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Zum Zustand der Österreichischen Eisenbahnen - "Armutsbericht 2011"

Wäre in den letzten Jahrzehnten auch nur ein Bruchteil der Ankündigungen in den zahlreichen "Sonntagsreden" der Damen und Herren Politiker zum Thema Schienenverkehr in die Tat umgesetzt worden, so hätten wir heute paradiesische Zustände in Österreich, die einen Vergleich mit der Schweiz, dem Musterland der Eisenbahn, sicher nicht scheuen müßten. Doch den Worthülsen "Güter von der Straße auf die Schiene", "Bahn statt Automobil", "Klimaziele" etc. folgten keine Taten, es waren ja Worthülsen. Eigentlich stimmt das so nicht ganz, denn es folgten schon Taten, aber es waren eher "Schandtaten" - statt den Schienenverkehr zu fördern, das Angebot auszuweiten, die Qualität zu steigern, wurde mit politischer Duldung (oder war die Politik gar der Auftraggeber?) seitens der Staatsbahn das Angebot reduziert statt ausgeweitet, statt einer Vernetzung in Form eines integralen Taktverkehrs erfolgte die Verstümmelung diverser Linien. Auf den verbleibenden Strecken wurde dann das Angebot, die Frequenz, unattraktiviert. Rollmaterial ist Mangelware (keine Reserven) und die Neuanschaffungen im Fernverkehr wie im Nahverkehr (Railjet, Talent, Desiro) entpuppten sich im Gegensatz zu den Aussagen der  Marketingmaschinerie der Staatsbahn nach den ersten Praxistests eher als Billigprodukte, die ihren Vorläufern (bspw. 4010, Schlierenwagen) nicht das Wasser reichen können.

Hatte man bis vor kurzem nur zu befürchten, daß das Angebot in der Fläche, auf Nebenbahnen, wo schon jahrzehntelang nichts investiert wurde, ausgedünnt bzw. die Strecken ganz stillgelegt werden, so trifft es nun auch Städteverbindungen.

Nachdem es seit letztem Jahr schon keine direkten und höherwertigen Verbindungen zwischen der zweit- und drittgrößten Stadt Österreichs - Linz und Graz- gibt (undenkbar bspw. in CH Zürich-Bern-Genf oder Luzern oder Neuenburg..), so soll nun auch die Verbindung Graz-Salzburg von 6 täglichen Fernverkehrsverbindungen auf 3 gestutzt werden und die einzige Tagesverbindung Graz-Innsbruck soll gänzlich vernichtet werden. Dabei sind diese genannten Verbindungen jetzt schon nicht gerade das Gelbe vom Ei und sollten attraktiviert und ausgebaut werden statt liquidiert.

Einzig auf der Westbahn sowie Südbahn rollen die Räder in etwa so wie sie sollten sowie  bei den "privaten Anbietern" wie Zillertalbahn, SLB und Pinzgaubahn.

Nachfolgend ein kurzes "Brainstorming" hinsichtlich der "Schandtaten" der Österreichischen Verkehrspolitik und deren Proponenten in Form der (Verkehrs-) Politiker und der Staatsbahnmanager - diese Liste erhebt weder den Anspruch vollständig zu sein noch bietet sie (an dieser Stelle) im Detail konkrete Lösungen an. Sie soll als "Anamnese des Patienten Staatsbahn" aber als Basis für eine Heilung und Gesundung dienen.

Woran krankt das System Eisenbahn, wo drückt der Schuh? Was muß getan werden? Die Defizite der Politik und der Staatsbahnmanager. Wie wird Österreich eisenbahnmässig eine 2. Schweiz?

Fehlender Masterplan/Generalverkehrsplan

Es fehlt nach wie vor ein festgeschriebener und verbindlich umzusetzender  Masterplan bzw. Generalverkehrsplan. Nur durch einen Masterplan wird sichergestellt, daß nach Veränderungen in der politischen Landschaft und den damit danach meist verbundenen "Umfärbungen" sowie Wechseln in den Führungsetagen der Staatsbahn die definierten und anzustrebenden Ziele und die dazu als notwendig definierten Maßnahmen nicht "aus den Augen verloren" werden. "Hüftschüsse" und permanente Prioritätenänderungen wären somit Geschichte, jeder muß sich an den Masterplan halten.

Mangelnder politischer Umsetzungs-Wille

In Bierzelten vor Wahlen und in Sonntagsreden betont (zumindest ein Teil der Politiker) schon seit Jahren, wie wichtig es wäre, Personen und Güter von der Strasse auf die Schiene zu verlagern. Alleinig es bleibt grossteils bei Lippenbekenntnissen, der konkrete Wille zur Umsetzung, zur Veränderung, ist nicht sichtbar. Dem steht wohl der Wille zur Machterhaltung mittels Bedienung der "Spezln" und "Seilschaften" im Dunstkreis der Auto- und Baulobby sowie mangelnde Courage entgegen. Oftmals (bspw. in Niederösterreich) hat man das Gefühl, die Politik will die Eisenbahn vorsätzlich mit dem Vorschlaghammer vernichten statt dieses umweltfreundliche Verkehrsmittel zu forcieren. Bei der Qualität der momentan agierenden Politiker könnte es natürlich auch an mangelndem Wissen und/oder mangelnder Intelligenz liegen, für beides gibt es aber mehr oder minder sanfte Rezepte zur Genesung.

Die politische Einflußnahme

Nochmals die Politik - auf der einen Seite mangelndes Engagement, wenn es um konkrete Umsetzungen/Verbesserungen geht, auf der anderen Seite Hyperaktivität, wenn es gilt, in das (Tages-) Geschäft der Staatsbahn ÖBB hineinzuregieren. Was im Fußball "Simmering gegen Kapfenberg - das ist Brutalität" gilt. das ist bzw. war in der Verkehrspolitik "Haberzettel gegen Kukacka". Parteipolitische und persönliche Machtspiele zum Nachteil der Eisenbahn, jahrelang ging das Match - es gab eigentlich nur Verlierer. Einen Orden für diejenigen schwarzen Kavalleristen (Politiker), die in der Staatsbahn ÖBB nicht nur "böse Rothäute" sehen so nach dem Motto "nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer".

Mangelnde Vorbildwirkung der Politiker und Staatsbahnmanager

Nach wie vor lassen sich Politiker aller Colours bevorzugt von ihren Chauffeuren in ihren "fetten" Dienstlimousienen zu ihren Terminen kutschieren anstatt die Öffis zu nutzen. Auch hunderte Kilometer von Leerfahrten werden dabei in Kauf genommen, um ja unter sich zu bleiben - der Steuerzahler blecht es ja. Und ein letzter Rest von Anstand, ein Unrechtsempfinden, das scheint es nicht mehr zu geben, wie ein aktueller Fall belegt, als ein Salzbuerger Stadtrat und Vizebürgermeister sich aus Meran in Südtirol abholen ließ anstatt den Zug zu nehmen. Und auch als seine Beteuerung, er müsse dringend zu einem beruflich bedingten Termin, sogar von einem Parteifreund als Lüge entlarvt wurde, zeigte dieser "Volksvertreter" keinen Anstand, als er aufgefordert wurde, die Kosten für die unnötige Fahrt zu refundieren. "Wasser predigen und Wein saufen", eh klar, auf Kosten der Steuerzahler. Wo sind die Zeiten, als sogar gekrönte Häupter und Staatsmänner der 1. Garde mit der Bahn zu ihren Terminen reisten. Das lässt sich übrigens auch auf die (Spitzen-) Manager der Staatsbahn übertragen, es wird berichtet, daß diese auch zu Repräsenationsterminen (Eröffnung eines Bahnhofs etc.) mit der Dienstlimousine anreisen. Diesem Herrschaftsgehabe ist Einhalt zu gebieten! Man nehme sich ein Beispiel an der Schweiz, wo Spitzenmanager und Politker selbstverständlich in "ihrer Eisenbahn" zu ihren Terminen reisen.

Flächendeckenes Netz versus Stückwerk und Verstümmelung

Eines der erfolgreichsten wenn nicht gar das erfolgreichste Produkt / Dienstleistung der letzten Jahrzehnte ist das Internet. Es ist ein weltweites Daten- und Kommunikationsnetz, welches ursprünglich zu militärischen Zwecken entwickelt wurde. Novität: Keine lineare oder hierarchische Verbindung von A nach B und von dort nach C und D, wo bspw. bei Ausfall von Knoten (Vermittlungsstelle) B keinerlei Kommunikaiton zu C und D mehr bestünde, sondern Vernetzung jedes Knoten mit jedem Knoten und somit einer hohen Ausfallssicherheit. Auch Kommunikationsnetzwerke erfreuen sich seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts grosser Beliebtheit und waren so mancher Karriere förderlich. Bei den Eisenbahnnetzen in Österreich ist jedoch ein gegenteiliger Trend feststellbar. Waren unsere Vorfahren, die noch kein Internet und kein Xing etc. kannten, bestrebt, ausgehend von  Knotenpunkten an Hauptstrecken mit Nebenbahnen das Hinterland netzförmig zu verbinden um dann ggf. wieder an einem anderen Hauptknoten einzumünden, so werden seit Jahrzehnten Nebenbahnstrecken und funktionierende Netze partiell vernichtet und amputiert. Ist dieses Vorgehen in den Anfangsjahren des boomenden Individualverkehrs noch entschuldbar - man wußte es einfach damals nicht besser, das Auto galt einfach als die Zukunft schlechthin - so ist das Handeln heute als "vorsätzliches Handeln wider besseren Wissen" zu diagnostizieren.  Statt manches damals unvollendet gebliebenes Netz (1. Weltkrieg) nun zu vollenden, wird schrittweise das Netz amputiert und man konzentriert den Verkehr auf einige wenige Strecken, die als lukrativ angesehen werden.  Ob unter Duldung oder gar im Auftrag der Politik, das ist in diesem Geflecht der Intransparenz nicht klar erkennbar. Nur eine von Hauptstrecken (Hauptadern) ausgehende flächendeckene Versorgung der Regionen (Organen) garantiert nachhaltigen Erfolg des umweltfreundlichsten Verkehrsmittels Eisenbahn.

