Die Pinzgauer Lokalbahn – ein Vorzeigebetrieb im Salzburger Land
Aktuelles
Aufgrund der Hochwasserschäden vom Sommer 2021 ist aktuell keine schienenmäßige Befahrung der Gesamtstrecke möglich (Stand April 2022). SEV zwischen Niedernsill und Krimml. Im Sommer 2022 sollte ein weiterer Streckenabschnitt wieder befahrbar werden, die Gesamtstrecke wird aber wohl erst 2023 wieder befahrbar sein.
Allgemeines
Die Pinzgauer Lokalbahn, auch Krimmlerbahn oder Pinzgerbahn, ist eine 53 km lange eingleisige und nicht elektrifizierte Schmalspurbahn (Bosnische Spurweite 760mm), die vom Hauptort des Pinzgauer Zentralraums Zell am See entlang des Flusses Salzach stromaufwärts nach Krimml führt. Im Bahnhof Zell am See besteht ein direkter Übergang zur Salzburg-Tiroler-Bahn (Giselabahn / Westbahn), welche bis 1875 von der k.k. priv. Kaiserin Elisabethbahn-Gesellschaft errichtet wurde.
Geschichte
Der Gedanke, Salzburg mit Tirol per Eisenbahn zu verbinden, führte 1864 zur Projektierung einer normalspurigen Bahnlinie Salzburg – Bischofshofen – Zell am See – Oberpinzgau – Zell am Ziller – Zillertal – Inntal. Umgesetzt wurde dann allerdings die Streckenführung über Saalfelden – Hochfilzen – Kitzbühel – Wörgl nach Innsbruck.
Um den Oberpinzgau an das Eisenbahnnetz anzubinden, wurde 1896 mit dem Bau einer Schmalspurbahn nach Krimml begonnen, wobei aus Kostengründen der Endpunkt nicht ins Ortszentrum bzw. an die Wasserfälle gelegt wurde, sondern die Strecke endet (bis heute) vor der Steilstufe in Vorderkrimml, Gemeinde Wald im Pinzgau.
Die Eröffnung der “Pinzgauer Localbahn” erfolgte am 2. Januar 1898, für den Betrieb zeichnete anfangs die 1896 gegründete “Pinzgauer Localbahngesellschaft” verantwortlich. Bereits 1906 wurde die Bahn verstaatlicht, wobei damals ein Faktor mitentscheidend war, der die Pinzgabahn in ihrer gesamten Vita begleiten sollte – die Hochwasserschäden, bedingt durch tw. flussnahe Anlage der Trasse. Immer wieder kam es zu teilweise massiven Zerstörungen der Trasse, besonders hart traf es die Bahn in den Jahren 1975 und 1987. Glücklicherweise ereilte die Pinzgabahn damals nicht das Schicksal vieler Nebenbahnen, wo solche Elementarereignisse als willkommener Anlass genommen wurden, um die Strecken zu liquidieren (bspw. Bregenzerwald Bahn).
Knüppeldick kam es dann für die Pinzgabahn im Juli 2005, wo die Bahntrasse durch Hochwasser massiv zerstört wurde und anfangs nur bis Piesendorf gefahren werden konnte, ab Herbst dann wieder bis Mittersill. Doch die restliche Strecke blieb vorerst im zerstörten Zustand, die Einstellungsgerüchte wurden immer lauter.
Doch “Totgesagte leben länger” und die Strecke wurde mit teilweiser Neutrassierung in mehreren Etappen wieder hergerichtet – zum Fahrplanwechsel im Dezember 2009 bis Bramberg und ab dem 12. September 2010 bis Krimml. Seit dem 1. Juli 2008 ist auch die Ära Staatseisenbahn / ÖBB Geschichte – Eigentümer ist nunmehr das Land Salzburg, die Betriebsführung erfolgt durch die landeseigene Salzburg AG mit dem Branding “SLB Pinzgauer Lokalbahn”.
