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Einen netten Tagesausflug an den Lipnostausee im südlichen Böhmen (heute Tschechien, vormals Österreich-Ungarn) kann man auch von Salzburg aus per Zug bewerkstelligen. Mehrmals am Tag fahren Züge von Linz über die Summerauerbahn nach Budweis oder Prag. Am 2. Halt nach der Grenze nächst Summerau gilt es umzusteigen - in Zartlesdorf heute Rybnik genannt.
Quer über alle Gleise rüber gehts zum Bahnsteig der Lokalbahn nach Lipno.
Die Bahnstrecke wurde am 17.12. 1911 nach 2 Jahren Bauzeit für den Personenverkehr eröffnet, die Traktion war von Beginn an elektrisch. Neben der Erschließung des oberen Moldautales waren es die angesiedelte Zellstoff- und Papierindustrie, für die die Bahnlinie einen wichtigen Standortfaktor darstellte. Auch das Kloster in Hohenfurt setzte sich für den Bahnbau ein. Bauherr und anfangs auch Betreiber war die Hohenfurther Elektrische Lokalbahn. DIe ursprünglich geplante Bahnstrecke, welche auch von der Stadt Linz favorisiert wurde, nämlich von Linz über Bad Leonfelden - Hohenfurt - Krummau - Budweis wurde trotz erteilter Konzession aus dem Jahre 1902 nicht gebaut. Am 1. Juli 1912 wurde die Strecke von der k.k. Staatsbahn (kkStB) übernommen, nach der Annektierung des Gebietes durch die Tschechoslowakei basierend auf dem schändlichen Friedensvertrag von Saint-Germain fiel auch die Eisenbahnstrecke 1919 in den Streckenbereich der Tschechischen Staatsbahn CSD. 1938 bis 1945 war die Deutsche Reichsbahn für die Strecke verantwortlich. Nach dem Krieg übernahm wieder die CSD die Strecke, nach dem Zerfall der CSSR ist nun die CD (Ceske Drahy) für den Betrieb verantwortlich.
Das altösterreichische Aufnahmsgebäude von Zartlesdorf, heute Rybnik Die Spannung in der Oberleitung wurde 2x von den ursprünglichen 1.280 Volt Gleichstrom erhöht: Im Jahr 1955 im Zusammenhang auch mit dem Bau des Lipnostausees auf 1.500 Volt Gleichstrom und zuletzt 2004 nach der Elektrifizierung der Summerauerbahn auf die gleiche Spannung mit 25 kV/50 Herz Wechselstrom. Die normalspurige Strecke ist 22 km lang und wird im 2-Stunden-Takt (mit Lücken) bedient. Haltestellen:
Die Stationen der Strecke liegen teilweise deutlich abseits der Ortschaften (Rosenberg bspw. gut 3-4 Kilometer). Der Bahnhof von Lippen (Lipno) wurde bedingt durch den Bau des Lipnostausees im Jahr 1955 verlegt, dh. seither ist die Strecke um cca. 200 m kürzer als vorher.
Im Inneren der Waggons, welches offenbar neu gestaltet wurde. Fast wie im "gläsernen Zug" sitzt man hinten in der Aussichtskanzel. Leider waren die Fenster extrem verschmutzt, die Fenster liessen sich nur kippen - zum Ärger des Fotographen
Zum ersten Mal offiziell angehalten wird im Bahnhof von Rosenberg (Rozmberk n.V.), wo auch gekreuzt werden kann. Das Bahnhofsgebäude liegt einsam und verlassen im Wald, zum Ort sind es entlang der hinter dem Bahnhof verlaufenden Strasse ca. 3-4 km. Obermühle (heute Herbertov) hat einen einfachen Holzunterstand als Stationsgebäude. Dies ist der tiefste Punkt der Strecke direkt an der Moldau gelegen.
