DEFF Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung Dr. Michael Populorum AustriaEisenbahnforschung # Eisenbahn-Archäologie # Eisenbahn-Geographie # Eisenbahn-Geschichte

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Die alte Brennerbahn - Eine eisenbahnarchäologische Wanderung von Bozen nach Waidbruck:
Ein Reader in 4 Teilen - Teil 4 "Atzwang - Waidbruck"

Gewidmet meinem Lehrmeister für Geographie an der Universität Salzburg

o.Univ. Prof. Dr. Helmut Heuberger 1923 - 2011

Ein aufrechter Tiroler und wahrer Freund Südtirols

Nach erfolgter Labung in der Radstation BIOS zu Atzwang, wo der wandernde Eisenbahnforscher doch länger als geplant geblieben war, ging es weiter dem Etappenziel Waidbruck entgegen, wo ja die Brennerbahn als Verkehrsmittel wieder zur Verfügung steht, sie verläßt dort den Schlerntunnel kurz vor dem Bahnhof. Der nördliche Teil der dem Kuntersweg folgenden alten Brennerbahn ist weiterhin eingezwängt in der Eisackschlucht und teilt sich den engen Weg noch mit der Autobahn an der Hanglehne und der Staatsstraße.

Brennerbahn historische Strecke Kardaun, Völsersteg, Atzwang, Kastelruth, Waidbruck. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011

Brennerbahn historische Strecke Kardaun, Völsersteg, Atzwang, Kastelruth, Waidbruck. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011

Links die Staatsstrasse, in der Mitte die alte Eisenbahntrasse, rechts über dem Eisack an der Hanglehne die Brennerautobahn Ein alter Holzunterstand als Relikt der Eisenbahnära. Ein Schild auf der Seite weist auf ein Telefon hin ("T") und dabei ist auch die Kilometrierung angegeben - km 165,0 von Verona (Bozen 150,2)

Brennerbahn historische Strecke Kardaun, Völsersteg, Atzwang, Kastelruth, Waidbruck. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011

Brennerbahn historische Strecke Kardaun, Völsersteg, Atzwang, Kastelruth, Waidbruck. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011

Die Staatsstrasse hat sich auch hier tw. auf die alten Gleisanlagen ausgebreitet - ein neuer Tunnel mit 534 m Länge wurde ab September 2006 um knapp 12 Mio. Euro für die steinschlaggefährdete SS 12 errichtet. Am Tunnel oben liegende Erdmassen absorbieren zusätzlich die Steinschlagenergie

Es gebt stetig bergan - links die neu eingehauste Staatsstraße 12 (fertiggestellt 2009), der Radweg, rechts steile Böschung zum Eisack.

Brennerbahn historische Strecke Kardaun, Völsersteg, Atzwang, Kastelruth, Waidbruck. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011

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Ein kleines Häuschen direkt südlich des ehemaligen Haltepunktes Kastelruth schlummert einsam und verlassen dem Verfall entgegen Die alte Holzbrücke ("Torggler Steg") direkt beim ehem. Haltepunkt Kastelruth kommt in Sicht. Wie das nahezu idente Pendant in Völsersteg ehem. touristische Bedeutung, Zugang zu den Orten Kastelruth und St. Oswald. Darum hieß er Haltepunkt auch seit seiner Eröffnung 1898 bis zur Zwangsitalienisierung der Südtiroler Ortsnamen durch die Italofaschisten "St. Oswald-Kastelruth".

Brennerbahn historische Strecke Kardaun, Völsersteg, Atzwang, Kastelruth, Waidbruck. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011

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Das hölzerne Haltestellengebäude Kastelruth (italienisiert Castelrotto) liegt auf 428 m (vgl. Atzwang 373 m). Eine pflegliche Sanierung und Revitalisierung (bspw. Labungsstelle für die Radler und Wanderer) wäre dringend zu empfehlen. Das Wärterhäuschen in Kastelruth nördlich des ehemaligen Haltepunktes auf der anderen Seite der Staatsstrasse ist aktuell dem Verfall preisgegeben

Brennerbahn historische Strecke Kardaun, Völsersteg, Atzwang, Kastelruth, Waidbruck. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011

Brennerbahn historische Strecke Kardaun, Völsersteg, Atzwang, Kastelruth, Waidbruck. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011

Nach gut einer halben Stunde Wanderung ab Kastelruth kommt das markanteste Bauwerk dieses Abschnitts in Sicht - die sogenannte "Rötelebrücke", ein Doppeleisenkasten über den Eisack. Auf einem Stahlträger ist auch das Datum der letzten Inspektion noch abzulesen: 28.9.1990. Das enge Tal hat sich geweitet und es geht eben ca. noch eine gute halbe Stunde Wanderszeit bis Waidbruck.

