DEFF Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung Dr. Michael Populorum AustriaEisenbahnforschung # Eisenbahn-Archäologie # Eisenbahn-Geographie # Eisenbahn-Geschichte

DEEF Dr. Michael Populorum Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung

>Startseite<

DEEF-Blog 2012: Kapuzinerbergtunnel Salzburg

Es kann doch nicht wahr sein, daß ...

Autor: Dr. Michael Populorum, 4.2.2012

... die Verhinderer und politisch motivierten Wadlbeisser in Salzburg schon wieder etwas verhindert wollen. Seit nahezu 120 Jahren "träumte" man davon, ein Loch durch einen der Salzburger Stadtberge, den Kapuzinerberg, zu graben. Da man selbst während der Hochblüte des Autoverkehrs in den 1960er bis 1980er Jahren (da gab es sogar eine "Autofahrerpartei" in Salzburg) es nicht schaffte, das Projekt zu realisieren bzw. es zu finanzieren, beschloß der Salzburger Gemeinderat  mit überwiegender Mehrheit (29:11 Stimmen) Anfang 2012, anstatt dieser "steinzeitlichen Träumereien" von einem unfinanzierbaren Loch durch den Berg in Verbindung mit einer Quasi-Stadtautobahn Wohnraum auf dem Rehrl-Platz zu schaffen. Der Rehrl-Platz neben dem Unfallkrankenhaus im Inneren der Unesco Weltkulturerbe-Zone ist ja wahrlich ein Schandfleck gewesen in den letzten Jahrzehnten, eine verkommene und obendrein nicht öffentlich nutzbare Parkplatzwüste. Dort also soll Wohnraum geschaffen werden, der auch mit dem Stadtbild im Einklang steht und somit keine Gefahr für den Weltkulturerbestatus besteht.

Doch siehe da, kaum wurde das Projekt öffentlich gemacht, da kam schon wieder massives Störfeuer auf, diesmal von der ÖVP und den Kämmerern der Stadt (Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer). Nach Präsentation einer Machbarkeitsstudie für einen sogenannten "Citytunnel" (4 spurige "Stadtautobahn" über die Karolinenbrücke, 60 m ovaler Kreisverkehr direkt vor dem Unfallkrankenhaus, Abriss von einigen historischen Häusern in der Arenbergstrasse, Kreisverkehr im Inneren des Tunnels zur Anbindung der Autobus- und PKW-Garage, Verkehrsflächen-Wirrwarr beim Tunnelmaul Schallmoos) folgte eine massive Agitationskampagne mit den Schlagworten "Rehrlplatz nicht verbauen, Chance für den Tunnelbau für zukünftige Generationen aufrechterhalten".

Da man merkte, daß man in der Stadtpolitk auf einsamen Posten stand, wurde die Kavallerie der Landes-ÖVP zu Hilfe gerufen. Diese sollte nun durch Verordnung verbieten, daß die Stadt auf dem Rehrlplatz ihren mehrheitlichen Willen durchsetzt. "Einzigartig kurios diese Vorgehensweise" sagte auch Stadtrat Padutsch im öffentlichen Gemeinderat am 1. Februar, in dem sich die ÖVP mehrmals als "Autofahrerpartei" tituliert auf verlorenen Posten gegenüber der SPÖ, Bürgerliste und FPÖ fand.

Da nützte es auch nichts, daß sich ein paar Vertreter der virtuellen Facebook-Plattform "Stau in Salzburg, die Originalrezeptur" real vor Ort einfanden. Denn auch die Vertreter der realen und anerkannten Plattform "Salzburger Verkehrsinitiativen" mit ihrem Frontmann Peter Haibach an der Spitze waren zugegen. Schon etwas gewagt was diese Facebookgruppe so tönt, nämlich "die größte Salzburger Verkehrsplattform" zu sein. Wer sich in sozialen Netzwerken auskennt weiß, wie oft und ohne zu wissen warum in infantiler Manier auf diese "Like-Buttons" geklickt wird.

