Die Stieglbahn in Salzburg – Hoffnungsträger für den Öffentlichen Nahverkehr
Was gäbe es schöneres für einen Stadt- und Verkehrsplaner als ein bestehender Schienenstrang, der durch einen aufstrebenden und bevölkerungsreichen Stadtteil führt und auch genügend Slots zur Verfügung hat, um einen regelmäßigen Personenverkehr durchzuführen zu können?!? Nicht so in der Stadt Salzburg, hier schläft man diesbezüglich seit Jahren! Aber der Reihe nach…
Geschichte & Kennzahlen Stieglbahn
Die Stieglbahn ist eine eingleisige, normalspurige, 3,4 km lange und nicht elektrifizierte Nebenbahnstrecke in der Stadt Salzburg, die für einen bescheidenen Güterverkehr genutzt wird aber auch seit 1988 für den Personenverkehr konzessioniert ist. Als Streckenklasse C konzessioniert sind Achslasten bis 20 Tonnen zugelassen.
Die Stieglbahn (manchmal auch als Stiegl Schleppbahn bezeichnet) wurde von der namensgebenden Stieglbrauerei (heutzutage die größte Privatbrauerei Österreichs) in Eigenregie am 16.2.1919 eröffnet, nachdem sich die Pläne einer Bahnstrecke nach Großgmain (Großgmainerbahn) im Gefolge der Niederlage im 1. Weltkrieg zerschlagen hatten. Die Betriebsführung der Stieglbahn hatte anfangs die SETG (Salzburger Eisenbahn- und Tramwaygesellschaft), welche auch die Betriebsführung über die Salzburger Straßenbahn sowie die Linien der “Roten Elektrischen” (Salzburger Lokalbahn) hatte.
Seit 1.1. 1977 befindet sich die Infrastruktur im Eigentum der Anschlussbahnen AG, zu der sich die insgesamt 10 mit Anschlussgleisen bedienten Unternehmen zusammengeschlossen hatten, die Betriebsführung wurde von der SLB in Nachfolge der SETG durchgeführt. Da sich die SLB – warum auch immer – aus dem Güterverkehrsgeschäft zurückzog, übernahm ab 2021 das 2001 gegründete Salzburger EVU SETG (“Salzburger Eisenbahn Transportlogistik GmbH”) die Betriebsführung.
Die Strecke
Die Stieglbahn zweigt vom Salzburger Hauptbahnhof kommend nach der S-Bahn Haltestelle Salzburg Aiglhof nach links weg. Von den Gleisen der ehem. Anschlussbahn der Rauchmühle, die hier überquert wurden, finden sich keine Relikte mehr. Nach der sogenannten Umsetzanlage Lehen mit 2 Gleisen (vormals 3-gleisig) bei km 0,6 wird die Körblleitengasse gequert (wie alle anderen Straßenkreuzungen mit roten Blinklicht gesichert, keine Schrankenanlagen) und dann macht die Stieglbahn eine scharfe Biegung nach links (“Nadelöhr” der Strecke) und überquert dann Straßen wie folgt: Girlingstraße – Kleßheimer Allee – Siezenheimer Straße – Teisenberggasse – Michael-Walz-Gasse – Moserstraße – Innsbrucker Bundesstraße und Eichetstraße. Die Strecke verläuft hier großteils nahezu schnurgerade.
Nach einer Linkskurve wird bei Streckenkilometer 3,1 die sogenannte Verkehrsstelle Stieglbrauerei mit mehreren Gleisen, Lokschuppen sowie einem Bahnsteig erreicht. Über die Kendlerstraße und nach Passieren des Eingangstores der Stieglbrauerei verzweigt sich das Gleis zu 2 Ladegleisen.
Zukunft: Die Stieglbahn für den innerstädtischen Personennahverkehr
Wie schon eingangs angedeutet bietet sich die Stieglbahn für den innerstädtischen Personentransport nahezu zwingend an. Trotz mehrerer Initiativen ist bislang nichts geschehen in dieser Richtung, vor allem die “Stauhauptstadt Österreichs” stand hier jahrelang auf der Bremse. Die Ära des ehemaligen SPÖ-Bürgermeisters Heinz Schaden war u.a. geprägt von einem kompletten Stillstand bei für die kommenden Generationen wichtigen Infrastrukturprojekten, wobei man der Wählerschaft vor den Wahlen gerne vorgauckelte, wie gut man denn aufgestellt sei im internationalen Vergleich, aber nach den Wahlen war immer nur zu hören, dass man kein Geld für solche Projekte habe. Dazu gesellte sich in der Ära Schaden noch ein Planungsstadtrat Padutsch von den Grüninnen (in der Stadt Salzburg Bürgerliste genannt), der eine moderne nachhaltige Verkehrspolitik offenbar im Errichten von Fahrradwegen gepaart mit Behinderung des sonstigen Verkehrs sah und den Bürgern vor allem eine lange Liste an gescheiterten Planungsexperimenten in Erinnerung blieb.
