Die Stammersdorfer Lokalbahn
Teil 1: Mit der “digitalen Staffelei” entlang der ehemaligen Stammersdorfer Lokalbahn von Stammersdorf nach Obersdorf
Die Stammersdorfer Lokalbahn wird auf den Seiten von DEEF in 2 Teilen dokumentiert:
- Die Stammersdorfer Lokalbahn Teil 1: Von Stammersdorf nach Obersdorf (dieser Beitrag)
- Die Stammersdorfer Lokalbahn Teil 2: Von Obersdorf über Groß Schweinbarth nach Dobermannsdorf
Geschichte der Stammersdorfer Lokalbahn, Entstehung des Eisenbahnnetzes
1884 wurde Stammersdorf an das städtische Schienennetz durch eine Dampftramway (Strecke Stephaniebrücke – Stammersdorf) angeschlossen. 1897 wurde an den NÖ-Landtag die Empfehlung einer Streckenverlängerung in Form einer Lokalbahn von Stammersdorf nach Auersthal herangetragen. Der dazu notwendige technische Bericht ließ nicht lange auf sich warten und in diesem techn. Bericht von 1898 wurden die Stationen Eibesbrunn, Pillichsdorf, Groß Engersdorf und Bockflüss zwischen den beiden Endpunkten vorgesehen.
Der Baubeginn erfolgte im August 1902 durch die Dampftramwaygesellschaft (vormals Krauss & Comp.) basierend auf der Konzession vom November 1901. Am 26. April 1903 erfolgte die Eröffnung der Strecke Stammersdorf – Auersthal. Die Bahnlinie wurde 1907 von der Stadt Wien übernommen. Doch Auersthal sollte nicht der Endpunkt der Lokalbahn bleiben, ein richtiges Bahnnetz wurde errichtet wie folgt:
9. August 1909 Streckeneröffnung Auersthal – Groß Schweinbarth
Von Groß Schweinbarth konnte bis Bad Pirawarth das Trassee der bereits 1903 eröffneten Lokalbahn Gänserndorf – Mistelbach genutzt werden
14. August 1909 Eröffnung des Nordastes Dobermannsdorf – Zistersdorf
15. Juli 1911 Eröffnung des Südastes Zistersdorf – Bad Pirawarth
Am 1. Mai 1913 Übernahme der Strecke durch die Niederösterreichischen Landesbahnen, ab 1.1.1921 durch die BBÖ als Vorläuferorganisation der ÖBB.
Der Niedergang, Aktuell
1988 kam das partielle Ende der Stammersdorfer Lokalbahn – kurzsichtige Politik wie überall in diesem Lande – amputierte das Netz und die Abschnitte Hohenruppersdorf – Dobermannsdorf und Obersdorf – Stammersdorf wurden eingestellt, wobei der Abschnitt Stammersdorf – Obersberg besonders nachhaltig gemeuchelt wurde indem man 1995 die Schienen herausgerissen hat. Nach einigem Hin- und Her (zumindest als Außenstehender hat man den Eindruck, der Betreiber ÖBB weiß nicht ganz was er will oder soll) fand bis zum 15.12. 2019 Personenverkehr auf dem Abschnitte Obersdorf – Groß Schweinbarth – Bad Pirawarth statt, wobei werktäglich Jenbacher- Triebwägen 5047 im Stundentakt von Obersdorf über Groß-Schweinbarth nach Gänserndorf die Verbindung von der Laaer Ostbahn zur Nordbahn sicherstellen. In Groß Schweinbarth als Knoten (Groß Schweinbarther Kreuz) musste nach Bad Pirawarth umgestiegen werden. Seit dem Fahrplanwechsel zum 15.12.2019 ruht der Verkehr auf der gesamten ehem. Stammersdorfer Lokalbahn und auch die Verbindung Groß-Schweinbarth nach Gänserndorf wurde auf Autobusbetrieb umgestellt. Wie es heißt, wird die Strecke für eine eventuelle Wiederinbetriebnahme notdürftig betriebsbereit gehalten.
