DEFF Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung Dr. Michael Populorum AustriaEisenbahnforschung # Eisenbahn-Archäologie # Eisenbahn-Geographie # Eisenbahn-Geschichte

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Vom Brenner nach Gossensass - eine eisenbahnarchäologische Wanderung durch das frühlingshafte Wipp- und Pflerschtal:
Teil 3 "Schelleberg / Moncucco"

Nach Verlassen des devastierten Bereichs rund um das Portal des neuen Pflerschtunnels geht es noch auf einer langen Geraden direkt neben der Staatsstrasse weiter, dann endlich löst sich die alte Trasse von der Staatsstrasse und der Autobahn. Die Autobahn zieht an der anderen Talflanke hoch oben und natürlich vom ganzen Tal aus sichtbar weiter, die alte Bundesstrasse zieht in Serpentinen direkt hinab nach Gossensass. Das kann die Eisenbahn allerdings bekanntlich nicht, außer sie hätte Zahnstangen. Daher zieht das Trassee kilometerlang entlang der Lehne das ganze Tal ausnutzend und dann noch unter zusätzlicher Ausnutzung des einmündenden Pflerschtales (Alter Pflerschtunnel, ein Kehrtunnel) langsam aber sicher nach unten. Diese geniale Taktik der alten Eisenbahningenieure stellte sicher, daß die Neigung der Brennerbahn maximal nur 25 Promille, auf der Südrampe max. 22,50 Promille ausmacht. Und den Reisenden war vergönnt, sich an der prächtigen Landschaft zu delektieren, anstatt in einer finsteren Röhre mit verschlagenen Ohren kämpfen zu müssen wie heute.

Brennerbahn  - auf den Spuren der alten Brennerbahn vom Brenner bis nach Gossensaß. Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung 2011Obwohl Ferienzeit sind nur wenige Radler an diesem Tag unterwegs, so alle 10-15 Minuten kommt ein Biker entgegen oder überholt mich. Auf Schusters Rappen war ich als einziger unterwegs. Sieht man von den Tunnels sowie dem Bahnhofsgebäude in Schelleberg / Moncucco ab, gibt es überraschend wenig Eisenbahn-Relikte zu entdecken. Man hat hier diesbezüglich Tabula rasa gemacht.

Bis Schelleberg radelt oder wandert man durch 2 Tunnels (einer mit zusätzlicher Steinschlaggalerie) durch, die mit automatischer Beleuchtung (Lichtschranke) versehen sind. Sehr löblich. Weiters machen die Hänge und vor allem Tunnelportale einen sehr gut gegen Steinschlag geschützten Eindruck. Das beruhigt. Die Länge der Tunnels ist angeschrieben, die Namen sind bis dato unbekannt.

 

Tunnel 1: Länge 130 m plus Steinschlaggalerie am südlichen Ende

Tunnel 2: Länge 90 m

Nach Tunnel 1 ein Bahnwärterhaus mit schnatternden Gänsen, einer Katze, großes Durcheinander. Rauch kommt aus dem Schornstein. Wirkt wie ein Zigeunerplatz. Schade daß alles so verfällt, von einer Nutzung bspw. des Bahnhofs Schelleberg als Jausenstation ist nach wie vor nichts in Sicht.

Von den Jugendlichen, die sich tw. in den Hütten und Häuschen eingenistet haben sollen (Internetbericht), habe ich nur 2 Jungs getroffen direkt über Gossensass, die gerade an der Demontage ihres Baumhauses waren. "Wegen des Radweges", sagte der eine mit einem stolzen Tiroleradler auf seinem Polo. Auf meine Frage nach seiner Herkunft meinte er „einen Stock höher, aus Brennerbad“. Sein Freund (beide so um die 15) ist aus Gossensass. Ich fragte ob sie wissen, ob man den alten Pflerschertunnel gefahrlos durchwandern kann. Das konnten sie mir leider nicht sagen. Ist ja schließlich schon wieder 3 Häuser weiter.

Ich hatte doch in einem Internetbericht gesehen, als nach dem Abbau der Gleise und vor Errichtung des Radweges, als es dort nur groben Schotter gab, daß ein paar Offroader mit einem Geländewagen und Enduro durchgefahren sind und im Tunnel haben sie begleitende Jugendliche vor einem gefrorenem Wasserfall (Wassereinbruch) posierten.