Stationen
Zell am See, Bahnhof, km 0,0; 752 m.ü.d.M. (Übergang zur Salzburg – Tiroler Bahn Richtung Salzburg bzw. Wörgl)
Tischlerhäusl, Bahnhof, km 1,5; Depot und Abstellanlagen
Kitzsteinhornstraße, Haltestelle, km 2,2
Areitbahn, Haltestelle, km 2,7
Bruckberg, Haltestelle, km 3,0
Zellermoos, Haltestelle, km 3,6
Bruckberg Golfplatz, Bahnhof, km 3,8; 752 m
Fürth-Kaprun, Bahnhof, km 6,7
Piesendorf, Bahnhof, km 8,5; 758 m
Piesendorf Bad, Bahnhof, km 9,5
Walchen im Pinzgau, Haltestelle, km 11,2
Jesdorf Bergfried, Haltestelle, km 13,9
Niedernsill, Bahnhof, km 15,3; 767 m
Lengdorf, Haltestelle, km 16,8
Uggl-Schwarzenbach, Haltestelle, km 19,4
Uttendorf Stubachtal, Bahnhof, km 21,1; 776 m
Uttendorf i. P. Manlitzbrücke, Haltestelle, km 22,0
Pirtendorf, Haltestelle, km 23,6
Stuhlfelden Siedlung, Haltestelle, km
Stuhlfelden, Bahnhof, km 25,1
Heilbad Burgwies, Haltestelle, km 26,4
Burk, Haltestelle, km 27,4
Mittersill Essiger, Haltestelle, km 27,9
Mittersill, Bahnhof, km 28,6; 786 m
Rettenbach, Haltestelle, km 31,1
Hollersbach, Haltestelle, km 33,5
Hollersbach Panoramabahn, Haltestelle, km 34,3
Dorf-Paßthurn, Bahnhof, km 35,9
Mühlbach im Pinzgau, Haltestelle, km 37,1
Wenns, Haltestelle, km 38,6
Bramberg, Bahnhof, km 39,4; 815 m
Steinach, Haltestelle, km 40,0
Habachtal-Weyerhof, Haltestelle, km 42,2
Vorstadt, Haltestelle, km 43,7
Neukirchen am Großvenediger, Bahnhof, km 44,9; 834 m
Sulzbachtäler, Haltestelle, km 47,1
Rosental, Haltestelle, km 48,4
Wald im Pinzgau, Bahnhof, km 49,7; 869 m
Kreidlsiedlung, ehem. Haltestelle, km 50,8
Lahnsiedlung, Haltestelle, km 51,5
Krimml, Bahnhof, km 52,7; 911 m
Leider gibt es in Salzburg zu wenige engagierte Politiker mit Herzblut für die Bahn – denn sonst wäre schon längst Geld locker gemacht worden für die sinnvolle Verlängerung der Pinzgabahn über die Geländestufe hinauf zum Ort Krimml und den weltberühmten Wasserfällen – von einem Lückenschluß zur Zillertalbahn wage ich ja gar nicht zu träumen, da müsste ich Schweizer und nicht Österreicher sein……
Erfolgreich
Seit der Übernahme der Bahnstrecke durch das Land Salzburg und der Betriebsführung durch die Salzburg AG wird die Pinzgauer Lokalbahn zu Recht als Musterbeispiel für eine erfolgreiche Betriebsführung von Nebenbahnen angeführt und der Ruf wurde und wird lauter, Nebenbahnen / Regionalbahnen in Österreich nach dem Muster der Pinzgauer Lokalbahn in eine prosperierende Zukunft zu führen – ob der Ruf gehört und beherzigt wird, steht derzeit in den Sternen. Für die Pinzgaubahn selbst können als Vorbilder (nebst Schweizer Bahnen natürlich) die Vinschgaubahn sowie die benachbarte Zillertalbahn genannt werden, die mustergültig vorexerzieren, wie durch Kundenorientierung bestehende Passagiere gehalten und neue Passagiere hinzugewonnen werden können.
Das Credo muss lauten:
“Was muss ich tun, damit ich noch mehr Personen (=potentielle Kunden) motiviere, mit der Pinzgabahn zu fahren” – oder: “Welche Massnahmen muss ich setzen, um das vorhandene Potential möglichst auszuschöpfen”? Das “Zugehen” auf die Kunden ist das Wesentliche! Das Motto der Staatseisenbahn schien zu sein: “Wir fahren, und wenn wer mitfährt dann ist es ok, und wenn nicht, dann reduzieren wir einfach das Angebot – im extremsten Fall auf Null”. Unter Duldung der Politik natürlich.
Erste erfolgbringende Massnahmen wurden bereits vom neuen Betreiber gesetzt – so erhöhte sich die Anzahl der (zahlenden) Passagiere um ein Viertel innert eines Jahres durch die Wiedereinführung von ZugbegleiterInnen, die – so konnte Chefredakteur Dr. Populorum beobachten – ihre Tätigkeit nicht nur im Zwicken von Fahrkarten verstehen, sondern umfassend als “ReisebegleiterInnen/Hostessen” ihren Dienst versehen.
