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Die Bozen-Meraner-Bahn ist eine einspurige, mit 3000 Volt Gleichstrom
elektrifizierte Bahnstrecke mit Normalspur im südlichen Tirolerland, die
von der Provinzhauptstadt Bozen an der Brennerbahn/Südtirolbahn in die
eisenbahngeographisch 31,5 km nordwestlich gelegene zweitgrößte Stadt
Südtirols, nach Meran, führt. Streckenbetreiber (Infrastruktur) ist die
RFI der FS (Ferrovie dello Stato). Vom Meran aus hat man dann die
Möglichkeit noch weitere 60 km westwärts mit der Vinschgaubahn bis nach
Mals zu fahren.
SAD Triebwagen auf Stumpfgleis 1 im Bahnhof Bozen bereit zur Fahrt nach Meran
Modernes Innenleben im Stadler GTW
Die alten Wendezüge der Trenitalia fahren im Wechsel mit den neuen SAD Triebwagen
Nach der Eröffnung der k.k. Südtiroler Eisenbahn Verona – Bozen am 16. Mai 1859 sowie der Brennerbahn Innsbruck – Bozen am 24.8.1867 war es nur logisch, im nächsten Schritt die mondäne Kurstadt Meran an das internationale Schienennetz anzuschließen. Nach einer zweiten Konzessionserteilung im Jahr 1880 konnte die Bahnstrecke nach nur knapp einjähriger Bauzeit am 4. Oktober 1881 feierlich eröffnet werden. Mit dem Bahnbau einher gingen Maßnahmen zur Trockenlegung von Sumpfgebieten sowie zum Hochwasserschutz.
SAD GTW im Bahnhof Vilpian Nals auf der Fahrt gen Meran
Die mäandrierende Streckenführung (minimaler Radius 190 m, maximale
Neigung 10 Promille) primär entlang des zweitlängsten Flusses Italiens, der
Etsch, weist kaum Kunstbauten auf, ist aber durch den Verlauf mitten durch
die Obstkulturen (Äpfel) mit Blick auf die Berghänge links und rechts des
Tales mit Weinkulturen und hie und da alten und neuen Siedlungsflecken
sowie auf den Bergen den Resten alter Trutzburgen durchaus reizvoll.
In der Station Kaiserau
SAD Triebwagen auf dem Viadukt nächtst der neuen Haltestelle Kaiserau, im Hintergrund Schloß Firmian
Bahnhofsgebäude Lana Burgstall. Hier gibt es auch eine gut gehende Bahnhofs-Bar.
In Lana Burgstall zweigte früher der "Apfelexpress" nach Oberlana ab. Die Denkmallok am Ufer der Etsch sowie daneben die restaurierte alte Eisenbrücke erinnern an diese leider 1974 eingestellte Bahn Was wird die Zukunft bringen? Sicher einen Ersatz der alten „Schepperkisten“ der Trenitalia durch neue Triebwagen. Weiters ist davon auszugehen, daß es endlich mit den Durchbindungen von Mals über Meran nach Bozen oder gar darüber hinaus Ernst wird – einen Probegalopp gab es ja schon vor einigen Jahren. Dies wird aber auch davon abhängen, ob und wann es zu einer Elektrifizierung der Vinschgaubahn kommen wird. Gespannt darf man auch sein, ob der Wunsch vieler Südtiroler nach einer Reaktivierung der Überetscher Bahn nach Kaltern vom Land Südtirol erhört wird.
