Die Erlauftalbahn von Pöchlarn über Wieselburg und Scheibbs nach Kienberg-Gaming
Allgemeines
Die Erlauftalbahn ist eine normalspurige, eingleisige und nicht elektrifizierte Regionalbahn im Österreichischen Bundesland Niederösterreich, die von Pöchlarn an der Westbahnstrecke seit 1877 das Erlauftal im sogenannten Mostviertel erschließt.
Die ursprüngliche Länge betrug 37,5 km, seit 2010 werden durch den Betreiber ÖBB nur mehr 27 km bis zur Bezirkshauptstadt Scheibbs befahren. Von dort hat es Busverbindungen Richtung Kienberg-Gaming und Lunz nach Göstling im Ybbstal.
Anschließende / abzweigende Strecken
Neben der Westbahnstrecke im Ausgangsbahnhof Pöchlarn (km 93,9 ab Wien West) zweig(t)en noch folgende Eisenbahnstrecken von der Erlauftalbahn ab:
In Wieselburg/Erlauf die “Krumpe” als Nebenast der Mariazellerbahn (stillgelegt ab 2000)
In Wieselburg/Erlauf die auf Normalspur umgespurte ehem. “Krumpe” nach Gresten (aktuell Güterverkehr)
In Kienberg-Gaming die Bergstrecke der Ybbstalbahn (bis 1988 Regelbetrieb durch die ÖBB, seit 1990 Museumsbahn durch die NÖLB), Ybbstalbahn bis Waidhofen/Ybbs
Mehrere Anschlussbahnen (AB Bramac, Fa. Wopfinger, Wibeba Holz, Brau Union/Wieselburger Bier, Raiffeisen Lagerhaus Mostviertel Mitte; aufgelassen Fa. Worthington nächst Kienberg-Gaming)
Meilensteine der Geschichte
Bereits ab der Mitte des 19. Jahrhunderts gab es einige Überlegungen, das Erlauftal mit seiner wichtigen Kleineisenindustrie an das Schienennetz anzuschließen allerdings im überregionalen Kontext, bspw. einer Schienenverbindung Zwettl–Pöchlarn–Kienberg–Hieflau als direkte Verbindung der Region Südböhmen mit der sogenannten „Eisenwurzen“, einer Region mit historisch wichtiger Eisenverarbeitung im Dreiländereck OÖ, NÖ und Steiermark. Als diese überregionalen Projekte nicht verwirklicht wurden, waren es vor allem auch Proponenten von in der Region ansässigen Unternehmer der Kleineisenindustrie, die sich für den Bahnbau stark machten und zumindest eine regionale Erschließung forderten.
- Erteilung der Konzession zum Bau der Erlauftalbahn am 3.11.1874
- Verlautbarung der Konzession am 6.3.1875
- Konstituierung der K. k. priv. niederösterreichischen Südwestbahnen am 19.10.1876 und Beginn der Bauarbeiten durch dieselbe
- Beendigung der Bauarbeiten im Herbst 1877
- Abschluss der technisch-polizeilichen Probefahrt am 21.10.1877, Eröffnung der Bahnstrecke am 22.10.1877
- Aufgrund von Finanzierungsproblemen wurde 1878 die Erlauftalbahn unter der Bezeichnung k. k. niederösterreichische Staatsbahnen verstaatlicht mit nachfolgender Liquidation der K. k. priv. niederösterreichischen Südwestbahnen (Beschluss der Generalversammlung vom 28.6.1878)
- Dem Lauf der Geschichte folgend sind die Betreiber k.k. Staatsbahnen – BBÖ – ÖBB
- Anschluss in Kienberg-Gaming Richtung Ybbstal ab 1898 (Bergstrecke nach Lunz > Waidhofen/Ybbs)
- Die Krumpe (Lokalbahn Ober-Grafendorf – Mank – Wieselburg – Gresten) erreicht 1927 die Erlauftalbahn im Bf Wieselburg
- Ab 1970er Jahre wird die Dampftraktion durch Triebwägen mit Dieselmotor ersetzt
- 1998 Umspurung der schmalspurigen Krumpe von Wieselburg nach Gresten für den Güterverkehrdie und somit Einbindung in die Erlauftalbahn
- 2000 Einstellung der Krumpe von Wieselburg Richtung Ruprechtshofen
- Mit Fahrplanwechsel im Dezember 2010 stellen die ÖBB den Zugverkehr zwischen Scheibbs und Kienberg-Gaming ein, Ersatz durch Autobusse
Nota bene: Die Begründung zur Amputierung der Strecke seitens der ÖBB, also die Nichtbedienung des Streckenteils Scheibbs bis Kienberg-Gaming, war sinnbildhaft für das kurzsichtige Denken in der Österreichischen Verkehrspolitik: Es wurde wie sooft auch andernorts nicht das Kundenbedürfnis, die Kundenzufriedenheit, in den Vordergrund gerückt, nein, man begründete die “Verkürzung” der Strecke vor allem mit betrieblichen Gründen, dass man nämlich dann einen Umlauf, also einen Triebwagen, einsparen kann. Ein äußerst kurzsichtiger und keinesfalls volkswirtschaftlicher Denkansatz!
