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Die Guntschnabahn - Ehemalige Standseilbahn im Dienste des Tourismus

Das Bozner Becken war einst gesegnet mit Aufstiegshilfen auf Schienen und am Seil, die Einheimischen wie Touristen eine schnelle und umweltfreundliche Flucht aus dem Trubel der Stadt in ruhige Erholungsgebiete ermöglichten. Die Guntschnabahn ging als 4. Aufstiegshilfe auf die Bozner Höhenrücken nach nur einem Jahr Bauzeit 1912 in Betrieb, nachdem schon vorher die Rittnerbahn (1907), die Virglbahn (1907) sowie die Kohlererbahn (1908) eröffnet wurden.

foto bild picture image Guntschnabahn Bozen. DEEF Dr. Michael Populorum

Guntschnabahn Übersicht (Quelle Foto: Tecneum bzw. Sammlung Gabloner)

Das Besondere an der Bahn war, dass sie als Privatinitiative gebaut und finanziert wurde. Solche Pioniere wie die Hotelierin Elise Überbacher-Minatti, die Besitzerin des Reichriegler Hofes, bräuchte man heute mehr denn je. Der Zustrom der Gäste nach dem Bau der Guntschnabahn zum Reichrieglerhof war enorm und die 600 Personen fassende Terrasse bot einen prächtigen Blick auf das Bozner Becken und die umgebende Bergkulisse.

Karl Felix Wolff preist in seinem 1912 herausgegebenen Reiseführer die Vorzüge der neuen Verkehrsmittel wie folgt (zit. nach Tecneum): Bergbahnen erlauben „bequeme und rasche Beförderung, Schaffung neuer Höhenstationen und für den Durchreisenden die Möglichkeit, in kurzer Zeit sehr viel von der Gegend zu sehen, sodass er sie lieb gewinnt und sich eher bestimmen lassen wird, ein andermal längeren Aufenthalt hier zu nehmen. Aber auch die Schwachen und Leidenden kommen in die Lage, an passenden Tagen die Hochregionen zu erreichen, sich oben in der frischen Waldluft zu ergehen und die Wunder der Berge zu schauen. So sind Bergbahnen wirklich ein Fortschritt und ein Kulturwerk, dessen wir uns freuen wollen.“  Leider kann sich der Erholungssuchende von heute nicht mehr an diesem Kulturwerk erfreuen, denn die Unkultur späterer Generationen mit dem kurzsichtigen Fokus auf den Fetisch Automobil hat auch die Guntschnabahn zerstört - nach der Eröffnung der Autostrasse fuhr sie 1963 zum letzten Mal.

Heute sind nur mehr wenige Relikte der Guntschnabahn in situ erhalten - darunter zählen die Bergstation (heute umgebautes Wohnhaus), eine Brücke der Guntschnapromenade über die ehem. Trasse sowie Reste der Trasse (ohne Schienen) oberhalb dieser Brücke im Wald. Auch das Gebäude des Reichriegler Hofes ist noch erhalten, allerdings dient auch dieses Gebäude heute privaten Zwecken. Erholungswert bietet der Guntschnaberg auch heute noch, ein Aufstieg über die ca. 3 km lange serpentinenförmige Guntschnapromenade von Bozen-Gries aus ist dank der interessanten Flora und den Ausblicken immer wieder ein Erlebnis.

Zur Geschichte und Technik der Guntschnabahn (nach Wikipedia sowie Tecneum):

Um ihr Hotel und Restaurant Reichrieglerhof touristisch besser vermarkten zu können, ließ die Hotelierin Elise Überbacher-Minatti die Guntschnabahn bauen. Die Baukosten betrugen 288.700 Kronen.

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Baubeginn: 1911

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Eröffnung: 12. August 1912

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Stillegung: 31. März 1963

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Talstation: An der heutigen Defreggerstrasse (damals Höffingerstrasse) auf 300 m Seehöhe

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Bergstation: Unterhalb des Streckerhofes auf 486 m Seehöhe

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Höhenunterschied: 186 m

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Maximale Neigung: 67 Prozent

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Fahrzeit: Ca. 4 Minuten

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Spurweite: Meterspur (1.000 mm), eingleisig mit Ausweiche

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Waggons: 2, gebaut in Graz von der Grazer Waggon- und Maschinenfabrik AG, Kapazität je 20 Personen in 4 treppenförmig angelegten Abteilen

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Antrieb: Asynchron-Drehstrommotor mit 50 PS und Windwerk in der Bergstation

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Strom: Durch das Elektrizitäts- und Wasserkraftwerk Zwölfmalgreien

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Betrieb: Ganzjährig, ca. 40 Fahrten täglich von 7-21.30 im Viertel- bzw. Halbstundentakt

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Anschluß an das Bozner Strassenbahnnetz in der Haltestelle "Guntschnabahn" in der ehem. Habsburgerstrasse (heute Fagenstrasse) gleich neben der Talstation

Relikte der Guntschnabahn heute:

Von der Talstation, einem zweigeschossigen Stationsgebäude mit Satteldachabschluss und der seitlich daran angegliederten Wagenhalle, blieb nichts übrig. Auch die Trasse ist von unten nicht auszumachen, es ist alles zugewachsen. Zur Bergstation gelangt man entweder zu Fuß über die Guntschnapromenade oder mit der Seilbahn nach Jenesien (oder Auto oder Bus) und von dort zu Fuß zum Reichrieglerhof und zur Bergstation.

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Aufstieg auf der Guntschnapromenade mit herrlicher Flora und Blick über den Bozner Talkessel

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Brücke über die Trasse der Guntschnabahn. Darunter sieht man im Wald steil aufsteigend die gemauerte Trasse und die Stiegen

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Bergstation heute im Privatbesitz (danke an Herrn Michael für die Führung vor Ort)

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Bergstation einst (Foto Tecneum) sowie die Stiegenreste und Reste der Fundamente heute in der zugebauten Garage

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Italienische Marmor-Inschrift zur Guntschnabahn neben der Garage

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Hier ging die Trasse runter, man erkennt noch grob den Verlauf, der aber total zugewachsen ist

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Ehem. Werbeschild Guntschnabahn bzw. Reichrieglerhof (=castello guncina)

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Über einen eben verlaufenden Wanderweg mit Aussichtskanzeln gelangte man in wenigen Minuten zum Reichrieglerhof

Linktips:

www.tecneum.eu

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Die Guntschnapromenade, vormals Erzherzog-Heinrich-Promenade

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Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF;  Erstmals online publiziert: 29. Mai 2014; Änderungen: -

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Last modified  Sonntag, 24. Mai 2015 22:13:46 +0200
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