Im Rahmen meiner Exkursionen in den südlichen Teil Tirols machte ich an
einem warmen sonnigen Maitag in Franzensfeste (vulgo Fortezza) Station.
Zum einen wollte ich diesen wichtigen Eisenbahnknoten (Brennerbahn,
Pustertalbahn) und sein original erhaltenes hölzernes Bahnhofsgebäude
dokumentieren, zum anderen spielt der Raum Franzensfeste auch eine
wichtige Rolle im Kontext der Neuen Brennerbahn. Etwas nördlich des
jetzigen Bahnhofsgeländes wird das Südportal des Brennerbasistunnels die
Züge aus dem Norden kurz ans Tageslicht ausspeien, um sie dann kurz nach
dem Bahnhof Richtung Süden wieder in einem neu zu errichtenden Tunnelmaul
zu verschlingen.
Einen Überblick über das Gesamtprojekt bekommt man im Infopoint
Franzensfeste, dem Pendant zum Infopoint im Innsbrucker Hauptbahnhof. Da
seit dem EU-Beitritt Österreichs die zolltechnische Güterabfertigung
obsolet geworden ist, bot sich für den Infopoint das ausser Nutzung
gefallene Zollamtsgebäude gleich nördlich des Bahnhofs an.
Auch wenn mit dem eigentlichen Hauptstollen noch nicht begonnen wurde, so
konnten die Ingenieure und Minöre im Raum Franzensfeste bereits wichtige
Vorarbeiten erledigt - zum einen wurde der Erkundungsstollen von Aicha aus
bereits über 10 km in den Berg vorgetrieben und von Mauls aus konnte ein
Fensterstollen bis dato fast an die Periadriatische Naht herangeführt
werden.
Besonderen Dank auch im Namen meiner Leserschaft möchte ich in diesem
Zusammenhang an den Geschäftsführer/Direktor des Infopoints /
Beobachtungsstelle in Franzensfeste, Dr. Martin Ausserdorfer, aussprechen, der mir
bei meinem Besuch spontan eine exklusive und persönlich geführte
Baustellenvisite im Fensterstollen Mauls zuteil werden ließ.
Nachfolgend eine kurze Dokumentation vom Besuch in Franzensfeste.
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Der Bahnhof von Franzensfeste ist
noch original in der Holzarchitektur der Erbauung erhalten. Er steht
unter Denkmalschutz, wobei es verwunderlich ist, warum er in letzter
Zeit so einen roten Anstrich - einem schwedischen Wochenendhaus
ähnlich - erhalten durfte. Der Bahnhof hat ein in Betrieb
befindliches Buffet/Bar/Restaurant. |
Franzensfeste ist Ausgangspunkt der
Pustertalbahn Richtung Osten über Toblach und Innichen (seit 1919
Grenze) nach Lienz und von dort als Drautalbahn nach Spittal an der
Drau. Tümpelte die Bahnlinie mangels Attraktivierung jahrelang im
Dunstkreis der Betriebseinstellung herum, so wurde in den letzten
Jahren viel investiert und so verkehren heute im Halbstundentakt!!
moderne Triebwägen der SAD auf dieser Linie. |
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Die grünen Linien zeigen die bereits fertigen Stollen - unten der
Fensterstollen vom Mauls und von rechts der über 10 km lange
Sondierungsstellen von Aicha. Kurz nach der Vereinigung der beiden
Stollen steht der Vortrieb kurz vor der "periadriatischen Naht" (Mai
2011) |
Hinweisschild an der Kreuzung mit
der Bundesstrasse zum Infopoint des BBT |
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Der Infopoint ist im alten, nach dem EU-Beitritt
Österreichs außer Nutzung gefallenen Zollamtsgebäude direkt nördlich
des Bahnhofs angesiedelt. Positiv daß die Öffnungszeiten
(ursprünglich nur Di/Do) ausgeweitet wurden (Montag-Freitag) |
Eingangs- bzw. Einfahrtsportal in den Fensterstollen
