Die Kaltenleutgebner Bahn Wien Liesing – Perchtoldsdorf – Rodaun – Waldmühle (-Kaltenleutgeben)

Als Kaltenleutgebener Bahn (auch verkürzt heute Kaltenleutgebner Bahn geschrieben) bezeichnet man eine ursprünglich 6,7 km lange nicht elektrifizierte normalspurige Nebenbahnstrecke, welche kurz nach dem Bahnhof Wien Liesing von der Südbahn nach rechts (Westen) abzweigt und durch das Gemeindegebiet von Perchtoldsdorf auf unspektakulärer Trasse über Rodaun und Waldmühle nach Kaltenleutgeben führt(e).
Geschichte der Kaltenleutgebner Bahn
Die Bahnstrecke wurde am 17. August 1883 feierlich als “Localbahn Liesing–Kaltenleutgeben” eröffnet und erfreute sich in den ersten Jahren so großer Beliebtheit bei den Ausflüglern, dass von bis zu 23 täglichen Zugpaaren im Sommer berichtet wird, welche auch die Gedanken beflügelte, die Bahn durch den Wienerwald zur Westbahn zu verlängern. Dazu kam es allerdings nie.

Nachdem die Bahn auch Ende der 1930er Jahre noch durchaus stark frequentiert war, ging es nach dem 2. WK rapide bergab. 1951 wurde der Personenverkehr auf der Gesamtstrecke eingestellt, 1957 der Gesamtverkehr von Waldmühle nach Kaltenleutgeben, wobei 1959 die Demontage auf diesem Streckenabschnitt erfolgte. Güterverkehr gab es noch bis 2012 zur riesigen Zementfabrik in Waldmühle.

Einige Kennzahlen der Kaltenleutgebner Bahn
Streckenlänge: 6,7 km
Eröffnet: 17.8.1883
Spurweite: Normalspur
Anzahl Gleise: Einspurig
Traktion: Nicht elektrifiziert
Maximale Neigung der Strecke: 27 Promille
Minimaler Radius: 137 m
Höchstgeschwindigkeit: 40 km/h
Aktuelle Situation
Heute gibt es sporadischen Nostalgieverkehr organisiert vom Verein “Pro Kaltenleutgebner Bahn” bis Waldmühle. Interessant sind diese Fahrten vorwiegend als Themen- und Familienfahrten (bspw. Kirtag, Ostern Weihnachten), die Strecke an sich gibt für Eisenbahnfans eher wenig her.
Highlight ist das einzige an der Strecke noch verbliebene Stationsgebäude, nämlich Perchtoldsdorf, ein nett anzusehender eingeschossiger Sichtziegelbau mit Fachwerk, Schnitzdekor und Holzveranda, welcher durch unter Denkmalschutzstellung dem landesweit gefürchtetem Abrisswahn der ÖBB entkommen ist. 2020 bis 2022 wurde das Bahnhofsgebäude fachgerecht saniert.

Besonders positiv auch in Hinblick Revitalisierung der Strecke für den Planverkehr ist die Tatsache, dass 2017 die Strecke durch die gemeindeeigene Perchtoldsdorfer Immobilien GmbH von den ÖBB gekauft werden konnte und die Kaltenleutgebner Bahn nun eine Anschlussbahn darstellt. Somit dürfte der Erhalt der Strecke langfristig gesichert sein.
Auch wenn es höchst an der Zeit wäre, den überbordenden Individualverkehr “auf Schiene zu bringen”, so scheint zumindest in absehbarer Zeit keine Reaktivierung der Strecke für einen regelmäßigen Personenverkehr im Plandienst zu erfolgen, da laut einer Studie dafür das Einzugsgebiet zu gering ist. Sollte wie laufend zu beobachten der Speckgürtel rund um Wien weiter wachsen und weitere Siedlungsgebiete entstehen, so sollte auf alle Fälle sichergestellt werden, dass die Trasse für zukünftige Entwicklungen freigehalten wird. Denn zu oft bereut man heute schon, was man damals kurzfristig “verbrochen” hat, nämliche intakte Eisenbahnen dem Zeitgeist zu opfern um dem Moloch Automobil zu huldigen.
Aktuell (2025) wird bei den sporadischen Nostalgiefahrten nur der Abschnitt Liesing – Perchtoldsdorf befahren, da 2 Brücken auf ihre Sanierung warten. Es ist zu hoffen, dass das zeitnah gelingt und die Kaltenleutgebner Bahn hinkünftig wieder auf der gesamten Strecke bis Waldmühle befahren werden kann.

Die (ehemaligen) Stationen der Kaltenleutgebner Bahn
Wien Liesing (km 0,0, 225 m ü.d.Adria)

Perchtoldsdorf (km 1,6)


Rodaun (km 2,7)


Neumühle (km 4,1)
Waldmühle (km 5,5), Streckenende, Rest abgetragen
Schade dass in Waldmühle nicht mehr weitergefahren werden kann bis Kaltenleutgeben oder man zumindest bis zum tatsächlichen Streckenende weiterfährt – die in Demontage befindlichen Anlagen der Zementfabrik geben eine nahezug mystische Kulisse ab. Ein neuer Lost place ist entstanden.

Kaltenleutgeben (km 6,7, Ortszentrum 356 m ü.d.A.)
Einige weitere Fotos vom 130-Jahre Jubiläum August 2013












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Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum
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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: / page first published 24. Dezember 2013; Seiten-Relaunch 28.4.2025; Letzte Ergänzung / page last modified 28.4.2025