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DEEF-Blog 2013: SLB Obus Salzburg: Neuer Aufsichtsrat desavouiert eigenes Unternehmen Salzburg AG

Autor: Dr. Michael Populorum, 21.9.2013

Der Salzburger Obus (Oberleitungsbus, Trolleybus), 1940 als Ersatz für die Salzburger Strassenbahn eingeführt, gilt in der Fachwelt als einer der Vorzeigebetriebe international und stellt in Salzburg das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs dar. Auch nach der Inbetriebnahme der dringend notwendigen Stadt-Regionalbahn mit dem Herzstücke einer unterirdischen Durchquerung der Salzburger Innenstadt in Verlängerung des Lokalbahntunnels vom Bahnhof - welche leider ja nach wie vor seitens der Stadt- und Landespolitiker unverantwortlicherweise verschleppt wird - wird dem Obus eine wichtige Rolle im Salzburger Verkehrskonzept zukommen. Der Obus erfreut sich grosser Beliebtheit bei den Salzburgerinnen und Salzburgern sowie zahlreicher Touristen und beförderte zuletzt an die 40 Mio Passagiere jährlich.

Obus Salzburg DEEF Dr. Michael Populorum 2013

Umso unverständlicher ist es, dass ein neu bestellter Aufsichtsrat der Salzburg AG nun seinem eigenen Unternehmen in den Rücken fällt und eine Abschaffung des Obus fordert mit der hahnebüchenen Begründung, dass die Oberleitung das Stadtbild der Weltkulturerbestadt Salzburg verschandelt (siehe SN Lokalteil 10.9.2013, Titelseite und Seite 10,11). Als Ersatz sollen sogenannte "Batteriebusse" eingeführt werden, die allerdings bis dato nicht über das Erprobungsstadium hinausgekommen sind und im Vergleich zum Obus weitere Nachteile aufweisen würden.

Zahlreiche Leserbriefe gegen dieses unqualifizierte Ansinnen waren die Folge und auch die Salzburg AG startete eine Imagekampagne pro Obus in den Salzburger Nachrichten.

Nachfolgend ein bis dato unveröffentlichter Leserbrief von Richard Fuchs, der unsere Redaktion erreichte:

Wenn Journalisten das seltene Glück haben, auf Politiker zu treffen, die nachvollziehbaren Schwachsinn als politisches Programm verkaufen wollen, den sie offensichtlich nicht einmal selbst durchschauen, ist es andererseits nachvollziehbar, dass dafür natürlich medial ausreichend Platz geboten wird! Frei nach „Mörtel Lugner" ist es wichtig, in der Zeitung zu stehen, unabhängig vom verzapften Blödsinn.

Genau das passierte am 9.9.2013, als in einem SN-Artikel, der offensichtlich durch schlimmsten Postenschacher in den Aufsichtsrat der Salzburg AG gehievte ÖVP-Politiker Struber, glaubt, gleich alle bewährten Strukturen innerhalb dieses Unternehmens nachhaltig zerstören zu müssen! Ihm ist offensichtlich gar nicht die Rolle eines Aufsichtsrates bewusst. Wahrscheinlich glaubt er, dass man im Aufsichtsrat Politik im Wahlkampf spielen kann. Wenn jemand das Zusammenspiel zwischen Kosten und Erlösen nicht begriffen hat, kann dieser schon gar nicht die wirtschaftliche Komplexität von vernetzten Systemen durchschauen.

Nur so ist zu verstehen, dass ein von Fachkompetenz offensichtlich völlig unbelasteter ÖVP-Aufsichtsrat Struber, das europaweite Vorzeige- und Zukunftsprojekt, bzw. das sich solide weiterentwickelnde System „Salzburger Obus" zerstören und durch das technologisch seit über 50 Jahren in den Kinderschuhen stecken gebliebene Konzept „Batteriebus" ersetzen will.

