen mit den weitläufigen Anlagen des Bozner Hauptbahnhofes im
Zentrum. Andererseits wird das Auge verwöhnt durch die liebliche
Landschaft mit den Rebflächen rund um St. Magdalena, wo sich einst
bis 1966 die Zahnradbahn mühsam emporkämpfte, sowie dem
Fernblick auf Dolomiten, Seiseralm und Co. |
Ein paar Fakten zur Rittnerbahn
(Ferrovia del Renon)
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Konzessionserteilung: 3. Juli 1906, Konzession für eine "schmalspurige
Lokalbahn mit elektrischem Betriebe von Bozen nach Oberbozen"
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Eröffnet: 13. August 1907 (vgl. Brennerbahn 1867)
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Einstellung Strassenbahnbetrieb und der Zahnradstrecke:
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Zweck: Erschließung des Naherholungsgebiets von Bozen für Einheimische
und Gäste
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Errichter und Betreiber: Bauleitung / Baufirma Ing. Josef Riehl ("der
Tiroler Eisenbahnvater"), Betriebsführung anfangs bis 1911 von der
k. k. priv. Südbahn, bis 1924 Etschwerke, 1924 bis 1929 in
Eigenregie durch die Rittnerbahn AG, bis 1955 die Società Trentina di
Elettricità. Seit 1982 erfolgt die Betriebsführung der Rittnerbahn (Bahn
und Seilbahn) durch das südtiroler Nahverkehrsunternehmen SAD Nahverkehr
AG (betreibt auch die Vinschgaubahn, Medelbahn, Pustertalbahn sowie das
Autobusnetz in Südtirol).
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Streckenlänge: Ursprünglich knapp 12 km (11,76 km), heute
Betrieb von Streckenkilometer 5,120 bis 11,76, also 6,8 km
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Traktion: Von Beginn weg elektrisch (das Dampfprojekt von Stern &
Hafferl wurde nicht angenommen), ursprünglich mit 700 Volt Gleichstrom,
seit 1966 750/800/900 Volt
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Spurweite: Meterspur 1000 mm
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Max. Neigung: Adhäsion 45 Promille, ehem. Zahnradstrecke 22
Promille
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Auf ehem. Zahnradstrecke "andocken" einer Zahnradlok nach dem Muster
"Strassenbahn Opicina" (Triest). Die talwärts fahrende Lokomotive speiste
Strom in das System zurück. Zahnstangensystem Strub.
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Minimaler Radius: 30 Meter
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Maximalgeschwindigkeit: 30 km/h
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Fahrzeuge: Neben einigen "Methusalems auf Schienen" wie dem eben 100
Jahre alt gewordenen Alioth, die immer wieder im Plandienst zu sehen sind,
wurden auch modernere Triebwägen mit grösseren Fahrgastkapazitäten
gebraucht angekauft, zuletzt 2 Triebwägen aus der Schweiz von der
Trogenerbahn
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Rittner Seilbahn: Ersetzt seit 1966 die ehem. Zahnradbahn und ist eine
der weltweit längsten Seilbahnen mit einer Länge von über 4,5 km. Die
ursprünglich errichtete Pendelbahn wurde im September 2007 geschlossen,
2008 abgerissen und seit 2009 können nun deutlich mehr Gäste pro Stunde
mittels der modernen 3-Seil-Umlaufbahn (2 Tragseile, 1 Zugseil) befördert
werden. Insgesamt gibt es 8 Kabinen für je 35 Personen, Frequenz ca. alle
4 Minuten. Höhenunterschied: 950 m. Errichtet vom traditionsreichen
südtiroler Seilbahnunternehmen Leitner Ropeways.
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Frequenz: Halbstundentakt zwischen Oberbozen und Klobenstein, wobei
sich die 2 eingesetzten Triebwägen in Lichtenstern kreuzen. Deutlich
geringere Frequenz zwischen Oberbozen und Himmelfahrt (durchschnittlich
nur alle 2 Stunden fährt der von Klobenstein kommende Triebwagen weiter
nach Himmelfahrt, um dort auch gleich wieder retour zu fahren)
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Die Fahrzeit: Die ehemalige Fahrt mit der Zahnradbahn war ein
zeitaufwendiges Vergnügen, die seit 1966 verkehrende Seilbahn war mit ca.
12 Minuten Fahrzeit deutlich schneller. Die neue 3-Seil-Umlaufbahn
benötigt seit 2009 nur mehr 11 Minuten. Die Fahrzeit von Oberbozen nach
Klobenstein dauert 16 Minuten.