Volkswirtschaftlich vs. Betriebswirtschaftlich

Ob der permanenten negativen Schlagzeilen in den Medien betreffend der "horrenden Schulden" und Zahlungen des Steuerzahlers an die ÖBB ("jeder Österreicher zahlt jährlich xxxx Euro an die ÖBB") wird seit einigen Jahren seitens der Politik (und von einigen Teilöffentlichkeiten) die Parole ausgegeben, die ÖBB müsse betriebswirtschaftlich agieren. Und die immer öfter wechselnden Manager der Staatsbahn wiederholen diese Parole schon gebetsmühlenartig quasi als Entschuldigung, wenn wieder eine Nebenbahn gekillt oder das Angebot auch auf Hauptstrecken (bspw. Linz-Graz) ausgedünnt werden soll.  Natürlich sollte, nein muß, auch eine Staatsbahn wie jedes Unternehmen nach kaufmännischen Regeln geführt werden, die zur Verfügung gestellten Mittel dürfen keinesfalls leichtfertig "verjuxt" werden, nur weil die Gelder sowieso vom Steuerzahler kommen und es daher "wurscht" wäre. U.a. fallen darunter die sogenannten Privilegien der Eisenbahner, Bonizahlungen für "erfolglose" Manager etc. Aber: Man sollte endlich hehirnen, daß Infrastruktur und Betrieb einer Eisenbahn wesentliche volkswirtschafltiche Leistungen darstellen, die über Standortattraktivität und Lebensqualität eines Region bzw. eines Staates entscheiden. Zum einen forciert man Betriebsansiedlungen in strukturschwachen Regionen, ermutigt Menschen, sich dort anzusiedeln oder zumindest nicht abzuwandern, und zum anderen verweigert man Betrieben und Menschen abseits der Ballungsräume die Teilnahme an einem hochwertigen öffentlichen Verkehr (zu dem die Politiker oder zumindest manche davon immer in Sonntagsreden und Wahlkampfbierzelten aufrufen). Die Frage in diesem Kontext muß also lauten: Will sich ein hochentwickeltes und angeblich das siebtreichste Land der Erde wie Österreich ein modernes und gesundes öffentliches Verkehsnetz nach dem Vorbild der Schweiz leisten (was natürlich zu goutieren ist), dann muß auch die ganze Nation dazu stehen und bereits sein, ohne gröberes Murren die volkswirtschaftlichen Kosten dafür zu tragen. Wenn nicht, dann sollten das die Politiker auch deutlich sagen, denn dann wäre jeder Euro für den öffentlichen Verkehr ein Euro zu viel. Denn so wie beim ÖBH (Österreichisches Bundesheer) gilt "Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif" so bedarf es auch finanzieller Anstrengungen, das Niveau des österreichischen öffentlichen Verkehrs auch nur annähernd auf das des Schweizerischen zu heben. In der Schweiz, so der 15 Jahre als Verkehrsminister im Amt befindliche ehemalige Schweizer Bundespräsident Moritz Leuenberger beim 8. Infrastruktursymposium 2011 in Wien, da hat das Volk entschieden, daß die Eisenbahn ausgebaut wird und wir Politiker halten uns daran. Und: "Wir Schweizer lieben unsere Eisenbahn. Das ist offenbar der Unterschied zu Ihnen in Österreich".

Kostenwahrheit

Während bei Investionen in die Schiene (Streckeninfrastruktur, "Bahnhofsoffensive", Tunnelbauten, laufender Betrieb) sofort in den Medien und auch von Politikerseite zu hören ist, was denn das alles koste, so hört man über den Strassenverkehr in diesem Kontext so gut wie gar nichts. Das ist schon höchst interessant, denn zu den für die Eisenbahn genannten Kostenstellen, die in Summe beim Strassenverkehr ja ein Vielfaches vom Schienenverkehr betragen, kommen noch weitere nicht zu unterschätzende Folgekosten auf die Volkswirtschaft zu, nämlich u.a. die Umweltkosten (u.a. CO2-Zertifikate) und die Kosten der auf den Strassen Verunfallten und Getöteten. Man mindert also mit dem überbordenden Strassenverkehr die Lebensqualität der Menschen und verursacht Kosten von einem Vielfachen des "gesunden Schienenverkehrs" aber im Regelfall wird (noch) über die Kosten der "gesunden Bahn" lamentiert. Hier muß Fairness in der Diskussion einkehren und die Kostenwahrheit schonungslos kommuniziert werden - auch wenn so manche Seilschaften der (noch) herrschenden Politikergarde wie die Auto- und Baulobby (von manchen auch als "Mafia" bezeichnet) dann vor Ärger sich grün und blau ärgern. Der Wohlstand des Staates und die Lebensqualität des einzelnen österreichischen Staatsbürgers (nicht irgendwelcher EU-Organisationen) hat als oberste Maxime für eine nachhaltige Verkehrspolitik zu gelten. Und nebenbei bemerkt: Investitionen in die Schiene, also in eine gesunde und nachhaltige Verkehrspolitik, sind auch Investitionen für die nachfolgenden Generationen.

"Erpressungversuche" seitens der Staatsbahn, Verländerung, Kirchturmdenken - Nahverkehr vs. Fernverkehr

Die Staatsbahn (ÖBB) wird - von einer Fehlinterpretation der Forderung nach "betriebswirtschaftlichem Agieren" mißgeleitet - immer dreister, wenn der Fahrplanwechsel im Dezember naht und "Neuverhandlungen" anstehen (siehe oben Fehlen eines Masterplans). Wie schon unter dem Punkt "Volkswirtschaftlich" erwähnt, kann der Betrieb einer Eisenbahnstrecke so gut wie niemals kostendeckend sein, dh. die Einnahmen durch den Verkauf an Fahrkarten reicht nicht aus, Infrastruktur und laufenden Betrieb vollkommen zu decken. Eine Ausnahme ist da höchstens die Westbahn von Wien nach Salzburg oder eine Privatbahn wie der CAT (City Airport Train) zum Flughafen Wien Schwechat. Damit der volkswirtschaftlich sinnvolle Betrieb einer Eisenbahn möglich ist, zahlt der "Bund" (österre. Staat) den Verkehrsanbietern im Rahmen des GWL-Vertrages (Vertrag über die Gemeinwirtschaftlichen Leistungen) jährlich eine Summe zu den nichtausreichenden Einnahmen aus den Ticketverkäufen hinzu, damit ein (möglichst befriedigender) Verkehr abgewickelt werden kann. So bekommen die ÖBB als größter Verkehrsdiensteanbieter Österreichs jährlich mehr als 600 Millionen Euro vom Staat für den laufenden Betrieb (also ohne die Infrastrukturprojekte). Dafür hat die Staatsbahn eine definierte Leistung zu erbringen. Allerdings ist dieser GWL-Vertrag offenkundig erstens nicht transparent und zweitens nicht stringent gefaßt (er ist "schwammig") und wird drittens - wenn man die Causa Graz-Salzburg betrachtet - "nicht so genau genommen". Wichtig ist auch zu wissen, daß der "Fernverkehr" vom Bund bestellt (und bezahlt) wird und seit einigen Jahren soll/muß der "Nahverkehr" von den Ländern berappt werden. Wobei nicht klar definiert scheint - weil auch schwierig - was denn überhaupt unter "Fernverkehr" sowie unter "Nahverkehr" fällt. 

Gut erinnert sich der Verfasser dieser Zeilen noch daran, daß vor einigen Jahren plötzlich ab Fahrplanwechsel auf der Salzkammergutbahn jeder 2. Zug statt nach Bad Aussee bzw. Stainach-Irdning zu fahren in Obertraun kehrtmachte und umgekehrt jeder 2. Zug von Stainach-Irdning kommend in Bad Aussee kehrtmachte. Hintergrund: Zwischen Obertraun und Bad Aussee im wildromantischen und touristisch genutzten Koppental verläuft die Landesgrenze zwischen Oberösterreich und der Steiermark. Früher kein Problem, bis die Staatsbahn unter Vorgauckelung eines betriebswirschaftlichen Handelns kundtat, wenn die Länder nichts dazuzahlen dann fahren wir nicht. Gleiches beobachtet man bspw. auf der Ennstalstrecke, wo offenbar das Land Salzburg nicht Willens ist, einen Beitrag - ob gerechtfertigt oder nicht das ist ein anderes Thema - keinen Obulus leistet und daher die Regionalzüge des "Steiermark-Taktes" in Schladming umkehren. Leidtragende sind die Bewohner des oberen Enns- und Fritztales von Schladming, Radstadt bis Bischofshofen. Aber auch Gemeinden werden genötigt ihren Obulus zu entrichten, sonst bleiben die Züge einfach dort nicht mehr stehen (siehe u.a. auch steirische Salzkammergutbahn). Diese Verländerung der Bahn, dh. Züge drehen an der Landesgrenze um bzw. halten in gewissen Orten nicht mehr, wenn nicht gezahlt wird, ist strikt abzulehnen. Das ist vergleichbar mit mittelalterlichem Raubrittertum.

