Die Laaer Ostbahn von Wien über Wolkersdorf und Mistelbach nach Laa/Thaya

Allgemeines & Geschichte
Die Bahnstrecke von Wien ins Nördliche Waldviertel nach Laa/Thaya ist historisch betrachtet das Überbleibsel einer einst in der k.k. Zeit errichteten Eisenbahn-Magistrale von der Residenzstadt Wien in die nördlichen Kronländer.
Konzipiert und errichtet wurde die Strecke von der k. k. privilegierten österreichisch-ungarischen Staatseisenbahn-Gesellschaft (StEG), die Strecke führte bis 1945 von Laa weiter über Brünn und Prag nach Bodenbach (heute Decin, dt. Tetschen). Die Gesamtstrecke wurde am 24. November 1870 eröffnet. 1909 wurde die StEG verstaatlicht (kkStB), heute ist die ÖBB Betreiber auf dem hier beschriebenen Abschnitt bis Laa an der Thaya.
Im Gefolge des 2. Weltkriegs und der Errichtung des Eisernen Vorhangs wurde die Strecke von Laa/Thaya weiter ins Tschechische über den Thayafluß nach Höflein (heute Hevlin) unterbrochen, die Gleise auf österr. Gebiet wurden entfernt, von der Trasse gibt es kaum Relikte im Gelände zu sehen. Auch die Thayabrücke ist zerstört. Trotz offenkundiger Wünsche aus der Region nach einer Wiederinbetriebnahme der Strecke über die Grenze dauert die bedauerliche Streckenunterbrechung auch Jahrzehnte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs immer noch an, ein Autobus eines Tschechischen Unternehmers fährt nahezu im Stundentakt über die Grenze, oftmals direkt nach Brünn durchgebunden.
Einige Kennzahlen der Laaer Ostbahn
Streckenlänge Wien Hbf – Streckenende nach Laa/Thaya: 83,6 km (Gesamtstrecke Wien Hbf – Brünn Hbf 155,8 km)
Normalspur, zweigleisig bis Wolkersdorf, eingleisig Wolkersdorf – Laa/Thaya. Der Unterbau wurde von Beginn an auf der Gesamtstrecke für 2-gleisigen Betrieb errichtet. Der zweigleisige Ausbau von Gerasdorf bis Wolkersdorf erfolgte 2005. Ausbau 2. Gleis Mistelbach-Mistelbach Stadt in Planung (2025)
Traktion: Elektrifiziert mit 15 kV 16,7 Hz Wechselstrom. Der Abschnitt Mistelbach – Laa an der Thaya wurde erst 2006 elektrifiziert
Maximale Neigung: 13 Promille
Kleinster Radius: 262 m
Höchstgeschwindigkeit: 140 km/h (im Zweigleisigen Abschnitt)
Streckensicherung: ETCS Level 2 bis Gerasdorf; Einbindung in die BFZ Wien in Planung
Die Stationen der Laaer Ostbahn

Anm.: Der tatsächliche Betrieb durch die Wiener S-Bahn erfolgt über die “Wiener Stammstrecke” Wien Hbf-Wien Mitte-Wien Praterstern-Wien Floridsdorf
Wien Hbf, Bahnhof, km 0,0 (früher ab Wien Ostbahnhof)
Simmering Hauptwerkstätte, ehem. Haltestelle bis 1900, km 2,7
Wien Simmering, Haltestelle, km 3,4

Wien Haidestraße, Haltestelle, km 5,0
Wien Praterkai, Haltestelle, km 7,5


Wien Lobau, ehem. Haltestelle bis 2014, km 8,6
Wien Stadlau, Haltestelle, km 10,6
Wien Erzherzog-Karl-Straße, Haltestelle, km 11,3 (> Marchegger Ostbahn)

Wien Breitenleer Straße, vormals Kagran ÖBB, ehem. Haltestelle bis 2010, km 13,9
Breitenlee, ehem. Haltestelle bis 1921, km 14,9

Gerasdorf, Bahnhof, km 18,7

Wie so oft in Österreich – der neue Mittelbahnsteig mit kalten Nirostasitzen, Glaskäfig und Aufzug, daneben für die Bahnkunden aber nicht mehr nutzbar das alte prächtige Aufnahmsgebäude von Gerasdorf.