in Mauls, einige Kilometer nördlich von Franzensfeste. Die Arbeiten
ruhten, da das Baulos abgearbeitet war und das neue Baulos - Vorstoß
zur Periadriatischen Naht und darüber hinaus - noch nicht begonnen
wurde (voraussichtlich Sommer 2011). Die gewaltige Lüftungsröhre
dient nur der zusätzlichen Sicherheit, denn durch das starke Gefälle
des Stollens in Verbindung mit dem tiefer liegenden Stollenmund in
Aicha versorgt die Kaminwirkung den Innenraum mit ausreichend
Frischluft |
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Die Fahrt im Fensterstollen Mauls geht mit deutlichem
Gefälle ca. 1,5 km in den Berg hinein und trifft dann in einer
Kaverne auf den mehr als 10 km langen Erkundungsstollen von Aicha.
Der Maulser Stollen dient in Phase 1, dem Bau, als Zugangspunkt zum
Vortrieb und zum Abtransport des Materials (ein Vortrieb nur von den
beiden Hauptportalen aus würde die Bauzeit enorm verlängern) und
nach der Inbetriebnahme kann der Stollen als Service- und
Rettungstunnel genutzt werden. |
Gabelung im Inneren - rechts wird in einer späteren
Bauphase der Durchschlag zum eigentlichen Eisenbahntunnel vollzogen,
links taucht der Stollen weiter ab zur Kaverne, wo der Erkundungs-
und Entwässerungsstollen aus Aicha erreicht wird. Dieser
Erkundungsstollen verläuft ca. 10 m unter den beiden
Eisenbahntunnelröhren. |
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In der Kaverne - der Erkundungsstollen aus Aicha ist
erreicht. In dieser Richtung geht es ca. 10 km weit bis zum
Tunnelmaul in Aicha. Dieser Stollen dient in der Bauphase als
Erkundungsstollen, dh. man gewinnt für den Bau der beiden
Hauptröhren wichtige Informationen über die geologische
Beschaffenheit, und in der Betriebsphase dient der Stollen der
Entwässerung der beiden ca. 10 m darüber verlaufenden Hauptröhren. |
In der Kaverne - nach links geht es aufwärts zum
Tunnelausgang Mauls, geradeaus weiter noch gut 400 m Richtung
Norden. Dort steht man ab Juni/Juli 2011 dann im nächsten Baulos vor
der Herausforderung, die Periadriatische Naht, also die
tektonische Störungslinie Südalpen/Ostalpen (Südliche
Kalkalpen/Österr. Zentralalpen) zu durchdringen. Dies wird sicher
auch für die Geologen interessante Aufschlüsse hinsichtlich der
alpinen Gebirgsbildung liefern. |
Nochmals vielen Dank an Dr. Martin Ausserdorfer auch im Namen der
zahlreichen Leserschaft von DEEF für die spontane und exklusive Einfahrt
in den Stollen Mauls.

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Nach der Baustellenbesichtigung konnte ich noch die
untere Festung besuchen, in der gerade eine tolle Ausstellung mit
interessanten Installationen ("50x50x50 art Südtirol") zu
besichtigen war - aber das ist ein anderes Kapitel... Alle Fotos
außer den beiden Plänen (BBT) DEEF/Dr. Michael Populorum 2011 |

Zur Labung bestens geeignet - Schöner Biergarten im traditionellen GH Post
Reifer direkt gegenüber dem Bahnhof (mit "Abo-Essen").

Link:
http://www.bbtinfo.eu/
DEEF-Reader "Brennerbasistunnel"
>>>
Quellen: Infomaterial der BBT SE aus dem Info Point Innsbruck
Hauptbahnhof bzw. Infopoint Franzensfeste.
Zeitschrift "Wirtschaft im Alpenraum", Nr. 2/2010
(Sonderausgabe Brenner Basistunnel); Wikipedia; Europäische Union (TEN V);

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Bericht von: Dr.
Michael Populorum, Chefredakteur DEEF; Erstmals online publiziert:
13. Juni 2011; Änderungen: