Die Ybbstalbahn – Schmalspureisenbahn durch das Niederösterreichische Ybbstal
Teil 1 Übersicht Ybbstalbahn
Mit dem Begriff Ybbstalbahn bezeichnet man ein bis 1897/98 errichtetes Schmalspurnetz in Bosnischer Spurweite im Niederösterreichischen Mostviertel, welches nach seiner größten Ausdehnung mit 76,6 km ab Ende der 1980er-Jahre sukzessive auf eine nur mehr ca. 3 km lange Strecke im Planbetrieb (“Citybahn Waidhofen”, Stand 2023) amputiert wurde. Einst von großer Bedeutung vor allem auch für die regionale Wirtschaftsbetriebe erkannten schlussendlich weder die letzten Betreiber, die Staatsbahn ÖBB und ab 12.12.2010 das Land Niederösterreich, noch die Politik und die Touristiker die Chancen einer revitalisierten Ybbstalbahn besonders für einen sanften Tourismus in der Region. Radweg statt Bahntrasse wurde als politische Parole ausgegeben anstatt Bahntrasse und Radweg.
Meilensteine der Geschichte
Nachdem sich erste Pläne um 1870 zur Erschließung des Ybbstals mittels Schienenverkehr im Rahmen überregionaler Verbindungen zerschlagen haben, wurden ähnlich wie im benachbarten Erlauftal (siehe Erlauftalbahn) Stimmen für zumindest eine regionale Anbindung (Lokalbahn) auch in Hinblick auf die regionale Wirtschaft laut.
Nachdem 1877 das Erlauftal eisenbahntechnisch erschlossen wurde, dauerte es im Ybbstal noch 16 Jahre, bis am 26.12.1893 durch den Reichsrat ein Gesetz zur Errichtung der Ybbstalbahn verabschiedet wurde.
Konzessionsurkunde für die Errichtung der Ybbstalbahn: 22.10.1894
Spatenstich für den 1. Streckenabschnitt Waidhofen–Groß Hollenstein am 11.6.1895
11.9.1895: Gründung einer Aktiengesellschaft für den Bau
Eröffnung des 1. Streckenabschnitts am 15.7.1896
Eröffnung des 2. Abschnitts Großhollenstein – Lunz am See am 15.5.1898
Eröffnung 3. Abschnitt Lunz am See – Kienberg-Gaming (Bergstrecke) am 12.11.1898
Eröffnung der Zweigstrecke Gstadt – Ybbsitz am 9.3.1899
Somit hatte das Netz der Ybbstalbahn eine
Streckenlänge von 76,6 km erreicht.
Die Daten der Amputierungen des Netzes:
Mai 1988 ÖBB stellen Planverkehr über die Bergstrecke ein
1990 Bergstrecke als Museumsbahn durch den Verein ÖGLB revitalisiert
Nach Unwetterschäden im Frühsommer 2009 Sperre der Talstrecke und der Zweigstrecke ab Gstadt, der Verkehr wird auch nach Übernahme der Ybbstalbahn durch das Land NÖ am 12.12.2010 nicht mehr aufgenommen (Strecke offenbar durch die ÖBB total abgewirtschaftet)
2018 wird der seit 2013 durch die Museumsbahn von Lunz bis Göstling an der Ybbs befahrene Abschnitt auf Betreiben der dortigen Politiker wieder eingestellt
Im Dezember 2020 weitere Amputierung der noch verbliebenen Rumpf-Strecke – die Citybahn fährt nicht mehr bis Gstadt sondern endet nach ca. 3 km bei einem Einkaufszentrum
Im Jahr 2023 werden Stimmen seitens der örtlichen Politik laut, dass auch die Ybbstalbahn Bergstrecke einem Radweg weichen soll. Es ist allerdings zu hoffen, dass dieses Kleinod von Museumsbahn weiterbestehen wird
Das Netz – Die einzelnen Strecken der Ybbstalbahn im Überblick
Mit Stand Dezember 2023 sind folgende Abschnitte der Ybbstalbahn noch in Betrieb:
Citybahn Waidhofen, Waidhofen/Ybbs – Waidhofen/Ybbs Pestalozzigasse, Streckenlänge 3 km. Planverkehr werktags im Halbstundentakt, Fahrzeit 8 Minuten
Ybbstalbahn Bergstrecke / Ötscherland Express, Museumsbahn im Tourismusverkehr, vorwiegend im Sommer, Kienberg-Gaming – Lunz am See, Streckenlänge 17,3 km, Fahrzeit ca. 70 Minuten
Mostviertler Schienenradl, saisonaler Betrieb mit Fahrraddraisinen von Lunz am See bis Klein-Großau, Streckenlänge ca. 5 km
Teil 2: Die Bergstrecke Lunz am See – Kienberg-Gaming
Die Bergstrecke der Ybbstalbahn, also die Eisenbahnstrecke von Lunz am See (km 53,6; Seehöhe 585 m) über Pfaffenschlag (km 59,7; 694 m) hinüber nach Kienberg-Gaming im Erlauftal (km 70,9; Seehöhe 391 m) wird im Tourismusverkehr mit Nostalgiezügen vorwiegend im Sommer als Ybbstalbahn Bergstrecke Ötscherland Express befahren. Betreiber ist seit 1990 die NÖ Lokalbahnen Betriebsges.m.b.H. (NÖLB-B) des Vereins Österreichische Gesellschaft für Lokalbahn (ÖGLB), nachdem die Staatsbahn ÖBB den Verkehr auf der Bergstrecke 1988 eingestellt hatte.
