Die Obersalzbergbahn Berchtesgaden (OBB)
Aktuell gibt es ja vielerorts eine Monotonie was die neuen Seilbahnen anlangt – fast nur Einseil-Umlaufbahn und entweder von Doppelmayr aus dem Ländle oder von Leitner aus Südtirol.
Da freut sich das Herz des Seilbahnfreundes aber wenn er die Obersalzbergbahn in Berchtesgaden sieht und erfährt! Eine “außergewöhnliche Seilbahn” wie auch die Internationale Seilbahn-Rundschau ISR ihren Beitrag aus dem Jahr 2020 betitelt.
Die kleinen roten Gondeln für max. 4 Erwachsene plus 1 Kleinkind strahlen den Charme der guten alten Pionierzeit aus und sind original erhalten aus dem Jahr 1949 – übrigens von keinem bekannten Hersteller sondern Marke Eigenbau. Für das Öffnen und Schließen des Scherengitters sind die Fahrgäste noch selbst verantwortlich. In der Mitte der Strecke hat es eine Mittelstation, wo umgestiegen werden muss und zwar in die Gondeln auf der jeweils anderen Seite. Das ist logisch, da es sich um eine Pendelbahn handelt und zwar um eine Gruppen-Pendelbahn, wo jeweils 2 Gondeln zusammen, mit einem Gestänge verbunden, gemeinsam verkehren. Insgesamt sind es also 4 2-er Gondeln, die von 1 gespleißten durchgehenden Zugseil gezogen werden und auf jeweils 1 durchgehenden Tragseil rollen.
Auch für den Bau der Bahn zeichnete keine große bekannte Firma verantwortlich sondern für den Bahnbau war Baumeister Dipl.-Ing. Bickel aus München verantwortlich. In der karge Nachkriegszeit war Improvisieren und Hausverstand gefragt, Tugenden, die man heute – vor allem in der Politik – immer schmerzlicher vermisst. So wurden für den Antrieb auch vorhandene Teile aus Bundesbahn-Beständen verwendet, so hat man bspw. das Treibrad einer Dampflok als Spannseil-Umlenkscheibe des Tragseils in der Bergstation verwendet.
1995-1997 wurde die Obersalzbergbahn generalsaniert, dafür zeichnete das bekannte Südtiroler Unternehmen Hölzl (heute Doppelmayr) verantwortlich. Da es in den Folgejahren öfter Probleme mit der verkürzten Standzeit des Förderseils und mit dem Spezialgetriebe gab, erfolgte 2020/21 eine Nachbesserung durch die Spezialfirma Enrope. Dabei wurde auch der 33 kW Siemens Nebenschlussmotor durch zwei weniger verschleißanfälligen 22 kW Drehstrommotoren ersetzt.
Kennzahlen Obersalzbergbahn Berchtesgaden
Name der Bahn: Obersalzbergbahn
Betreiber: Obersalzbergbahn GmbH (Privatgesellschaft)
Verbund: Kombitickets mit Sommerrodelbahn und Jennerbahn
Bauart: Gruppenpendelbahn (4-MGFJ)
Hersteller: Mechanik Voggenreiter
Baujahr/Eröffnung: 1949 / 1950
Höhe Talstation: 530 m
Ort Talstation: Markt Berchtesgaden B 305 / B 319
Höhe Mittelstation: 770 m
Höhe Bergstation: 1.020 m
Höhendifferenz: 490 m
Streckenlänge (schräge Länge): 1.530 m
Maximale Neigung: xx,xx %
Mittlere Neigung: xx,xx %
Anzahl der Stützen: 9
Durchmesser Tragseil: 25 mm ()
Durchmesser Zugseil: 16 mm
Antrieb/Traktion: Elektrisch /
Antriebsleistung (Betrieb): 33,3 kW
Steuerung: Escher
Antriebsstation: Talstation
Notantrieb: 4 kW, elektrisch
Betriebsmittelhersteller / Modell: Eigenbau; Klemmentyp Federspeicherklemmen
Anzahl Betriebsmittel: 4 x 2 Gondeln
Kapazität je Betriebsmittel: 4 Erwachsene + 1 Kleinkind (oder 3 Erwachsene + 2 Kinder)
Max. Fahrgeschwindigkeit Strecke: 2,70 m/sek
Max. Förderleistung pro Stunde: 80 Personen
Fahrzeit in Minuten: 12 Minuten
Besonderheiten: Umstieg in der Mittelstation, die fernüberwacht ist; zahlreiche Komponenten, die nicht “von der Stange” sind sondern Einzelanfertigungen: manuell zu öffnende/schließende Einstiege
Touristische Bedeutung
Die Obersalzbergbahn ist für die Tourismusdestination Berchtesgaden eine wichtige Komponente. Zum einen ist sie selbst eine Tourismusattraktion ersten Ranges und zum anderen erfüllt sie eine wichtige Zubringerfunktion vom Tal hinauf auf den Obersalzberg mit seinen zahlreichen Wandermöglichkeiten und Attraktionen. Darunter fallen die Bus-Fahrt auf das Kehlsteinhaus (Hitlers “Egles Nest”), die Dokumentation Obersalzberg mit den Bunkeranlagen aus der NS-Zeit (beide fußläufig ca. 20-30 Minuten), Bunkeranlagen im GH “Zum Türken” (ca. 30 Minuten), die Sommerrodelbahn beim Gasthaus Hochlenzer (ca. 5 Minuten), Gasthaus/Cafe Graflhöhe / Windbeutelbaron (ca. 20 Minuten auf dem Carl von Lindeweg). Neben der Bergstation (1 Minute) lockt zum Einkehrschwung das GH Sonneck.
Etwas weiter ist es auf dem Carl von Lindeweg zur Scharitzkehlalm und dem Alpengasthof Vorderbrand und der Mittelstation der Jennerbahn, aber da kann man ja den RVO-Autobus ab der Haltestelle beim GH Sonneck nehmen. Von der Mittelstation der Jennerbahn kann man hinunter nach Königssee fahren und von dort stündlich mit dem RVO-Bus zurück nach Berchtesgaden.
Als “nobler Einkehrschwung” (bspw. zur Kaffee- oder Teezeit) bietet sich das ***** Hotel Kempinski an (unweit der Dokumentation und Abfahrt zum Kehlsteinhaus auf dem sogenannten “Göring-Hügel”).
Im Winter hat es eine tolle 3,5 km lange Naturrodelbahn sowie einige Schlepplifte unterhalb vom Hotel Kempinski.
Anreise mit Öffis
Die Anreise (von Salzburg) zur Obersalzbergbahn kann entweder per Schiene oder Straße erfolgen. Schiene: Mit der S-Bahn über Freilassing und Bad Reichenhall nach Berchtesgaden Hbf (S3 + S4, Stundentakt). Von dort ca. 5-10 Minuten zur Talstation der Obersalzbergbahn.
Mit dem Autobus “Watzmann-Express” von Salzburg über Anif-Grödig und Marktschellenberg (Trasse der alten grünen Elektrischen) nach Berchtesgaden, Ausstieg entweder Watzmann Therme oder Schießstättbrücke (2 Minuten Gehzeit).
Impressionen
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Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum.
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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: 30. Juli 2022; Letzte Ergänzung / page last modified: 4.8.2022