Trenitaliawendezug mit Zuglok E 464 055 am 15.4.2013 im Bahnhof Gargazon auf der Fahrt nach Meran
Der Etsch entlang durch die Apfelplantagen - SAD Triebwagen nächst dem Bahnhof Lana Burgstall
Der ehem. Bahnhof Meran Sinich hat schon bessere Zeiten gesehen. Das Gebäude sollte dringend saniert werden
Mondän wie der Kurort so auch das Bahnhofsgebäude in Meran. Von hier geht es weiter mit der Vinschgaubahn nach Mals
Kleiner Abriß der Geschichte: Österreich baut, Italien erbt und verschlampt, Südtirol erneuert 24.11.1858: Eröffnung der k.k. Nordtiroler Eisenbahn Kufstein – Innsbruck 16.5.1859: Eröffnung der k.k. Südtiroler Eisenbahn Verona – Bozen 24.8.1867: Eröffnung der Brennerbahn Innsbruck – Bozen 10.3.1868: Denkschrift der Bozner Handels- und Gewerbekammer an das Handelsministerium für eine Bahnlinie Bregenz-Graubünden-Etschtal-Treviso 4.3.1969: Befürwortung des Projekts durch die Stadtgemeinde Bozen > Ablehnung aus Wien, da erstens schwierige Trassenführung und Nutznießer primär Ital. Adriahäfen 9.9.1868: Bewilligung des Reichskriegsministeriums für Vorarbeiten an einer Bahnlinie von Bozen zur Reichsgrenze mit Auflage linkes Etschufer – Nauders – Norbertshöhe 24.2.1871: Bozner Handelskammer + Meraner Eisenbahnkomitee erreichen nach einer Audienz bei seiner Majestät anläßlich seines Bozenbesuchs ein wohlwollendes Kabinettsschreiben an den Handelsminister 28.2.1871: Bewilligung für techn. Vorarbeiten Bahnlinie Bozen – Meran (-ggf. Chur) an den königl. bayr. Konsul in Bozen Johann v. Putzer-Reibegg + 9 weitere Bewerber. Zügige Ausarbeitung des Projektes unter Alfonso Stefenelli (ähnlich der verwirklichten Trasse mit Ausnahme Abzweig erst bei km 1,7 von Etschtalbahn und Streckenende Untermais) 11.6.1871: Ansuchen definitive Konzession, staatl. Garantie Anlagekapital aber abgelehnt 13.3.1872: Unterrichtet Putzer-Reibegg das Handelsministerium über Vertrag mit Baurat Karl Ritter von Schwarz betreffend Finanzierung 28.6.1872: Sanktionierung Reichsgesetz mit Gebühren- und Steuerfreiheit für die Konzessionswerber und Festsetzung Tarife nach Schema Lieboch-Wies (Stmk.) 27.7.1872: Verzichtserklärung der Südbahn für die Strecke (hatte Vorrecht 23.9.1858) 14.9.1872: 1. Konzessionserteilung an Carl Freiherr von Schwarz, Johann Putzer von Reibegg sowie Eduard von Weinhardt. Baubeginn sollte 6 Monate später sein, Bauzeit geplant 2 Jahre. 7.-14.3.1873: Kommissionelle politische Begehung, neue Begehrlichkeiten von Grundeigentümern. Probleme beim Bau und schlechte wirtschaftliche Lage in Österreich (schwarzer Freitag) verunmöglichen den Bau 24.8.1973: Bewilligung von Vorarbeiten für eine normalspurige Bahn mit „Sekundärem Betrieb“ („Vincinalbahn“) von Bozen nach Meran an Ing. Heinrich Böhm und Ing. Hermann Ritter von Schwind (beide Wien) und die beiden Bauunternehmer Gulbrand Gregersen (Pest) und Franz Bandeson (Wien). Trasse war am rechten Etschufer vorgesehen. Hohe Naturalgaben der Bevölkerung, aber Staatsbeteiligung unsicher 14.7.1874: Löschung der ursprünglichen Konzession da nicht zur Ausführung gelangt 25.1.1876: Regierungseingabe im Reichsrat betreffend Vorschüsse wurde gebilligt; Problem Etschregulierung verzögerte den Baubeginn aber weiter. Diesbezüglich Trassenverlegung auf die linke Etschseite 11.6.1880: Konzessionserteilung an Graf von Brandis und Ing. Böhm 19.-22.7.1880: Stationskommission 23.8.1880: Politische Begehung Ende November 1880: Festlegung Endpunkt Meran und Haltestelle Untermais 1.6.1881: Fertigstellung Unterbau 22.7.1881: Ministerielle Genehmigung zur Erhöhung Höchstgeschwindigkeit 20>25km/h August 1881: Statuten der k.k.priv. Bozen-Meranerbahn bewilligt