Museumsbahn ab 2021
Auf dem Abschnitt Bad Pirawarth bis nach Sulz-Nexing finden seit 2021 Fahrten mit Museumszügen statt. Der Autobusunternehmer Gschwindl hat die Strecke von den ÖBB gekauft und der 1. ÖSEK (auch Betreiber vom Eisenbahnmuseum in Strasshof) führt die Fahrten mit nostalgischen Garnituren durch. Firmiert wird unter der Bezeichnung k.u.k. Museumsbahn.
Auf Schusters Rappen und der digitalen Staffelei von Stammersdorf nach Obersdorf
An einem sonnigen Septembernachmittag, als ich vorher auf einer Sitzung in Wien zu tun hatte, fuhr ich mit der BIM Nummer 31 vom Schottenring hinaus ins städtische Heurigendorf Stammersdorf. Nach einer Fahrzeit von ca. einer Dreiviertelstunde dort angelangt hatte ich zwar Hunger und Durst und der Gedanke an einen Einkehrschwung in einen der zahlreichen Heurigen lag nahe, aber ich blieb standhaft und dokumentierte stattdessen mittels meiner “digitalen Staffelei” die Situation rund um die Station Stammersdorf, wo man ja bis zum Jahre 1988 direkt von der BIM in die Stammersdorfer Lokalbahn umsteigen konnte.
Die ehemaligen Stationen
Folgende Stationen gab es auf dem südwestlichen Teil der Stammersdorfer Lokalbahn (heute auch als Weinviertel Lokalbahn bezeichnet):
Stammersdorf Lokalbahn (km 0,0; Übergang zur Strassenbahn Nummer 31)
Hagenbrunn (km 3,5)
Enzersfeld (km 5,9)
Großebersdorf (km 7,9)
Eibesbrunn (km 9,9)
Obersdorf (km 12,2; Übergang zur Laaer Ostbahn)
Nachfolgend eine kleine Foto-Doku von der eisenbahnarchäologischen Exkursion auf der jetzt zu einem Radweg transformierten Strecke von Stammersdorf nach Obersdorf:
Fazit
Als Wandersmann auf Schusters Rappen merkt man erst so richtig, wie schlecht es um die Raumplanung und die Verkehrsplanung bestellt ist. Das Weinviertel wird zumindest in diesem Bereich von einer unschönen Zersiedelung geprägt und die Landschaft wird von -zig Autostraßen durchfurcht. Der negative Höhepunkt ist das landschaftsfressende “Krebsgeschwür” der Kreisverkehre der neuen Nordautobahn bei der ehem. Station Enzersfeld. Der öffentliche Verkehr (mit Bussen) ist völlig unterentwickelt wie in einer Bananenrepublik – Niederösterreich hat hier großen Nachholbedarf! Dem Stationsgebäude Enzersfeld kommt dabei die Funktion eines Mahnmals zu, wie lange es noch steht das ist ungewiss…
Links & Literatur
DEEF-Doku Stammersdorfer Lokalbahn Teil 2: Von Obersdorf über Groß-Schweinbarth nach Dobermannsdorf >>>
DEEF-Blog k.u.k. Museumsbahn Bad Pirawarth – Sulz-Nexing >>>
DEEF-Doku Großschweinbarther Kreuz >>>
DEEF-Doku Laaer Ostbahn >>>
DEEF-Doku Zayatalbahn >>>
DEEF-Doku Lokalbahn Gänserndorf – Großschweinbarth – Mistelbahn >>>
Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum.
Alle Fotos 2012 copyright Dr. Michael Populorum / DEEF (Digitale Staffelei: Nikon D90); Exkursionsdatum: 21.9.2012
Sollten Sie Anregungen zu den Projekten haben oder eigene Beiträge oder Fotos präsentieren wollen, so freuen wir uns auf eine Kontaktaufnahme. Haben Sie einen Fehler entdeckt? Bitte um Info >
redaktion@dokumentationszentrum-eisenbahnforschung.org
Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: 31. Dezember 2012; Relaunch: 21.6.2022; Letzte Ergänzung / page last modified: 22.6.2022