Die Jauntalbahn von Bleiburg nach St. Paul im Lavanttal
Überblick, Geschichte
Die Jauntalbahn in Kärnten war die 1. Neubaustrecke in Österreich nach dem 2. Weltkrieg. Der Bau erfolgte aufgrund der Tatsache, dass das Lavanttal seit Ende des 1. Weltkrieges und der damit verbundenen neuen Grenzziehung von der Landeshauptstadt Klagenfurt aus nur mehr als Korridorverkehr über jugoslawisches Gebiet via Dravograd (vormals Unterdrauburg) erreichbar war. Obwohl von Regierungsseite bereits 1919 die Zusage an die Kärntner Bevölkerung bezüglich eines neuen Eisenbahnanschlusses des Lavanttales gemacht wurde, erfolgte der Spatenstich zur “Verbindungsschleife” Bleiburg – St. Paul im Lavanttal erst im Jahre 1959.
Am 10. Oktober 1964 konnte die knapp 20 km lange Bahnstrecke von Bundespräsident Schärf zur großen Genugtuung der Bevölkerung endlich eröffnet werden.
Im Zusammenhang mit der Errichtung der Koralmbahn, einer Hochleistungsstrecke der ÖBB von Klagenfurt nach Graz, die 2025? fertig sein soll, wurde mit Fahrplanwechsel im Dezember 2022 die Jauntalbahn großteils stillgelegt. Der Regionalverkehr soll dann zukünftig nach der Station Bleiburg Stadt (herrliches Bahnhofsresti!!!) auf die Koralmabahn eingefedelt werden und das Trassee der ehemaligen Jauntalbahn inkl. der beiden Tunnels soll dann bis St. Paul im Lavanttal als Radweg fungieren.
Die Jauntalbahn dürfte somit die am kürzesten in Betrieb gewesene normalspurige Eisenbahnstrecke Österreichs gewesen sein.
Geographie
Einige Kennzahlen
Streckenlänge: 19,07 km
Spur: Normalspur, eingleisig
Kreuzungsmöglichkeit: Bf Eis-Ruden (bis 21.5.2020)
Traktion: Diesel
Höchstgeschwindigkeit: 120 km/h
Zugsicherung: PZB, Restabschnitt wird auf ETCS umgerüstet
Baubeginn: 1959
Eröffnung: 10.10.1964
Stilllegung: 12.12.2022 (Abschnitt Bleiburg-Bleiburg Stadt wird weiter betrieben nach Fertigstellung der Koralmbahn)
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Die Stationen der Jauntalbahn
Insgesamt hat(te) es 7 Stationen, nämlich
Bleiburg, Bahnhof, km 86,3 (km Drautalbahn ab Marburg); 486 m.ü.d.M.; > Drautalbahn (auch Kärntner Bahn) Marburg bzw. Klagenfurt
Bleiburg Stadt, Haltestelle, km 83,4; 479 m
Aich im Jauntal, Haltestelle, km km 78,4; 459 m
Eis-Ruden, Bahnhof, km 75,0; 446 m
Granitztal, Haltestelle, km 72,1; 436 m
St. Paul Bad, Haltestelle, km 69,4; 390 m; Haltestelle selten bedient
St. Paul, Bahnhof, km 67,3; 379 m; > Lavanttalbahn Richtung Wolfsberg-Zeltweg bzw. ehem. Lavanttalbahn / Lavamünder Bahn Lavamünd-Unterdrauburg (Dravograd) – Wöllan (Celenje) – Cilli (Celje)
Betrieb
Im Personenverkehr gab es zuletzt werktags einen Stundentakt, wobei dabei die Gesamtrelation von Klagenfurt in den Bezirkshauptort Wolfsberg bedient wurde. Dabei wurden folgende Bahnstrecken befahren:
1. Klagenfurt – Bleiburg: Kärntner Bahn (von Marburg/Maribor)
2. Bleiburg – St. Paul im Lavanttal: Jauntalbahn
3. St. Paul im Lavanttal – Wolfsberg (bis 2010 PV bis Zeltweg): Lavanttalbahn
Die Fahrzeit auf der Gesamtrelation Klagenfurt Hbf bis Wolfsberg betrug 1 Stunde und 19 Minuten. Die Fahrzeit Bleiburg – St. Paul betrug knapp 20 Minuten.
Eingesetzt wurden zuletzt fast ausschließlich Dieseltriebwägen der ÖBB BR 5022 in Einzel- oder Doppeltraktion, zumindest 1 Zugpaar bestand noch aus einer City Shuttle Wendezuggarnitur, geschoben oder gezogen von einer ÖBB Baureihe 1016 Hercules.
Der Güterverkehr war zuletzt sehr eingeschränkt, da bedingt durch den Bau der Koralmbahn der Bahnhof Eis-Ruden als Kreuzungshalt mit 22.5.2020 wegfiel und es dadurch zu Kapazitätsengpässen auf der Jauntalbahn kam. 2-3 Güterzüge werktags sowie am Wochenende meist 1 Zugpaar verkehrten dennoch zum/vom Papier- und Zellstofflieferanten Mondi in Frantschach an der Lavanttalbahn.
Kunstbauten
3 Bauwerke sind bei der Jauntalbahn besonders zu erwähnen, nämlich
1. Jauntalbrücke: Die Brücke über die Drau ist mit einer Länge von 430 m und einer Höhe von 96 m die höchste Eisenbahnbrücke Österreichs. Errichtet von Voest und Waagner-Biro. Ein Fußgängersteg unter den Gleisen ermöglich das Überqueren der Drau sowie als besondere Attraktion ein Bungee Jumping für den besonderen Adrenalin-Kick. Die Jauntalbrücke bleibt in modifizierter Form (neues Tragwerk, 2. Gleis) dann für den Betrieb der Koralmbahn erhalten.