Touristische Aktivitäten / Dampfzugfahrten
Neben einer Taktverdichtung im Nahbereich von Zell am See ist ein weiterer Erfolgsbaustein das Anbieten und Bewerben der Pinzgabahn als touristisches Element (Radfahrer, Nostalgie-Dampfzüge). Sowohl im Sommer wie auch in der Vorweihnachtszeit werden Dampfzugfahrten angeboten, ersatzweise bspw. bei Brandgefahr verkehren Nostalgiezüge mit Dieseltraktion. Im Vergleich zur Zillertalbahn hat der Nostalgiefahrplan der Pinzgabahn allerdings noch deutlich Luft nach oben.
Der Fahrplan
Die Fahrzeit von Zell am See nach Krimml beträgt 1 Stunde und 23 Minuten, für 50 km Streckenlänge ist das eine Menge Zeit, die Fahrgäste hier aufbringen müssen. Der – widersinnigerweise – parallel zur Bahn den ganzen Tag verkehrende Postbus ist um ca. 15 Minuten schneller. Man fragt sich, warum gibt es so einen Parallelverkehr, der eigentlich “Kannibalisierungsverkehr” genannt werden müsste. Die Züge fahren im Stundentakt, zur Stoßzeit wird geringfügig verstärkt. Ein einziger REX verkehrt auf der Gesamtrelation, der die Fahrzeit für Alltagsfahrer mit 1 Stunde und 5 Minuten etwas erträglicher gestaltet. Der Bus sollte eigentlich der Feinverteilung der Fahrgäste in der Fläche dienen, ausgehend von den Haltestellen und Bahnhöfe der Eisenbahn. Der seit Jahren geforderte City-Verkehr im Großraum Zell am See ist nach wie vor nicht umgesetzt, die Salzburger Landespolitik, ein Beispiel für Zauderpolitik 🙁
Der Stundentakt wird zumindest auch am Wochenende angeboten, für Österreich abseits der Hauptverkehrsstrecken ja nahezu eine Sensation.
Es sollte dringend angestrebt werden, die Fahrzeit Zell bis Krimml auf maximal 1 Stunde zu senken, ausgenommen Nostalgiezüge. Mehrmals am Tag sollten REX-Züge verkehren, die nur in den am stärksten frequentierten Bahnhöfen halten und so eine attraktive Fahrzeit bieten können (aktuell gibt es nur 1 einzigen REX pro Tag). Die Autobusse sollten für die Feinverteilung der Fahrgäste da sein und nicht zum Parallelverkehr und somit Konkurrenzverkehr zur Bahn.
Die eingesetzten Kompositionen
Ein Erbe aus den ÖBB-Zeiten sind die Dieseltriebwägen der BR 5090 sowie die Diesellokomotiven der BR 2095.
Die neuesten Kompositionen, ausgeliefert ab 2007, sind 3 Gmeinder Dieselloks mit den Bezeichnungen Vs 81, Vs82 und Vs83 mit jeweils einem Mittelwagen und einem Steuerwagen.
Dazu kommen noch Nostalgiefahrzeuge (Dampf- und Dieselloks sowie dazu passende Nostalgiewaggons).
Güterverkehr
Güterverkehr fand bis vor wenigen Jahren im bescheidenen Umfang mit Rollschemel statt, zwischen Zell am See und dem Betriebszentrum Tischlerhäusl verlief ein Dreischienengleis. Im Jahr 2020 wurden sämtliche Verladeeinrichtungen für den Güterverkehr ebenso wie Weichen der Anschlussbahnen zu den Betrieben abgebaut, der Güterverkehr somit beendet (offenbar auf Druck des Betreibers Salzburg AG).
Doch das letzte Wort scheint diesbezüglich noch nicht gesprochen zu sein, denn laut Medienberichten will das Land Salzburg in Person des höchst aktiven Verkehrslandesrates Schnöll den Güterverkehr auf der Pinzgauer Lokalbahn wieder zu aktivieren und auszubauen. Das ist natürlich zu begrüßen, die Demontage der Verladeeinrichtungen und Gleise in Tischlerhäusl vor 2 Jahren (auf Geheiß des Salzburg AG Vorstands??) wirkt da natürlich schildbürgermäßig!