Gipfelpunkt dieses Mißstands ist aktuell (Herbst 2011) die Chuzpe um die Streichung jedes 2. Intercitys auf der Relation Salzburg-Graz, wenn die Länder nicht einen finanziellen Beitrag leisten. Dabei wird auch noch seitens der Staatsbahn erwiesenermassen mit gefälschten Daten und inhaltlich niveaulos argumentiert. Wie zu erfahren war - das Ganze ist nicht einfach, alles ist sehr schwammig und intransparent - hat das Ministerium den bis 2016 laufenden Vertrag mit der Staatsbahn, in dem 6 Verbindungen bestellt waren, kurzfristig geändert und will nur mehr 3 Züge bezahlen (weil angeblich in allen 6 Zugpaaren nur 32 Personen von Sbg. nach Graz reisen). Die Staatsbahnführung - ihr wird ja betriebswirtschaftliches Handeln abverlangt - streicht daher die nicht vom Bund bezahlten Züge und lässt aber die Länder wissen, wenn "der Rubel rollt" dann fahren wir doch. Aber: Mit Umsteigen in Bischofshofen und dann gehts 3 Stunden mit einem Nahverkehrszug Richtung Graz. Und wenn die Länder für diese Verschlechterung auch noch zahlen, dann steht im 2. Halbjahr 2012 der nächste "Erpressungsversuch" vor der Tür. Und die Krönung der Geschichte: Wenn dann ein Mitbewerber wie die WestBahn auf den Plan tritt und um die kollportierten 10 Millionen Euro pro Jahr einen 2 Stunden-Takt anbietet, dann erfolgt (rechtswidrig?) eine Freihandvergaben seitens des Ministeriums an die Staatsbahn. Man will offenbar keinen Wettbewerb (=Verstoß gegen EU-Recht) und das zum Schaden der Kunden und der Steuerzahler. Von Insidern wird immer öfter auch in diesem Zusammenhang von Korruption gesprochen.

Dienst nach Vorschrift versus Kreative Ansätze

Nur darauf zu warten, daß die Kunden (Fahrgäste, Unternehmen) kommen, wie es bei der Staatsbahn zu beobachten ist, ist eindeutig zu wenig. Es bedarf eines aktiven Zugehens auf die potentiellen Kunden, sie müssen motiviert, "gebauchpinsel" werden. Und durch attraktive, kundengerechte Angebote begeistert werden. Es gibt mehrere Erfolgsgeschichten, wo die Staatsbahn(en) versagten, die nachfolgenden Privatbahn(en) aber mit grossem Erfolg die schon abgeschriebene Strecke nicht nur wieder zum Leben erweckt sondern zu neuen Höhen geführt haben. Bsp. Pinzgauer Lokalbahn: Die ÖBB gaben die Strecke auf, wollten sie abreissen nach dem letzten grossen Hochwasser, denn mit jahrelangem "Dienst nach Vorschrift" und "Kundenferne" ging es mit der Lokalbahn stetig bergab. Es fehlte ein attraktives Angebot, ein aktives Zugehen auf die (potentiellen) Kunden und gleichzeitig hat man den Bahnbetrieb noch kanibalisiert, indem mit den unternehmenseigenen Bussen ein sinnloser Parallelverkehr aufgezogen wurde. Auch am Personal wurde gespart und in den schaffnerlosen Triebwägen tummelten sich die Schwarzfahrer. Nach der Übernahme durch die landeseigene Salzburg AG mit einem engagierten Team an "Eisenbahnern" (und nicht Managern im fernen Wien) ging es steil bergauf mit der Pinzgabahn. Service im Zug durch Zugbegleiter, Streckenbegradigungen, neue Haltestelle für die Schifahrer, Ansprechen neuer Zielgruppen (Eisenbahnfreunde durch Nostalgiefahrten, Radfahrer mit speziellen Angeboten) sowie Abschaffung des ruinösen Parallelverkehrs durch Busse und somit Bündelung der Kräfte führten zu einem gewaltigen Anstieg der zahlenden Kundschaft. Und die dadurch initiierte Imagepolitur trägt langsam aber sicher zu einer verstärkten Identifikation der Pinzgauer Bevölkerung mit ihrer Regionalbahn bei.

Bsp. Wolfgangsee Schifffahrt: Die Staatsbahn winterte die Schiffe ein, die Salzburg AG schnürt auch im Winter Packages für Ihre Kunden (bspw. Adventfahrten) nach Schweizer Vorbildern > Imagegewinn, unverzichtbarer Freizeitfaktor

Bsp. Vinschgaubahn, Pustertalbahn: Von der italienischen Staatsbahn (FS) heruntergewirtschaftet und im Fall der Vinschgaubahn für 10 Jahre stillgelegt. Seit der Übernahme der Strecken durch das Land Südtirol (Betreiber SAD) Ankauf neuer Fahrzeuge, lukrative Tarife und kundenfreundlicher Takt (stündlich bzw. halbstündlich), Modernisierung der Bahnhöfe mit der Folge von stetig steigenden Benutzerzahlen.

Intransparenz

Die Aktivitäten der österreichische Verkehrspolitik sowie ihres grössten Mobilitätsdienstleisters, der Staatsbahn ÖBB, laufen in vielen Fällen äusserst intransparent ab. Dieses Geflecht der Intransparenz, durch die Filettierung der Eisenbahn in diverse AG´s und GmbH´s noch zusätzlich verstärkt, ist jedem freien und fairem Wettbewerb hinderlich. Selbst Experten und Insider blicken in vielen Bereichen der Finanzierungen, Kompetenzverteilungen, Leistungsverträgen etc. nicht wirklich durch. Besonders und zurecht im Schußfeld der Kritik ist die Intransparenz der GWL-Verträge, also der Verträge über die "Gemeinwirtschaftlichen Leistungen". Zur Zeit bekommt die Staatsbahn ÖBB ca. 600 Millionen Euro jedes Jahr als Abgeltung für den Betrieb auf (unrentablen) Strecken. Wie schon gesagt, der Betrieb einer Eisenbahnstrecke kann nur in Ausnahmefällen betriebswirtschaftlich gesehen kostendeckend oder gar mit Gewinn geführt werden. Aber unbestritten ist der Gewinn, der durch das Vorhandensein und den Betrieb einer Eisenbahn in der Region und im Staate induziert wird (Eisenbahn ist wichtiger volkswirtschaftlicher Faktor). Insbesondere diese GWL-Verträge, also die Bestellungen des Bundes bei der ÖBB (Fernverkehr) und auch Ausschreibungen für den Nahverkehr müssen transparent und dadurch kontrollierbar gemacht gestaltet werden, denn sonst steht immer öfter - wie aktuell zu beobachten - der Verdacht von Freunderlwirtschaft und Korruption im Raum. Es muß - da es sich um Steuergeld handelt - jeder Interessierte eindeutig nachvollziehen können, was für welche Leistungen (konkret formuliert, bspw. 2 Stunden-Takt von Salzburg nach Graz von 06 Uhr morgen bis 20 Uhr abends, Züge mit 1. und 2. Wagenklasse, Restaurant oder Mobiles Service etc.) konkret bezahlt wird. Und die Vergabe dieser Leistungen muß öffentlich und transparent ausgeschrieben werden!

Wettbewerb

Mit der Monopolstellung eines Unternehmens ist es wie mit der Monarchie oder einer Diktatur - wäre ein Monarch oder Diktator ausschliesslich um das Wohl und das Beste für seine Untertanen bemüht, so wäre das ja durchaus eine Regierungsform, die Vorzüge gegenüber einer Demokratie aufweist, wo Wadlbeisser, Querulanten und notorische Verhinderer auch die vorzüglichsten Projekte blockieren und zumindest jahrelang verzögern können. Nur meist führt Monarchie und Diktatur mit mangelnder Kontrollmöglichkeit zu Selbstherrlichkeit und Präpotenz. So wie jeder gute Sportler immer wieder beim Wettkampf gefordert werden will, so sollen auch die Märkte und die darin agierenden Unternehmungen sich messen und voneinander lernen können. Konkurrenz bzw. Wettbewerb ist per se nichts Negatives, im Gegenteil, richtig verstanden und behirnt bietet der Wettbewerb die Chance besser zu werden und kundenortierntierter zu agieren. Der Kunde soll ja schließlich im Fokus stehen, wenngleich bei zahlreichen Unternehmen nach wie vor die Kundenorientierung eher im "Leidbild" als im "Leitbild" steht.

