Kommt nun wirklich eine echte Österreichcard??
Versuche gab es viele, die ehem. rote Verkehrsministerin Bures heftete sie an ihre Agenda genauso wie der letzte Verkehrsminister, der blaue Hofer – eine wirkliche Österreichcard, also eine Netzkarte für alle Öffis in der Alpenrepublik.
Aber gibt es nicht schon längst so eine Karte?
Ja, dem Namen nach, aber die Karte gilt nur bei der Staatsbahn ÖBB und einigen Privatbahnen, aber nicht bspw. beim ÖBB-eigenen Postbus, bei den Öffis in den diversen Verkehrsverbünden, also Bus, Obus oder Tram in den Agglomerationen, schon gar nicht bei Bergbahnen oder Schiffen. Und natürlich nicht – da von den ÖBB herausgegeben – beim “bösen” Konkurrenten Westbahn.
Ich habe seit Jahren eine Österreichcard 1. Klasse (Classic), sie wurde vom jetzigen ÖBB-Management innert der letzten 6 Jahre um über 30!!! Prozent verteuert, doch deutlich oberhalb der immer genannten Inflationsrate und ohne Verbesserung des Angebots und der Qualität. Eher haben diese abgenommen und im Vergleich zur Schweiz oder Deutschland gibt es in Österreich keinerlei 1. Klasse im Regional- und Nahverkehr. Ein großes Manko, wobei das gab es eigentlich schon mal, in den 1970er Jahren führten Eilzüge eine 1. Klasse mit. Sollte in einem Tourismusland wie Österreich eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein!
Was unterscheidet die Österreichcard vom Schweizer Generalabo?
Das Schweizer Generalabo gilt nicht nur bei der Schweizer Staatsbahn SBB sondern – von einzelnen Bergbahnen abgesehen – bei fast allen “Privatbahnen”. Und es gilt auf bei den Öffis in den Städten und in den Regionen (Postauto) sowie auch auf Schiffen der Binnenseen (Zürichsee, Genfersee etc.) . Bei Bergbahnen gibt es – so nicht gratis – Ermäßigungen.
Die Österreichcard der ÖBB gilt – wie bereits angedeutet – nur in Zügen der ÖBB sowie einiger Privatbahnen. Natürlich (aus Sicht der ÖBB) nicht beim Konkurrenten Westbahn (obwohl die oft bessere Anschlüsse zu den ÖBB-Nebenstrecken haben), nicht beim konzerneigenen Postbus und vor allem nicht in bei Bus, Obus und Tram in den diversen Agglomerationen. Von Bergbahnen und Schiffen sowieso keine Rede!
Kommt jetzt die 1-2-3 Karte?
Die neue ab Anfang 2020 regierende Koalition aus Türkisen (Schwarzen) und Grünen tritt nun seit kurzem mit einem so genannten 1-2-3 Ticket in die Öffentlichkeit, angeblich wurden schon Arbeitsgruppen dafür eingerichtet. 1-2-3 hat nichts mit dem beliebten Kinderquiz von Michael Schanze zu tun sondern meint eine Netzkarte für alle Öffis in Österreich und zwar 1: für 1 Euro pro Tag je Bundesland, 2 für 2 Euro/Tag für 2 Bundesländer und 3 für 3 Euro pro Tag für ganz Österreich. Na, das ist aber mal eine Ansage!
Prinzipiell ist es zu begrüßen, dass man endlich mit Jahrzehnten Verspätung auch in der verkehrspolitischen Bananenrepublik Österreich ein Netzkarte für alle Öffis auf den Markt bringen möchte. Um diese ganzen Verbünde (warum braucht so ein Mini-Staat wie Österreich eigentlich 7 Verkehrsverbünde???) unter einen Hut zu bringen, wird es wohl einige Anstrengungen bedürfen. Detto was den Platzhirschen ÖBB und seine oft abgehoben agierenden Manager betrifft.