Die Stationen
Pöchlarn, Bahnhof, km 0,0; 214 m.ü.d.M. (>Westbahnstrecke Wien bzw. Salzburg)
Erlauf, Bahnhof, km 4,4; 223 m
Petzenkirchen, Haltestelle, km 9,8; 242 m
Wieselburg an der Erlauf, Bahnhof, km 11,5; 252 m (> ehem. “Krumpe” nach Ober-Grafendorf/Mariazellerbahn, > Güterverkehr nach Gresten)
Mühling, Haltestelle, km 14,0; 275 m
Mühling-Plaika, Haltestelle, km 14,9
Mühling-Hart, ehem. Haltestelle bis 1989, km 15,7
Schauboden, Haltestelle, km 17,8
Purgstall, Bahnhof, km 20,1
Sölling, Haltestelle, km 22,5
Merkenstetten, ehem. Haltestelle, km 22,9
Saffen, Haltestelle, km 24,8
Scheibbs, Bahnhof, km 26,9; 331 m (Endpunkt der Strecke seit 2010, ab 2015 Schienen entfernt)
Neustift, ehem. Haltestelle, km 28,8
Neubruck, ehem. Bahnhof, km 30,7
Fürteben, ehem. Haltestelle, km 31,7
Peutenburg, ehem. Haltestelle, km 34,0
Kienberg-Gaming, ehem. Bahnhof, km 37,5; 391 m (>ehem. Ybbstalbahn Bergstrecke, seit 1990 Museumsbahn)
Betrieb
Der Betrieb wird mit Dieseltriebwägen vom Typ 5047 (Jenbacher) abgewickelt. An Wochentagen gibt es einen Stundentakt (mit einer Lücke am Vormittag), letzter Kurs ab Pöchlarn ist um 20.37 (Stand 2018). An Samstagen, Sonn- und Feiertagen wird leider auch auf der Erlauftalbahn nur – wie oft in Österreich von den ÖBB praktiziert – nur im 2-Stundent-Takt gefahren – nicht unbedingt ein Ansporn, zur Freizeitgestaltung die Eisenbahn als Verkehrsmittel auszusuchen. Die Fahrzeit von Pöchlarn bis Scheibbs beträgt 41 Minuten (Stand 2018).
Ausblick Erlauftalbahn
Die ÖBB-Strecke der Erlauftalbahn Pöchlarn – Wieselburg – Scheibbs soll nach Aussagen der ÖBB Infra bis 2028 elektrifiziert werden. Weiters sollen die Bahnhöfe und Haltestellen modernisiert werden (Glaskäfige?) und durch bauliche Maßnahmen an der Strecke die Fahrzeit verkürzt werden.
Dazu zählen wohl neben Streckenbegradigungen und neuem Oberbau auch eine höherwertige Absicherung bzw. Auflassung der unzähligen Eisenbahnkreuzungen, die heute u.a. für die nicht gerade berauschende Fahrzeit verantwortlich sind.
Noch einige Fotos von der Erlauftalbahn
Links
DEEF-Reisebericht Gesamtbereisung Erlauftalbahn – Ybbstalbahn (Pöchlarn – Scheibbs – Kienberg-Gaming – Lunz am See – Waidhofen an der Ybbs) 2008 >>>
DEEF-Doku “Die Krumpe” (Lokalbahn Ober-Grafendorf – Mank – Wieselburg – Gresten) >>>
DEEF-Doku Ybbstalbahn (Waidhofen/Ybbs – Lunz am See – Kienberg-Gaming) >>>
Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum
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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: 22. Mai 2018; Relaunch der Seite am 26.11.2023; Letzte Ergänzung / page last modified 20.12.2023