In vielen Branchen trägt der Wettbewerb zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit und zur Standortqualität im Staate bei. Warum soll das bei der Eisenbahn nicht möglich sein? Natürlich darf man nicht den Fehler der Engländer begehen, wo während des "Thatcherismus" überhastet und unausgegoren "privatisiert" wurde, sprich neben den Konzessionen für die Strecken auch deren Infrastruktur mit privatisiert wurden. Mit dem Effekt, daß nichts in die Infrastruktur investiert wurde und dann mehr als einmal Züge wegen maroden Oberbaus entgleisten und Todesopfer zu beklagen waren.

Der Staat darf sich natürlich nicht ganz aus seiner Verantwortung seinen Bürgern gegenüber zurückziehen, er muß für die nötigen Rahmenbedingungen und für eine moderne Infrastruktur sorgen. Die vom Staat errichtete und gewartete Infrastruktur, die Trassen/Strecken also, sind dann nach klar definierten Kriterien und festgesetzten Kosten ("Schienenmaut") an interessierte EVU´s (Eisenbahnverkehrsunternehmen) vorurteilsfrei zu vermieten. Der Personenverkehr ist grundsätzlich öffentlich auszuschreiben und nach einheitlichen Kriterien an das EVU mit dem für die Kunden besten Angebot unter größtmöglicher Transparenz zuzuschlagen. Freihandvergaben seitens des Ministeriums an die "alten Freunde von der Staatsbahn" zu Lasten des Steuerzahlers und der Kunden - wie vor kurzem in der Causa Salzburg-Graz und anderen Relationen geschehen (Freihandvergabe ohne Ausschreibung für die nächsten 10 Jahre) - sind strikt abzulehnen. Der Beste möge gewinnen und nicht die "besten Packler".

Fehlende bzw. falsche Anreize (bspw. Pendlerpauschale und steuerliche Absetzbarkeit)

Neben einer regelmässigen Kommunikation seitens des Staates und der EVU´s, wo (potentiellen) Kunden ein freiwilliger Umstieg von der Strasse auf die Schiene schmackhaft gemacht werden soll (Transport, Personenbeförderung), bedarf es zusätzlich Motivierungs- und Lenkungsmaßnahmen in dieser Richtung, um die Nicht(frei)willigen mit mehr oder minder sanftem Druck zum gewünschten Handeln zu "motivieren". Bspw. sollen diejenigen Pendler belohnt werden, die für Ihre Fahrten öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch nehmen. Es macht wenig Sinn (wie in Österreich praktiziert), daß der finanziell aus dem letzten Loch pfeiffende Staat die Autofahrer durch Erhöhung der Mineralölsteuer schröpft aber bei aufkeimenden Protesten die Pendlerpauschale für die Automobilisten erhöht.

Wo es zumutbar ist, daß Pendler Öffis benutzen, darf eine Förderung nur durch Zubuße bzw. gänzliche Ersetzung der Kosten für eine Wochen- oder Monatskarte erfolgen. Dort wo es aktuell nicht zumutbar ist - weil die letzten Jahrzehnte der öffentliche Verkehr in der Fläche auf das Niveau eines Entwicklungslandes degeneriert ist - da ist der öffentliche Verkehr unverzüglich auszubauen. Neue Betriebsansiedlungen sowie grössere Siedlungserweiterungen sind durch entsprechende gesetzliche Regelungen in der Raumordnung grundsätzlich nur an bestehenden oder gleichzeitig zu errichtenden Schienensträngen zu genehmigen und zu fördern.

Auch bei den Reiseabrechnungen (Reisespesen in Unternehmen) sind grundsätzlich nur mehr die ensprechenden Eisenbahn-Tarifkilometer (2. oder 1. Klasse) bzw. sonstiger Öffentlicher Verkehrsmittel als abzugsberechtigt anzuerkennen. Das "Kilometergeldschreiben" als willkommenes Zubrot und Steuertrick muß Geschichte werden.

Den öffentlichen Verkehr als Ganzes sehen - von der Österreich Card zum Generalabo

Es steht war schon seit Jahren im Regierungsabkommen und die Frau Verkehrminister Bures heftete sich das auch bei ihrem Regierungsantritt auf ihre Fahnen, endlich eine wirkliche Österreich Card nach Schweizer Vorbild (Generalabo) einzuführen, doch wiederum nur Worthülsen. Ausser diversen Fahrgastinitiativen wie Pro Bahn verfolgt niemand wirklich aktiv dieses Ziel, daß man endlich mit nur 1 Jahreskarte alle öffentlichen Verkehrsmittel in Österreich benutzen kann. Es ist nicht nur kein Fortschritt sichtbar, im Gegenteil, immer mehr Strecken werden stillgelegt und der Verkehr durch Busse abgewickelt. Wohlgemerkt Busse der Staatsbahn ÖBB ("Postbus, ein Unternehmen der ÖBB") ersetzen als (Dauer-) SEV die Züge, aber plötzlich gilt dort die Österreich Card nicht mehr, nicht einmal eine Ermässigung wird gewährt. Experten zitieren den alten Kanzler Sinowatz, indem sie immer sagen "es ist alles sehr schwierig" und ausserdem oftmals intransparent. Und dann sind da ja noch die "Verbünde" - gemeint sind da die Verkehrsverbünde, die laut Insidern alles andere als Verbündete sind, sondern Blockierer und Kantönligeister, die nur das Beste für ihre Region herausholen wollen (Kirchturmdenken).

Die Einführung einer wirklichen Österreich Card (österreichisches Generalabo) muß mit allen Mitteln nachhaltig weiterverfolgt werden. Da die Frau Verkehrsministerin mit ihrer Aufgabe fachlich offenkundig überfordert scheint und keine aktiven Signale in dieser Richtung setzt, müssen die Fahrgastvertretungen noch vehementer und öffentlichkeitswirksam in dieser Sache aktiv werden. Der öffentliche Vekehr in Österreich muß als Ganzes betrachtet werden, dessen Forcierung die Standortqualität und die Lebensqualität in unserem Lande verbessert und nachhaltig sichert. Die Einleitung eines Volksbegehrens in diesem Kontext ist anzudenken!

Der "Manager" fährt nicht nur von Wien nach Salzburg - 1. Klasse in allen Zügen

Blickt man über die Landesgrenzen nach Deutschland oder die Schweiz, so bemerkt man, daß dort auch die noch so kleinste "Bimmelbahn" zumindest ein paar Plätze mit 1. Wagenklasse anbietet. Diese sind (vgl. BOB Bayerische Oberlandbahn, BLB Berchtesgadener Land Bahn, DB Doppelstockwagen etc.) ua. mit Tischen und Steckdosen ausgestattet, dh. der "Manager" kann während der Fahrt arbeiten oder sich im abgetrennten Bereich einfach auf einen Termin vorbereiten oder sich erholen. Auch gibt es zahlungswilliges Klientel, das gerne bereit ist, durch einen Aufpreis mehr Bequemlichkeit und Ruhe zu geniessen und die Wohnzimmeratmosphäre des Autos mit der des Zuges zu vertauschen.

In Österreich wurde der Business-Reisende vor einigen Jahren massiv seitens der Staatsbahn umworben, doch es steht keine ganzheitliches Konzept dahinter. Gemäss dem (ehem.) ÖBB-Slogan beim Gepäcktransport "Von Tür zu Tür" muß auch einem Premiumkunden die Möglichkeit eines "Erstklass-Service" von Tür zu Tür (Wohnung, Arbeit, Urlaubsziel) geboten werden und nicht nur auf Teilstrecken und davor und danach muß er sich mit minderwertigem Wagenmaterial ohne Annehmlichkeiten und Arbeitsmöglichkeiten begnügen.  Im schlimmsten Fall auch noch umgeben von randalierenden Schülern oder proletenhaften Mitreisenden.

Führungskräfte (Manager, Politiker etc.=) soll und darf man nicht hinsichtlich ihrer Multiplikatorwirkung unterschätzen. Ich wage in diesem Kontext sogar die Behauptung "1 Topmanager als bekennender Bahnkunde ist mindestens so wichtig wie 10.000 Pendler und Schüler hinsichtlich Neukundengewinnung!"

Falsche Prioritätensetzung / "Monsterprojekt gefährden den laufenden Betrieb"

Dem mit offenen Augen durch die Lande fahrenden Eisenbahnnutzer fällt zumindest auf den Hauptstrecken auf, daß laufend immer irgendwo gebaut wird. Im Grunde ist es ja zu goutieren, wenn in die Infrastruktur investiert wird, hier tat sich ja in den letzten Jahrzehnten gerade in der Fläche viel zu wenig, Nebenbahnen wurden (vorsätzlich?) zu Tode gespart und die maroden Strecken dann nach Jahren des Siechtums stillgelegt. Infrastruktur gilt ja als Investion für die kommenden Generationen, doch sie muß sinnvoll (nachhaltig) sein und man muß sie sich leisten können. Die Schweiz hat ein perfekt auch in der Fläche vertaktetes integrales öffentliches Verkehrsnetz, die Räder rollen erfolgreich im Dienste der Kunden. Da kann es sich die Schweiz getrost leisten, neue zukunftsweisende Großprojeke wie die Basistunnel von Lötschberg und Gotthard anzupacken, wohlgemerkt diese sind im Masterplan fix festgeschrieben und vom Volk per Entscheid gewünscht.

