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DEEF-Blog 2016: A: Regionalstadtbahn Salzburg - Faktencheck 1

Seit nahezu 30 Jahren wird in Salzburg über die Errichtung einer Stadtbahn mit der Verlängerung der Lokalbahn unter der Stadt durch in den Süden diskutiert und immer wieder den stau-, stress- und lärmgeplagten Bürgern versprochen. In Ermangelung eines echten Masterplans im Zusammenwirken von unwilligen und unintelligenten Politikern ist es beim Diskutieren und Versprechen geblieben. Im Frühjahr 2015 wurde die x-te Studie zu diesem Thema präsentiert, diesmal vom akutellen Verkehrslandesrat Mayr. Und es gab (so wurde zumindest kolportiert) einen Konsens aller Parteien in Stadt und Land Salzburg, nun endlich dieses enorm wichtige Projekt in Angriff zu nehmen, denn allein durch die Errichtung des Herzstücks der Regionalstadtbahn, der unterirdischen Strecke vom Salzburger Lokalbahnhof bis zur Akademiestraße, sollten tausende Autofahrten täglich wegfallen und sich der Verkehr in der Stadt Salzburg endlich mal wieder normalisieren.

 

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Foto: DEEF/Dr. Populorum, Logo Verein S-Bahn Salzburg

 

Doch was ist passiert? Bis dato, also über eineinhalb Jahre später, gibt es keinerlei Planungen, nicht einmal eine Planungs- und Errichtungsgesellschaft wurde gegründet. Was wohl auch daran liegt, dass plötzlich wie ein wild gewordener böser Zwerg der Salzburger Bürgermeister namens Schaden (viele Bürgen sagen ergänzend mittlerweile schon "nomen es omen") bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit gegen das Projekt opponiert. Seine unqualifizierten Querschüsse fanden Widerhall in einer kleinformatigen Zeitung (Kronen Zeitung), die nun in mehreren  Beiträgen das Projekt zu diffamieren versucht und offenbar killen möchte. Möglicherweise locken bei erfolgreicher Verhinderungskampagne wieder einmal Einschaltungen einer Partei im kleinformatigen Medium.

 

Der Chefredakteur der Salzburg Krone schrieb denn auch in den letzten Wochen einige Kommentare in seinem Blatt, die vor Fehlern nur so strotzen und die Inkometenz (oder Ignoranz) des Schreiberlings im Bereich Verkehr äusserst krass unterstreichen.

 

Der Verein S-Bahn Salzburg mit den Vereinsleitenden Ing. Sepp Weiser (ehem. ÖVP Gemeinderat) und Richard Fuchs an vorderster Front hat es sich nun zum Ziel gesetzt, diese Inkompetenz des Salzburger Bürgermeisters und den Schreiberlingen der Kronen Zeitung in einem Fakten-Check aufzuzeigen, um damit der Wahrheit ans Licht zu helfen.

 

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Präsentation der EURegiobahn-Studie im Frühjahr 2015 (li. die Studienautorin, re LR Mayr) mit dem Bekenntnis, die Lokalbahn vom Salzburger Hbf (Tief) unter der Stadt durch bis in den Süden weiter nach Hallein zu realisieren. So lautete nämlich die Empfehlung der Experten. Passiert ist 1 1/2 Jahre später wiederum nichts :-( (Foto Dr. Populorum)

 

Wie schon in mehreren Beiträgen festgehalten, steht DEEF hinter dem Projekt Regionalstadtbahn Salzburg (auch Euregiobahn Salzburg) und wird daher seiner Leserschaft diese Fakten-Checks nicht vorenthalten. Nachfolgend der 1. Fakten-Check, der, wie wäre es auch anders zu erwarten gewesen, deutlich aufzeigt, dass in der Kronenzeitung völlig falsche Informationen kolportiert wurden.

 

 

Offener Brief – Presse-Information
Salzburg, 08. September 2016

Faktencheck Kostenverdoppelung Lokalbahnhof

Rohbaukosten sind nicht die Gesamtbaukosten

Behauptung Kronenzeitung 16.08.2016: „Der unterirdische Lokalbahnhof unter dem Bahnhofsvorplatz kostete doppelt so viel, als im Budget veranschlagt.“
 


Faktenlage und Tatsachen:

Zum Zeitpunkt der Bauentscheidung des unterirdischen Lokalbahnhofes waren auch noch die unrealistischen Bau-kosten von 300 Mio. Schilling AT (heute 21,8 Mio.Euro) einer Salzachgarage direkt unter der Salzach in der politischen Diskussion. Um Straßenbauprojekte realisieren zu können, war es damals offensichtlich üblich, nur ein Viertel der tat-sächlichen Baukosten zu nennen und diese während des Baues sukzessive anzupassen. So erscheint es erklärbar, dass Straßentunnel immer „billiger“ als den Schienenwegen „medial verkauft“ werden. Auch damals wurden diese Baukosten der Salzachgarage mit denen des Lokalbahnhofes verglichen. Diese im Straßenbau offensichtlich geübte Praxis, für die politische Bauentscheidung nur ein Viertel oder ein Drittel der tatsächlichen zu erwartenden Baukosten zu nennen, wurde bei der Tieferlegung des Lokalbahnhofes nicht akzeptiert!

