2
Tage vor der offiziellen Betriebsaufnahme zum Fahrplanwechsel 2011/2012
der privaten Westbahn auf der Relation Wien West - Linz - Salzburg -
Freilassing konnte Chefredakteur Dr. Michael Populorum am Freitag
9.12.2011 im Rahmen einer Pressefahrt von Wien West
nach St. Pölten und retour erste Eindrücke von der Fahrt mit den
grün-blauen Stadler Triebwägen sammeln.
Dabei bietet sich natürlich ein Vergleich mit dem
Premiumprodukt der ÖBB, dem Railjet an. Die Fahrt erfolgte im
Untergeschoss eines der beiden Steuerwagen, in denen die
aufzahlungswilligen Westclub-Kunden an 4er Tischen
Platz finden.
Meine ersten Eindrücke sowie Vergleich mit dem Railjet ("First") sind
wie folgt:
 |
Gemütlicheres Ambiente als im Railjet, frischere Farben und nicht so
kalt/kühl/kahl/grau wie im Railjet. Wenngleich auch nicht wirkliche
"Wohnzimmeratmosphäre
|
 |
Die seitlichen Lichtleisten und die marginale indirekte Beleuchtung
ähnlich RJ, etwas weniger grell (allerdings Tagesfahrt). Eine indirekte
Beleuchtung á la ICE oder den alten dt. IC-Wagen ist natürlich eindeutig
besser
|
 |
Leseleuchten fehlen komplett. Man erklärt mir, daß die Nachrüstung dieses
eigentlich als S-Bahn-Zug entwickelten Wagens zu teuer gekommen wäre.
Punkt an den RJ
|
 |
Die Sitze sind eng! Während der RJ in der First für jeden Kunden 1 eigene
Armlehne anbietet, müssen sich die Kunden der Westbahn eine noch dazu
schmälere Lehne auch noch teilen. Großer Pluspunkt für den Railjet
|
 |
Die Sitze sind verstellbar, allerdings fährt der Stuhl fast nur unten mit
der Sitzfläche nach vorne, die Lehne neigt sich aber kaum
("Zurücklehneffekt" fehlt, Oberschenkelunterstützung gering). RJ besser
|
 |
Zumindest bei dieser Fahrt gab es keine "Kopftücher" an den Sitzlehnen
oben
|
 |
Kein Vergleich zu den gemütlichen Sofa-Sesseln im
Original 4010er
|
 |
 |
Obere Fotos "WestClub", unten "normale Klasse" |
 |
 |
 |
Die Tische sind weniger breit als im RJ, 2 Notebooks gegenüber gehen sich
sicher nicht aus - die Tische beim RJ sind war nicht gerade ergonomisch,
aber ausziehbar und somit breiter
|
 |
In der "Normalklasse" (eigentlich lt. Westbahn alles 1. Klasse)
fehlen
Tische völlig. Die von der Rückseite des Vordersessels herunterklappbaren
Tischchen sind etwas grösser als im Railjet
|
 |
Gute Laufruhe, kein Quitschen wie beim Railjet bei Richtungswechsel
(bspw. bei stärkeren Ablenkungen bei Bahnhofseinfahrten)
|
 |
Sehr angenehm der Teppichboden in blau mit gelben Querstrichen und die
indirekte Beleuchtung unter den Sitzen nach unten wie im Kino. Angenehmer
als im RJ
|
 |
Die Klimaanlage hört man nicht (wie etwas in den alten IC/EC Wagen), gegen
Ende der Pressefahrt zog es aber fürchterlich kalt von der Decke herab.
Luftschlitze an den Fenstern (wie im RJ bzw. IC/EC-Wagen) fehlen
|
 |
Ob die Infoanzeige (nur jeweils bei den Ausstiegen) auch etwas anderes als
die Uhrzeit und das Westbahn-Logo anzeigen kann konnte nicht in Erfahrung
gebracht werden
|
 |
Der Gratis WLAN in den Westbahnzügen (er
funktionierte bei der Pressefahrt angeblich aber nicht durchgängig)
bewirkt bereits ein Nachrüsten der Railjets - Wettbewerb im
Sinne der Kunden
|
 |
In der Presse wurde zwar regelmässig auf den
Raucherbereich in einem der Steuerwagen hingewiesen, wieviele
Plätze zur Mitnahme von Fahrrädern vorhanden sind,
wurde jedoch kaum thematisiert. Die Fahrradmitnahme ist im Railjet nämlich
ausnahmslos verboten (grober Planungsfehler!). Die Züge der Westbahn
bieten 10 Fahrradplätze (+2 für kleinere Fahrräder)
an. Der Preis für die Mitnahme beträgt einheitlich 5.- Euro.
|

 |
Sehr kritisch auch von anderen Pressevertretern wurde das
völlige Fehlen
von Abfallbehältern gesehen. Die Stewards/Stewardessen müssen alles per
Hand abräumen
|
 |
Die durchwegs jungen Stewardessen und Stewards wirken motiviert und sind
freundlich. Ob sie in "brenzligen Situationen", sei es bspw. bei rabiaten
Fahrgästen oder im Gefahrenfall, wie ein "gestandener ÖBB-Schaffner"
reagieren, das ist eine andere und so nicht zu beantwortende Frage
|
 |
Der junge freundliche Steward, der für meinen Wagen zuständig ist, kommt
aus Linz und findet es sehr gut, daß er jeden Tag - im Ggs. zu den
ÖBB-Schaffnern - sicher sein kann, zuhause schlafen zu können. Er war
vorher Autoverkäufer bei 2 nobleren Automarken und danach bei Peek &
Cloppenburg Verkäufer. Ihm gefällt das junge und dynamische Team in dem er
arbeiten darf
|
 
