Estnisches Bergbaumuseum Kohtla-Nõmme

Estnisches Bergbaumuseum Kohtla-Nõmme

Das Abbaugebiet liegt sehr günstig hinsichtlich des Abtransports, denn die Eisenbahn-Hauptstrecke Tallinn – Narva – St. Petersburg liegt unmittelbar vor der Haustüre. Güterwagen mit Breitspur und Mittelpufferkupplung

Im Anschluss an das General Meeting der Europäischen Journalisten Vereinigung EFJ im Mai 2019 im Estnischen Tallinn (vormals Reval), zu dem ich als Delegierter Österreichs von der Mediensektion der Younion entsandt war, wurde interessierten Kolleginnen und Kollegen ein Bustrip in den Osten Estlands an die russische Grenze angeboten. Nach einer Fahrt mit einem Patrouillienboot auf dem Grenzfluss zu Russland, der Narva und einem Besuch der Geisterfabrik Kreenholm in Narva und der Festungsanlage Narva brachte der Autobus unsere bunt durchmischte Journalistenschar aus aller Herren Länder zum Estnischen Bergbaumuseum in Kohtla-Nõmme.

Kohtla-Nõmme liegt im Nordosten von Estland nahe der Grenzstadt zu Russland, Narva, ist nach der Unabhängigkeit wieder eine eigenständige Gemeinde mit ca. 1.000 Einwohnern. Vorher unter sowjetischer Herrschaft war K-N ein Ortsteil der ca. 10 km enfernten Stadt Kohtla-Järve, mit ca. 35.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt Estlands.

Abgebaut wurde hier von 1937 bis 2001 Ölschiefer, der schon im 19. Jhd. entdeckt wurde und in der Gegend immer noch abgebaut wird – der überwiegende Teil der estnischen Elektrizität wird aktuell durch Verbrennung des Ölschiefer – genauer gesagt von Kukersit, gewonnen. Kukersit, benannt nach dem ehemaligen deutschbaltischen Gut Kukruse (deutsch Kuckers), ist eine marine Gyttja (Unterwasserboden). Für die Gewinnung des Kerogens, einer Vorstufe des Erdöls im Öschiefer, ist man am Entwickeln neuer, umweltschonenderen Methoden. Schieferöl kann auch direkt verbrannt werden (wie in Estland zur Stromgewinnung) und ist als Öl (bspw. Tiroler Steinöl) auch in der Medizin gefragt. Im Vergleich zu modernen Kohlekraftwerken treten durch Verbrennung von Ölschiefern deutlich höhere CO2 Emissionen auf.

Ölschiefer werden sowohl im Tagebau als auch bergmännisch unter Tage gefördert. Im Estnischen Bergbaumuseum sind original Stollen unter Tage zugänglich und mit einer elektrisch über eine Oberleitung betriebenen Stollenbahn befahrbar. Das Museum wurde mit EU-Geldern aufgebaut und hat im oberirdischen Teil moderne Ausstellungs- und Eventbereiche. Im Untergrund fühlt man sich authentisch in die ehem. russische Bergbauzeit zurückversetzt.

Unten Museumsshop und Restaurant, oben Eventfläche und von der Decke ragen noch die ehem. Förderkanäle

Nachfolgend eine kleine Doku vom Besuch, wobei vom Außenbereich und Angelände kaum Fotos gemacht wurden, da es den ganzen Tag wie aus Schaffeln gegossen hat.

Gut 1 km der mit schmalspurigen Schienen (es dürfte sich um ca. 600 mm handeln) ausgestatteten Gänge sind begeh- bzw. befahrbar
Bergmannsjause so wie früher auch mitten im Stollen, russische Soljanka und dazu Hochprozentiges. Die Stimmung war gedämpft, nicht nur wegen der Umgebung sondern weil alle Exkursionsteilnehmer schon vom nasskalten Wetter angefroren waren
ein Grubentelefon
Die Waggons der Grubenbahn (Stollenbahn) haben mich etwas erinnert an jene vom Gasteiner Heilstollen in Böckstein, Salzburger Land
Nichts für Klaustrophobiker hier in den Stollen
Die krokodilartige Grubenlok mit der langen Schnauze, dahinter die Waggon, mit denen wir bis zu dieser Stelle gefahren sind. Der Strom kommt aus einer Oberleitung, die in Griffhöhe herunterhängt. Unser Führer, ein alter Kumpel, der sich etwas Zubrot zu seiner Pension verdient, legte daher erst kurz vor der Rückfahrt wieder den großen Spannungshebel im Stollen um und nach einigen Funken vom Bügel ging es dann wieder weiter mit dem Zug
Dieses Abbaugerät funktioniert auch noch und macht beim Betrieb einen Höllenlärm
Diese Vortriebsmaschine sieht aus wie eine Selbstfahrlafette
48 Millionen Tonnen wurden hier gefördert – so steht es an der Kipplore
Im durchnässten Außengelände stehen u.a. auch noch einige Schienenfahrzeuge (Lokomotiven, Waggons)
Bagger und diverse Fördergeräte sieht man neben dem Museum stehen, dahinter ein Abraumhügel
Während des interessanten Rundgangs – schon wie beim Militär der Stahlhelm so irritierte mich auch hier der Schutzhelm

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Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF

Erstmals Online publiziert: 8. September 2019; Letzte Ergänzung: –