Der Bahnhof von Schelleberg/Moncucco macht einen bedauernswerten Eindruck - noch steht der integrierte hölzerne Wasserturm, aber ein Betreten erschien mir gefährlich und ob des kreuz und quer liegenden Müll auch schwierig. Bleibt abzuwarten was aus der einst von zahlreichen "hochwohlgeborenen" und bekannten Persönlichkeiten frequentierten Station werden wird. In der Belle Epoque war es ja so, daß zahlreiche Reisende in Schelleberg ausstiegen und den Weg direkt hinab nach Gossensaß zu Fuß zurücklegten, während der Zug noch kilometerlang weiter den Talkessel ausfuhr. In Gossensaß stiegen sie dann wieder zu. Alle Bahnhöfe an der Strecke wurden übrigens von Architekt Wilhelm von Flattich (1826-1900) entworfen. Der Haltepunkt Schelleberg wurde wie die Station Brennerbad 1978 aufgelassen.

Ein Ausschnitt aus den geschossenen Bildern

Brennerbahn  - auf den Spuren der alten Brennerbahn vom Brenner bis nach Gossensaß. Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung 2011

Brennerbahn  - auf den Spuren der alten Brennerbahn vom Brenner bis nach Gossensaß. Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung 2011

Tunnel 1: Länge 130 m, die Hälfte des ehem. Gleisbettes ist auch im Tunnel asphaltiert. Automatische Beleuchtung, man fühlt sich sicher.
Nach der Steinschlaggalerie ländliche aber chaotische Idylle

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Die Kilometrierung beginnt in Verona Porta Nuova, also das südliche Tunnelportal mit dem Wärterhäuschen liegt bei km 233 von Verona.

Beide Tunnels können per pedes auf einem Steig mit Stiege umgangen werden - ehem. militärischer Grund?

Brennerbahn  - auf den Spuren der alten Brennerbahn vom Brenner bis nach Gossensaß. Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung 2011

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Tunnel 2 ist 90 m lang. Äußerst idyllisch mit tollen Berg- und Talblick liegt das nachfolgende Wärterhäuschen. Aber es verfällt. Das einzig entdeckte Kilometrierungsschild (Bild siehe weiter oben) - auf der österreichischen Seite des Brenners gibt es alle 100 m einen Stein, hier Fehlanzeige. Gab es hier keine mehr oder wurden alle so lückenlos entfernt?

Brennerbahn  - auf den Spuren der alten Brennerbahn vom Brenner bis nach Gossensaß. Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung 2011

Brennerbahn  - auf den Spuren der alten Brennerbahn vom Brenner bis nach Gossensaß. Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung 2011

Einst tummelten sich noble Gäste - der Bahnhof von Schelleberg hätte viel zu erzählen. Bleibt zu hoffen, daß er wieder wachgeküßt wird.

Auch die Jugendlichen haben offenbar die Station wieder verlassen.

Tolles Panorama vom Bahnhof aus und Tiefblick auf das in kurzer Distanz liegende Gossensass (Foto rechts unten)


Ein kleiner Hinweis zu den
Höhen- und Neigungsverhältnissen sowie den Entfernungen (nach V.Röll):

Brenner 1.370 m - Schelleberg 1.241 m: Entfernung 7,876 km, Höchstneigung 22,50 Promille, Durchschnittsneigung 16,40 Promille

Schelleberg 1.241 m - Gossensass 1.065 m: Entfernung 8,51 km, Höchstneigung 22,50 Promille, Durchschnittsneigung 20,71 Promille

(ehem. Haltepunkt Pflersch/Fleres 1.130 m?)

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Der letzte Zug auf dieser Strecke fuhr übrigens am 14.11.1999 - dazu ein Video auf YouTube: http://www.youtube.com/watch?v=PrYyWc58xgI

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Weiter zum Teil 4 des Readers: Von Schelleberg/Moncucco über den Pflerschertunnel nach Gossensass >>>

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Eisenbahnarchälogische Wanderungen südlich des Brenners, Band 1: Vom Brenner nach Gossensass

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Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF;  Erstmals online publiziert: April 2011; Änderungen: 22.10.2016

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Last modified  Samstag, 22. Oktober 2016 10:29:36 +0200
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