An dieser Stelle muss sehr wohl darauf hingewiesen werden, dass ein Aufsichtsrat, innerhalb eines Unternehmens, auch für den wirtschaftlichen Erfolg mit verantwortlich ist! Jeder Aufsichtsrat, der zum Schaden dieses Unternehmens agiert, ist eigentlich unverzüglich von dort zu entfernen. Wenn das die Wirtschaftskompetenz der ÖVP ist, dann gute Nacht armes Salzburg!

Ich habe echte Sorge um das Unternehmen Salzburg AG, den Salzburger Obus und damit auch Salzburg insgesamt, wenn es in diesem Unternehmen einen wild gewordenen Aufsichtsrat gibt, der glaubt, an irgendwelchen Knöpfen drehen zu müssen, ohne deren Funktionen zu kennen. Ich will mir gar nicht vorstellen, irgendwann in meiner Wohnung im Dunkeln sitzen zu müssen, nur weil dieser Herr es fesch findet, wenn man von jedem Kabel die zweite Phase herausreißt, weil man das vielleicht als Altkupfer hochpreisig verhökern kann.

Keiner weiß, was solchen Leuten noch alles einfallen kann. Wer zieht hier bitte die Notbremse? Am Wahlabend werden dann wohl wieder alle Politiker ihre belämmerten entgleisten Gesichtszüge in die Kameras halten, weil sie die Politikverdrossenheit der Wählern nicht verstehen; ich schon!

Fazit: Um die Verkehrspolitik in Stadt und Land Salzburg ist es ohnehin nicht gut bestellt - statt proaktiv und vorausschauend anhand eines Masterplans die Weichen für eine lebensfreundliche und gesunde  Zukunft zu stellen, wird seit Jahrzehnten in Stadt und Land herumgewurstelt und dilettiert. Es staut, stinkt und lärmt immer öfter und die Lebensqualität sinkt.

Die seit Jahrzehnten projektierte (Regional-) Stadtbahn ist immer noch nicht verwirklicht, sie ist nicht einmal im Detail geplant und beschlossen. Es bleibt bei Sonntagsreden und Lippenbekenntnissen. Und obwohl auch im neuen Regierungsprogramm des Landes dieses Projekt prioritär gereiht ist, scheint Salzburg unfähig, zumindest als Initialzündung einen paar hundert Meter langen Tunnel vom Hauptbahnhof bis zum Mirabellplatz zu graben.

Somit trägt nach wie vor der Salzburger Obus die Hauptlast des öffentlichen Verkehrs in Salzburg. Aber anstatt den Obus und seine Stärken weiter auszubauen (zusätzliche Busspuren, neue Fahrzeuge, moderne Informationssysteme an den Haltestellen, ordentliche Haltestellenhäuschen etc.) gibt es in der Stadt Salzburg ("Schilda") schon wieder Stimmen (vorwiegend ÖVP), einzelne Busspuren, die dem Individualverkehr mühsam abgerungen werden konnten, zu opfern, um die Stadt "autogerechter" zu gestalten.

Und nun fällt auch noch ein Neo-Aufsichtsrat offensichtlich aus Wahlkampfmotiven oder eigener Profilierungssucht seinem eigenen Unternehmen in den Rücken und möchte das wenige, was in der Stadt Salzburg noch funktioniert, auch noch zerschlagen. Er wäre besser beraten, die Stärken seines Unternehmens zu verstärken (wie man das eigentlich schon im 1. Semster BWL oder VWL an der Uni lernt) und sich für den Ausbau des Obus und für die Errichtung der Stadt-Regionalbahn einzusetzen. Armes Salzburg kann man da nur sagen. Ich frage mich nur, wielange sich die steuerzahlenden Bürger solchen Dilettantismus noch gefallen lassen.

Obus Salzburg DEEF Dr. Michael Populorum 2013

Doppelgelenks-Obus wird es auch in Salzburg geben müssen - in der Schweiz schon erfolgreiche Realität

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Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF;  Erstmals Online publiziert: 21. September 2013; Ergänzungen: -

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