In Österreich zeigt sich aktuell folgendes Bild: Die Politik und die Staatsbahn haben ihre Hausaufgaben hinsichtlich des bestehenden Verkehrs keinesfalls gemacht, im Gegenteil, immer mehr wird der öffentliche Verkehr in der Fläche reduziert oder gar eingestellt und auch Hauptstrecken wie die Verbindungen Graz-Linz oder Graz-Salzburg stellen kein Tabu für eine Reduzierung bzw. Einstellung mehr dar. Und gleichzeitig fahren die Bagger und Tunnelbohrmaschinen auf, um mit Milliarden an Steuergeldern (das eigentlich gar nicht vorhanden ist) "Löcher in Berge zu graben" deren Nutzen für unser Land auch bei Experten höchst umstritten ist. So sehr Leuchtturmprojekte für die Eisenbahn zu goutieren sind, aber man muß sie sich leisten können und sie müssen einen nachweislichen Nutzen für das Land bzw. die Region bringen. In Zeiten begrenzter Mittel sind die Projekte nach ihrem Nutzen zu reihen (Prioritätensetzung) und dann abzuarbeiten. Großprojekte ("Monsterprojekte") dürfen nur dann angepackt werden, wenn die bestehenden Hausaufgaben gemacht sind, dh. ein moderner integraler Takt flächendeckend in Österrich eingeführt und etabliert ist.

Es ist ja schon wirklich grotesk, daß einerseits die Staatsbahn (unter Duldung oder auf Zuruf der Bundes-Politk) die Führung des IC-Vekehrs zwischen wichtigen Landeshauptstädten des Landes und durch bevölkerungsreiche Regionen wegen ein paar Millionen Euro einstellt, gleichzeitig aber bspw. ein Loch um mehrere Milliarden Euro durch die Koralpe gegraben wird, wo überhaupt kein nachhaltiger volkswirtschaftlicher Nutzen attestiert werden kann.

Dabei wurde - um bei dem Koralpenprojekt zu bleiben - vor wenigen Jahren dieses Projekt von der ÖBB auch als "nicht sinnvoll" erachtet aber nun wird es nach Interventionen aus der Politik offenbar wider besseres Wissens durchgedrückt. Wie letztens am Infrastruktursymposium in Wien zu erfahren war, werden ab 2018 alleine die Annuitäten für diese Aktivitäten mindestens 1,8 Milliarden Euro per anno betragen, wobei man weiß, daß dieses Geld ja gar nicht vorhanden ist. Wenn Kritik laut wird, dann wird gerne auf einen dieser nebulosen Transeuropäischen Korridore, hier den sogenannten "Baltisch-Adriatischen Korridor" verwiesen, wobei noch niemand wirklich konkret den wirklichen Bedarf und den Nutzen für Österreich auflisten konnte. Wenn man das Spiel der Staatsbahn aktuell im Ennstal oder anderswo auf die Koralmbahn überträgt, dann ist es gar nicht so unwarscheinlich, daß nach Fertigstellung des "Steirisch-Kärntnerischen Lochs" die ÖBB kundtut, daß kein gewinnbringender Personenverkehr dort möglich ist und sie daher nicht fährt, außer um ein paar läppische Millionen per anno. Bestes Negativbeispiel die Pontebbana (Tarvis-Udine). Vielleicht wird ja dann die GKB (Graz Köflacher Bahn) mir ihren Dieseltriebwägen auf der Hochleistungsstrecke Sonntagsausflügler von Graz durch das Loch nach Klagenfurt kutschieren.

Nachsatz: Ein Eisenbahn-Technik-Experte berichtete mir vor kurzem, daß in Österreich im Bereich Infrastruktur zu überdimensioniert, zu teuer gebaut wird, dabei Millionen (Milliarden?) verschleudert werden, die andernorts für den laufenden Betrieb fehlen. DEEF wird davon in einem eigenen Beitrag berichten.

Der Erfolg der Schweiz fiel auch nicht wie Mana vom Himmel

Die Schweiz gilt heute als Musterland des Eisenbahnverkehrs. Politik und Bevölkerung stehen hinter "ihrer Eisenbahn" und auch Großprojeke von -zig Milliarden Franken werden gemeinsam gestemmt. Doch der Erfolg fiel der Schweiz nicht in den Schoß und auch zeitlich gesehen brauchte es ein jahrelanges beharrliches Verfolgen des angestrebten Ziels um die Früchte des Erfolgs heute ernten zu können.

In Österreich startete man mit dem NAT 91 - Neuer Austrotakt 1991 - ein vielversprechendes Projekt, doch man ging das Ganze erstens zu schnell und unvorbereitet an und man hatte keinen langen Atem. Schon kurz nach Anlaufen dieses an sich höchst löblichen Projektes mit Taktverkehr zumindest auf den Hauptrouten wurde wieder gekürzt, die (politischen) Verhinderer gewannen Oberwasser und sukzessive wurde dieser Ansatz eines Integralen Taktverkehrs über die Jahre hin verstümmelt und zeigt sich heute nur mehr in traurigen Fragmenten. Man hat dem "Pflänzchen NAT" keine Chance gegeben sich zu entwickeln und da das Projekt nicht akkordiert in einem Masterplan verbindlich festgeschrieben war, konnte man ihm nach Lust und Laune "das Wasser abdrehen". In Summe höchst unprofessionell, aber diese chaotischen Zickzack-Kurse und Hüftschüsse haben in Österreich ja in vielen Bereichen Tradition. Nationaler Konsens zum Wohle des Landes, ein Schulterschluß, scheint in Österreich selbst in krisenhaften Zeiten ein Fremdwort für die Wadlbeisser und Konsorten zu sein.

Vor kurzem wurde seitens der Staatsbahn ein "Strategieplan Zielnetz 2025+" veröffentlicht - im Grunde ein "Wunschkonzert", nur mehr auf profitablen Hauptstrecken fahren zu wollen. Ein meilenweiter Rückschritt zum NAT 91 oder gar zum Integralen flächenmässigen Takt á la Suisse (Stichwort "Bahn 2000"). Aber die gute Nachricht: In Österreich haben langfristige Planungen meist sowieso keinen Bestand und sind das Papier nicht wert auf dem sie geschrieben oder gezeichnet sind. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt!

Zuviele Mitarbeiter bei der Staatsbahn - aber offenbar an den falschen Stellen

Ein Dauerthema in den politischen und medialen Debatten sind die bestehenden und ehemaligen Mitarbeiter der ÖBB. An dieser Stelle sei aber weder auf die angeblichen Privilegien noch auf die Pensionsregelungen eingegangen, das wäre ein Thema für einen separaten Beitrag. Thema soll aber sein, daß schon mehrfach darüber in den Medien berichtet wurde, daß die Mitarbeiter der ÖBB im Vergleich bspw. zur Schweiz zu wenig produktiv sind, dh. die Menge an transportierten Gütern (in Tonnen) bzw. die Anzahl der beförderten Personen je Mitarbeiter deutlich geringer sind als bspw. in der Schweiz. So war vor einiger Zeit auch von einem Top-Manager der SBB in den Medien zu lesen, daß die ÖBB im Vergleich zur SBB ca. 10.000 Mitarbeiter zu viel auf der Lohnliste haben. Umgekehrt ist aber zu beobachten, daß im Kundenkontakt immer weniger ÖBB-Mitarbeiter anzutreffen sind. Schalter an Bahnhöfen werden geschlossen, Mitarbeiter durch Automaten ersetzt, viele Bahnhöfe sind Geisterbahnhöfe, wo nicht mal mehr Fahrdienstleiter anzutreffen sind.

Neuerdings werden Kunden sogar mit Strafe bedroht, wenn sie sich die Fahrkarte nicht vor der Fahrt (am Automaten) kaufen, denn immer mehr Züge im Nahverkehr sind ohne Schaffner (Zugbegleiter) unterwegs. Ja sogar im Fernverkehr wird (bei der Staatsbahn) bei der Kundenorientierung gespart und Zugbegleiter eingespart. So ist im Railjet nur 1 ÖBB Zugbegleiter anzutreffen. Wenn der Railjet allerdings gen Westen in die Schweiz fährt, dann kommen statt 1 ÖBB Zugbegleiter 2 SBB Zugbegleiter an Bord. In Salzburg ist zu beobachten, daß die DB sogar 3 Zugbegleiter für die Weiterfahrt nach München einsetzt. Die neue WestBahn will ab Ende 2011 sogar pro Wagen einen Zugbegleiter / Steward aufbieten, der sich umfassend um das Kundenwohl kümmern soll. Offenbar läuft da innerbetrieblich (gewerkschaftlich??) einiges falsch bei der Staatsbahn, einerseits angeblich 10.000 Mitarbeiter zu viel und andererseits kaum mehr Mitarbeiter direkt beim Kunden. Offenkundig gibt es zuviele Häuptlinge ("Manager"), die in ihren Tintenburgen sitzen und sich nicht zum Kunden wagen. Gestandene Eisenbahner mit Herzblut sind immer seltener anzutreffen.

Die ÖBB als Schönwetterbahn

 

Wir sind 1 ÖBB?