Hohenfurth (heute Techoraz), liegt dem Zentrum von Hohenfurth (Vyssi Brod) näher als der größer angelegte Bahnhof Hohenfurth Stift (heute Vyssi Brod Klaster). Man könnte die Station auch als Hohenfurth Stadt bezeichnen
Das größte Bauwerk der Strecke ist die Brücke über die Moldau bei Hohenfurth (Vyssi Brod)
Ein gemütlicher Landbahnhof
Certova Stena hieß früher oder heißt heute bei den Alt-Österreichern immer noch Teufelsmauer
Mit ein Grund warum die Strecke gebaut wurde war die Ansiedlung der Papier- und Zellstoffindustrie in Kienberg und St. Prokop. Links der heute so genannte Bahnhof Loucovice, rechts ein Teil der Zellstoff-Fabrik, die offenbar vor kurzem zugesperrt wurde. Zwischen Loucovice und Loucovice Zastavka (Kienberg bzw. St. Prokop) gibt es zahlreiche Gleisanschlüsse, tw. sind diese überwachsen
Nach St. Prokop wurde im Rahmen der Errichtung der Staumauer des Lipnostausees die Trasse neu verlegt. Bis 1955 wurde die Moldau auf einer Brücke übersetzt und die Station befand sich unmittelbar im Raum der heutigen Staumauer. Seither fährt die Bahn in Hanglage linksufrig zum heutigen Bahnhof Lipno nad Vltavou, wo die Lokomotive an andere Zugende umgesetzt wird
Ein schönes Flügelrad im Bahnhof Lipno
Beheizter Warteraum, geöffnete Kassa wenn ein Zug abfährt, Sonnenbank,
Blumenschmuck und ein Brunnen mit Trinkwasser -
Abfahrts-/Ankunftstafel
Ich machte einen Fußmarsch entlang des Lipnostausees in den Ort Lipno hinein. Dieser ist zu Fuß doch ca. 20 Minuten entfernt - hier täte ein Citybus von/zu den Zügen gut und sollte bei dem 2-Stunden-Takt auch nicht allzuviel kosten für die Kommune
Den Lipno wie überhaupt die ganze Gegend hier in Südböhmen kannte ich von unzähligen Fahrten nach der Wende mit dem Klexi recht gut. Doch hier hat sich in den letzten 15 Jahren megaviel verändert - aus dem beschaulichen Ort mit "Ostflair", wo man froh war, ein Haus mit "Sozialeinrichtung" im Inneren mieten zu können, wurde ein pseudomondäner Ort, ein Mini-St. Tropez. Mir knurrte zwar der Magen, aber ich fand nichts adäquates zum Essen, keine Skupina 2 oder 3 oder gar 4. Ein Selbstbedienungsrestaurant in einem Hotel fand ich, viele ähnliche Lokale hatten ob des Spätherbstes geschlossen. Ich ignorierte also meinen Magen und auch meinen Durst nach Pivo und marschierte bei prächtigem warmen Wetter zurück zum Bahnhof.
Der Zug war schon lange vor der Ankunft durch den Wald zu hören, er quitschte durch die Kurven bergan
Umsetzen und dann geht es wieder zurück. Die "rumpelige" Fahrt dauert übrigens 41 Minuten
Die Übergänge sind dem Schaffner vorbehalten
Im Bahnhof Hohenfurth Stift (Vyssi Brod Klaster) machte ich Halt, um nach 15 oder 20 Jahren mal wieder durch den Ort zu spazieren. Ich war zwar 2013 im Rahmen der Pressefahrt mit LH Pühringer auch im Ort aber nur zu einer Führung durch das Kloster.
Solche Fahrplanrollen gab es früher auch bei uns in Österreich, in Tschechien sind sie noch allgegenwärtig
Ein wahrlich gemütlicher Warteraum, wie in einem Wirtshaus
Ein "Karosa" parkt neben dem Bahnhof
Die Kilometrierung beginnt in Zartlesdorf (Rybnik)
Holzbänke und keine unbequem kalten Nirostabänke wie in Österreich
Das Kloster ist auf alle Fälle sehenswert. Ich marschierte in den Ort
hinein (ca. 15 Minuten) und war direkt glücklich, als ich im wohlbekannten
Restaurace im Hotel Sumava am oberen Marktplatz ordentlich zu essen
und zu trinken bekam.
Der direkte Triebwagen aus Budweis fährt ein. Nach kurzer Zeit fährt er als Leerzug wieder zurück nach Zartlesdorf (Rybnik). Der zweiteilige niederflurige Diesel-Triebwagen trägt die Bezeichnung 814 146-7, Vermarktungsname "Regionova"
Zeit für die Rückfahrt
2 Wagengenerationen in Zartlesdorf Alle Fotos Dr. Michael Populorum / DEEF 7. Oktober 2014 Linktip: OÖ Landesausstellung 2013 u.a. in Hohenfurth >>> Nota bene: Für die Fahrt empfiehlt sich das Euregio-Ticket "Donau-Moldau-Ticket", 18 Euro ab Linz (für Vorteilscardínhaber 10 Euro), gültig 4 Tage auf der Summerauerbahn, auf der Mühlkreisbahn, den grenznahen tschechischen Bahnstrecken (u.a. Lipno, Budweis, Krummau)
Die CD 210 039-4 von Skoda ist eigentlich eine Rangierlok und im Bhf. Pilsen beheimatet Sollten Sie Anregungen zu den Projekten haben oder eigene Beiträge oder Fotos präsentieren wollen, so freuen wir uns auf eine Kontaktaufnahme. Haben Sie einen Fehler entdeckt? Bitte um Info > redaktion@dokumentationszentrum-eisenbahnforschung.org Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur Railway Research Austria / DEEF; Erstmals Online publiziert: 15. November 2014; Ergänzungen: |
Last modified
Sonntag, 24. Mai 2015 22:13:47 +0200
Autor/F.d.I.v.: Kons. Univ. Lekt. Dr. Michael Alexander Populorum DEEF # Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung #
Railway Research Austria 2009-2020