In manchen Verbünden hat man ja schon erkannt, dass man neben einem guten Angebot an Verbindungen auch ein gutes Angebot an Tickets benötigt, um neue Fahrgäste für die Öffis zu gewinnen. Auch in meinem Heimatbundesland Salzburg hat der neue Verkehrslandesrat Mag. Stefan Schnöll endlich Bewegung – frischen Wind – in den Öffentlichen Verkehr gebracht und ab 1.1. 2020 wurden deutlich günstigere Netzkarten für einzelne Bezirke bzw. das gesamte Bundesland Salzburg aufgelegt.
Bei diesen Jahresnetzkarten (“my regio tickets”) wurde endlich die Kernzone vergrößert, dh. die Anrainergemeinden der Stadt Salzburg wurden tarifmäßig in die Kernzone aufgenommen. Die Kosten für die Stadt Salzburg inkl. der Anrainergemeinden oder für einen anderen Bezirk beträgt pro Jahr 365 Euro, für 2 Bezirke 495 Euro und das ganze BL 595 Euro! Das ist nicht geschenkt aber es sind faire Preise!
Ich habe mir vorerst mal 2 Zonen genommen, Sbg. Stadt sowie den Flachgau. Schließlich habe ich in den 1980er Jahren das gesamte Seengebiet im Alpenvorland für die Salzburger Landesregierung kartiert und ich möchte dort mal wieder hinfahren und das ohne Automobil! Und auch der Gaisbergbus ist inkludiert und sogar nach Bad Ischl kann man fahren, gut so!
Österreichcard und 1-2-3 Ticket
Kommt nun dieses 1-2-3 – Ticket mit seinen “Kampfpreisen”, so stellt sich natürlich die Frage, wer dann noch eine Österreichcard oder die eben eingeführten Netzkarten in Salzburg (“myRegio”) kaufen wird, sind die doch deutlich teurer, die ÖBB-Österreichcard sogar exorbitant teurer aufgrund der saftigen Erhöhungen in den letzten Jahren. Hat man seitens der ÖBB in weiser Voraussicht, dass so ein 1-2-3 – Ticket kommen wird, deswegen die Preise so stark erhöht um eine bessere Verhandlungsbasis zu haben??
Natürlich sollte es bei diesem 1-2-3 – Ticket auch die Möglichkeit geben, ein Upgrade bspw. für die 1. Klasse der ÖBB machen zu können. Nur wenn die Karte für alle Öffis in Österreich pro Jahr 3 x 365.- Euro beträgt, das sind 1.095.- Euro, dann wird sich wohl niemand einen Zuschlag für die ÖBB 1. Klasse lösen, der doppelt so hoch ist.
Ich hätte es durchaus als fairen Preis gefunden, wenn man die bestehende Österreichcard 1. Klasse um 500.- Euro pro Jahr teurer machen würde und dann alle Öffis inkludiert sind. Kosten diese aber dann inkl. ÖBB und Westbahn 2. Klasse nur 1.095 Euro, so wird kaum jemand einen Zuschlag von 2.000 Euro zahlen, um die 1. Klasse nutzen zu können.
Jedenfalls kann man gespannt sein wie das ausgeht, hängt wohl auch davon ab, wie lange diese Regierung Bestand haben wird. Prinzipiell ist man auf dem richtigen Weg, 1.095 Euro finde ich aber doch etwas gar zu billig! 2000.- Euro dürfte man dafür schon verlangen. Sollte dann ein gewaltiger Boom bei den Fahrgästen einsetzen, ich kann mir nicht vorstellen, wer die transportieren soll, denn die ÖBB pfeifen aus dem letzten Loch was die Kapazitäten angeht und Triebwägen oder Waggon gibts nicht im Cash and Carry-Markt.
Alle Fotos / Videos copyright DEEF/Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum
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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: 29. Jänner 2020; Letzte Ergänzung: