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DEEF-Blog 2017: Symposium "Trassenpreise nach dem RECAST – Wegeentgelt als Wettbewerbsfaktor"

Zu einem Fach-Symposium lud am 5. Oktober 2017 die Schienen-Control in Kooperation mit der ÖVG, der Österreichischen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft, in den Dachsaal auf der Urania in Wien. Das Thema "Trassenpreise nach dem RECAST – Wegeentgelt als Wettbewerbsfaktor“ wurde in Kombination aus Vorträgen und Podiumsdiskussionen intensiv erörtert und diskutiert.

 

Das Programm des 4. Symposiums der Schienen-Control:

 

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Begrüßung/Einführung in die Problemstellung: Mag. Maria-Theresia Röhsler, LL.M., MBA, Schienen-Control

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Ermittlung der direkten Kosten einer Zugfahrt und deren Modulation: Ass. Prof. Dr. Stefan Marschnig, Technische Universität Graz

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Rechtliche Grundlagen – Aufschläge und Marktsegmente: Prof. Dr. Urs Kramer, Universität Passau

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Die Bedeutung der öffentlichen Finanzierung der Eisenbahnen für die Festlegung der Trassenentgelte: Jan Schäfer, M.A., Justus-Liebig-Universität Gießen

 

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Entscheidung der Bundesnetzagentur über Marktsegmente und Aufschläge: Prof. Dr. Karsten Otte, Bundesnetzagentur

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Unterschiedliche nationale Entgeltsysteme als Herausforderung für ein international tätiges Unternehmen: Ass. iur. Michael Müller, MBA, DB Cargo

 

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Diskussionsrunde 1: Trassenentgelt als Wettbewerbsfaktor im Güterverkehr: Dr. Clemens Först, Rail Cargo Austria, Mag. Christian Hann, Wiener Lokalbahnen Cargo, Dipl.-Kfm. Armin Riedl, Lokomotion, Ing. Markus Schinko, CargoServ

 

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Leichter Business Lunch

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Herausforderung Wegeentgeltmodell 2018: DI Robert Prinz, ÖBB Infrastruktur

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Entgeltsystem Schweiz: Dr. Markus Giger, Bundesamt für Verkehr

 

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Diskussionsrunde 2: Trassenentgelt als Wettbewerbsfaktor im Personenverkehr: Mag. Kurt Bauer, ÖBB-Personenverkehr, Dr. Erich Forster, WESTbahn, Dipl.-Geogr. Christoph Grimm, Keolis

 

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Get together mit kulinarischen Köstlichkeiten

 

Die Moderation der Veranstaltung erfolgte in bewährter Manier durch Dr. Csaba Szekely von der ÖVG.

 

Kontext:

Im Jahr 2001 hat die EU das "Erste Eisenbahnpaket" verabschiedet,  mit deren Bestimmungen im Europäischen Eisenbahnrecht der diskriminierungsfreie Zugang zur Eisenbahninfrastruktur sichergestellt werden sollte. Nachdem zahlreiche Mitgliedsstaaten mit der Umsetzung säumig waren und 13 Mitgliedsstaaten - darunter auch Österreich - daraufhin im Jahr 2010 ein Vertragsverletzungsverfahren über sich ergehen lassen mußten, erfolgte seitens der EU ein "Recast", also eine Neuveröffentlichung im November 2012 ("Recast 2013").  Diese am 21. November 2012 nach Verhandlungen zwischen Europäischem Parlament und Rat der Europäischen Union erlassene Richtlinie 2012/34/EU zur Schaffung eines einheitlichen Europäischen Eisenbahnraums sollte von den Mitgliedsstaaten bis zum Juni 2016 umgesetzt werden.

