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Die Jahrestagung 2017 der ÖVG - Österreichische Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft - fand am 22. Juni 2017 in Salzburg statt. Das Generalthema lautete: "Verkehr an der Grenze, Grenzen des Verkehrs".
Das Tagungsprogramm:
Begrüßung Gastgeber Wirtschaftskammer Salzburg und Hans MAYR, Verkehrslandesrat von Salzburg
Die Eröffnung, Grußworte. Oben das Podium, unten LR Hans Mayr
Helmut Mödlhammer bekräftigte aufgrund seiner jahrzehntelangen Erfahrungen als Bürgermeister und Gemeindebundpräsident die Notwendigkeit eines gut funktionierenden Öffentlichen Nahverkehrs. Als positives Beispiel nannte er die Verlängerung der Obuslinie 4 und bedauerte es gleichzeitig ausserordentlich, dass es zu keiner Verlängerung bis nach Elixhausen gekommen ist. So eine Verlängerung wäre ein Meilenstein und würde wesentlich zur Staubeseitigung beitragen. Auch die Verdichtung der S-Bahnlinie 2 regte er neuerlich an.
Warum in Österreich mit dem Öffentlichen Verkehr so wenig weitergehe führte Mödlhammer u.a. auf die Tatsache zurück, dass im Gegensatz zum Musterland Schweiz, wo Finanzierung und Entscheidungskompetenzen gebündelt und meist in 1 Hand seien, in Österreich es zuviele Entscheider (mehrere Ministerien, Länder, Behörden..) gibt und diese noch dazu nicht mit den nötigen Mitteln ausgestattet sind.
Mödlhammer forderte eine bessere Koordination und Kompetenzbereinigung im Verkehrs- und Mobilitätsbereich.
Die Salzburg AG forderte Mödlhammer auf, mehr Geld für den Öffentlichen Verkehr zur Verfügung zu stellen.
Eine weitere Forderung betrifft die längst überfällige Ausweitung der Kernzone, dh. Einbezug der 1. Zone rund um die Stadt (Speckgürtel, also u.a. die Gemeinden Grödig, Anif, Bergheim, Hallwang...) in die Kernzone. Anm.: Mit 1. Juli wurde dieser "Kernzonenaufschlag" nicht abgeschafft sondern verteuert, statt 1,10 muss nun pro Fahrt! 1,20 gelöhnt werden.
Links Helmut Mödlhammer, re Gunter Mackinger als Moderator
Ing. Michael GÜNTHER: Flughafen Salzburg
links Dr. Jäntschi-Haucke, rechts Ing. Michael Günther
Der Betriebsleiter des Salzburger Flughafens präsentierte ein Profil des Salzburg Airport W.A. Mozart und ging natürlich auf die besondere Lage des Flughafens (stadtnah, Grenzraum zu Bayern) und die damit verbundenen Herausforderungen detaillierter ein.
Tatsache und nachprüfbar ist, dass die Flugzeuge in den letzten Jahren deutlich leiser wurden und die Anzahl der Flugbewegungen (Starts und Landungen) bedingt durch größere Maschinen zurückgegangen sind, was gepaart durch optimierte Start- und Landewege (Stichwort: Anflug von Süden) zu einer deutlichen Abnahme der Belastung im benachbarten Freilassing aber auch der Anrainer entlang des Flughafens geführt hat.
Die Referentin aus Bayern zeigte aktuelle Statistiken sowie Prognosen betreffend Güterverkehrsaufkommen und den Möglichkeiten der Verlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsträger wie Eisenbahn und Schiffe aus dem Blickwinkel des Freistaates Bayern und seiner verkehrspolitischen Ziele auf. Diese Ziele sind:
Danach brachte die Referentin einige Beispiele von Förderungen im Sektor Güterverkehr und Logistik. Als positives Beispiel für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wurde das Abkommen mit Friaul Julisch Venetien aus dem Jahr 2016 genannt - immerhin ist der Hafen von Triest der nächstgelegene Seehafen für Bayern so wie einst für die k.k. Monarchie Triest das Tor zu Welt gewesen ist.
Wirtschaftliche Auswirkungen auf das Land Salzburg durch Grenzsperre/Grenzkontrollen: Ing. Maximilian GRUBER, Fachgruppenobmann der Transporteure in der WKS und KommR Peter TUTSCHKU, Obmann Sparte Transport Verkehr in der WKS
Maximilian Gruber, selbst Spediteur im Lungau, zeigte auf, mit welchen Schwierigkeiten in der Planung und mit welchen Verlusten und Zusatzkosten die Spediteure zu kämpfen haben, seit es wieder Grenzkontrollen an den Binnengrenzen in einigen EU-Ländern (vor allem von Österreich nach Deutschland) gibt.
Peter Tutschku präsentierte sehr pointiert ein Kaleidoskop quer durch die Verkehrssituation in Salzburg, was naturgemäss auch einer Auflistung von jahrelangen Versäumnissen der Salzburger Politik gleichkam.
Straßen- und Schienennahverkehrsprojekte in
Salzburg: Gitzentunnel und Regionalstadtbahn
In Vertretung des eigentlich angekündigten Landesbaudirektors von Salzburg Dr. Nagl präsentierte Dr. Hittenberger 2 Projekte, die schon seit längerer Zeit in den Medien präsent sind und kontroversiell diskutiert werden.
Als erstes ging der Referent auf das Projekt der Regionalstadtbahn Salzburg (auch Euregiobahnen genannt) ein. Bereits seit 3 Jahrzehnten wird immer wieder die Notwendigkeit einer schienengebundenen Querung der Stadt Salzburg von Experten als Lösung der gröbsten Stauprobleme in der Stadt betont, zuletzt wurde vor über 2 Jahren die sogenannte Euregiobahnstudie präsentiert, die den Bau dringend empfahlen. Alle Parteien in Stadt und Land Salzburg waren sich einig, endlich dieses Projekt umzusetzen, als urplötzlich der Bürgermeister der Stadt Salzburg das Projekt zu torpedieren begann.Dabei zeigten Kosten-Nutzen-Analysen die Wichtigkeit des Projektes auch in Zahlen auf, ein Faktor von > 1 in der Machbarkeitsstudie belegt dies eindeutig. Der Referent betonte dezitiert, dass es schade sei, dass das Projekt zum Stillstand gekommen sei und er keine bessere Botschaft überbringen kann.
Als Umsetzungsschritte wurde vom Referenten genannt:
„Letter of
Intend“
Nordspange Salzburg: Etwas positiver wird der Status bezüglich des Gitzentunnels als Herzstück der Nordspange Salzburgs beurteilt. Laut Referenten dürfte mit einem Baubeginn 2019 zu rechnen sein.
Zu den Kosten beider Projekte machte der Vortragende keine Angaben.
Dieter Wellner war u.a. federführend bei den Ausschreibungen der Verkehrsdienste in Bayern involviert. Er berichtete höchst authentisch, dass sich die Ausschreibungen in Bayern bewährt haben. Bei gleichen Kosten konnten in Bayern die Verkehrsdienste um 50% gesteigert werden.
Auch eine teilweise Privatisierung der DB Netz wäre lt. Wellner sinnvoll, da die DB Netz viel zu teuer produziert. Wellner bedauerte auch, dass es keine gemeinsamen Fahrzeugbestellungen von Bayern und Salzburgern gibt, da sich die Salzburger ohne Ausschreibungen wieder an die ÖBB gebunden haben.
links Franz Bauer von der ÖBB Infra, rechts Dieter Wellner - nicht ganz einer Meinung wenn es um Ausschreibung der Verkehrsdienste geht
Franz Bauer präsentierte den Teilnehmern der Tagung den aktuellen Status der Grenzübertrittsstellen der Eisenbahn mit den Nachbarländern sowie Projekte zur Optimierung. Dabei ging Bauer auch auf den Brennerbasistunnel samt Zulaufstrecken sowie das Breitspurprojekt (Güterverkehrsachse von/nach Russland) ein. Interessanterweise - es ist zu hoffen das bedeutet nichts Negatives - war bspw. der Grenzübergang an der Franz Josefs Bahn in Gmünd weder in der präsentierten Karte eingezeichnet noch wurde darüber berichtet.
Ausserdem sei angemerkt, dass es seit dem Wegfall des Eisernen Vorhangs immer noch einige ehem. Eisenbahnübergänge gibt, die bis dato immer noch nicht wiedereröffnet sind. Bspw. der Übergang nach Tschechien bei Laa an der Thaya/Höflein (Hevlin) oder der Übergang vom Burgenland nach Ungarn an der Bahnstrecke Friedberg - Oberwart (Pinkatalbahn) nächst Rechnitz weiter nach Steinamanger (Szombathely). Eine Reaktivierung der Eisenbahnübergänge täte sicher den Regionen beiderseits der Grenze gut - doch leider haben sich die ÖBB noch nie wirklich für Regionalbahnen interessiert.
Rechts die Referentin Veronika Scheffer, links der Moderator Stefan Pfisterer
Die Referentin wies auf die große wirtschaftliche Bedeutung der Seilbahnwirtschaft in Salzburg sowie in Österreich hin. So beträgt der Umsatz der Seilbahnwirtschaft im Bundesland Salzburg per Anno 260 Millionen Euro, in Österreich 1,2 Milliarden Euro jährlich.
Auch als Arbeitgeber ist die Seilbahnwirtschaft von Bedeutung und natürlich als Motor des heimischen Tourismus, wobei man nun offenbar auch die zunehmende Bedeutung des Sommertourismus erkannt zu haben scheint.
Der Technik-Experte zeigt ganz klar auf, dass dem mancherorts geforderten reinen Batteriebus mittelfristig keine Bedeutung beizumessen ist. Sein Fazit:
"Weder die ökologische Effizienz noch die Wirtschaftlichkeit der etablierten, hochsauberen Euro-VI-Konzepte mit Verbrennungsmotor werden mittelfristig (2026) von den Optionen der Elektromobilität für die Gegebenheiten der überwiegenden Zahl der deutschen Verkehrsbetriebe erreicht werden. Bei der Elektromobilität hat der Trolley-Hybridbus signifikante Vorteile!"
Der Obus (Trolleybus) wird zu Unrecht als "nicht-sexy" bezeichnet. Es zeigt sich auch, dass die Dieselbusse eine immer kürzere Lebensdauer aufweisen und in Summe ein umweltfreundlicher Obus eine 3x so lange Lebenszeit aufweist wie ein Dieselbus.
Die Moderation der Tagung, die im Plenarsaal der Wirtschaftskammer Salzburg stattfand, erfolgte abwechselnd durch den Landesleiter der ÖVG Salzburg, KR Gunter Mackinger sowie den Geschäftsführer der ÖVG Salzburg, Mag. Stefan Pfisterer.
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Alle Beiträge geben die Meinung des jeweiligen Autors wieder. Beiträge (Blogs) von anderen Autoren (Bloggern) sind gerne willkommen. Die Beiträge dienen dazu, die Öffentlichkeit zu informieren und zu sensibilisieren. Der investigative Journalismus soll zu einer Verbesserung der Dienstleistungen im Eisenbahnsektor Anstoß geben und ist nicht Selbstzweck sondern dem Wohle der Eisenbahn verpflichtet Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF; Erstmals Online publiziert: 03. Juli 2017; Ergänzungen: - |
Last modified
Montag, 03. Juli 2017 22:58:25 +0200
Autor/F.d.I.v.: Kons. Univ. Lekt. Dr. Michael Alexander Populorum DEEF # Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung #
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