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Autor: Dr. Michael Populorum, 30.9.2012 Heute am 30. September wird wieder einmal der Tag des Denkmals gefeiert. Doch zum Feiern ist mir als Eisenbahnforscher wahrlich nicht, wenn ich daran denke, wieviel Frevel hier bereits begangen wurde. Als ich gestern von den Eisenbahnfestivitäten aus Tirol (100 Jahre Karwendelbahn / Mittenwaldbahn in Seefeld, Bahnhofsfest Ibk.) mit dem RJ nach Salzburg zurückfuhr, stieß ich in der Tiroler Tageszeitung auf einen Artikel zum Abschluß der großen Sanierungsarbeiten auf der Brennerbahn. Dabei wird beiläufig erwähnt, daß das Budget um ca. 5 Mio Euro überschritten wurden, u.a. bedingt durch den "ungeplanten Abriß" des Bahnhofs Patsch. Das traf mich wie eine Keule, kannte ich die beiden schmucken Gebäude doch bestens vom Vorbeifahren mit dem Zug und ich plante einen Besuch des Bahnhofs in der nächsten Zeit. Kann denn das sein, sowas müßte doch unter Denkmalschutz stehen und ich begann sofort nach meiner Ankunft in Salzburg zu recherchieren.
Als erstes schaute ich in der aktuellen Liste des BDA
(Bundesdenkmalamt) nach und siehe da, beide Bahnhofsgebäude waren per
Bescheid mit Stand 6.6.2012 als Denkmal geschützt. Aufnahmsgebäude von
1911 (Adresse Bahnhof 1, GdstNr. .118) sowie ehemaliges Aufnahmsgebäude
von 1867 (Adresse Bahnhof 2, GdstNr. .78) waren per Bescheid unter
Denkmalschutz gestellt.
Im Online-Standard vom 2. Juli 2012 war zu lesen: Fazit: Es ist schade um diese wertvollen Zeugnisse Österreichischer bzw. Tiroler Technikgeschichte, die leichtfertig für immer vernichtet wurden. Bedenklich erscheint mir, daß sich das Bundesdenkmalamt scheinbar immer öfter "erweichen" läßt bzw. "umstimmen", wenn seitens der mächtigen ÖBB nur regelmässig insistiert wird nach dem Motto "stetes Wasser höhlt den Stein". Daß sich auch noch ein "Dorfkaiser" (Bürgermeister) massiv für den Abriß einsetzt und den Nachkommen seiner Gemeindebürger ihre Geschichte raubt, ist ebenso bedenklich.
Die Argumente die hier tw. vorgebracht werden sie
wahrlich hahnebüchen - so u.a. die Meldung "Gemeinsame Lösung im Sinne
aller Beteiligten" - wer hat wohl die Bürger gefragt ob sie das wollen?
Und daß von einem "ungeplanten Abriß" die Rede ist, die das Budget der
Sanierung deutlich erhöht hat - das ist wohl für jeden ersichtlich, daß
das seitens der ÖBB von langer Hand vorbereitet wurde. Man kann wahrlich
nur den Kopf schütteln über diese Dreistigkeiten aber auch darüber, daß
der Protest gegen solche Machenschaften nicht schon deutlich stärker ist. Weiters ist eine umfassende Dokumentation im Entstehen, die belegen wird, wie sich die Qualität der Bahnhöfe speziell durch die sogenannte "Bahnhofs-Offensive" der ÖBB für die Kunden drastisch verschlechtert hat und wie gleichzeitig das kulturelle Erbe tagtäglich unsensibel verstümmelt, amputiert oder gar vernichtet wird. Das bin ich meiner Nachwelt schuldig!
Eine tolle Dokumentation zum Bahnhof Patsch mit tollen Fotos findet
sich bei sagen.at: Ihre Meinung? redaktion@dokumentationszentrum-eisenbahnforschung.org
"Notaufnahme" aus dem Eurocity Richtung Brenner mit dem Aufnahmsgebäude 2 des Bahnhofs Patsch von 1910/11 (19.4.2011, Foto Dr. Populorum)
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Alle Beiträge geben die Meinung des jeweiligen Autors wieder. Beiträge (Blogs) von anderen Autoren (Bloggern) sind gerne willkommen. Die Beiträge dienen dazu, die Öffentlichkeit zu informieren und zu sensibilisieren. Der investigative Journalismus soll zu einer Verbesserung der Dienstleistungen im Eisenbahnsektor Anstoß geben und ist nicht Selbstzweck sondern dem Wohle der Eisenbahn verpflichtet Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF; Erstmals online publiziert: 30. September 2012; Ergänzungen: : |
Last modified
Samstag, 02. Mai 2015 11:23:43 +0200
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