Bekanntlich gab es für das Projekt „Bahnhofvorplatz“ einen Architektenwettbewerb mit 44 Bewerbern. Der unterirdische Lokalbahnhof war integrierender Bestandteil des Projektes. Die Wettbewerber, die den Lokalbahnhof „vergessen“ haben schieden aus. Gewinner des Projektes war der Kölner Architekt DI Schürmann. Mit dem Schürmannprojekt, das die Stadt beschlossen hat umzusetzen, war das Teilprojekt „Lokalbahntieferlegung“ klar definiert. Für die politische Entscheidung waren die Gesamtkosten des Schürmann-Projektes maßgeblich.

Kosten sind nicht einfach „Kosten“ und hier ist die Entwicklung der „Kostenverdoppelung“ in Richtung Gerücht vermutlich begründet. Für die Tiefbaufirmen, die das Bauwerk an sich herstellen, sind die „ROHBAUKOSTEN“ relevant. Diese Rohbaukosten für den unterirdischen Lokalbahnhof wurden zum Baubeginn mit 315 Mio. ATS (heute 22,89 Mio. Euro) festgelegt und bis zur Fertigstellung unter der Inflationsrate, trotz unvorhersehbarer Probleme, mit 334 Mio. ATS (heute 24,27 Mio. Euro) abgeschlossen. Die unvorhergesehenen Probleme betrafen einen Schießkanal der Deutschen Wehrmacht unter dem alten „Hotel dé l’Europe“, der genauso entfernt werden musste, wie eine verschlagene alte Spundwand aus der Zeit des Baues des neuen Turmes vom Hotel Europa.

Nach den Rohbaukosten kommen natürlich alle betrieblich relevanten Einbauten, wie Gleisanlagen, Stromversorgung mit Oberleitung und Trafostation, Lüftungs- und Beleuchtungsanlagen, Rolltreppen u.v.a.m. dazu. Diese Kosten, inkl. Rohbaukosten, beliefen sich bei Baubeginn 1992 584 Mio. ATS (heute 42,44 Mio. Euro) und wurden 1996 mit ziemlich exakt 600 Mio. ATS (heute 43,60 Mio. Euro) endabgerechnet! Die Kostensteigerungen können mit folgender Tabelle nachvollzogen werden und haben mit der angeblichen „Verdoppelung“ überhaupt nichts zu tun!

 

Kostenart (in Mio. ATS)

geplant

realisiert

Diff.

Prozent Steigerung

Rohbaukosten

315

334

19

6,03%

Einbauten/Gleisanlagen

269

266

-3

-1,12%

GESAMTBAUKOSTEN

584

600

16

2,74%



Mit einer festgelegten Baukostensumme von 584 Mi. ATS wurde 1992 der Bau gestartet. Diese Zahl 584 war nun bindend und ist die Basis für den Bau und den Kostenvergleich. Leider wurde seitens der bauausführenden damaligen Salzburger Stadtwerke verabsäumt, diese Vorhaben in einer eigenen Errichtungs-gesellschaft abzuwickeln. Aus diesem Grund sind die Abschreibungen heute noch in der Salzburg AG bilanzwirksam.

Ende 1996 wurde das Gesamtprojekt „unterirdischer Lokalbahnhof“ vom bauleitenden und Projektleiter Tiefbaufirma Herbrich Consult ziemlich exakt mit 600 Mio. ATS (heute vergleichbar 43,60 Mio. Euro) endabgerechnet. Das ergibt eine reale Kostensteigerung von 2,74 Prozent und keine Verdop-pelung der Gesamtbaukosten. Bis dahin wurde noch nie ein Tiefbauprojekt in Salzburg im vorgesehenen Kostenrahmen, so nahe am veranschlagten Rahmen abgerechnet!
 


Die Behauptung der Kronenzeitung vom 16. August 2016 „Der unterirdische Lokalbahnhof unter dem Bahnhofsvorplatz kostete doppelt so viel, als im Budget veranschlagt“ ist mit diesem Faktencheck widerlegt und somit definitiv falsch!

 

Quelle: Presseaussendung des Vereins S-Bahn Salzburg

 

Links:

Präsentation Machbarkeitsstudie Euregiobahnen Salzburg BGL >>>

 

Fazit DEEF:

In der Stadt Salzburg herrscht seit Jahren Stillstand, eine nachhaltige Politik für die hier Lebenden sieht anders aus. Dies merkt man besonders - aber nicht nur - im Bereich der Stadt- und Verkehrspolitik. Ignoranz gepaart mit Inkompetenz ergiebt ein äusserst schlechtes Cuvee. Es ist an der Zeit, dass neue Kräfte in Salzburg das Sagen haben und diese dann im Dienste der Bürger agieren und nicht im Dienste der Partei - die Bürger haben diese Politiker gewählt und bezahlen sie (fürstlich!) dafür, dass sie die Lebensqualität in der Stadt Salzburg nachhaltig sichern und nicht dafür, dass sie parteipolitisch motivierte Machtspiele spielen und dabei die Zukunft verspielen.
 

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Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF;  Erstmals Online publiziert: 10. September 2016; Ergänzungen: -

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Last modified  Samstag, 10. September 2016 19:59:11 +0200
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