4.10.1881: Einweihung der Strecke mit Sonderzug ab Bozen 11.30, Meran an
13.30, an Bord u.a. der Handelsminister Pino Mit der Eröffnung der Vinschgaubahn am 1. Juli 1906 übernahm die Staatsbahndirektion Innsbruck auch die Bozen-Meranerbahn, welche ihrerseits Anteile an der Vinschgaubahn hatte. Trotz geringerer Einnahmen aus dem Personenverkehr und höherer Betriebskosten konnte die Bozen-Meranerbahn im 1. Weltkrieg 1914-1918 als eine der wenigen Bahnlinien noch ein positives Betriebsergebnis erzielen. Das änderte sich schlagartig, als nach der Annektierung Südtirols durch Italien die italienischen Staatsbahnen den Betrieb übernahmen. Die offizielle Liquidation der Gesellschaft in Österreich sollte aber noch Jahre dauern – erst am 24. September 1929 wurde die Gesellschaft im Wiener Handelsregister mit einer gleichzeitigen letzten Statutenänderung (Umbenennung in Ferrovia Bolzano – Merano) gelöscht. (nach Paul Mechtler 1971). Die Elektrifizierung der Bahnstrecke erfolgte im Jahre 1934/35 und zwar mit 3.600 Volt Drehstrom 16 2/3 Herz. Die Umstellung auf 3000 Volt Gleichstrom konnte 1952 abgeschlossen werden. 1981 erfolgt die Linienverlegung nach Süden mit Einbindung des Messe- und Industrieviertels. Weitere Investitionen der FS waren überschaubar, nach längerem Siechtum wird die Vinschgaubahn von Meran nach Mals von der FS 1990 stillgelegt. Nach Erwerb der Strecke durch das Land Südtirol 1992 und einer umfassenden Sanierung ab 2000 wurde die Vinschgaubahn 2005 wieder eröffnet und gilt seither zu Recht als Musterbeispiel einer prosperierenden Regionalbahn.
Dies hat sich auch sehr positiv auf die
Bozen-Meraner-Bahn ausgewirkt und dürfte sich noch positiver auswirken,
wenn in absehbarer Zukunft die Vinschgaubahn elektrifiziert wird (der
Beschluß dazu wurde im Dezember 2014 von der Südtiroler Landesregierung
gefällt) und dann
durchgehende Fahrten unter Fahrtdraht von Mals bis Bozen und darüber
hinaus möglich sein werden. 1906-1918: k.k.StB 1918-2001: FS (Ferrovie dello Stato) 2001-heute: RFI (Rete Ferroviaria Italiana) Zukünftig: Das Land Südtirol möchte nach der Vinschgaubahn auch diese Strecke übernehmen. Im Personenverkehr gibt es schon seit geraumer Zeit einen Mischbetrieb mit Wendezügen der Trenitalia und modernen Flirt-Triebwägen des SAD. Frh. Victor von Röll (1852-1922), grand Doyen der österreichischen Eisenbahngeschichte, berichtet über die Bozen-Meraner-Bahn mit äusserst knappen Worten wie folgt: Bozen-Meraner Eisenbahn, normalspurige Lokalbahn in Tirol (32 km), konzessioniert 1880, eröffnet 1881. Der Betrieb wird seit der am 1. Juli 1906 erfolgten Eröffnung der Vintschgaubahn von Meran nach Mals, an der die B. finanziell beteiligt ist, auf Grund eines mit der Staatseisenbahnverwaltung abgeschlossenen Vertrages von dieser geführt (s. österr. Staatsbahnen).
