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DEEF-Blog 2014: Salzburg - Einen Masterplan für den Verkehr, aber einen echten!

"Na endlich habens sie´s kapiert", dachte ich mir, als ich heute die Salzburger Haus- und Hofpostille, die Salzburger Nachrichten, aufschlug. Einen Masterplan für den Verkehr wollen sie für Salzburg. Und das innert eines Jahres. Doch nicht Politiker sind es die das fordern, sondern Privatpersonen, im SN-Artikel als die "3 Musketiere" bezeichnet. Ein ehem. ÖBB-Manager, ein pensionierter Vorstand des örtlichen Energieversorgers und Expolitiker sowie ein ehemaliger Lehrer, seines Zeichens auch noch Sprecher der örtlichen Verkehrsplattform. Aber macht ja nichts, Hauptsache es kommt endlich ein Masterplan, der den Namen auch verdient.

 

Doch jäh schwanden meine Hoffnungen daran als ich weiterlas. Ein Konzept wird gefordert, das mit wenig Geld und dann noch in kurzer Zeit realisiert werden kann. Oje, dachte ich mir, wieder ein paar selbsternannte Experten, die von einem Masterplan reden aber wohl noch nie darüber nachgedacht haben was das denn ist. Und was mich besonders ärgerte, daß sie die seit 20 Jahren versprochene und für das Wohl der Stadt unbedingt notwendige Regionalstadtbahn als eine schöne aber unfinanzierbare Vision abtun. Die in der Verkehrsplattform zusammengefaßten Organisationen schäumen vor Wut, ist doch die Aussage des dritten Musketiers und Plattformsprechers keinesfalls mit den Organisationen abgestimmt wie man mir sagte -

die hatten ja eben eine Unterschriftenaktion Pro Stadtbahn gestartet. Das wird die untätigen Politiker freuen, wenn nun auch die diversen Organisationen untereinander uneins sind. "Getrennt marschieren, vereint schlagen" (Gen. Moltke) sieht wohl anders aus.

 

Was ist nun ein Masterplan? "Schlag nach bei Populorum" dachte ich mir, habe ich doch bereits 1996 an der Universität Salzburg am damaligen Institut für Geographie eine Vorlesung und Übung "Masterpläne" gehalten. Und mit Alfred Kyrer gemeinsam an Masterplänen gearbeitet und auch publiziert. Nachfolgend daher ein paar Hinweise zum Wesen von Masterplänen.

Was ist Planung?

„Planung bedeutet vorausschauendes, systematisches Durchdenken und Formulieren von Zielen, Handlungsalternativen und Verhaltensweisen, deren optimale Auswahl sowie die Festlegung von Anweisungen zur rationellen Realisierung der ausgewählten Alternative“ (Zangenmeister 1970).


Was ist ein Masterplan?


Masterpläne sind strategische, auf kybernetischem Denken aufgebaute vernetzte Rahmenpläne mit langfristigen Planungshorizonten, die als Orientierungsraster und Regelwerk die Spielregeln für das Verhalten in geographisch–administrativen Einheiten sowie Sachebenen mit dem Ziel einer Erhöhung des Gesamtnutzens der menschlichen Gesellschaft festlegen. (Populorum 1997)


Aufgrund gravierender Probleme (u.a. Ressourcenknappheit, Globalisierungstendenzen, technologische Veränderungen...) sind im Ausland Bestrebungen festzustellen, (wirtschafts–) politische Entscheidungen in Hinblick auf kommunale, regionale, gesamtwirtschaftliche oder globale Kompatibilität zu durchleuchten. Das Ergebnis dieser Analysen als einem Ansatzpunkt zur Verbesserung der Wirtschaftspolitik sind kommunale, regionale oder makroökonomische Masterpläne, in denen alle wesentlichen geplanten Projekte ab einer bestimmten Größenordnung angeführt sind.

Für Österreich beklagt Kyrer u.a. das Fehlen eines volkswirtschaftlichen Masterplanes zur Überprüfung der Kompatibilität von Einzelmaßnahmen und einer ganzheitlichen, vernetzten Politiksteuerung. „..: man trifft wirtschaftspolitische Entscheidungen von großer Tragweite ohne sich um andere Ressorts oder die künftige Finanzierbarkeit zu kümmern. Die einzelnen Ministerien „fuhrwerken“ vielfach ohne volkswirtschaftliche Perspektiven durch die Gegend und wollen eigentlich nur Maßnahmenpakete exekutieren“ (Kyrer, 1995, S. 145).

Der Masterplan ist das schriftliche/graphische Ergebnis des strategischen Führungs– und Planungsprozesses. Der Masterplan fußt auf einem Leitbild sowie klar definierten Zielen. Die Aufnahme eines Projektes in den Masterplan erfolgt erst nach eingehender Überprüfung unter Anwendung anerkannter Planungs– und Analysemethoden. Das neu aufzunehmende Projekt muß im Einklang mit dem Leitbild und den definierten Zielen stehen (dh. es muß wünschenswert/sollenswert sein) und es muß machbar sein. Die Machbarkeit ist durch Machbarkeitsstudien zu belegen, der Masterplan fungiert als Machbarkeitsfilter.

 



Überprüfung/Berechnung der

• Finanzierbarkeit
• Folgekosten, Folgelasten, Technologiefolgenabschätzung
• Kompatibilität mit bereits laufenden alten Projekten bzw. geplanten Projekten (Ziel–/Mittelkonflikte)

Durch Masterpläne erfolgt letztlich eine Integration und Vernetzung der Politikfelder zwecks gesamtgesellschaftlicher/wirtschaftlicher Optimierung, wobei zeitliche, sachliche und finanzielle Prioritäten gesetzt werden.

Masterpläne werden laufend fortgeschrieben, grundlegende Änderungen in den nationalen und internationalen Rahmenbedingungen werden berücksichtigt (Wartung der Masterpläne). Da die Prüfung neuer Projekte einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt, wird einerseits vermieden, daß Projekte, die von einer Lobby unterstützt werden, (vor) schnell in Angriff genommen werden und andererseits auch verhindert, dass einmal begonnene Projekte plötzlich gestoppt werden. Masterpläne bieten somit eine objektiv–sachlogische Plattform für Kommunikation, Kooperation und Koordination.

Bei der Erstellung eines Masterplanes ist die Kompatibilität mit anderen Masterplänen zu gewährleisten – dies erfolgt durch eine ganzheitlich vernetzte, kybernetische Betrachtungsweise.

 

Politiker kommen und gehen,

Masterpläne bleiben bestehen! (Kyrer/Populorum 2013)

 

Somit müssen wir in Salzburg wohl noch weiter auf einen wirklichen Masterplan warten - derweilen passiert nach wie vor - wenn überhaupt - Stückwerk, bis zur nächsten Wahl warscheinlich hauptsächlich Stillstand und dann geht alles wieder von vorne los. Sisyphos läßt grüssen! Wien wird sich freuen und baut dann nach der U2 nun die U5 mit Salzburger Geldern.

 

Engagierte Kämpfer PRO Regionalstadtbahn Salzburg - Pamp, Fuchs, Weiser, Golth (v.l.)

 

Links:

Salzburg: Unterschriftenaktion pro Stadtbahn macht Politikern Dampf

Verkehrspolitik Salzburg: Hurra, wir sind pleite! Jetzt müssen wir nix tun!

Desaströse Verkehrspolitik Salzburg - Vergasung und Vergiftung der Menschen

 

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Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF;  Erstmals Online publiziert: 29. Juni 2014; Ergänzungen: -

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Last modified  Samstag, 02. Mai 2015 11:23:50 +0200
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