Während der eine Kasten für den Radweg asphaltiert wurde ist der zweite Kasten sich selbst überlassen - ein beeindruckendes Relikt! Man wünscht sich, auch an der einen oder anderen Stelle entlang der Strecke Zeugen der ehem. Eisenbahnstrecke zu finden (Signale, Kilometerangaben etc.)

Brennerbahn historische Strecke Kardaun, Völsersteg, Atzwang, Kastelruth, Waidbruck. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011

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Der Weg biegt plötzlich über eine neu errichtete Eisenbrücke scharf nach links auf das andere Eisackufer ab. Dort geht es kurz steil bergan auf die Staatsstrasse, der man ca. 1 km nach Waidbruck folgen muß. Die ehem. Trasse ging aber geradeaus weiter

Deutlich sichtbar durchs Gebüsch der Verlauf der alten Trasse. Diese mündet nach ca. 500 m direkt beim Nordportal des Schlerntunnels vor dem Kraftwerk in die Bestandsstrecke ein

Brennerbahn historische Strecke Kardaun, Völsersteg, Atzwang, Kastelruth, Waidbruck. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011

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Von der anderen Seite hat man einen guten Überblick. Markant das Kraftwerk, hinter dem die Brennerbahn (alt und neu) verläuft, dahinter die Autobahn und links oben die über Waidbruck thronende "Trostburg" aus dem 12. Jahrhundert Ein Güterzug in Doppeltraktion verläßt den Schlerntunnel. Direkt rechts vom Tunnelportal mündet die alte Strecke ein. Der Tunnel links ist ein Autotunnel (Abzweig Richtung Grödnertal?)

Brennerbahn historische Strecke Kardaun, Völsersteg, Atzwang, Kastelruth, Waidbruck. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011

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Im Zentrum von Waidbruck mit Kirche und Bürgerhaus Der Bahnhof von Waidbruck (Ponte Gardena) straßenseitig, rechts im Hintergrund der alte hölzerne Wasserturm. Eine Bahnhofsbar oder gar ein Bahnhofsrestaurant findet sich leider nicht. Der idyllische Gasthof nächst dem Bahnhof fiel den Umbauarbeiten in den 1990er Jahren zum Opfer!
Brennerbahn historische Strecke Kardaun, Völsersteg, Atzwang, Kastelruth, Waidbruck. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011 Brennerbahn historische Strecke Kardaun, Völsersteg, Atzwang, Kastelruth, Waidbruck. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011
Die ÖBB Taurus 1216 017 (ital. Bezeichnung E 190 017) als DB ÖBB Eurocity Richtung Süden mit einem gemischten Wagensatz aus DB- und ÖBB-Wagen. Gleich nach dem Bahnhof wird der Zug in die neu errichtete Einhausung eintauchen, dann für ein paar hundert Meter wieder am Tageslicht alsdann im Schlerntunnel für mehr als 13 Kilometer verschwinden Kaum ist der DB ÖBB EC in der Einhausung verschwunden kommt der Regionale Bozen-Brenner ans Tageslicht. Die Fläche auf der ca. 400 m langen Einhausung wird genutzt (Gehweg, Strasse)
Brennerbahn historische Strecke Kardaun, Völsersteg, Atzwang, Kastelruth, Waidbruck. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011 Brennerbahn historische Strecke Kardaun, Völsersteg, Atzwang, Kastelruth, Waidbruck. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011
Nördlich des Aufnahmsgebäudes des Bahnhofs Waidbruck steht noch der alte Wasserturm sowie ein Magazin. Aufschrift nur Ponte Gardena, den eigentlichen Namen Waidbruck sucht man vergeblich Aus der Zugperspektive: Einfahrt in die Einhausung unmittelbar nach dem Bahnhof Waidbruck Richtung Süden
Brennerbahn historische Strecke Kardaun, Völsersteg, Atzwang, Kastelruth, Waidbruck. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011

Aus der Zugperspektive: Einfahrt in den 13.307 m langen Schlerntunnel (Galleria Sciliar) von Waidbruck kommend.

Man erkennt deutlich den Beginn der festen Fahrbahn der Tunnelstrecke.

Rechts erkennt man Gebäude des Kraftwerks sowie die alte Strecke, die am Eisack entlangführte und diesen dann nach ca. 1 km auf der Rötelebrücke überquerte.

Alle Fotos Copyright: DEEF / Dr. Michael Populorum 2011

Schlußbemerkung: So bequem es sein mag, mit dem Veloziped (Fahrrad) dem Gefälle folgend nach Süden zu brausen, so sehr viel mehr nimmt der Wandersmann auf Schusters Rappen, doch etwas langsamer vorankommend, die Landschaft in ihrer ganzen Vielfalt wahr. Oftmals sah der Wandersmann Menschen auf dem Rad sitzend, entweder verbissen in die Pedale tretend oder auf der Balance liegend, um weniger Luftwiderstand zu haben - in beiden Fällen jedoch quasi mit Scheuklappen, nicht registrierend, was links oder rechts sich darbot. Da lobt sich der Wandersmann die Kontemplation beim Gehen.