Josef Rabl (1844-1923), der bekannte Alpinist und Verfasser legendärer
Reiseführer aus dem Osttiroler Dölsach (u.a. des „Illustrierten
Glocknerführers“) gewährt uns da schon mehr Einblick, nämlich im Anhang zu
seinem „Illustrierten Führer durch das Pusterthal und die Dolomiten….“. Er
schreibt im Jahre 1882 auf den Seiten 444ff:
Zugkreuzung im wiedereröffneten Bahnhof Gargazon - leider werden die alten Objekte nicht mehr bespielt Literatur/Links: Baumgartner, Elisabeth, 1990: Eisenbahnlandschaft Alt-Tirol. Innsbruck Innerhofer, Albert (Hrsg.), 2013: „Einsteigen, bitte!“. 100 Jahre Lokalbahn Lana-Burgstall-Oberlana 1913 – 2013. Lana K.k. priv. Bozen-Meraner Bahn. Geschäftsbericht und Rechnungsabschlüsse für das 22. Geschäftsjahr 1903 (etc.). Wien 1904 Mechtler, Paul, 1971: Die k. k. privilegierte Bozen-Meraner Bahn vor 90 Jahren eröffnet. In: Der Schlern, 45, 1971, S. 183-190. Populorum, Michael Alexander, 2013: Eisenbahnarchäologische Exkursionen südlich des Brenners: Teil 4: Die Überetscher Bahn von Bozen über Eppan nach Kaltern und zur Mendel. Schriftenreihe des Dokumentationszentrums für Europäische Eisenbahnforschung (DEEF), Band 7. Populorum, Michael Alexander, 2014: Die
Bozen-Meraner-Bahn. Durch Wein- und Obstkulturen von Bozen über
Sigmundskron und Terlan nach Meran. Schriftenreihe des
Dokumentationszentrums für Europäische Eisenbahnforschung (DEEF), Band 19.
Mercurius Verlag Grödig/Salzburg. Railway Research Austria Platter, Josef Calasanz, 1881: Führer auf der Bozen-Meraner Bahn. Rabl, Josef, 1882: Illustrierter Führer durch das Pusterthal und die Dolomiten - mit Ausflügen in die Glockner-, Venediger-, Rieserferner- und Zillerthaler-Gruppe und einem Anhange: das Eisacktal, Bozen, die Bozen-Meraner Bahn und Meran (A. Hartleben's illustrierter Führer Band 7). Rosenberger, Hans Jürgen, Rosenberger, Carlo, 1993: Die Eisenbahnen in Südtirol. Bozen Schröter, Werner, 2006: 1906-2006: 100 Jahre Lana – Meran-Bahn. Erste elektrische Straßenbahn Südtirols. (Eisenbahnarchiv Tirol, Eisenbahntechnische Sonderpublikationen Band 4). Statuten der k.k. priv. Bozen-Meraner Bahn. Wien 1903 Virtuelles Technikmuseum Südtirol Tecneum: www.tecneum.eu DEEF Beitrag "Die Vinschgaubahn" >>> DEEF Beitrag "Die Überetscher Bahn von Bozen über Eppan nach Kaltern - eine eisenbahnarchäologische Wanderung sowie Neue Projekte zur Erschliessung des Überetsch" >>>
Print Edition, herrliche Bilder, alle Bahnhöfe, alle Stationen, die Züge, die Bars, Alles in Farbe >>> Sollten Sie Anregungen zu den Projekten haben oder eigene Beiträge oder Fotos präsentieren wollen, so freuen wir uns auf eine Kontaktaufnahme. Haben Sie einen Fehler entdeckt? Bitte um Info > redaktion@dokumentationszentrum-eisenbahnforschung.org Dr. Michael Populorum, Chefredakteur Railway Research Austira / DEEF; Erstmals Online publiziert: 6. Januar 2015; Letzte Ergänzung: 23.1.2015 |
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Sonntag, 24. Mai 2015 22:13:47 +0200
Autor/F.d.I.v.: Kons. Univ. Lekt. Dr. Michael Alexander Populorum DEEF # Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung #
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