Auf der 1. Österreichischen Regionalbahntagung am 13.9.2012 in Bürmoos kam die Sprache auf die völlig unbefriedigende Situation des Öffentlichen Nahverkehrs in der Stadt Salzburg. In diesem Zusammenhang ergriff der am Podium sitzende Vertreter des BMFIT, Mag. Hammerschmid, das Wort und sagte folgendes: Im Bundesministerium habe man erkannt, dass die Salzburger Stieglbahn ein sehr hohes (und bis dato ungenutztes) Potential im öffentlichen Nahverkehr habe, wenn nicht sogar den höchsten Nutzen in ganz Österreich. Daraufhin habe man vom Ministerium aus die Stadt Salzburg kontaktiert und ihr eine größtmögliche Förderung (Kostenübernahme) für den Fall zugesichert, dass man die Stieglbahn für den öffentlichen Personennahverkehr adaptiert. Zum Abschluss seiner Wortmeldung sagte Mag. Hammerschmid wörtlich: “Wir haben von der Stadt Salzburg daraufhin nicht einmal eine Antwort erhalten!”
Im restlichen Österreich wurde die Stadt Salzburg deshalb die Stadt der Verhinderer, die Schilda-Stadt, Salzburg das Potemkinsche Dorf, Stillstands-Stadt et al, genannt. Auch bei der so dringend notwendigen Regionalstadtbahn (auch Euregiobahn genannt) bremste die Stadt bzw. deren Politiker.
Eigenartigerweise unterblieb auch bei der Machbarkeitsstudie Euregiobahnen des Landes Salzburg (Ergebnisse präsentiert im Feber 2015) eine Untersuchung der Stieglbahn ebenso wie eine Untersuchung der schienenmäßigen Anbindung des Messezentrums Salzburg (Machbarkeitsuntersuchung vorhanden, Mackinger/Häcker) sowie des Salzburger Flughafens Salzburg Airport W.A. Mozart.
Zwischenzeitlich ist die Ära Schaden/Padutsch Vergangenheit und ein sehr aktiver Verkehrslandesrat (Mag. Stefan Schnöll, ÖVP) engagiert sich seit Juni 2018 für den Verkehr und vor allem den lange vernachlässigten Öffentlichen Verkehr im Land Salzburg. Seither hat man als interessierter Bürger und als Journalist und Experte in diesem Bereich den Eindruck, nun geht wirklich was weiter und das Engagement für den Öffentlichen Verkehr beschränkt sich nicht auf hohle Worte bei Wahlkampfveranstaltungen. Und auch die Stieglbahn dürfte im Fokus des neuen Landesrates sein und so bleibt zu hoffen, dass die Stieglbahn sehr zeitnah neben der Funktion als Schleppbahn für Güter auch eine wichtige Funktion für den Öffentlichen Verkehr wahrnehmen wird.
Fazit / Forderung
Spätestens seit der Neubebauung des Areals der ehemaligen Struberkaserne, dem sogenannten Freiraum Maxglan, ist es selbst dem einfachsten Laien mit nur ein bißchen Hausverstand klar, dass eine Nutzung der Stieglbahn für den Personenverkehr (als S-Bahnast) sinnvoll wäre. Vor allem deswegen, weil der Verkehr in der Stadt Salzburg immer öfter kollabiert, es in der Stadt Salzburg immer öfter staut, stinkt und lärmt.
Nochmals unsere Forderung: Sofortige Adaptierung der vorhandenen Gleise der Stieglbahn für den Personenverkehr, Einbindung in das Salzburg S-Bahn Netz, für den Anfang Minimum Halbstundentakt, in Folge Frequenz auf 15 Minuten optimieren. Als Haltestellen bieten sich vor allem die Kreuzungen mit den vorhandenen Obus- und Autobuslinien an, das sind die Kleßheimer Allee (Obus Nummer 1 von/zum Europark Taxham, Autobus ), Siezenheimer Straße (Autobus Nummer 10, Obus Nummer 9) sowie die Innsbrucker Bundesstrasse (Obuslinie 2 von/zum Flughafen, Airportcenter, Siezenheim). Auch der Flughafen Salzburg Airport W. A. Mozart sowie das angrenzende Airportcenter mit den diversen Unternehmen inkl. Hotellerie sollte über die Stieglbahn bzw. ggf. einem Lückenschluss zur Anschlussbahn Klessheim an die Schiene angeschlossen werden.
Links
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Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum.
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Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: 20. Feber 2016; Relaunch der Seite: 2.11.2021 Letzte Ergänzung: 6.11.2021