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DEEF-Blog 2017: Ausflugsfahrten mit den ÖBB am Wochenende - eine Katastrophe


Nachdem ich es genossen hatte, 2x für knapp 1 Woche kreuz und quer mit dem Zug durch die Schweiz zu fahren, eine Studienreise quasi, "Lernen von den Besten"  –  einmal vom Standort Genf aus und beim zweiten Mal von Lugano im Tessin aus – da habe ich mir gedacht, ich nutze wieder verstärkt meine Österreichcard, um Land und Leute kennen zu lernen und nicht nur, um arbeitend entlang der Hauptstrecken durch Österreich zu fahren. Also mal so wie es die Schweizer machen, am Wochenende wird ausgerückt mit dem Zug um die Schönheiten des Landes zu erkunden.

Doch ich musste sogleich (wiederum) die bittere Erfahrung machen, Österreich ist nicht die Schweiz und vor allem abseits der großen Ost-West und Nord-Süd-Transversalen gilt im Reich der hiesigen Staatsbahn ÖBB und der Verbünde offenbar immer noch: Halbwegs akzeptabler Fahrplan nur von Montag bis Freitag, um die Horden an Schülern und Pendlern in die zwischenzeitlich zu Verbildungswerkstätten verkommenen Schulen und Pendler in die „Hackn“ zu transportieren, aber am Wochenende wird der in Österreich ohnehin schon schmalbrüstige Fahrplan nochmals ausgedünnt und Ausflugs- und Urlaubsfahrten sind in diesem Eisenbahnentwicklungsland nur mehr für Masochisten eine Freude.


Denn: Ein 2-Stunden-Takt ist generell inakzeptabel!

 

Dass man abseits der Hauptstrecken keine 1. Klasse angeboten bekommt (aber mit der Österreichcard teuer dafür bezahlt hat), schmälert den Reisegenuss noch zusätzlich.

Die römischen Ausgrabungen in Carnuntum wollte ich mir immer schon einmal anschauen und so wollte ich am Samstag 1. April dorthin fahren. Bis Wien Flughafen mit dem RJ ab Salzburg, Stundentakt, das passt. Dann muss man die S7 nehmen, Richtung Wolfsthal. Ich schaute zur Sicherheit im Scotty nach, ob die S-Bahn im Halbstundentakt oder Stundentakt verkehrt oder vielleicht gar im Viertelstundentakt? Ungläubig starrte ich auf den Ausdruck vom Scotty, ich machte nochmals die Abfrage, das Ergebnis blieb aber gleich, nämlich niederschmetternd:

 

Die S7 verkehrt am Samstag, Sonn- und Feiertagen ab Schwechat nur im 2-Stunden-Takt!!! Unglaublich aber wahr.

 

Da ich vor Ort auch genüsslich essen gehen wollte, in Ruhe die Ausgrabungen und das Museum besichtigen wollte und auch noch ein bisschen was vom Bahngeschehen erleben wollte, dabei aber nicht immer auf die Uhr sehen wollte, habe ich den Ausflug abgesagt. Unglaublich, im Zentralraum Wien eine S-Bahn im 2-Stundentakt. Offenbar das Ergebnis roter Verkehrspolitik – rote ÖBB, roter VOR, rotes Verkehrsministerium, rotes Wien! Rot macht offenbar die Öffis tot :-(

Zu diesem Thema habe ich dann noch gegoogelt und gesehen, dass in mehreren Gemeinden an der S7 schon seit geraumer Zeit deutlich kürzere Intervalle gefordert werden, die Politik und Staatsbahn sind aber – wie so oft – säumig.


Werde ich also einmal unter der Woche dorthin fahren, als Selbständiger geht es ja noch halbwegs, dass ich unter der Woche „blau mache“ und dafür am Wochenende hackel.

 

foto austrotakt öbb

Ein guter Ansatz Anfang der 1990er Jahre - der Austrotakt, leider nie richtig umgesetzt



Ich stieg dann also in den RJ und fuhr nach St. Valentin, denn in den beiden Wirtshäusern gegenüber vom Bahnhof da gibt es guten Most und verhungern tut man dort auch nicht. Dann könnte ich ggf. ja nach Kastenreith fahren, mal den Tunnel dort direkt im Bahnhof mit einem rausfahrenden Zug fotographieren.