Kapellerfeld, Haltestelle, km 21,3

Seyring, Haltestelle, km 23,0


Obersdorf, Haltestelle, km 26,7 (>Stammersdorfer Lokalbahn nach Groß Schweinbarth)



Wolkersdorf, Bahnhof, km 28,6 (Ende der 2-gleisigen Strecke)

Ulrichskirchen, Haltestelle, km 31,9


Schleinbach, Bahnhof, km 34,1


Hautzendorf, Haltestelle, km 37,9

Niederkreuzstetten, Haltestelle, km 41,5

Neubau-Kreuzstetten, Bahnhof, km 44,5

Im Bahnhof Neubau-Kreuzstetten steht noch ein gediegenes Aufnahmegebäude, eingesäumt von stattlichen Bäumen.

Ladendorf, Bahnhof, km 50,1

Paasdorf, Haltestelle, km 52,4


Mistelbach, Bahnhof, km 55,6; 210 m.ü.d.M. (> ehem. Lokalbahn nach Gänserndorf, ehem. Lokalbahn nach Hohenau über Mistelbach Lokalbahnhof, ehem. Lokalbahn nach Korneuburg, aktuell Zayataler Schienentaxi)

Der Bahnhof Mistelbach ist Endpunkt der S-Bahn Linie 2. Das mächtige Aufnahmsgebäude ist einer Bezirkshauptstadt würdig, einzig ein Kiosk oder Buffet fehlt.



Mistelbach Stadt, Haltestelle, km 56,2
Von der Haltestelle Mistelbach ist es näher ins Zentrum als vom Bahnhof aus. Daher ist geplant, die wenigen hundert Meter vom Bahnhof Mistelbach bis zur Haltestelle doppelgleisig auszubauen und die S2 bis zur Haltestelle zu führen (Planungsstand 2025).

Siebenhirten NÖ, Haltestelle, km 61,9

Hörersdorf, Haltestelle, km 63,4

Frättingsdorf, Bahnhof, km 66,5
Auch etwas ins Abseits des neuen Mittelbahnsteigs gerutscht, das herrliche Aufnahmsgebäude in Frättingsdorf.


Enzersdorf bei Staatz, Bahnhof, km 70,9; 238 m (ehem. Lokalbahn nach Poysdorf)
Das untere Foto zeigt deutlich im Vergleich, welchen Komfort man früher den zahlenden Fahrgästen angeboten hat, nämlich ein stattliches Gebäude mit beheiztem Wartraum, WC, sogar einen kleinen Laubengang mit Sitzmöglichkeiten gab es, vielleicht sogar irgendwann mal ein Buffet. Und natürlich einen Fahrdienstleiter sowie einen Schalter für Fahrkarten, kurzum jemanden, der im Fall der Fälle vor Ort war. Das heutige Angebot nimmt sich da schon deutlich bescheidener aus, nämlich ein Glaskäfig mit einigen kalten Nirostasitzen und einen Automat für die Fahrkarten.


Staatz, Haltestelle, km 74,9; 218 m

Kottingneusiedl, Haltestelle, km 77,0

Laa an der Thaya, Bahnhof, km 82,5; 184 m (> Pulkautalbahn nach Zellerndorf bzw. abgetragen nach Novosedly (dt. Neusiedl Dürnholz) an der Regionalbahnstrecke von Breclav (Lundenburg) nach Znaim; Die Gleise der Laaer Ostbahn Richtung Höflein (Hevlin) wurden nach 1945 restlos abgetragen

In Laa/Thaya gibt es seit ein paar Jahren einen neuen Mittelbahnsteig und – im Hintergrund sichtbar – eine neue Brücke über die Bahnanlagen mit jeweils einem Lift. Im alten Aufnahmsgebäude können nach wie vor WC sowie Warteraum genutzt werden. Gleich vor dem Aufnahmsgebäude fungiert das Hubertusstüberl als inoffizielles Bahnhofsrestaurant. Die linke Cityjet-Garnitur ist eben als S7 vom Wiener Flughafen angekommen, das Gleis ist also frei für den Retourzug nach Wien auf Gleis 2 (21.8.2018).