Öffentlicher Gemeinderat Kapuzinerbergtunnel - präsent die Vertreter der Salzburger Verkehrsplattform mit Frontmann Peter Haibach an der Spitze

Seit Jahren Mahner für eine nachhaltige Verkehrspolitik in Salzburg - Salzburger Verkehrsplattform mit Frontmann Peter Haibach

Bürgermeister Heinz Schaden brachte es auf den Punkt: "Schluß mit diesem Monsterprojekt "Citytunnel" um 100 Millionen Euro, das sowieso keiner finanzieren kann und das obendrein nebst diversen Verkehrsproblemen auch noch das Ende des Weltkulturerbestatus heraufbeschwört".

Fazit: Hätte man mich vor sagen wir 25-30  Jahren nach meiner Meinung zu einem Citytunnel durch den Kapuzinerberg gefragt, so wäre es durchaus im Bereich des möglichen gewesen, daß ich JA gesagt hätte. Einfach deshalb, weil ich damals wohl noch monokausaler und unerfahrener gedacht hätte, daß es einfach kürzer wäre durch den Berg durch- statt um ihn rumzufahren. Und damals in der Hochblüte wußte man es einfach noch nicht besser. Heute allerdings ist durch unzählige Studien die Tatsache bestätigt daß "wer Verkehr sät wird Verkehr ernten". Und damit die ganzen negativen Folgen wie Lärm und Luftverpestung (die Salzburger Luft wird nachweislich immer schlechter).

Als Anwohner des Nellböckviadukts, das aktuell wegen Bauarbeiten am neuen Hauptbahnhof gesperrt ist, kann ich nur sagen, seither herrschen fast paradiesische Zustände, so wenig Verkehr gab es schon lange nicht. Ein Zeichen also, daß dort durchwegs Autos von Leuten unterwegs waren, die weder dort gewohnt noch gearbeitet haben noch dort eingekauft haben, sondern es durchwegs Mautflüchtlinge und Abkürzer waren, die die Strassen verstopft und die Luft verpestet haben.

Heute, wo man um diese Zusammenhänge zumindest als halbwegs gebildeter Mensch kennen sollte, ist es schon höchst fragwürdig, daß eine Gruppierung aus ÖVPlern und Kämmerern dieses steinzeitliche Projekt Kapuzinerbergtunnel pushen wollen. Eine Aufdeckung der wahren Gründe dazu (außer es handelt sich nur um geistige Beschränktheit) wäre sicher ein interessantes Unterfangen. Daß in Salzburg in den letzten Jahrzehnten oftmals Stattplanung statt Stadtplanung passierte (siehe Peter Weichhart) und die Padutsch´en Aktivitäten nicht immer das Gelbe vom Ei waren (ein jahrelanges "non-learning by doing"), mag natürlich bei vielen Autofahrern einen gewissen und berechtigten Frust aufgestaut haben - nur den Kapuzinerbergtunnel zu bauen hieße "vom Regen in die Traufe" kommen.

Die kolportieren 100 Millionen Euro für den (hoffentlich bald wirklich versenkten) Monstertunnel wären viel besser  - weil nachhaltiger und gesünder - für die Umsetzung des auch schon jahrzehntelang verschleppten Stadtbahnprojektes angelegt. Die Option einer Busgarage im Kapuzinerberg soll ja ohnehin offen gehalten werden.

Ihre Meinung?  redaktion@dokumentationszentrum-eisenbahnforschung.org  

                 

 

Zur Übersichtsseite DEEF-Blog >>>

 

Alle Beiträge geben die Meinung des jeweiligen Autors wieder. Beiträge (Blogs) von anderen Autoren (Bloggern) sind gerne willkommen. Die Beiträge dienen dazu, die Öffentlichkeit zu informieren und zu sensibilisieren. Der investigative Journalismus soll zu einer Verbesserung der Dienstleistungen im Eisenbahnsektor Anstoß geben und ist nicht Selbstzweck sondern dem Wohle der Eisenbahn verpflichtet

Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF;  Erstmals online publiziert: 4. Februar 2012; Ergänzungen: :

DEFF Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung Dr. Michael Populorum AustriaEisenbahnforschung # Eisenbahn-Archäologie # Eisenbahn-Geographie # Eisenbahn-Geschichte

DEEF Dr. Michael Populorum Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung

Last modified  Samstag, 02. Mai 2015 11:23:35 +0200
Autor/F.d.I.v.: Kons. Univ. Lekt. Dr. Michael Alexander Populorum # Unterstützung & Sponsoring

DEEF # Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung # Railway Research Austria 2009-2020  Impressum/Copyright