Die Salzkammergutbahn von Stainach-Irdning nach Attnang-Puchheim
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Teil 3: Durchs Koppental vom steirischen Bad Aussee ins oberösterreichische Obertraun
Bad Aussee, Hauptort des Ausseer Landes im Steirischen Salzkammergut, wird gerne als die Mitte Österreichs bezeichnet. Oder auch als Hauptstadt des 10. Österreichischen Bundeslandes, des Salzkammergutes.
Bedeutung erlangte Bad Aussee durch den hier seit Jahrhunderten betriebenen Salzbergbau, der auch heute noch am Steinberg in der Gemeinde Altaussee untertags praktiziert wird.
Die dazugehörige Saline, also der Ort, wo die Sole, das flüssige Salz, in Sudpfannen versotten und somit das Salz gewonnen wird, die lag zuletzt in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs von Bad Aussee, wurde aber 1982 geschlossen.
Auch die Salinen angelehnt an die anderen Salzabbaustätten in Hallstatt und Bad Ischl wurden geschlossen und so wird heute die Sole durch Leitungen von Bad Aussee via Blaa-Alm und Rettenbachtal in die einzige noch verbliebene Zentralsaline nach Ebensee gepumpt.
Die Sole von Hallstatt wird über die älteste Pipeline der Welt, die Soleleitung (heute auch ein beliebter Wanderweg) über Goisern und Ischl nach Ebensee gepumpt.
Bad Aussee hat 4.862 Einwohner (2019) und wurde 1994 zur Stadt erhoben, nachdem man schon 1911 den Namenszusatz “Bad” verlieben bekommen hat. Als “Kammergut” war Aussee mit weiteren Teilen des heute so bezeichneten Salzkammergutes bereits seit dem 13. Jhd. direktes Eigentum des Kaisers und erst im 15. Jhd. im Gefolge eines Streits um den Salzabbau kam das Ausseerland zur Steiermark. Nach dem Anschluss an das Großdeutsche Reich kam das Ausserland wieder zu Oberösterreich – oder wie es damals hieß “Reichsgau Oberdonau” – und 1948 zurück an das Bundesland Steiermark.
Heute lebt Bad Aussee vor allem vom Tourismus, wobei der Sommer mit den zahlreichen Wandermöglichkeiten sowie den Seen Altausseer See und Grundlsee, letzterer auch als Steirisches Meer bezeichnet, überwiegt.
Marginal sind auch Kultur-, Kur- und Kongresstourismus ausgeprägt.
Trachten und Brauchtum sind in Aussee zu Hause, diverse Trachtenmodengeschäfte verlocken so manchen Urlaubsgast aus der fernen Hauptstadt Wien, sich mit Ausseer Tracht auszustatten, was dann beim abendlichen Bummel oder gar beim Altausseer Kirtag im September eher belustigend denn authentisch wirkt.
Der Fasching wird im Ausseerland groß geschrieben und so kann es durchaus sein, dass in der “5. Jahreszeit” manche Geschäfte von Donnerstag (“unsinniger oder schmutziger Donnerstag”) bis Faschingsdienstag geschlossen halten, damit auch die Angestellten ordentlich abfeiern können. Den Umzug der “Flinserl” und der “Trommelweiber” muss man einfach einmal gesehen haben.
Im Sommer ist das auch über die Grenzen hinaus bekannte “Narzissenfest” ein Highlight, das Jahr für Jahr tausende Besucher anlockt.
Um vom steirischen Bad Aussee ins oberösterreichische Salzkammergut zu gelangen, gibt es straßenmäßig zwei Möglichkeiten und immer verbunden mit der Überwindung eines Passes: Die Hauptverkehrsader ist die Salzkammergut Bundesstraße über Lupitsch und den Pötschenpaß nach Bad Goisern.
Die zweite Route führt direkt beim Bahnhof von Bad Aussee hinauf auf den Koppenpaß und hinüber ins oberösterreichische Obertraun. Diese zweite Verbindung ist deutlich “anspruchsvoller” zu fahren als Route 1 und kann bei entsprechender Witterung sehr anspruchsvoll sein. Im Winter ist der Koppenpass oftmals auch wochenlang wegen Lawinengefahr gesperrt.
Der Bahnhof von Bad Aussee (km 29,8; 641 m)
Der Bf liegt etwas außerhalb des Ortszentrums, zu Fuß ca. 20 Minuten, angebunden mit dem ÖBB Postbus (leider nicht einmal Ermäßigung mit der Österreichcard der ÖBB). Da es in Österreich ja keinen integrierten Taktfahrplan gibt und es Wartezeit beim Umstieg vom Bus auf Zug und umgekehrt gibt, nutzen viele Fahrgäste Taxis.
