Bahnportrait Schweiz – Eisenbahnstrecke Neuchâtel – La Chaux-de-Fonds – Le Locle

Allgemeines
Die Bahnstrecke von der Kantonshauptstadt Neuchâtel (Neuenburg) am gleichnamigen See hinauf in den Neuenburgischen Jura nach La Chaux-de-Fonds und weiter in die Uhrenstadt Le Locle wurde in mehreren Etappen zwischen 1857 und 1860 von der Jura industriel (JI) gebaut. Die maximale Neigung der eingleisigen Strecke beträgt 31 Promille.

Geschichte
Eröffnungsdaten:
02.07.1857 La Chaux-de-Fonds – Le Locle (Jura industriel)
07.11.1859 Neuchâtel – Neuchâtel-Vauseyon (Jurafusslinie > Lausanne, Chemin de fer Franco-Suisse)
27.11.1859 Convers – La Chaux-de-Fonds (Jura industriel)
01.12.1859 Neuchâtel-Vauseyon – Les Hauts-Geneveys (Jura industriel)
15.07.1860 Les Hauts-Geneveys – Convers (Jura industriel)
04.08.1884 Le Locle – Le Locle-Col-des-Roches – Besançon in Frankreich (Jura-Bern-Luzern)
Die JI wurde 1875 von der Jura bernois (JB) übernommen, die 1884 ihren Namen in Jura–Bern–Luzern-Bahn (JBL) änderte. Die JBL verlängerte die Bahn zur schweizerisch-französischen Grenze bei Le Locle-Col-des-Roches (damals Brenets-Col-des-Roches) und verband sie durch den Col-des-Roches-Tunnel über Besançon mit dem französischen Eisenbahnnetz der Gesellschaft Paris-Lyon-Méditerrané (PLM).
Am 1. Januar 1886 wurde die 38,21 Kilometer lange Bahnstrecke Neuchâtel–Le Locle-Col-des-Roches aus der Jura-Bern-Luzern-Bahn (JBL) ausgelagert und in die neu gegründete Jura neuchâtelois (JN) integriert, die dem Kanton Neuenburg gehörte.
Der Bund kaufte dem Kanton Neuenburg die Bahn ab und gliederte sie per 1. Juli 1913 ins Netz der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) ein. Die SBB elektrifizierten 1931 die Strecke bis Le Locle-Col-des-Roches mit 15 kV 16⅔ Hz Wechselstrom. Die anschließende französische Strecke ist nicht elektrifiziert.
Die Strecke
Kurz nach dem Bahnhof von Neuchâtel trennt sich die Strecke nach Le Locle von der Hauptlinie nach Lausanne und kommt nach dem Tunnel Gibet (678 m) zur Haltestelle Les Deurres und zum Bahnhof Corcelles- Peseux. Die Züge gewinnen weiter rasch an Höhe und die Reisenden können das Panorama über den Neuenburgersee geniessen. Nach Durchörtern der Tunnel Luche (116 m) und Sauge (117 m) ist Im Bahnhof Chambrelien eine Spitzkehre erforderlich, damit die Züge ihren Weg fortsetzen können. Da die SBB auf dieser Strecke ausschliesslich Wendezüge einsetzen, ist ein Wechsel der Lokomotive nicht mehr notwendig. Früher wurden die Dampfloks mittels einer Drehscheibe neu positioniert.

Nach dem Richtungswechsel gewinnen die Züge weiter an Höhe und fahren nach Les Geneveys-sur-Coffrane. Nach Les Hauts-Geneveys durchfahren die Züge den Tunnel Les Loges (3.259 m) und nach Passieren des „Geisterbahnhofs“ Convers den Mont-Sagne-Tunnel mit einer Länge von 1.354 m. Danach liegt das Gleis parallel zu dem der Schmalspurlinie aus Les Ponts-de-Martel. Kurz vor La Chaux-de-Fonds führen die Linie aus Neuchâtel und Biel gemeinsam durch einen Tunnel La Combe (254 m) zum Bahnhof der Weltkulturerbestadt La Chaux-de-Fonds.
Auf dem nur 8 Kilometer langen Streckenabschnitt zwischen La-Chaux-de-Fonds und Le Locle gab es früher mehrere Haltestellen, die im Laufe der Zeit aufgehoben wurden. Die Haltestelle Le Crêt-du-Locle wurde allerdings im August 2007 wieder in Betrieb genommen. Die meisten Züge aus La Chaux-de-Fonds enden in Le Locle, wo die schmalspurige TRN im Inselbetrieb die Weiterreise nach Les Brenets ermöglicht. Die wenigen Triebwagen, die nach Frankreich weiterfahren, gelangen nach einem starken Gefälle und dem Überqueren einer Stahlbrücke zum Bahnhof Le Locle-Col-des-Roches. Dort fahren sie in den Col-des-Roches-Tunnel, in dem sich die Landesgrenze Schweiz / Frankreich befindet.
Die Tunnel
Tunnel Gibet (678 m)
Tunnel Luche (116 m)
Tunnel Sauge (117 m)
Tunnel Les Loges (3259 m)
Tunnel Mont-Sagne (1354 m)