Insgesamt hat(te) es inklusive der beiden Endbahnhöfe 10 Stationen.
Details zur Bergstrecke / Ötscherland Express siehe Ybbstalbahn Teil 2 Bergstrecke >>>
Teil 3: Die Talstrecke Waidhofen/Ybbs – Lunz am See
Die Talstrecke, also die Eisenbahnstrecke Waidhofen an der Ybbs (km 0,0) bis Lunz am See (km 53,6), ist Geschichte – nur ca. 5 km Strecke von Lunz am See bis Klein Großau werden vom Mostviertler Schienenradl (Fahrrad-Draisine) saisonal im Tourismusverkehr genutzt, die restlichen Schienen mussten einem Radweg weichen. Auch die Fahrten des Ötscherland Express der NÖ Lokalbahnen Betriebsges.m.b.H. (NÖLB-B) des Vereins Österreichische Gesellschaft für Lokalbahn (ÖGLB) bis nach Göstling, welche es für kurze Zeit gab, wurden durch destruktive Maßnahmen seitens der Gemeinde Göstling verunmöglicht.
Details siehe Ybbstalbahn Teil 3 Talstrecke >>>
Teil 4: Die Stichstrecke Gstadt – Ybbsitz
Die Zweigstrecke der Ybbstalbahn von Gstadt bis zum Bf Ybbsitz wurde ebenso wie die Talstrecke durch den Betreiber ÖBB nach den Unwetterschäden vom Frühsommer 2009 nicht wieder in Betrieb genommen und auch das Land Niederösterreich, welche die Ybbstalbahn genauso wie andere Regionalbahnlinien im Dezember 2010 von den ÖBB übernommen hatten, reaktivierten die Strecke nach Ybbsitz nicht mehr. Als finalen Akt entfernte die NÖVOG / Niederösterreich Bahnen im Sommer 2017 Gleise und Bahnsteig im Bf Ybbsitz.
Mit den beiden Endbahnhöfen wurden auf der 5,7 km langen Strecke 6 Stationen bedient.
Details zur Stichstrecke Gstadt – Ybbsitz siehe Ybbstalbahn Teil 4 >>>
Teil 5: Der finale Rest – Citybahn Waidhofen
Stand Dezember 2023 verkehrt die Citybahn Waidhofen nur mehr auf einer Strecke von ca. 3 km und bedient dabei im Stadtgebiet von Waidhofen an der Ybbs folgende Haltestellen:
Waidhofen an der Ybbs Ybbstalbahnhof, Bahnhof, km 0,0; > Übergang zur Rudolfsbahn Amstetten bzw. Kleinreifling
Waidhofen an der Ybbs Kupferschmiedgasse, Haltestelle seit 2020
Waidhofen an der Ybbs Schillerpark, Haltestelle, km 1,586
Waidhofen an der Ybbs Lokalbahn, Haltestelle, km 1,983
Waidhofen an der Ybbs Vogelsang, Haltestelle, km 2,800
Waidhofen an der Ybbs Pestalozzistraße, Endbahnhof der Citybahn seit 12/2020
Die “Waidhofener Stadtbahn” verkehrt im Planverkehr werktags im Halbstundentakt, sonntags im Stundentakt. Die Fahrzeit beträgt 8 Minuten.
Details zur Citybahn Waidhofen siehe Ybbstalbahn Teil 5 Citybahn Waidhofen >>>
Links
DEEF-Reisebericht Gesamtbereisung Erlauftalbahn – Ybbstalbahn (Pöchlarn – Scheibbs – Kienberg-Gaming – Lunz am See – Waidhofen an der Ybbs) 2008 >>>
DEEF-Doku “Die Krumpe” (Lokalbahn Ober-Grafendorf – Mank – Wieselburg – Gresten) >>>
DEEF-Doku Ybbstalbahn Waidhofen/Ybbs – Lunz am See – Kienberg-Gaming – Teil 1 Überblick, Geschichte (diese Seite)
DEEF-Doku Ybbstalbahn – Teil 2 Bergstrecke / Ötscherland Express >>>
DEEF-Doku Ybbstalbahn – Teil 3 Talstrecke Waidhofen – Lunz >>>
DEEF-Doku Ybbstalbahn – Teil 4 Stichstrecke Gstadt – Ybbsitz >>>
DEEF-Doku Ybbstalbahn – Teil 5 Citybahn Waidhofen >>>
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Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum
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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: 11. Dezember 2023; Letzte Ergänzung / page last modified 14.12.2023