Das ist - sehr zum Nachteil des Betriebsablaufs und der Kunden - seit Mitte der 2000er Jahre Geschichte. Betriebswirtschaftlich angelesene Manager haben offenbar den per se nicht als negativ zu bewertenden Begriff "Profit Center" zu wörtlich genommen und das Unternehmen ÖBB in zahlreiche selbständige Gesellschaften (bspw. Infrastruktur, Personenverkehr, Immobilien...) filetiert und darüber eine Holding gestülpt. Mit zahlreichen negativen Folgen für den internen Betriebsablauf, die innerbetriebliche Kommunikation und das Zusammengehörigkeitsgefühl. Ein Eisenbahner hat mir einmal erklärt: "Um einen Waggon von Gleis 5 auf Gleis 1 zu rangieren müssen 3 Gesellschaften bemüht werden. Mit allem was dazugehört: Unterschriebener und tw. ins Nachbarzimmer gefaxter Bestellung, Gegenzeichnung, gegenseitiger Faktura etc.". Man hört geradezu den Amtsschimmel wiehern! Gegenüber den Kunden, die ja im Prinzip nur mit der ÖBB Personenverkehrs AG zu tun haben,  wird gerne auf die eigene Unzuständigkeit verwiesen, "man putzt sich ab". Nicht nur in Hinblick auf die neuen Mitbewerber - aber auch - muß das Credo der ÖBB lauten: "Wir sind 1 ÖBB, gemeinsam sind wir stärker". Und es heißt "gemeinsam in die Hände zu spucken" zum Wohle des Unternehmens wie auch der Kunden!

Der Umgang mit dem historischen kulturellen Erbe - VVV - Verluderung, Verschrottung und Verscherbelung

Wurden vor nicht allzu langer Zeit auch in Österreich die historischen Fahrzeuge (Lokomotiven, Triebwägen, Waggons) an zahlreichen Traktionsstandorten (Paradebeispiel Selzthal) liebevoll für die Nachwelt bewahrt und blank geputzt imagefördernd im Rahmen von regelmässigen Nostalgiefahrten eingesetzt, so erfolgte im Gefolge der Umstrukturierungsmassnahmen des Staatsbahn-Konzerns ("Filettierung") ein Kahlschlag beim historischen Erbe. Beispielsweise wurden die europaweit bekannten und äusserst beliebten gut gebuchten Nostalgiefahrten vom Traktionsstandort Selzthal aus ("Bahnerlebnis Steiermark" mit Fahrten durchs Gesäuse, zum Erzberg, durchs Salzkammergut, nach Passau) von heute auf morgen gestrichen, die wertvollen historischen Lokomotiven aus dem denkmalgeschützten Rundlokschuppen von Selzthal abgezogen ("Plünderung") und großteils nach Wien verfrachtet. Dort stehen die wertvollen Stücke teilweise mangels Unterstell- und Wartungsmöglichkeit im Freien und Verrosten. Teilweise wurde historisches Material auch verschrottet oder ins In- und Ausland verscherbelt. Dabei hatten es nicht alle Oldtimer so gut wie die E-Lok 1245.05, die nach der Abholung aus Selzthal und einem kurzen Aufenthalt in Wien nun ein gutes Platzerl bei den Kärntner Nostalgiebahnen gefunden hat und seit 2011 regelmässig für Nostalgiefahrten des privaten Vereins eingesetzt wird. Neben den Nostalgiefahrten von Selzthal aus fielen u.a. auch die beliebten und tourismusfördernden Nostalgiefahrten von den (ehemaligen) Traktionsstandorten Saalfelden (entlang der Giselabahn / Brixentalbahn von Zell am See nach Wörgl) und von Innsbruck (entlang der grandiosen Mittenwaldbahn) dem Zentralismus zum Opfer. Die ÖBB Erlebnisbahn organisiert zwar nach wie vor Nostalgiefahrten, doch diese sind regional überwiegend auf die Ostregion konzentriert und vom Einsatz des historischen Materials her eher monoton und schmalbrüstig.

Wie die Nostalgiefahrten so lebt auch der Museumsbetrieb überwiegend vom Engagement privater Vereine (bspw. ÖGEG - Österreichische Gesellschaft für Eisenbahngeschichte - in Ampflwang oder NBiK - Nostalgiebahnen in Kärnten), der öffentlichen Hand ist offenbar das kulturelle Erbe nichts wert. Nach wie vor gibt es kein wirkliches Österreichisches Eisenbahnmuseum, das die gesamte Palette der österreichischen Eisenbahngeschichte abbildet. Eigentlich ist seit Jahrzehnten das Technischen Museum in Wien dafür vorgesehen, aber die dafür notwendigen Gelder wurden nie in die Hand genommen. Aus Platzmangel werden zahlreiche Exponate des Technischen Museums im Eisenbahnmuseum Straßhof gelagert, das sich als Österreichisches Ersatz-Eisenbahnmuseum etabliert hat.

Für ein reiches Land wie Österreich, das nicht müde wird, bei jeder Gelegenheit zu betonen, welch große Kulturnation man doch ist, zeigt sich hinsichtlich der Pflege der Technikgeschichte ein jämmerliches Bild. Will Österreich als wahre Kulturnation gelten, so muß neben Mozart, den Wiener Sängerknaben und den Lipizzanern auch Platz (und Geld) für die Pflege der technischen Errungenschaften des Landes sein.

Nachsatz: Die Geringschätzung der Eisenbahngeschichte zeigt sich immer deutlicher auch bei den diversen von der Staatsbahn organisierten Eisenbahnjubiläen, die den eigentlich Anlaß des Feier so gut wie nie historisch aufbereitet dem Publikum präsentieren. Stattdessen gibt es "eisenbahnhistorische Conviniencekost" für die Besucher: Hüpfburg, Blasmusik (Live oder aus der Konserve), Würstl, Bier, Limo, Werbestand mit Kugelschreiber und Abzugbildl sowie ein Talent oder eine Taurus. Aber man muß ja fast schon froh sein, wenn ein Jubiläum überhaupt stattfindet und nicht "vergessen" wird wie bspw. 2011 das Jubiläum "150 Jahre Passauer Bahn".

Die Rolle der Medien: ÖBB - Prügelknabe der Nation

In Österreich hat es ja schon Tradition, daß man neben dem Österreichischen Bundesheer auch die Österreichische Bundesbahn regelmässig durch den medialen Kakao zieht und beide Institutionen regelmässig Prügel abkriegen. Offenbar hat die Sicherheit des Landes genauso wenig Gewicht wie ein funktionierendes öffentliches Verkehrssystem, Ausgaben dafür sind - wenn schon überhaupt nötig - so doch auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Sicherheit und umweltfreundlicher Verkehr sind dem Österreicher - im Unterschied zu den Schweizern - offensichtlich nichts wert. Die dauernde und oftmals sachunkundige Negativ-Berichterstattung der "Journaille" zeigt natürlich Wirkung, das Image beider Institutionen ist im Keller angelangt. Beide Institutionen wurschteln sich tagein tagaus irgendwie über die Runden. Bei zahlreichen Journalisten ist ein eklatantes Wissensdefizit festzustellen, die Recherchen - so sie überhaupt erfolgten - sind ungenügend und fehlerhaft. Aber nach dem Motto "only bad news are good news" wird regelmässig auf die Eisenbahn eingedroschen. Hier ist entschieden mehr Qualitätsjournalismus gefragt, der erstens seriös recherchiert und dann zweitens wertfrei berichtet und auch durch Lösungsvorschläge ein positives Gesprächsklima schafft.

Die Defizite in der Qualität des Reisens

Abschließend noch ein paar stichwortartige Anmerkungen zum Reisen mit der Bahn an sich, Kriterien, die die Kundenzufriedenheit und die Weiterempfehlungsrate unmittelbar in positiver wie negativer Weise beeinflussen können. Einige dieser Punkte werden an anderer Stelle einer näheren Erläuterung unterzogen.

Bahnhöfe:

Konnte man Bahnhöfe früher mit Fug und Recht als  "Kathedralen der Mobilität" bezeichnen, in denen man bspw. in Bahnhofsrestaurants speiste, wo selbst das Restaurant 2. Klasse heutige Gourmettempel und Luxushotels alt aussehen lassen würde, so gibt man sich heute - von Ausnahmen abgesehen - deutlich "bescheidener". Die im Rahmen der nicht gerade billigen "Bahnhofs-Offensive" sanierten bzw. neugebauten Bahnhöfe zeigen sich oftmals "verschlimmbessert", architektonisch wertlose 0815-Bauten, in denen man sich rundum unwohl fühlt und deshalb schnellstmöglich verlassen möchte. Es zieht im gläsernen Wartekobl, der Toilettenautomat muß mit Kleingeld gefüttert werden, das Buffet oder Restaurant wurde geschlossen, zum Einkaufen gibt es auch nichts mehr etc...  Parallel dazu werden in vielen Städten und Gemeinden Postämter geschlossen, öffentliche Toiletten sind Mangelware oder sie wurden ebenfalls geschlossen, Einkaufsmöglichkeiten am Abend oder am Wochenende existieren nicht. Was läge daher näher als die Kräfte zu bündeln und Bahnhöfe als lokale und regionale Dienstleistungszentren zu etablieren (Beitrag von DEEF zu diesem Thema ist in Ausarbeitung).