Die Wanderzeit von Bozen bis Waidbruck betrug in Summe (inkl. kleinerer Foto-Halte und Einkehr beim Rungger Pius) von 9 Uhr bis 17 Uhr, also 8 Stunden. Wer sich mehr Zeit für die einzelnen Abschnitte gönnen möchte der kann unterwegs entweder übernachten oder die Wanderung "portionieren", sprich den auf der Staatsstrasse verkehrenden Bus benutzen.

Von großer Dringlichkeit wäre es, die noch vorhandenen und dem Pangermanismus-Vernichtungswahn der Italofaschisten bis dato entronnenen Kulturgüter der österreichisch-tirolerischen Epoche zu schützen, Denkmal- bzw. Ensembleschutz ist ein Muß. Und danach die gedeihliche Sanierung und Revitalisierung, bspw. in Atzwang das Bahnhofsgebäude für ein kleines Museum zur Geschichte der Brennerbahn zu adaptieren, inkl. einer Bar versteht sich. Die Sanierung der Gebäude des alten Umspannwerkes in Atzwang durch Pius Rungger können hier als Vorbild dienen.

Wenn schon beim Abtrag der Strecke nahezu sämtliche Zeichen der Eisenbahn mitverschwunden sind, so wäre es umso wichtiger, entlang der Strecke mittels der einen oder anderen Schautafel auf die Geschichte der Bahn und der Region hinzuweisen.

Diese spannende Eisenbahnhistorische Wanderung als Publikation

    Michael Alexander Populorum, 2012:
Eisenbahnarchäologische Exkursionen südlich des Brenners: Teil 2: Von Bozen nach Waidbruck entlang der alten Brennerstrecke. Gewidmet Prof. Dr. Helmut Heuberger. Schriftenreihe des Dokumentationszentrums für Europäische Eisenbahnforschung (DEEF), Band 4 (2012). Mercurius Verlag Grödig/Salzburg. Print, Farbe, 67 Seiten. Preis Euro 19,50; 1. Auflage 2012; 2. Auflage 2013

3. Auflage 2017 auf DVD  
(pdf 67 Seiten + Bonusmaterial),
ISBN 978-3-903132-09-2 ;  Preis Euro 19,50

Details und bestellen >>>

 

Quellen, Literatur, Links:

125 Jahre Eisenbahn am Brenner. Die Geschichte einer europäischen Gebirgsbahn. Eisenbahn-Kurier, Themen 8. 1992

Biendl, Hans, 1910: Innsbruck-Bozen-Verona, Bozen-Meran, Mori-Arco-Riva. Brennerbahn. Hendschels Luginsland, Heft 8. Frankfurt am Main

Dultinger, Josef, 1980: Die Brennerbahn. Gestern, heute, morgen.

Reiseführer "Südtirol" vom Michael Müller Verlag

Kompass-Wanderkarten 1:50.000 "Südtirol" (günstiges Set aus 4 Karten)

Röll, Victor, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 3. Berlin, Wien 1912, S. 62-65

Sollath, A., Stöbich, G. und Stratowa, W., 1967: 100 Jahre Brennerbahn. Festschrift der Österreichischen Bundesbahnen

Thaler, Franz, 1967: 100 Jahre Brennerbahn. Innsbruck

Diverse Bahntrassenradwege mit guter Beschreibung und Fotos: http://www.bahntrassenradwege.de/

DEEF: Zum Thema Brennerbasistunnel: http://www.dokumentationszentrum-eisenbahnforschung.org/brennerbasistunnel.htm

DEEF: Die Brennerbahn >>>

DEEF: Eisenbahnarchäologische Wanderung vom Bahnhof Brenner nach Gossensaß >>>

www.tecneum.eu - ein virtuelles Technikmuseum. Fachkundige Beschreibung und Dokumentation aller Bahnhöfe in Südtirol (einst und jetzt) primär aus der Sicht von Architekten. Auf Sammlungen" klicken, dann auf Eisenbahnen

Wikipedia-Artikel (deutsch und italienisch)

         Brennerbahn historische Strecke Kardaun, Völsersteg, Atzwang, Kastelruth, Waidbruck. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011     

Verdiente Jause zum Abschluß der Wanderung in der Bahnhofs-Bar von Brixen mit bestem Blick auf das Geschehen

Zur Startseite Teil 1 der Wanderung: >>>

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Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF;  Erstmals Online publiziert: 30. Dezember  2011; Änderungen: 21.2.2019

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Last modified  Donnerstag, 21. Februar 2019 07:46:22 +0100
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