Speis und Trank im Gasthof Post waren ausgezeichnet und frisch gestärkt ging ich dann die paar Schritte zum Bahnhof rüber. Doch was sah ich dort: Der Zug nach Kleinreifling fuhr wenige Minuten vorher ab und da Samstag, ging der nächste Zug erst in 2 Stunden. Sakradi auch hier nur 2 –Stunden-Takt :-(

Ich fragte dann im sogar besetzten Schalter nach, ob ich über Amstetten schneller wäre – und tatsächlich, über Amstetten und Waidhofen an der Ybbs konnte ich den Zug von St. Valentin über Steyr fast einholen.

Doch der Blick auf den Aushangfahrplan in Kastenreith (Monitore Fehlanzeige) zwecks Rückfahrt brachte mich schon wieder auf 180 – auch hier nur ein ca. 2-Stunden-Takt, wobei die Züge von Kleinreifling kommend nur innerhalb weniger Minuten zuerst Richtung Amstetten und dann Richtung Linz fuhren und dann 2 Stunden Pause angesagt sind. Warum legt man die Fahrten nicht so, dass man jede Stunde abfahren kann, einmal Richtung Amstetten und einmal Richtung St. Valentin/Linz???

Ein Kapitel für sich ist ja auch die Tatsache, dass eine der schönsten Eisenbahnstrecken Österreichs, die Strecke von Kleinreifling weiter über Hieflau und das Gesäuse, überhaupt nur mehr am Wochenende bedient wird und das sage und schreibe durch 1 Zug pro Tag und Richtung. Dabei böte sich in dieser schönen Landschaft genügend Potential für „sanften Tourismus“ und dazu gehört auch ein optimaler Öffentlicher Verkehr. Auch für Eisenbahninteressierte wäre diese Strecke ein Highlight aber bei so einem miserablen Fahrplan und dann noch dazu mit einer S-Bahngarnitur (Talent), da gehört wiederum eine kräftige Portion Masochismus dazu hier zu fahren. Erstklassig reisen wie in der Schweiz ist ja auch nicht möglich, alles nur billiges Material mit 2. Klasse :-(

Das mit dem 2-Stunden-Takt ließe sich natürlich weiter fortsetzen, ja sogar auf der Paradestrecke der Staatsbahn, der Westbahnstrecke, verkehren sonntags die REX zwischen Salzburg und Linz, die bspw. die Bahnhöfe Frankenmarkt oder Vöcklamarkt bedienen, auch nur im 2-Stunden-Takt. Es ist wirklich beschämend!

Fazit:
Es ist wirklich an der Zeit, dass das Fahrplanangebot in Österreich auch abseits der Hauptverkehrsschienenstränge deutlich ausgebaut wird und vor allem am Wochenende auch mindestens ein Stunden-Takt angeboten wird. Das was jetzt angeboten wird seitens der Staatsbahn ÖBB und offenbar unter Duldung der Politik, ist schlicht und einfach gesagt tourismusschädigend und eine Pflanzerei der einheimischen Fahrgäste wie der Touristen.

 

Die Verantwortlichen sollen sich schleunigst auf eine Exkursion in die Schweiz aufmachen um selbst zu erleben, wie man Bahnfahren attraktiv machen kann!

Eingetippt am Samstag 1. April 2017 im "City Jet" auf der Fahrt von Kastenreith nach Linz Hbf.

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 foto intercity sbb thurbo weinfelden   

Von den Besten lernen - auf in die Schweiz!

 

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Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF;  Erstmals Online publiziert: 04. April 2017; Ergänzungen: -

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Last modified  Dienstag, 04. April 2017 16:34:01 +0200
Autor/F.d.I.v.: Kons. Univ. Lekt. Dr. Michael Alexander Populorum DEEF # Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung # Railway Research Austria 2009-2020 

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