Eisenbahn Österreich 2024

Eisenbahn in Österreich 2024 – was lief gut, was lief schlecht? Ein Kurz-Resümee

Die letzten Tage des Jahres 2024 sind angebrochen, Zeit also, das österreichische Eisenbahn-Jahr 2024 in gebotener Kürze Revue passieren zu lassen.

Betrachtet man das selbst Erlebte sowie die Meldungen in den österreichischen Medien, so kann grosso  modo festgehalten werden, dass das Jahr 2024 kein gutes Jahr für das System Eisenbahn in Österreich gewesen ist. Dies vor allem deswegen, weil die Leistungen der österreichischen Staatsbahn ÖBB oftmals grottenschlecht bis chaotisch gewesen sind und dem Verkehrsträger Eisenbahn damit ein gr0ßer Imageschaden zugefügt wurde. Mit solchen Leistungen kann man keine Fahrgäste vom Auto zur Bahn locken!

Was lief / läuft schief bei den ÖBB

(Demonstrative Auflistung)

Permanenter Mangel an Rollmaterial: Ein grober Managementfehler, wenngleich schon aus der Ära Kern herrührend aber vom jetzigen Management immer noch nicht behoben.  Obwohl man schon vor Jahren immer hinausposaunt hat, dass die Fahrgastzahlen immer weiter ansteigen, hat man nicht nur kein neues Wagenmaterial bestellt (oder zu spät bestellt) sondern obendrein noch nach Einführung des Railjets frei gewordene Kapazitäten (hochwertige Eurofima IC-Wagen) ins Ausland verscherbelt.

Die Folgen des Wagenmangels / fehlender Reserven:

Ausgefallene Züge: Vor allem in der Ostregionen dürften laut Zeitungsmeldungen und massiven Beschwerden von Fahrgästen überdurchschnittlich viele Züge (S-Bahnen) ausgefallen sein. Bei Intervallen von 1 Stunde (bspw. S-Bahnen Laa/Thaya) kein Vergnügen für die Fahrgäste sowie auch Unternehmen, wenn die Mitarbeiter laufend zu spät zur Arbeit kommen

Zu geringe Gefäßgröße / zu kurze Züge: Bspw. bei der S-Bahn Salzburg verkehrten oftmals anstatt einer Doppeltraktion vierteiliger 4024 “Talent” nur eine Einfachtraktion dreiteiliger 4023 “Talent” – das letzte Aufgebot also mit der Folge, dass die Fahrgäste wie der Sardinen in die Züge gequetscht wurden (Sicherheitsgefahr) oder gar mangels Platz am Bahnsteig zurückbleiben mussten. Das ist keinesfalls eine Werbung für das System Eisenbahn.

Reinigung/Wartung: Man ist es ja schon gewohnt, dass die Garnituren der ÖBB außen völlig verdreckt sind und man die schöne Landschaft Österreichs ob des Schmutzes am Fenster gar nicht mehr richtig wahrnehmen kann. Dazu kommen aber auch noch Lackschäden und Folierungen, die wegstehen bzw. abblättern.  Nicht selten hat man den Eindruck, die Garnituren kommen gerade aus einem Kriegsgebiet. Bei der privaten Westbahn sind mir solche massiven Verschmutzungen und Mängel so gut wie nie aufgefallen.

Da die Kompositionen von früh bis spät rollen, müssen Wartungsintervalle notgedrungen gestreckt werden und nur das Allernotwendigste und Sicherheitsrelevante kann dann auch repariert werden. Die Folgen sind kaputte (ausgefallene) Toiletten, unbrauchbare Türen, ausgefallene Monitore, kaputte Sitze, laute oder nicht funktionierende Klima/Lüftung etc.

Nicht adäquates Wagenmaterial wird den Fahrgästen zugemutet: Wenn man laut Fahrplan einen Railjet für seine Verbindung im Fernverkehr ausgewiesen bekommt bzw. auch Sitzplätze reserviert hat, dann erwartet man auch, dass man auch in eine Railjet-Garnitur  einsteigen kann. Aber nicht selten verkehrten dann anstatt von Railjet-Garnituren  Nahverkehrszüge – entweder S-Bahn Garnituren “Talent” oder “Cityjet Desiro ML” oder anstatt eines Railjet fuhren sogar “Plumpsklo-Züge” (City Shuttle) als Ersatz. Natürlich ohne 1. Klasse, keine Businessklasse und auch kein Speisewagen. Und die Entschuldigungen seitens der Staatsbahn waren eher dürftig, ebenso wie die (automatisch gewährten) Entschädigungen.