Video-Clip Abfahrt Laa/Thaya
Der Lückenschluss nach Tschechien
Im Jahre 1989 fiel der Eiserne Vorhang und auch zwischen Österreich und Tschechien normalisierte sich dann das Leben an der Grenze langsam wieder, man konnte wieder hinüber und herüber fahren und nach dem Beitritt Tschechiens zur EU am 1. Mai 2004 sind auch die Grenzkontrollen weitestgehend Geschichte. Das Gebiet um Laa/Thaya rückte aus einer Randlage plötzlich in die Mitte, ein Aufschwung schien somit nur eine Frage der Zeit zu sein. Allerdings: Eisenbahntechnisch ist man in Laa/Thaya noch nicht im 21. Jhd. angekommen, wie das Foto zeigt, ist bei Eisenbahnkilometer 83,6 immer noch Schluß und nach dem Prellbock sieht man noch ein paar Meter überwachsene Schienen, nach der Straßenquerung wurden die Schienen radikal entfernt, den Verlauf des Bahndamms kann man nur in der Natur anhand der Baum- und Gebüschreihen nachvollziehen.
Man muss sich wirklich wundern, warum man hier Jahrzehnte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs den Lückenschluss mit Tschechien – es geht um nicht einmal 2 km Schienen! – immer noch nicht vollzogen hat?!? Die Eisenbahn wird als umweltfreundliches Verkehrsmittel gelobt, Politiker in Österreich wie in Brüssel reden seit langem davon, dass Personen wie Güter auf die Schiene zu verlagern sind, dass man ein Europa der Regionen fördern möchte, man die Nachbarn kennenlernen sollte und dann sowas wie in Laa/Thaya. Dort hat man übrigens im Jahr 2002 eine Therme errichtet und diese 2015 großzügig erweitert. Da sollte man doch auch an die Gäste jenseits der Grenze denken, dort ist ja kein unbesiedelter Raum sondern man könnte das Einzugsgebiet für die Therme Laa deutlich erhöhen wenn man eine funktionierende Eisenbahnstrecke hätte, wie gesagt, es fehlen knapp 2 km Schienen und eine kleine Brücke über die Thaya. Geht es um Autostraßen oder gar Autobahnen (es geistern ja gerade Pläne von einer Waldviertelautobahn durch die Medien), dann scheint man in Niederösterreich flott zu sein, bei Eisenbahnen ist man in NÖ eher flott im Demolieren anstatt zu sanieren. Die Köpfe der Politik scheinen da ebenfalls noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen zu sein.
Anschließend ein paar Fotos vom Streckenverlauf auf österreichischem Gebiet, die Situation in Höflein werde ich bei meiner nächsten Exkursion dokumentieren und dazu mit dem Bus über die Grenze nach Höflein (Hevlin) fahren.

Streckenende bei km 83,6, also ca. 1 km nach dem Bahnhof von Laa/Thaya. Den ehem. Bahndamm erkennt man durch den Bewuchs durch Bäume und Sträucher, er setzt sich nach der Strasse (Ruhhofstraße) fort. Dem Wanderer sei aber empfohlen, einen Fußweg links der Trasse zu nehmen, der Damm ist total verwachsen. Nach ca. 400 m kommt man zur B46 Staatzer Straße, welche den Bahndamm im rechten Winkel durchörtert.


Nach der Staatzer Straße verläuft der Bahndamm schnurgerade auf die Staatsgrenze zu, man sieht auf dem Foto den verwachsenen Bahndamm kurz vor der Staatsgrenze, ein Fahrweg verläuft parallel zum Thayamühlbach, der hier zeitweise die Staatsgrenze bildet. Der Bach ist nur einige Meter breit, von der ehem. Eisenbahnbrücke sieht man überhaupt nichts mehr. Man muss sich hier fragen, warum haben die ÖBB die Strecke so nachhaltig abgebaut, ohne irgendwelche Relikte zu hinterlassen??

Auf tschechischer Seite sieht man die Vegetation auf dem Bahndamm sich deutlich vom Ackerland abheben. In der Bildmitte im Hintergrund verläuft die Thaya, ca. 400 m dahinter beginnen auf tschechischer Seite die Schienen kurz vor dem Bahnhof von Höflein (Hevlin). Da von Seiten Österreichs keine Anstalten zum Lückenschluß getroffen wurden (ÖBB, Land NÖ) hat die Tschechische Staatsbahn CD den Verkehr nach Hevlin im Jahr 2010 eingestellt und auf Busverkehr bis Grusbach (heute Hrušovany nad Jevišovkou) umgestellt. Im Bahnknoten Grusbach hat man Anschluß an die Ost-West verlaufende Strecke Lundenburg – Znaim sowie an die nach Norden Richtung Brünn weiterlaufende Laaer Ostbahn.
Verkehr heute
Die Verbindungen auf der Laaer Ostbahn sind in das Wiener S-Bahn System eingebunden, wobei die Fahrten von Wien ausgehend nicht der klassischen eigentlichen Laaer Ostbahn folgen, sondern die Fahrgäste dürfen allesamt einen Umweg über die Wiener S-Bahn Stammstrecke machen. Im Regelfall verkehrt die S 2 von Meidling bis Mistelbach und retour, die S 7 von Flughafen Wien bis Laa/Thaya und retour. Die oben beschriebene Strecke wird dabei ab Gerasdorf Richtung Norden benutzt, davor erfolgt die Fahrt über die Wiener Stammstrecke bis Floridsdorf und dann auf der eigentlichen Nordbahn bis zum Knoten Süssenbrunn, wo dann auf die Gleise der klassischen Laaer Ostbahn eingeschwenkt wird. Die Züge der S 7 bis Laa/Thaya verkehren ab Floridsdorf bis Mistelbach meist als Regionalzug (REX 2), der nicht alle Stationen bedient (Stand 2018).