2. Langenberg Tunnel (1.443 m): Der schnurgerade Tunnel zwischen dem Bahnhof Eis-Ruden und der Haltestelle Granitztal verbindet das Jauntal (“Jaunfeld”) mit dem Granitztal.
3. Johannesberg Tunnel (480 m): Unmittelbar nach der Haltestelle St. Paul Bad in Richtung Bf St. Paul gelegen verbindet der leicht s-förmig gekrümmte Tunnel das Granitztal mit dem Lavanttal.
Jauntalbahn und Lavanttalbahn im Kontext zur Koralmbahn
Die Koralmbahn soll nun nach neuesten Meldungen (Stand März 2023) im Jahr 2025 auf der Gesamtrelation Klagenfurt Hbf – Graz Hbf in Betrieb gehen. Ursprünglich sollte die Koralmbahn 2022 in Betrieb gehen, nun hofft man auf 2025 und darauf, dass die Kosten nicht völlig aus dem Ruder laufen. Die für 2025 angekündigte Eröffnung des Semmering-Basistunnels verzögert sich (Stand März 2023) gar um 5 Jahre und somit kann erst frühestens 2030 der prognostizierte Nutzen des Gesamtprojekts “Neue Südbahnstrecke” einer Evaluierung unterzogen werden.
Für die Fahrgäste entlang der alten Trasse der Kärntner Bahn, der Jauntalbahn und der Lavanttalbahn ergeben sich durch die Koralmbahn zahlreiche Veränderungen aber nicht nur zum Besseren. Kürzere Fahrzeiten und mehr zur Verfügung stehende Trassen sind sicher positiv zu beurteilen, andererseits wird die Marktgemeinde St. Paul im Lavanttal mit dem weltberühmten Stift vom Schienennetz abgehängt – sowohl von der bisherigen Jauntalbahn als auch von der Lavanttalbahn. Es bedarf dann eines Busshuttles vom Zentrum hinaus zum neuen IC-Bahnhof “Lavanttal”an der Koralmbahn .
Wie war diesbezüglich auf diesen Seiten von DEEF im Jahr 2017 geschrieben worden:
Was passiert mit St. Paul und Bleiburg?
Betrachtet man sich die Pläne und Projektfolder der bauausführenden ÖBB Infra, so geht daraus nicht zweifelsfrei hervor, wie und vor allem ob die Gemeinden St. Paul im Lavanttal und Bleiburg sowie die dazwischen liegenden aktuellen Haltestellen an der Jauntalbahn nach Inbetriebnahme der Koralmbahn bedient werden. Gibt es hier dann weiterhin Regionalverkehr parallel zur Koralmbahn – was sinnvoll und wünschenswert wäre – oder ist die Versuchung der ÖBB Infra nicht allzu groß, die Gelegenheit zu nutzen und wieder eine der so ungeliebten Regionalbahnen einstellen zu können?
Hier kann man den betroffenen Gemeinden und deren Anwohnern nur raten: Adleraugen, seid wachsam!
Zeitungsmeldungen zufolge (Kleine Zeitung 4.10.2016) steht St. Paul bereits am Abstellgleis und soll dem Wunsch der ÖBB entsprechend ab Inbetriebnahme der Koralmbahn (dort wird als Datum 2022 genannt) seinen Personenverkehrsbahnhof im Ort verlieren, die Kunden müssten dann einige Kilometer ausserhalb des Ortes im Bahnhof Lavanttal aus- und zusteigen. Das bedingt wiederum einen ordentlich Busshuttledienst und solche sind in Österreich leider fast überall schlecht organisiert.
Warum organisiert man das nicht so wie in der Steiermark? Dort bindet die Graz Köflacherbahn ihre Regionalstrecke auch an die Koralmbahn an und versorgt weiterhin den ländlichen Raum mit Öffentlichem Eisenbahnverkehr.
Hier sei auf die Studie “Anbindung des Bahnhofes St. Paul an den zukünftigen Intercitybahnhof (IC-Bahnhof) Lavanttal” verwiesen. Diese wurde im Jahr 2016 für die Marktgemeinde St. Paul im Lavanttal erstellt und zwar von den Experten Gunter Mackinger, Walter Brenner und Rudolf Kores – dort werden praktikable Möglichkeiten aufgezeigt, wie eine Anbindung von St. Paul aber auch Lavamünd per Schiene aussehen könnte.
Fazit:
Die Bleiburger Schleife und somit die Anbindung von Bleiburg Stadt an das Schienennetz bleibt erhalten. Die Ortschaft Aich (Gemeinde Bleiburg) verliert ihre nahe gelegene Haltestelle, man muss (mit dem Auto?) zur weiter entfernten Haltestelle Wiedendorf-Aich an der Koralmbahn. Die Gemeinde Ruden (ehem. Bf Eis-Ruden) verliert ihre Schienenanbindung ebenso wie das Granitztal (ehem. Haltestelle Granitztal) sowie St. Paul im Lavanttal seinen zentrumsnahen Bahnhof. Hier gilt es einen kundenfreundlichen Busdienst einzurichten.
Links
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Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum
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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF – Ropeways of Europe
Erstmals Online publiziert: 2. Juni 2010; Relaunch: 2.3.2023; Letzte Ergänzung / page last modified: 14.03.2023