Mängelliste Bahnhöfe/Haltestellen:

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Statt wärmenden und freundlichen Holzbänken kalte unpraktische Nirosta-Sessel an den Bahnsteigen

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Bahnhofsrestaurants / Buffets werden geschlossen, Mieter hinausgedrängt

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Wenn Verpflegungsmöglichkeiten, dann meist irgendwelche Ketten, keine Sitzmöglichkeit mit Rückzugsbereich

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Geschäfte am Bahnhof werden geschlossen

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Kein persönlicher Fahrkartenverkauf sowie Auskunftsmöglichkeit selbst auf grösseren Bahnhöfen

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Computerschränke statt Fahrdienstleitern

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Geisterbahnhöfe locken Vandalen an, das Unsicherheitsgefühl steigt, als letzte Maßnahme werden  Bahnhofsgebäude versperrt (bestes Beispiel Villach Westbahnhof, das Jugendstilgebäude wurde aufwendig restauriert, gleichzeitig das Personal abgezogen und Geschäfte geschlossen - Fazit: Vandalen verunstalteten das frisch restaurierte Gebäude, das daraufhin versperrt wurde!)

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Blumenschmuck sucht man immer öfter vergeblich auf Österreichs Bahnhöfen, detto wird mancherorts (bspw. in Bad Goisern) Mitarbeitern und Kunden der Christbaum vorenthalten - das käme zu teuer hieß es aus der Manageretage

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Die Staatsbahn versucht immer öfter, Arbeitsleistungen im Bahnhofsbereich an die Kommunen abzuschieben (bspw. Reinigung, Schneeräumung u.ä.)

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In einer Tourismusregion wie dem inneren Salzkammergut (warscheinlich auch in anderen Gegenden) gibt es keine Aushangfahrpläne mehr für Betriebe im Fremdenverkehr - Hotels und andere Fremdenverkehrseinrichtungen wären wichtige Botschafter und Multiplikatoren für den umweltfreundlichen öffentlichen Verkehr

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Tw. verschlossene Warteräume und WC-Anlagen im alten Aufnahmsgebäude (verbretterte Türen und Fenster), daneben am Bahnsteig ein unbeheizter Glaskobl als Warteraum

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Die Möglichkeit sein Gepäck zu deponieren (Schließfächer, Gepäckaufbewahrung) ist ungenügend. Vor wenigen Tagen wurde die "Bahnhofs-City" im umgebauten Wiener Westbahnhof eröffnet. Durch diesen "Immobiliendeal" lukriert die Bahn zwar vermehrt Mieteinnahmen - der Bahnhof wurde zur Shopping-Mall mit den diversen "Allerweltsläden" - allerdings gibt es zu wenig Schließfächer und die Gepäckaufbewahrung wurde ganz geschlossen. Vor wenigen Tagen beobachtet und auch aufgrund eigenem  Bedarf verärgert zur Kenntnis genommen: Alle Schließfächer waren entweder belegt oder wegen Defekt außer Betrieb genommen

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Ein Beitrag von DEEF zur Situation der Bahnhöfe / "Bahnhofs-Offensive" ist in Ausarbeitung

 

Wagenmaterial:

Wir haben in Österreich durch den geplatzten Lok-Pool-Deal Lokomotiven im Überfluß (Altbauloks werden trotz Funktionsfähigkeit verschrottet - wir können uns das offenbar leisten, in der Schweiz werden Altbauloks gepflegt), aber wir haben immer noch zu wenig einsatzfähige (moderne) Waggons. Mit der Einführung des Railjets, der sukzessive immer mehr IC/EC-Garnituren ersetzt, wurde verkündet, das dadurch frei werdende höherwertig Wagenmaterial wird dann auf anderen Strecken eingesetzt und dient zweitens als Reserve für "starke Reisetage" bzw. Defekten oder wartungsbedingtem Ausfall. Doch siehe da, man hat die Kunden und den Steuerzahler belogen: Die modernen vom österreichischen Steuerzahler finanzierten IC/EC-Waggons wurden bis dato nach Belgien, Holland und nach Tschechien verscherbelt anstatt dem österreichischen Bahnreisenden zu Gute zu kommen.

Auf den Verbindungen der Landeshauptstädte Linz-Graz und Salzburg-Graz werden im Fernverkehr zunehmend Nahverkehrswägen ohne Komfort, ohne 1. Klasse und ohne Möglichkeit zu arbeiten (keine Tische, keine Steckdosen) und ohne Bewirtschaftung angeboten. Welch´Niedergang, den die Bahnmanager und Politiker da zu verantworten haben!

In letzter Zeit werden auch die bewährten Dieseltriebwägen 5047 scheibchenweise ins Ausland verkauft (Ungarn / Raab Ödenburger Eisenbahn), die neu angeschafften Dieseltriebwägen Desiro (von Bahninsidern "Desastro" genannt) entpuppten sich zumindest anfangs als störanfällig und können weder vom Ambiente noch vom Komfort her die Kunden wirklich begeistern.

Das in den letzten Jahren beschaffte Wagenmaterial entpuppte sich generell - trotz gegenteiliger Kampagnen der Marketingabteilungen - in vieler Hinsicht als dem alten oftmals unterlegen. "Wohnzimmer-Atmosphäre" sucht man im neuen Wagenmaterial - gleich ob Railjet, Talent oder Desiro - vergeblich.

Weiters wird das Wagenmaterial oftmals falsch eingesetzt - S-Bahngarnituren Talent finden sich auf Laufwegen von 100 km oder mehr (bspw. Salzburg-Linz, Salzburg-Wörgl, Linz-Stainach Irdning, Linz-Selzthal etc.) - das ist eine Zumutung für die Reisenden.

Durch Personal- und Kosteneinsparungen nimmt man es auch mit der Wartung der Waggons und Triebwägen nicht mehr so genau. Was auch nach Aussage zahlreicher Zugbegleiter mitverantwortlich für die immer öfter zu bemerkenden Ausfälle von Heizungen, Klimaanlagen und WC verantwortlich ist.

Richtige Speisewägen sind immer seltener zu finden, diese werden aber besonders von "bahnaffinen Personen" - und von diesen gibt es mehr als so mancher denken mag - sehr geschätzt. Beim Railjet hat man diesbezüglich ja einen kapitalen Bock geschossen - ein paar nett designete aber von Anzahl und Funktionalität nicht ausreichende Bistro-Tischchen wurden dem bis dato verwöhnt im Vollspeisewagen reisenden Kunden (bspw. Transalpin) zugemutet. Als der Unmut der Kunden trotz Propaganda der Marketingabteilung nicht verebben wollte werden aktuell um teures Geld die Bistrowägen zu "Halbspeisewägen" umgebaut - ein Vollspeisewagen wird daraus aber leider nicht.

Neuerdings sucht man auch auf Destinationen quer durch ganz Österreich, von Bregenz bzw. Landeck nach Wien vergeblich einen Speisewagen. Gut 7 Stunden Fahrt und kein Speisewagen, das war vor nicht allzu langer Zeit völlig undenkbar und stellt einen weiteres Indizit für den Niedergang der Reisekultur auf Schienen dar. Auch der seit Fahrplanwechsel 2011/12 mit ÖBB-Garnituren geführte IC 118 von Salzburg nach Münster (Westfalen) führt auf seiner 1.240 km langen Fahrt!! (13,5 Stunden Dauer) keinen Speisewagen mehr mit, den die bis dato eingesetzte DB-Garnitur natürlich hatte. ÖBB-Speisewägen gondeln dafür verstärkt nach Italien, die 5 täglichen Verbindungen der DB-ÖBB-EC, die seit 2011/12 ausschliesslich mit ÖBB-Garnituren geführt werden, binden aufgrund der Umlaufpläne in Summe bis zu 13!! Speisewägen. Gleichzeitig wird "dienstlich" bekannt, daß Speisewägen, die eigentlich für eine Renovierung vorgesehen waren, seit 10 Jahren im Freien abgestellt sind und ob der Witterungseinflüsse nun offenbar nur mehr zur Verschrottung taugen.