Die Frequenz beträgt dabei je nach Tageszeit pro Stunde:
Bis Wolkersdorf: Wochentags 3-5x, Sa, So 2-3x
Bis Mistelbach: Wochentags 2-3x; Sa, So 1-2x
Bis Laa/Thaya: Wochentags 1-2x (tagsüber Stundentakt, abends 2x pro Stunde), Sa, So nur alle 2 Stunden als REX2, dazwischen als S-Bahn (somit quasi Stundentakt)
Die letzte Verbindung von Wien Hbf nach Laa/Thaya verkehrt um 23.15 mit Ankunft in Laa/Thaya um 0.57 Uhr (S2, Fahrzeit somit 1 Stunde und 42 Minuten.
Der zweite Bahnhof von Laa/Thaya
Die Stadt Laa an der Thaya kann auch noch mit einem zweiten Bahnhof aufwarten, neben dem derzeitigen Endpunkt der Laaer Ostbahn gibt es noch einen zentrumsnäheren Bahnhof, nämlich Laa a. d. Thaya Stadt.
Dieser liegt an der Pulkautalbahn Laa/Thaya nach Zellerndorf an der Nordwestbahn (Wien – Retz – Znaim), die aktuell nur mehr vom Güterverkehr frequentiert wird. Bis 2006 verkehrten Dieseltriebwägen der Reihe 5047 planmäßig von Laa/Thaya bis Laa a.d. Thaya Stadt, danach war die Laaer Ostbahn elektrifiziert und der Pendelverkehr mit einem Dieseltriebwagen schien zu aufwendig.


Fazit
Aus unserer Sicht gilt es unbedingt 3 Dinge zu verbessern: 1. ein Zweistundentakt am Sa (Einkaufsverkehr) und am So (Ausflugs-/Tourismusverkehr) ist wahrlich nicht kundenfreundlich, ein Stundentakt sei hier unbedingt gefordert (Stand 2018, akutell 2025 verbessert); 2. dass man allen Fahrgästen eine Rundreise über die Wiener S-Bahn Stammstrecke zumutet, wo die Züge noch dazu meist in Schrittgeschwindigkeit unterwegs sind (die alte Ischlerbahn war da wohl schneller!) ist eine Farce!
Bei einer Führung vom Hauptbahnhof direkt nach Norden entlang der klassischen Strecke läßt sich ohne weiteren Aufwand mindestens eine Viertelstunde Fahrzeit einsparen im Vergleich zur Rundreise über die ohnehin überlastete Stammstrecke. Verbunden mit Sprinterzügen, die nicht alle Haltestellen bedienen und einigen Streckenoptimierungen ließe sich hier viel Fahrzeit einsparen, denn die Fahrzeit aktuell ist nicht attraktiv!
Und natürlich 3. die Realisierung des Lückenschlusses mit Tschechien nach Hevlin (Höflein)!

Links
Betreiber der Strecke ÖBB Infra >>>
DEEF-Doku Stammersdorfer Lokalbahn (2 Teile) >>>
DEEF-Doku Nordbahn >>>
DEEF-Doku Zayataler Schienentaxi >>>
Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum
Sollten Sie Anregungen zu den Projekten haben oder eigene Beiträge oder Fotos präsentieren wollen, so freuen wir uns auf eine Kontaktaufnahme. Haben Sie einen Fehler entdeckt? Bitte um Info >
redaktion@dokumentationszentrum-eisenbahnforschung.org
Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: / page first published 27. August 2018; Seiten-Relaunch 10.6.2025; Letzte Ergänzung / page last modified 10.6.2025