Der Bahnhof hatte bis vor ein paar Jahren ein Bahnhofsbuffet sowie die bestgehendste Trafik von Aussee – beides von der ÖBB Immobilien GmbH geschlossen. Auch der Fahrkartenschalter ist dichtgemacht und die Mieter in den beiden Wohnungen im Obergeschoss gekündigt. O-Ton Fahrdienstleiter: “Wenn sie uns auch noch einsparen und das wird in ein paar Jahren passieren, dann verkommt der Bahnhof und Vandalismus wird Tür und Tor geöffnet”. Dazu nur ein Stichwort von mir: “Bahnhöfe als Dienstleistungszentren für die Fahrgäste und Gemeinde”!
Das Koppental wird von der “Koppen-Traun”, die aus dem Zusammenfluss der dem Leser schon bekannten Kainisch-Traun mit der “Vereinigten Traun”, die durch Zusammenfluss im Stadtzentrum von Bad Aussee von Altausseer-Traun und Grundlsee-Traun entstanden war, durchflossen. Eingezwängt wird das Tal durch das Sarstein-Massiv im Norden und den Ausseer Zinken im Süden. Beliebt aber auch gefürchtet bei hohem Wasserdurchfluss ist die Koppen-Traun bei Raftern und Wildwasserkanuten.
Ebenso gefürchtet ist das Koppental bei den Eisenbahnern ob der allgegenwärtigen Lawinenbedrohung von den steilen Abstürzen des Sarsteins. Die “Sarsteinlawine” hat schon mehr als einmal im Winter zu mehrwöchigem Streckenunterbruch geführt. Schon bald nach der Eröffnung der Strecke kämpfte man mit Lawinenabgängen und beim großen Hochwasser 1897 wurden die Schienen im Bereich des Koppensteigs und dem Mühlwerksteintunnel samt dem ganzen Trassee zerstört und weggeschwemmt. Der Wiederaufbau erfolgte daher nicht mehr in gleicher, flussnaher Lage sondern gut 10 Meter höher, dort, wo auch heute die Züge den Koppen passieren.
Auf dem alten Trassee verläuft heute der beliebte Koppenwanderweg zwischen Obertraun und Bad Aussee, wo man auch durch den alten, außer Nutzung gefallenen Mühlwerksteintunnel, auch Koppentunnel, durchwandern kann.
In der Mitte des Wanderwegs – man muss mit ca. 2,5 Stunden Wanderzeit rechnen – ist eine Labungsstelle eingerichtet und auch auf Ausseer Seite (Mostschenken) und in Obertraun (Gasthaus Koppenrast) kann man Hunger und Durst stillen.
Zahlreiche “Lawinenposten” zeugen vom Kampf der Eisenbahner gegen die Lawinengefahr und für die Sicherheit der Fahrgäste.
Auch heute noch, so wurde mir zumindest gesagt, werden bei Gefahr im Verzug manche Posten noch mit Personal besetzt.
Die Koppentraun wird vom Zug mehrmals gequert, nach der letzten Querung nach dem Lawinenposten Nummer 7 verschwindet der Zug im 201 m langen Sarstein-Tunnel.
Danach sind es nur wenige hundert Meter zur ersten Haltestelle im Oberösterreichischen Salzkammergut, nämlich Obertraun-Koppenbrüllerhöhle (km 37,7; 527 m), welche allerdings nur im Sommerhalbjahr bedient wird.
Namensgebend für die Haltestelle ist die Koppenbrüllerhöhle, ein Naturspektakel gut 10 Minuten zu Fuß entfernt am anderen Ufer der Traun flussaufwärts. Diese im Rahmen von Führungen zu begehende Schauhöhle im Dachsteinkalk bekam ihren Namen vom “Brüllen” der Höhlenbäche, wenn diese nach starken Regenfällen anschwellen.
Gleich am anderen Ufer von der Haltestelle der ÖBB lohnt sich eine Einkehr im Gasthof Koppenrast, die etwas gehobene Küche zu etwas gehobenen Preisen im rustikalen Ambiente anbieten. Das Angebot nutzen zahlreiche Wanderer sowie Rafter und Schlauchbootfahrer, die nach Passieren der Koppenschlucht hier an Land gehen. Und natürlich die Motortouristen, die nach Bewältigung der Landesstraße über den Koppenpaß mit dem steilen Abstieg nach Obertraun hier einkehren. Leider zeigt ein Blick auf die Öffnungszeiten, dass man sich nach einem neuen Klientel ausgerichtet hat, da nur mehr mittags und abends kurzzeitig geöffnet ist aber nicht mehr vormittags und nachmittags.
Von der Koppenrast ist es nicht mehr weit zu einem landschaftlichen Juwel, dem Koppenwinkel mit seiner Lacke (See) und den Almhütten, wo dann und wann bei Musik und Tanz gefeiert und geschmaust wird.
Im Sommer ein Wandergebiet, im Winter ein Langlaufparadies, wobei eine gespurte Loipe von Obertraun (Einstieg gegenüber Bahnhof Obertraun Dachsteinhöhlen) bis ins Koppenwinkel führt und man dann tw. neben der Bahntrasse wieder zurück nach Obertraun gelangt.