Tunnel La Combe (254 m)

Tunnel Col-des-Roches (436 m, Grenztunnel zu Frankreich)
Die Stationen
Neuchâtel (Neuenburg), Bahnhof, km 0,0/75,3; 479 m.ü.d.M.



Neuchâtel-Vauseyon, Betriebsstelle, ehem. Bahnhof, km 74,0 / 1,4; 475 m ( > Jurafusslinie nach Yverdon – Lausanne)


Les Deurres, Haltestelle, km 3,1; 510 m
Corcelles-Peseux, Bahnhof, km 4,3; 530 m
Chambrelien, Kopfbahnhof, km 10,4; 685 m


Montmollin-Montezillon, ehem. Haltestelle, km 14,1; 777 m
Les Geneveys-sur-Coffrane, Bahnhof, km 16,9; 850 m

Les Hauts-Geneveys, Bahnhof, km 21,0; 954 m


Convers, ehem. Keilbahnhof, km 25,9; 1047 m (ehem. Strecke bis 1895 nach Le Creux–Biel/Bienne)

Der ehemalige Bahnhof liegt direkt zwischen den beiden Tunnelportalen von Les Loges (3.259 m) und Mont-Sagne-Tunnel (1.354 m). Von der einstigen Idylle ist heute wenig vorhanden, es dominiert der Beton der hier durchführenden Autobahn – welch ein Gegensatz zur bestens in die Landschaft integrierten Eisenbahnstrecke. Von der ehemals hier abzweigenden Strecke Richtung Le Creux finden sich noch zahlreiche Relikte im Wald, u.a. ein Tunnel.

La Chaux-de-Fonds, Bahnhof, km 29,5; 994 m (> Biel; > Les Ponts-de-Martel; > Glovelier)

La Chaux-de-Fonds wurde gemeinsam mit Le Locle von der Unesco aufgrund architektonischer Besonderheiten zum Weltkulturerbe erklärt.


La Chaux-de-Fonds ist Eisenbahnknotenpunkt, wo folgende Bahnlinien abzweigen:
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- Neuenburg bzw. Le Locle (SBB bzw. transN)
- Les Ponts-de-Martel (TRN)
- Saignelégier – Glovelier (CJ)
- Biel (SBB)
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La Chaux-de-Fonds-Ouest, ehem. Haltestelle, km 30.6; 1000 m
Les Eplatures, ehem. Haltestelle, km 32,2; 1011 m
Le Crêt-du-Locle, Haltestelle, km 33,4; 1015 m


Le Locle, Bahnhof, km 37,1; 946 m (> Les Brenents)


Ein Kuriosum stellt die Einbindung der meterspurigen und nur 4,1 km langen Bahnstrecke nach Les Brenets dar. Auf Gleis 2 von La Chaux-de-Fonds kommend halten u.a. die normalspurigen Dieseltriebwägen nach Frankreich, die dann in etwa der Mitte des Bahnsteigs nach links geleitet werden, weil ein Prellbock die Fahrt versperrt. Hinter dem Prellbock liegen die Meterspurgleise Richtung Les Brenets.
Bei meinem Besuch gab es gerade einen Busersatz und wie zu hören ist, könnte es durchaus bald einen dauerhaften Busersatz geben, sollte man sich nicht auf ein Konzept zur Attraktivierung der kurzen Nebenbahn einigen, bspw. eine Umspurung auf Normalspur, was aber mit hohen Kosten aufgrund zweier enger Tunnel auf der kurzen Strecke verbunden ist.