Getrennte WC´s für Damen und Herren. Das Herren-WC mit einem zusätzlichen
Pissoir
Regelmässig ist das Reinigen und Desinfizieren der beiden
geschlechtermässig getrennten WC´s durch eine Stewardess zu beobachten.
Detto kommt laufend irgendwo der "Westbahn-Mini-Handstaubsauger" zum
Einsatz. Gepaart mit den Uniformen (ich dachte öfter an Mc Donalds) wirkt
das irgendwie wie in einem Hollywoodfilm. Wobei ich es durchaus richtig
finde, daß sich ein Zugbegleiter auch um die Sauberkeit zu kümmern hat -
da kann die Staatsbahn schon etwas lernen
 |
 |
Durchwegs junge Mädls und Burschen in Uniformen als
"Mädchen/Burschen für Alles" |
 |
 |
Im Bistrobereich der Mittelwagen |
Die dienstbaren uniformierten Zugbegleiter servieren auch
Getränke und
süsse wie saure Kleinigkeiten an den Platz bzw. gibt es einen
Getränkeautomaten im Bistrobereich mit
Sitzgelegenheiten, wo man sich die Getränke selbst holen kann/muß.
Verkostet wurde: Dachstein-Tramezzini mit Chips (auch mit Salat
erhältlich), kostet dann lt. Speisekarte, die in Form einer "Winkerkelle"
("Genußkarte") aufliegt, regulär 5.- Das u.a. mit Schinken gefüllte
saftige Vollkornbrot schmeckte sehr gut, die Chips war etwas zu wenig
resch.
Westbahn-Tarte (Schoko-Himbeer-Tarte mit Schokosplitter), Normalpreis 3.-
war auch sehr lecker, offenbar zu lecker, denn sie ging dann leider aus.
Dazu bestellte ich einen Tee, wovon es 3 Sorten (je 2.-) gibt. Löblich,
daß der Schwarztee kein 0815-Sackerl war sondern ein sehr guter Darjeeling
in einem hochwertigen Caddy.

Weitere Angebote:
 |
Schinken-Käse-Ciabatta mit Chips oder Salat 4.-
|
 |
Cous Cous Salat oder Pasta Salat mit gebratenen Hühnerstreifen o.ä. 4.-
|
 |
Croissant 1.-
|
 |
Muffin oder Cookie 2.-
|
 |
Cappuccino/Café Latte groß 3.-, klein 2.-
|
 |
Espresso groß 2.-, klein 1.-
|
 |
Chococcino 2.-
|
 |
Kakao 1.-
|
 |
Cola oder Rauch Pfirsich Eistee je 2,50
|
 |
Red Bull 0,25l 3.-
|
 |
Vöslauer ohne 2.-
|
 |
Ottakringer Bier 0,33l 2,50.-
|
 |
Welschriesling oder Cuvée Rot, beides vom Neusiedlersee, 0,187l 3,50.-
(Vgl. Railjet/EC/IC Stifterl rot/weiß ("Storch") 0,25l 3,20!)
|
Fazit Verköstigung: Die verkosteten Snacks schmeckten gut, das Angebot in
seiner Breite kann natürlich nicht mit dem im Railjet oder einem
Speisewagen im IC/EC mithalten. Auch das "mobile Bordservice" von
e-Express bietet etwas mehr Angebot. Der Bistrobereich wird aber sicher
von den Kunden angenommen werden.

Kurzinfo Westbahn: Die Westbahn besitzt 7 Stadler
Triebwägen, die 11x pro Tag die gesamte Strecke Salzburg Hbf. - Wien West
bedienen. Der Preis orientiert sich am Preis der Vorteilscard der ÖBB
(Halbpreis). Haltestellen: Die
Westbahn hält von Wien West ausgehend in Wien Hütteldorf, St. Pölten,
Amstetten, Linz, Wels, Attnang-Pucheim, Salzburg Hbf, Salzburg Taxham
Europark und Freilassing. Player bei der Westbahn sind der Bauunternehmer
Hans Peter Haselsteiner, GF Stefan Wehinger sowie die französische
Staatsbahn SNCF.

DEEF wünscht der Westbahn zum Start viel Erfolg und "Allzeit
freie Fahrt". Zum Wohle der Eisenbahn sowie zum Wohle der Kundschaft
bleibt auch zu hoffen, daß der an sich zu begrüssende freie Wettbewerb
hinkünftig mit fairen Mitteln ausgetragen wird und die momentan
"vergiftete Atmosphäre" ÖBB vs. Westbahn wieder ins Lot kommt. Einen
Beitrag zur Calmierung könnte und müßte das Ministerium leisten,
doch dort scheint man diesbezüglich in den Winterschlaf
gefallen zu sein.

Literatur / Links / Quellen:
DEEF / Michael Populorum: Konkurrenz
belebt das Geschäft? Neuer Betreiber "WESTbahn" startet ab Dezember
2011 Wien-Salzburg >>>
Offizielle Webseite der SLB:
www.westbahn.at
Alle Fotos Dr. Michael Populorum mit Panasonic TZ 4.

Im Führerstand kurz vor Beginn der 1. teiloffiziellen Fahrt der Westbahn

Sollten Sie Anregungen zu den Projekten
haben oder eigene Beiträge oder Fotos präsentieren wollen, so freuen wir
uns auf eine Kontaktaufnahme. Haben Sie einen Fehler entdeckt? Bitte um
Info >
redaktion@dokumentationszentrum-eisenbahnforschung.org
Bericht von: Dr.
Michael Populorum, Chefredakteur DEEF; Erstmals online publiziert:
11. Dezember 2011; Ergänzungen: :
|