Kirchturmdenken in der Verkehrspolitik am Beispiel Obertraun:
Vor gar nicht allzu langer Zeit verkehrten REX und R im Stundentakt zwischen Attnang-Puchheim und Stainach-Irdning. Dann wurde der Nahverkehr (wie immer der zu definieren ist) Ländersache, er wurde “regionalisiert” und das ist ja grundsätzlich keine schlechte Sache. Dass allerdings dann in Folge jeder zweite Zug in Obertraun kehrt machte und die Steirer überhaupt nur mehr im Zweistundentakt von Stainach nach Aussee fuhren, das kann man doch als echte Chuzpe bezeichnen. Denn auch in dieser Zeit wurde um viele Millionen der Koppenweg ausgebaut und Wanderer von Aussee kommend standen plötzlich an der Haltestelle Obertraun Koppenbrüllerhöhle und konnten aber nicht direkt nach Aussee zurückfahren, denn die 2-stündlichen REX fuhren in der Station durch. Man musste daher den nur alle 2 Stunden verkehrenden R in die Gegenrichtung zum Bf Obertraun-Dachsteinhöhlen nehmen, dort mindestens eine halbe Stunde warten und dann den REX Richtung Bad Aussee zu nehmen. Dieser Schwachsinn dauerte einige Jahre bis man schließlich zur Einsicht gelangte, den REX in Obertraun Koppenbrüllerhöhle halten zu lassen und dafür den R in Obertraun Dachsteinhöhlen wenden zu lassen.
Besser wäre es natürlich, einen Stundentakt mit Halt in Obertraun Koppenbrüllerhöhle zumindest von/bis Bad Aussee zu führen – ich gebe die Hoffnung nicht auf auf, dass selbst im trägen Österreich das einmal (wieder) kommen wird. Man hört ja so diffus, dass ab 2025 ein Stundentakt in Planung sei, aber das kommt natürlich 20 Jahre zu spät wie immer bei der trägen Staatsbahn, deren Motto ja – ich kann es nicht oft genug sagen – “verwalten statt gestalten” lautet. Übrigens erfolgte im Rahmen der “Regionalisierung” bzw. “Verländerung” und dem damit verbundenen Wenden in Obertraun der Abschied von den jahrzehntelang bewährten Schlierenwagen und die Einführung der Cityshuttle-Waggons (ehem. “Lange Schlieren”) mit Steuerwagen.
Von der ersten Haltestelle in Obertraun bis zum Bahnhof Obertraun-Dachsteinhöhlen sind es nur wenige Minuten Fahrzeit und nach der Enge des Koppentals wirkt die Weite des Obertrauner Beckens richtig angenehm. Wir befinden uns im Bundesland Oberösterreich (Hauptstadt Linz), Politischer Bezirk Gmunden, Gerichtsbezirk Bad Ischl, Region Inneres Salzkammergut, seit 1997 UNESCO-Welterbestätte “Kulturlandschaft Hallstatt–Dachstein / Salzkammergut”.
Der Bahnhof Obertraun-Dachsteinhöhlen (km 40,9; 514 m):
Die Gemeinde Obertraun, bis 1920 ein Ortsteil der Gemeinde Hallstatt, hat 735 Einwohner (2019) und lebt hauptsächlich vom Fremdenverkehr. Dazu hat es im Sommer den Hallstätter See, zahlreiche Wanderwege in der Ebene sowie Möglichkeiten für Bergtouren auf den Dachstein sowie den Sarstein. Auch der Salzberg mit Schaubergwerk in Hallstatt ist nicht weit, Ausflüge nach Bad Ischl, Gmunden und auch Bad Aussee können alle mit der Eisenbahn erfolgen. Nach Hallstatt kann im Sommer das Schiff genommen werden.
Das Dachsteinmassiv ist von Obertraun aus mit einer Seilbahn erschlossen, einer Pendelbahn mit 3 Sektionen, errichtet ab 1951, wobei die beiden ersten Sektionen 2007 erneuert wurden. Zusätzlich verlief eine zwischenzeitlich abgebaute Gruppenpendelbahn des Österreichischen Bundesheeres in 2 Sektionen zum ehem. TÜPL Oberfeld, die nach Maßgabe auch von Privaten genutzt werden konnte.
Mit der Seilbahn können die touristischen Highlights von Obertraun erreicht werden, nämlich die Dachstein-Rieseneishöhle und die Dachstein-Mammuthöhle (Sektion 1 der Seilbahn) und dann der Krippenstein, wo man im Sommer wandern kann und im Winter der Start des Skigebiets Freesports Arena (“Freeriding”) ist.
- Teil 1 Überblick >>>
- Teil 2 Durchs Steirische Salzkammergut von Stainach-Irdning nach Bad Aussee >>>
- Teil 3 Durchs Koppental im Steir./OÖ-Grenzland von Bad Aussee nach Obertraun (dieser Beitrag)
- Teil 4 Durchs Innere Salzkammergut von Obertraun bis Ebensee (in Arbeit)
- Teil 5 Durchs Äußere Salzkammergut von Ebensee über Gmunden nach Attnang-Puchheim (in Arbeit)
Alle Fotos copyright DEEF/Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum
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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: 1. Dezember 2019; Letzte Ergänzung: –