Kastrierte Intercity bzw. Eurocity: Bestanden in der Zeit vor Einführung des RJ die Intercitys im Regelfall aus mindestens 5 Wagen 2. Klasse (Abteile und Großraum) plus 2 Wagen 1. Klasse (Abteil und Großraum) und meist zusätzlich noch einem klassischen Speisewagen, so wurden diese Züge ordentlich zusammengestutzt, ja kastriert wäre eine richtige Bezeichnung. Zum einen hat man nicht genügend verfügbare Wagen und dann möchte man auch noch Schaffner einsparen. Und so kommen IC aktuell bspw. von Salzburg nach Graz oder nach Klagenfurt mit 5 Wagen gesamt daher – nur mehr ein halber Wagen 1. Klasse (AD-Wagen) und vom Speisewagen ist auch nichts mehr zu sehen. Und ja, oftmals vorwiegend Plumpsklo-Wagen (City Shuttle vormals “lange Schlieren”). Oftmals war nicht einmal mehr der halbe 1. Klasse-Waggon vorhanden. Schaffner: “Haben wir heut mal wieder keinen bekommen”. Für Reisende wie mich, die für ein 1. Klasse-Upgrade mehr bezahlt haben wie für das Klimaticket,  eine Unverschämtheit! Und für einen Entschädigungs-Gutschein muss man auch noch betteln gehen! Und die Qualitätszüge “Eurocity”, bei denen ein Speisewagen obligat zu sein hat, fahren einfach ohne. Auch auf den langen Strecken von München nach Italien. Denn anstatt die äußerst beliebten klassischen Speisewägen wieder fit zu machen stehen diese u.a. in Wien Meidling abgestellt und sind ein Ziel von Sprayern und Vandalen. Geht man so mit Steuergeldern um??? Hat man etwa die Werkstätten zurückgefahren und es fehlen nun die notwendigen Kapazitäten??

Laufende Verspätungen: Was Verspätungen betrifft nähert man sich offenbar langsam aber sicher an unseren deutschen Nachbarn an. Und selbst bei geringen Verspätungen wir so gut wie nie auf Anschlusszüge gewartet, also doppelter Ärger bei den Fahrgästen.

Reservierungsprobleme: Am laufenden Band, überhaupt dann, wenn es zu “Änderungen im Betriebsablauf kommt”. Wo bleibt da die “Digitalisierungsoffensive”?? Mehrmals erlebt, dass ich noch einen Platz reservieren konnte, obwohl schon feststand, dass bspw. die 2. Garnitur beim Railjet gar nicht fährt. Oder es gibt nach Auskunft vom “Scotty” noch freie Last-Minute Plätze, aber buchbar sind sie nicht mehr. Früher konnte man solche Plätze selbst beim Einsteigen in den Zug noch buchen, heute Fehlanzeige 🙁 Und laufende Ausfälle der Platzreservierung im Zug selbst gab es früher sehr sehr selten, aktuell leider immer öfter. “Ggf reserviert” heißt dann aufstehen, umsetzen oder im schlimmsten Fall stehen oder gar den Zug verlassen müssen.

Falsche Auskünfte zum Fahrplan: Die ÖBB tönen ja unisono mit anderen Bereichen von Politik und Wirtschaft von einer Digitalisierungsoffensive. Aber damit scheint es zumindest bei den ÖBB nicht allzu weit her zu sein. Die Reservierungsprobleme wurden schon angesprochen, aber es ging ja soweit, dass der “Scotty” völlig durchdrehte und völlig falsche Fahrplanangaben machte. Nicht nur, dass Angaben zur Ausstattung und Auslastung nicht stimmten und bis heute nicht immer korrekt sind, nein es wurde auch völlig wirre Auskünfte mit falschen Zeiten auf Fahrplanabfragen ausgespuckt! Wurden die ÖBB etwa gehackt??