Le Locle-Col-des-Roches, Grenzbahnhof, km 38,9; 915 m >>> Richtung Morteau, Besançon-Viotte (SNCF)






Der Betrieb
Von Neuenburg fahren halbstündlich RE nach La Chaux-de-Fonds, wobei jeweils der RE aus Bern (mit lokbespannten Zügen der BLS) in La Chaux-de-Fonds endet aber man sofort Anschluß mit einem R nach Le Locle hat. Der zweite RE je Stunden (Stadler ET entweder der SBB oder der Neuenburgischen Verkehrsbetriebe transN ) startet in Neuenburg und fährt direkt über La Chaux-de-Fonds weiter nach Le Locle. Von La Chaux-de-Fonds nach Le Locle hat es einen Halbstundentakt.

Der Verkehr über die Grenze nach Frankreich findet mit TER „Blauwalen“ (Dieseltriebwägen BR 73500) der SNCF statt. Da nur vier dieser Blauwale sicherungstechnisch eine Zulassung für die Schweiz haben (Signum), findet der Verkehr trotz großer Nachfrage vor allem seitens der zahllosen Grenzgänger nur in sehr bescheidenem Umfang statt. Hier gehört der SNCF einmal ordentlich Dampf gemacht!

Die Fahrzeit Neuenburg – La Chaux-de-Fonds beträgt 27 bzw. 28 Minuten, die Gesamtfahrzeit bis Le Locle beträgt zwischen 39 Minuten (Direkt) bzw. 43 Minuten (mit Umstieg).
Die Zukunft – „Diretissima“ bzw. „Transrun“ und wie geht´s weiter?
Am 23. September 2012 haben die Neuenburger Stimmbürger den sogenannten «Transrun», eine direkte S-Bahn-Verbindung zwischen Neuenburg und La Chaux-de-Fonds aufgrund der großen Kosten knapp abgelehnt (50,29%). Die rund eine Milliarde Franken teure Bahnlinie hätte die Spitzkehre in Chambrelien obsolet gemacht, die Strecke von 29,5 auf 16,7 Kilometer verkürzt und die Fahrzeit von 27 Minuten auf die Hälfte reduziert. Dazu wäre der Bau eines 6,2 km langen Tunnels durch den Neuenburger Hausberg „Chaumont“ und ein 5,7 km langer Durchstich unter der Vue des Alpes nötig gewesen. Im dazwischen liegenden offenen Abschnitt hätten sich in der Station Cernier die Züge gekreuzt.
Nun steht man allerdings vor der Herausforderung, dass ab 2019 für Teile der jetzigen Strecke ohne gravierende Sanierungen keine Betriebsgenehmigung mehr zu erhalten ist. Die Sanierung der alten Strecke kommt allerdings fast genauso teuer wie der geplante aber von den Stimmbürgern abgelehnte Neubau.
Im Feber 2016 wurde daher wieder abgestimmt und mit 84,17 Prozent wurde von den Stimmbürgern Neuenburgs der Bau einer Schnellverbindung zwischen dem unteren und oberen Teil des Kantons Neuenburg goutiert. Den Meinungsumschwung brachte ein anderes Finanzierungskonzept, wo dem Kanton Neuenburg die vorgestreckten Projektkosten nachfolgend vom Bund rückerstattet werden. Nun liegt es an Bern, ob dieser Finanzierung zugestimmt wird. Wenn ja, so soll 2019 losgelegt und bis 2030 die Schnellverbindung fertiggestellt werden. Dann könnte auch ein Viertelstundentakt eingeführt werden.
Update 2025: Es wurde bis dato nicht zu bauen begonnen, der Bund hat aber 2015 das Projekt in die längerfristige Planung für 2035 aufgenommen.
Links
Betreiber SBB www.sbb.ch
Betreiber Neuenburgischen Verkehrsbetriebe transN https://www.transn.ch
DEEF-Dokumentation Nyon – St-Cergue – La Cure (-Morez) >>>
DEEF-Dokumentation Morges – Apples – Bière / L’Isle (MBC / BAM) >>>
DEEF-Dokumentation Travys / SBB: Vallorbe – Le Day – Le Pont – Le Brassus >>>
DEEF-Dokumentation Vallorbe Gare CFF >>>
DEEF-Dokumentation Chemin de fer Yverdon–Ste-Croix (Travys) >>>
DEEF-Dokumentation Bahnstrecke Neuenburg – Travers – Buttes (Val de Travers) / Pontarlier >>>
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Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum
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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: / page first published 31. Oktober 2018 (Samhain); Seiten-Relaunch 14.9.2025; Letzte Ergänzung / page last modified 14.9.2025