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Stationen (Angaben in km
sowie Höhenangaben in m über dem Adriatischen Meer Pegel Triest):
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Bozen
Waltherplatz (0,0 km, 266 Meter über
der Adria) |
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Bozen Südbahnhof (0,278 km) |
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Bozen
Bahnstrasse (0,396 km) |
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Bozen Rittnerbahnhof (0,896 km, 265 m) > Beginn Steilstrecke
Zahnradlok schiebt nach ab km 1,0 |
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St. Magdalena
Weinkeller (1,336 km, 350 m) |
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Betriebsausweiche (3,032 km, 733 m) > daran anschliessend der 66 m
lange Tunnel |
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(Maria)
Himmelfahrt (5,120 km, 1.176 m) Ende der Zahradstrecke kurz vor dem Bhf. |
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Oberbozen (6,264
km, 1.216 m) > seit 1966 Übergang zur Rittner Seilbahn |
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Linzbach (Bedarfshalt,
7,024 km) |
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Rinner (Bedarfshalt, 7,484 km) |
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Wolfsgruben (8,157
km, 1.225 m) |
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Lichtenstern
(9,188 km, 1.251 m) |
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Rappersbühel
(9,748 km) |
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Ebenhofer
(Bedarfshalt, 10,340 km) |
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Klobenstein
(11,746 km, 1.191 m) |
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Auf der kurvenreichen Strecke zwischen Klobenstein
und Oberbozen mit herrlichem Panoramablick |
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Die Zugkreuzung erfolgt im unbesetzten
Kreuzungsbahnhof Lichtenstern statt |
Da neben der Bahnstrecke Wanderwege verlaufen,
steigen auch an den Unterwegshalten zahlreiche Personen aus und ein
- hier die Haltestelle Wolfsgruben mit hölzernem Wartehäuschen |
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Der Bahnhof von Klobenstein weist das "pompöseste"
Aufnahmsgebäude auf. Angeschlossen ist ein Buffet/Cafe. Am Gleisende
befindet sich eine Remise |
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2007 wurde groß gefeiert am Ritten |
Neben der Remise in Klobenstein eine Gondel der alten
Seilbahn |
Besondere Kunstbauten:
Gleich zu Beginn der ehem. Zahnradstrecke führte ein
160 m langes Steinviadukt durch die Weinberge gen St. Magdalena
Weinkeller. Knapp nach der Betriebsausweiche der Zahnradstrecke gab
es den einzigen Tunnel mit einer Länge von 66 m). Die Zahnradtrasse ist
tw. von der neuen Seilbahn aus zu erkennen.
Eine Begehung der alten Zahnradstrecke durch DEEF ist
geplant.
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Das andere Streckenende in Maria Himmelfahrt mit originalgetreu
renoviertem hölzernem Aufnahmsgebäude sowie kleiner Remise am
Streckenende. Von dort ging es bis 1966 per Zahnrad hinab nach Bozen |
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Triebwagen 21 bei der Einfahrt in den Endbahnhof
Himmelfahrt von Oberbozen kommend. Man beachte die für die
Rittnerbahn typischen Strommasten |
Historisches Foto von der Zahnradstrecke
(Quelle Wikipedia gemeinfrei)
mit der immer talseitig gekuppelten Zahnradlokomotive. 1 Lok konnte
für die Nachwelt gerettet werden und befindet sich im Depot der
Tiroler Museumsbahnen im alten Stubaitalbahnhof in Innsbruck |
Linktips / Literatur:
Offizielle Webseite SAD:
www.sad.it
Übersicht über alle (süd-) tirolerischen Bahnen bei den "Tiroler
Museumsbahnen" Innsbruck:
www.tmb.at
Dultinger, Josef, 1982: Auf schmaler Spur durch Südtirol. Schmalspurbahnen
südlich des Brenners. (Rittnerbahn S. 66-77)
DEEF: Vom
Eisacktal ins Grödental - Die ehem. Grödnerbahn (Grödentalbahn) von
Klausen nach Plan nächst
Wolkenstein >>>
DEEF: Zur Brennerbahn
bzw. Brennerbasistunnel:
http://www.dokumentationszentrum-eisenbahnforschung.org/brennerbasistunnel.htm
DEEF: Brennerbasistunnel Süd (Baustellenvisite
Franzensfeste):
http://www.dokumentationszentrum-eisenbahnforschung.org/brennerbasistunnel_franzensfeste.htm
DEEF: Zu Fuß entlang der alten Strecke vom Brenner bis
Gossensaß (ein Reader in 4 Teilen)
http://www.dokumentationszentrum-eisenbahnforschung.org/brennerbahn_bahnhofbrenner.htm
Tip für die Anreise und Fahrt mit der Rittnerseilbahn und
Rittnerbahn: Die Mobilcard eignet sich optimal. Erhältlich für 3 oder 7
Tage (mit oder ohne Museen oder Fahrrad), gültig auf allen
Eisenbahnstrecken und Buslinien Südtirols sowie einiger Bergbahnen (u.a.
Rittnerbahn, Mendel). Kostet für 3 Tage (2011) 18.- Euro pro Person
Alle Fotos dieser Seite: DEEF / Dr. Michael Populorum,
Lumix TZ 4
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Bericht von: Dr.
Michael Populorum, Chefredakteur DEEF; Erstmals online publiziert:
24. September 2011; Änderungen: 3.1.2020
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