Fehler eingestehen ist eine Stärke: Leider hat man das bei den ÖBB vermisst. Es wurde immer versucht, die Fehler unter den Teppich zu kehren und wenn sich Fahrgäste beschwerten, dass sie keinen Sitzplatz bekamen, dann wurden die Fahrgäste seitens der ÖBB zu Schuldigen gestempelt, man müsse halt reservieren. Aber wie soll man reservieren, wenn entweder das Reservierungssystem nicht funktioniert, generell zu wenig Plätze vorhanden sind oder die reservierten Plätze belegt oder gar nicht vorhanden sind, weil der Railjet statt in Doppel-Traktion nur in Single-Traktion daherkommt weil die andere Garnitur defekt oder anderswo noch dringender gebraucht wurde.

Wo war/ist die Aufsichtsbehörde?? Eigentlich gibt es ja eine Aufsichtsbehörde, welche die Aktivitäten der ÖBB überwacht und ggf. einschreiten sollte. Das ist das Verkehrsministerium (oder wie immer man das aktuell in unserem Operettenstaat nennt), aber aus dem Verkehrsministerium hörte man keine mahnenden Worte, wie man es eigentlich bei so einer Vielzahl an Pannen erwarten dürfte. Offenbar spielt(e) die Ministerin Gewessler lieber Klimaministerin als Verkehrsministerin. Versteht man den Staat als Unternehmen und die ÖBB als Abteilung dieses Unternehmens, dann hat die Unternehmensführung versagt – zu Lasten der Kunden und der Steuerzahler!


Hoffnungen für 2025 ff

Es kann eigentlich nicht mehr schlimmer werden – oder doch wenn man zu unseren Germanischen Nachbarn blickt?

Hoffnung gibt, dass ÖBB CEO zumindest einmal in einem Interview 2024 eingestand, er gebe seinem Unternehmen aktuell nur mehr die Note “gerade noch genügend”. Die nackte Realität scheint im ÖBB-Tower am Wiener Hauptbahnhof zumindest angekommen zu sein

Hoffnung gibt, dass die Mainstream-Medien ob der massiven Beschwerden zahlloser Fahrgäste aufgewacht sein dürften und anstatt von copy & paste der ÖBB Lobeshymnen nun kritischere Töne angeschlagen und das System ÖBB kritisch hinterfragt wird. Bis dato machten sich ja nur manche Fachmedien die Mühe, eigenständige Berichte zu verfassen und ggf. auch kritische Töne gegenüber der Performance der ÖBB anzuschlagen.

Neues Rollmaterial im Anmarsch: Zumindest was die Quantitäten betrifft sollte es durch laufende Bestellungen von Rollmaterial langsam besser werden. Zumindest was die Anzahl der verfügbaren Plätze betrifft. Sorgen bereitet da eher die Qualität, denn weder die neu angeschafften Nightjets noch die neuen Railjets (bis dato nur im Italienverkehr eingesetzt) sind wirkliche Innovationen, die Fahrgäste begeistern können. Nach anfänglichen Lobeshymnen über den neuen RJ und NJ kehrte zwischenzeitlich Ernüchterung ein und das nicht nur wegen der laufenden technischen Probleme sondern auch was die Bequemlichkeit, die Gemütlichkeit für die Fahrgäste betrifft. Anstatt immer “sterilere” Fahrzeuge in Verkehr zu bringen, sollte man zurück in die Zeit des Trans Europ Express (TEE), da machte Reisen noch Spaß, da konnte man eine Eisenbahnfahrt noch wirklich genießen!


Fazit: Schauma mal wie es weitergeht! Die Hoffnungen nach mehr Qualität im Reisen mit der Bahn sollten ja nicht nur auf einem Anbieter, also den Staatsbahnen liegen, sondern es werden vielleicht auch wieder alternative Anbieter am Markt erscheinen und so es der Markt hergibt wieder mehr Qualität auf Schiene bringen. Wie gesagt, schaumal mal!


Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum

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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF

Erstmals Online publiziert: 29. Dezember 2024; Letzte Ergänzung / page last modified 31.12.2024