Fazit & Ausblick
Das Beispiel Pinzgauer Lokalbahn belegt eindrucksvoll, dass eine Regionalbahn erfolgreich betrieben werden kann wenn es nur gewollt ist. Die Staatsbahn ÖBB hat die Bahn abgewirtschaftet und nur “Dienst nach Vorschrift” angeboten und immer im Hinterkopf, dass man die Bahn ja am liebsten zusperren möchte. Das sind natürlich eher Garanten für Mißerfolg und nicht für eine prosperierende Zukunft. Überall dort, wo in Österreich eine Regionalbahn so vor sich hinsiecht wie die Pinzga Bahn zu ÖBB-Zeiten, da sollten sich die Länder und Gemeinden dringend überlegen, ob es nicht einen besseren und vor allem engagierteren Betreiber als die Staatsbahn gibt und den Betrieb der Strecke öffentlich ausschreiben und somit private Anbieter oder Landesbahnen zum Zug kommen lassen. Notfalls solle auch die Infrastruktur von den zentralistischen Wiener ÖBB zu regionalen Playern wechseln. Es gibt zahlreiche Regionalbahnen in Österreich mit sehr viel Potential, die nur darauf warten, wachgeküsst zu werden und um von einem engagierten Betreiber in eine erfolgreiche Zukunft geführt zu werden!
Nachdem bis Krimml seit 12.9.2010 die Züge wieder im Stundentakt verkehren, wird auch konkreter über eine Verlängerung bis zu den Wasserfällen nachgedacht – zumindest eine Machbarkeitsstudie ist angedacht. Dringend in Angriff genommen werden sollten auch Streckenbegradigungen – als ich an einem Sonntag nach Bramberg und wieder zurück fuhr, da genoss ich die Fahrt und es war mir – quasi als Tourist – völlig gleich, dass die Bahn einen “Mäander” nach dem anderen zog und auf die Uhr blickte ich auch nicht. Allerdings wenn ich als Pendler oder Schüler damit jeden Tag fahren müsste, dann würde ich das schon deutlich kritischer sehen – dann zählt fast jede Minute! Also: Streckenbegradigungen sind dringend notwendig, das kann ja auch einen win-win-Situation für Grundstückseigentümer sein, wenn dadurch event. (landwirtschaftlich genutzte) Flächen zusammengelegt werden können. Weiters ist eine adäquate Information an den Haltestellen über Abfahrtszeiten wünschenswert – im Zillertal gibt es auf jedem noch so kleinen Bedarfshalt eine digitale Anzeige über die nächsten Verbindungsmöglichkeiten.
Maßnahmenpaket
Nachhaltige technische Betriessicherheit durch entsprechenden Hochwasserschutz
Endlich Verlängerung der Krimmlerbahn bis Krimml Ort und zu den weltberühmten Wasserfällen
Planmäßige ganzjährige Öffi-Verbindungen zwischen den Tourismusdestinationen Oberpinzgau und dem Zillertal (aktuell unterbrochen!), mittelfristig Machbarkeitsstudie einer Überschienung des Gerlos, bis dahin SEV
Streckenbegradigungen und deutliche Verkürzung der Fahrzeit Zell am See – Krimml, auch durch Einsatz von REX-Zügen
Moderne Zuggarnituren
Moderne Haltestellen mit digitaler Fahrplanausstattung (siehe Zillertalbahn)
Ausbau im Zentralraum um Zell am See unter Einbeziehung von Kaprun
Mittelfristig Halbstundentakt auf der Gesamtstrecke
Elektrifizierung der Krimmlerbahn mit Bahnstrom 15 kV – der Strom wird ja direkt vor der Haustüre produziert!
Wiedereinführung und Ausbau Güterverkehr
Verstärkung Angebot Tourismusverkehr
Literatur/Links
Wegenstein, Peter, 1994: Die Lokalbahn Zell am See – Krimml. Bahn im Bild Band 89, Verlag Pospischil Wien.
DEEF Beitrag Die Salzburg-Tiroler Bahn (Giselabahn) >>>
DEEF Beitrag Die Zillertalbahn >>>
Webseite des Betreibers >>>
DEEF-Blog zum Wiederaufbau in Krimml (März 2022) >>>
Text / Fotos / Videos copyright DEEF / Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum
Sollten Sie Anregungen zu den Projekten haben oder eigene Beiträge oder Fotos präsentieren wollen, so freuen wir uns auf eine Kontaktaufnahme. Haben Sie einen Fehler entdeckt? Bitte um Info >
redaktion@dokumentationszentrum-eisenbahnforschung.org
Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway & Mobility Research Austria / DEEF
Erstmals Online publiziert: 18. September 2010; Relaunch der Seite 4.4.2022; Letzte Ergänzung: –