 

Fazit:

Im Rahmen der Vorträge und Diskussionen zeigte sich, dass es der EU nicht gelungen ist, die Rahmenbedinungen im Sektor Eisenbahnverkehr zu vereinheitlichen und zu vereinfachen. Im Gegenteil, im Vergleich zum Straßenverkehr, welcher eigentlich den Benchmark setzt und DER Konkurrent des Schienenverkehrs und den diversen EVUs ist, wird es durch zahlreiche technische und legistische Hürden aber vor allem auch den immer schärferen Vorgaben der EU immer komplexer. Während ein LKW, ausgeflaggt in ein Billigland bspw. Estland, ungehindert und ohne Fahrerwechsel und ohne wirkliche Trassenentgelte leisten zu müssen (Kostenwahrheit!) durch Europa kurven kann, stehen die diversen EVUs durch immer neue Vorschriften mit dem Rücken zur Wand. Beklagt wurde vor allem, dass es die EU verabsäumt hat, in Europa ein einheitliches Trassenentgeltsystem einzuführen, was sich negativ auf die Interoperationalität auswirkt.

 

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Man sieht eindrucksvoll die aktuellen Probleme der Schiene in Hinblick Interoperabilität im Vgl. zur Straße

Quelle: Folie von Ass. iur. Michael Müller, MBA, DB Cargo

 

Man sprach sich deutlich dafür aus, die EVUs sollen nicht gegeneinander Front beziehen sondern gemeinsam den Schienensektor stärken, der wirkliche Konkurrent heißt Straße, heißt LKW, heißt Fernbus.

Auch der Fernbus genießt dank politischer Fehlvorgaben zahlreiche Vorteile, vor allem, dass er keine Trassenentgelte zu entrichten hat und die entstehenden Kosten durch die Straßennutzung von der Allgemeinheit zu tragen sind.

 

Beklagt wurde auch, dass die Industrie, also die Fahrzeughersteller wie Siemens oder Bombardier, ihre Monopolstellung ausnutzen und die Fahrzeuge immer teurer werden. Auch die Umstellung auf ETCS ist mit hohen Kosten verbunden aber die EVUs haben davon keinen Nutzen und auch keinen Anreiz, das neues Zugsicherungssystem einzubauen. Obendrein sei bemerkt, dass das neue ETCS-System nicht einmal zwischen allen Ländern kompatibel ist.

 

Grundsätzlich werden niedrigere Trassengebühren gewünscht, allerdings zeichnet sich z.B. im Verkehr mit Italien ab, dass Italien ab Fahrplanwechsel 2017/18 die Trassenentgelte für den grenzüberschreitenden Fernverkehr um 100 Prozent erhöhen möchte. Auch wenn die DB ÖBB Euricitys an sich sehr gut gebucht sind, aber bei solch hohen Trassenkosten wird das Erfolgsmodell zu Verlustbringer, wie ÖBB Kurt Bauer von der ÖBB PV AG anmerkte. Er könne daher nicht garantieren, dass in ein paar Jahr noch Fernverkehrszüge fahren werden, sei es im Italienverkehr aber auch anderswo. So sei der Railjetverkehr nach Ungarn oder Tschechien auch nur dadurch betriebswirtschaftlich zu rechtfertigen, dass die in diesen beiden Ländern die Railjetfahrten unter die gemeinwirtschaftlichen Verkehre fallen und nich eigenwirtschaftlich geführt werden müssen.

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Erich Forster von der WESTbahn forderte eine Anpassung der Rahmenbedingungen zwischen Schiene und Straße, dh. ein adäquates Road-Pricing nach dem Verursacherprinzip. Doch davon scheinen wir aktuell noch meilenweit entfernt zu sein und der an sich umweltfreundliche Schienenverkehr wird mit einer Fülle an Auflagen konfrontiert und mit nicht beeinflussbaren Trassenentgelten, während auf der Straße die LKWs nahezu ohne Vorschriften und nahezu kostenlos (auf Kosten der Allgemeinheit) dahinbrausen.

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Alle Fotos: DEEF/Dr. Populorum

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Get together mit kulinarischen Köstlichkeiten auf der Dachterrasse der Urania

 

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Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF;  Erstmals Online publiziert: 13. Oktober 2017; Ergänzungen: -

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Last modified  Freitag, 13. Oktober 2017 22:57:13 +0200
Autor/F.d.I.v.: Kons. Univ. Lekt. Dr. Michael Alexander Populorum DEEF # Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung # Railway Research Austria 2009-2020 

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