Masterplan Verkehr und Governance als Steuerungs-Tool

Das Governance-Rad nach Alfred Kyrer und Michael Populorum, 2007

Das Governance-Rad nach Alfred Kyrer und Michael Populorum, 2008. Graphik entnommern dem bis dato unveröffentlichten Beitrag von Michael Populorum zur Military Governance:  "Das Österreichische Bundesheer - vom Think Tank zum Sinktank"

 

Forderung "13 Maßnahmen für einen prosperierenden  Schienenverkehr in Österreich":

Vorrang für die Schiene: Dem öffentlichen Verkehr muß oberste Priorität beim Neubau, Ausbau und laufenden Betrieb eingeräumt werden. Schiene statt Strasse (Personen- wie Güterverkehr) und öffentlicher Verkehr statt Individualverkehr muß das Credo für die Zukunft lauten

Masterplan & Governance: Festschreibung der Ziele, der Umsetzung, Finanzierung und der Evaluierung in einem verbindlichen Generalverkehrsplan bzw. Masterplan und dazu Governance als Steuerungs-Tool

Modal Split: Intelligente Lösungen in der Vernetzung der Verkehrsträger sind anzudenken bzw. auszubauen (bspw. Car Sharing), immer jedoch unter dem Primat des umweltfreundlichen Öffentlichen Verkehrs

Politik "Handeln statt schwätzen": Die Politik ist letztverantwortlich auch für dieses momentane Desaster im öffentlichen Verkehr und Hauptschuldige für den Niedergang der Eisenbahn. Neben mehr Fachkompetenz ist auch mehr Herzblut für den öffentlichen Verkehr allgemein und die Eisenbahn im besonderen von den handelnden Politikern zu fordern. Und: Weg von reinen Lippenbekenntnissen in Sonntagsreden, Handeln statt schwätzen ist angesagt

Volkswirtschaftlich Denken: Öffentlicher (Schienen-) Verkehr ist als volkswirtschaftliche Leistung zu sehen, die zur Standortsicherung und zur Lebensqualität einer Region bzw. des ganzen Staates beiträgt. Der öffentliche Verkehr kann daher nicht betriebswirtschaftlich wie bspw. ein Würstelstand gesehen werden, wobei im operativen Geschäft selbstverständlich nach kaufmännischen Regeln zu handeln ist und das volkswirtschaftliche Denken keinen Freibrief für sinnlose Geldverschwendung (des Steuergeldes) darstellt.

Tagesgeschäft vor Prestigedenken: Wiewohl Leuchtturmprojekte für die Schiene zu goutieren sind, so hat der laufende Betrieb eindeutig Vorrang vor milliardenverschlingenden Monster-Prestigeprojekten á la Koralmbahn, bei denen der Nutzen bestenfalls zweifelhaft und wenn dann erst in Jahren oder Jahrezehnten gegeben sein könnte. Erst wenn wie in der Schweiz die Hausaufgaben gemacht sind (Integrierter flächendeckender öffentlicher Verkehr) können wir es uns in Österreich eventuell leisten, solche Projekte anzupacken.

Politik schafft Rahmenbedingungen: Die Politik bzw. der Staat muß für die notwendigen Rahmenbedingungen zur Forcierung des öffentlichen Verkehrs sorgen und den Ausbau auch finanziell adäquat bedecken. Auf einer vom Staat errichteten und gewarteten Infrastruktur werden Lizenzen zum Betrieb des Personen- wie des Güterverkehrs vergeben. Diese Vergaben müssen stringent, transparent, neutral und im Sinne des für die Bahnkunden (Buskunden) besten Angebotes erfolgen. Nah- wie Fernverkehr müssen öffentlich ausgeschrieben werden, eine Freihandvergabe an den Platzhirschen Staatsbahn ist zumindest sittenwidrig

Freien Wettbewerb forcieren: Ein Blick über den Tellerrand ins Ausland aber auch inländische Beispiele (siehe Pinzgabahn) belegen, daß private Unternehmer offenbar in der Lage sind bzw. Willens sind, Strecken, die die alten Betreiber als unrentabel bezeichnet haben und sie nach jahrelangem vorsätzlichem Abwirtschaften liquidieren wollen, erfolgreich zu führen. Prinzipiell spricht ja nichts gegen eine "Staatsbahn", wenn diese ihre Aufgaben zum Wohle eines prosperierenden Schienenverkehrs erfüllt. Das scheint aber aktuell in zahlreichen Fällen nicht mehr der Fall zu sein und gepaart mit politischem Desinteresse und Versagen auf allen Linien sind hier neue Strukturen gefragt. Der Staat hat die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen und einen freien aber fairen Wettbewerb zum Wohle der Kunden und des Gemeinwohls zu fördern. Hier zeigen sich aktuell gravierende Defizite, politisch wird - wenn überhaupt - nur reagiert statt agiert und die Reaktionen scheinen auch nicht wirklich professionell zu sein.

Einführung einer echten Österreich Card (Austroticket) nach Schweizer Vorbild. Diese Karte (Generalabo) wird seit Jahren versprochen, ist auch im Regierungsübereinkommen aktuell zu finden, aber  auch Frau BM Bures  scheint es damit nicht erst zu sein. Als 1. Schritt Anerkennung von Vorteilscard und Österreich Card in der jetzigen Form bei den konzerneigenen Post- und Bahnbussen

Integrierter Taktfahrplan: Wie im NAT 91 begonnen und in der Schweiz umgesetzt (Bahn 2000) und auch in Bayern partiell vorexerziert ("Bayern Takt") ist eine Vernetzung in einem 1. Schritt vom Schienenverkehr auf den Hauptstrecken (analog leistungsstarke Back-Bones in der IT) mit dem der Nebenstrecken umzusetzen. Taktverkehr auch in der Fläche mit direktem Anschluß von und zur Hauptstrecke, ein verdichtendes Busnetz ist darauf abzustimmen

Sofortiges Verbot von Streckenliqudierungen: Statt Strecken kaputtzusparen um sie dann leichter liquidieren zu können ist in die Offensive zu gehen - Erhebung des Potentials, Aus- und auch Neubau von Nebenstrecken, Angebot und Anreize für die (potentiellen) Kunden schaffen in Form von modernem Rollmaterial, Stunden- bzw. Zweistundentakt etc. Eine neue (Lokal-) Bahn-Offensive ist gefordert!

Stundentakt: Stundentakt zwischen allen Landeshauptstädten und wichtigen Zentralorten, 2 Stunden Takt in der Fläche als Mindestangebot

Qualität des Reisens: Modernes Rollmaterial, das hinsichtlich Funktionalität und Wohlfühlfaktoren state of the art ist und von Experten und nicht von Schreibtischtätern in der Vorstandsetage nach transparenten Richtlinien bestellt wird. 1. und 2. Wagenklasse in allen Zügen (mit Arbeitsmöglichkeiten an möglichst vielen Plätzen) sowie Speise- und Bistrowagen bzw. im Nahverkehr Mobiles Service müssen selbstverstänflich sein

Respektvoller Umgang mit dem eisenbahnhistorischen kulturellem Erbe:

Beitrag finalisiert  am 10.12.2011, dem Vortag des Fahrplanwechsels, im IC 513 auf der Fahrt von Salzburg nach Graz. Diesen Zug wird es ab morgen (bis auf weiteres) nicht mehr geben ... RIP -

Die Rückfahrt war mit dem ebenfalls letztmalig verkehrenden IC 610 ab Graz um 15.38 geplant - Erstaunen, nein volle Verärgerung, als Garnitur wurde eine reine City Shuttle Garnitur bereitgestellt, ohne Service und 1. Klasse. "Vorwehen auf morgen" sagte der ebenfalls erstaunt wirkende und mit zahlreichen Beschwerden wie "Wo sind die Abteile" konfrontierte Schaffner. Die österreichische Staatsbahn scheint sich wirklich auf das Niveau einer Balkanbahn hinzubewegen. Offenbar konnte man es gar nicht erwarten, die eigentlich zum Einsatz kommenden IC-Wagen ins Ausland zu verscherbeln. Da ich arbeiten wollte nahm ich den EC nach Wien Meidling und dann den RJ nach Salzburg. Ankunft über 3 Stunden später aber zumindest nicht 4 Stunden in Nahverkehrszügen ohne Arbeitsmöglichkeit....Eine spontane  Beschwerde war übrigens nicht möglich, der ebenfalls entsetzt wirkende MA in der Lounge in Graz gab mir eine Telefonnummer, wo sich allerdings nur ein Band meldete mit dem Hinweis "Montag bis Freitag 8-17 Uhr". Die nächste kundenunfreundliche Einsparung also...

>>> to be continued...

Links / Literatur:

Zum Niedergang der Reisekultur auf Schienen - ein Reader in mehreren Teilen Teil 0 Prolog >>>

Zum Niedergang der Reisekultur auf Schienen - ein Reader in mehreren Teilen Teil 1 "Von schmutzigen und kaputten Dingen" >>>

Zum Niedergang der Reisekultur auf Schienen - ein Reader in mehreren Teilen Teil 2 "Der Railjet - Top oder Flop?" >>>

Zum Niedergang der Reisekultur auf Schienen - ein Reader in mehreren Teilen Teil 3 "Die Verschlimmbesserung der Bahnhöfe - Die ÖBB-Bahnhofs-Offensive" >>> in Planung

Zum Niedergang der Reisekultur auf Schienen - ein Reader in mehreren Teilen Teil 4 "Von der Schliere zum Tupper-Gschirrl - Was heute so auf Schienen rollt" >>> in Planung

Zum Niedergang der Reisekultur auf Schienen - ein Reader in mehreren Teilen Teil 5 " Die Verpflegung auf Reisen - Speisewägen und Bahnhofs-Restis" >>> in Planung

          Austrotakt NAT 91 Eisenbahn. DEEF / Dr. Michael Populorum 2011    

"Das waren noch Zeiten" - 1991 grosse Aufbruchstimmung mit dem "NAT - Neuer Austrotakt 1991" - Die Umsetzung des integralen Taktfahrplans, der höchst erfolgreich startete, wurde bald von mehreren Seiten "torpediert"

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Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF;  Erstmals online publiziert: 10. Dezember 2011; Änderungen/Ergänzungen: 19. Januar 2012

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Last modified  Sonntag, 24. Mai 2015 22:13:41 +0200
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