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DEEF-Blog 2013: Reisen mit der Deutschen Bahn - auch nicht gerade "das Gelbe vom Ei"

Autor: Dr. Michael Populorum, 23.5.2013

"Pünktlich wie die Deutsche Bahn" - so sagte meine Oma Auguste Populorum stets wenn Sie mit mir "Zugschauen" ging. Doch das ist lange her, zwischenzeitlich ist die DB eine Aktiengesellschaft und die neoliberal verbildeten Manager fühlen sich mehr den Shareholdern und ihren eigenen Bonuszahlungen als ihren Kunden verpflichtet.

Mit den Fernverkehrszügen der DB bin ich nicht so oft unterwegs, meist reise ich mit dem 1. Klasse Bayernticket durch unser schönes Nachbarbundesland Bayern. Von meinen letzten Fahrten vor ca. 2 Jahren nach Berlin, Hamburg und Lübeck sind mir noch laufende Probleme mit dem Reservierungssystem in den ICE-Zügen in unangenehmer Erinnerung, bei denen es mehrfach zu Verbalattacken und fast zu Handgreiflichkeiten zwischen Fahrgästen kam.

Zwischenzeitlich machten die hochmodernen ICE-Triebzüge mehrfach vor allem Sommer in allen Medien Schlagzeilen, als nämlich die Klimaanlagen zu Hauff ausfielen und die Fahrgäste ob Temperaturen von mehr als 50 Grad reihenweise umfielen.

Dieser Tage ging es wieder mal auf eine längere berufliche Fahrt nach Belgien - hier zusammengefaßt meine Eindrücke bei der An- und Rückreise mit der Deutschen Bahn:

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Schon zu Beginn gab es (noch immer?) Probleme mit dem Reservierungssystem - Im EC 390 stand ab Salzburg bis München über allen Plätzen "ggf. reserviert", man war sich also ohne Platzkarte nie sicher, ob man nicht vom Platz verscheucht werden würde. Mit dem Hinweis auf "Technische Probleme" wurden die Fahrgäste (manchmal auch sarkastisch "Beförderungsfälle" genannt) "um Verständnis gebeten"

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Ab München funktionierte das System dann oder doch nicht? Denn ich hatte einen Fensterplatz in einem dieser herrlichen 1. Klasse-Abteilen reserviert und plötzlich leuchtete auf dem digitalen Reservierungsschild an der Abteiltür auf, dass mein Platz von Weinheim bis Frankfurt reserviert wurde. Aber es kam dann niemand und da ich der einzige Fahrgast im Abteil war, hätte der andere Bucher noch 5 Plätze zur Auswahl gehabt - meinen natürlich nicht, denn den hätte ich schon verteidigt vor allem gegenüber einem "Preissn"!

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In Frankfurt dann nach einer kurzen Labung in der DB-Lounge den ICE International Nummer 14 Richtung Brüssel bestiegen. Ich hatte natürlich wieder reserviert, doch was sah ich im ganzen Zug: Über allen Plätzen stand "ggf. reserviert". Da auf meinem Platz in einem der Abteile schon jemand sass, ich kein pingeliger Deutscher bin sondern ein gemütlicher Österreicher und ich auch noch woanders einen besseren Platz mit Tischerl fand, ließ ich mich dort nieder. Wenn jemand gekommen wäre, dann hätte ich halt die anderen Leute von meinem Platz verscheuchen müssen. Die Durchsage im ICE erläuterte, dass die Reservierungsdiskette nicht vorhanden sei (vergessen??) und man event. ab Köln so eine bekommen werde. Fahrgäste werden gebeten, die Plätze für Personen mit Reservierung freizumachen. Na herrlich, also immer noch Unfähigkeit der DB auf diesem Gebiet

Reisen mit der Deutschen Bahn; DEEF Dr. Michael Populorum 2013

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Als ich in den ICE einstieg - der ja in Frankfurt seinen Ausgangsbahnhof hatte - da standen auf den Tischen überall gebrauchte Tassen von der vorherigen Fahrt herum. Der Schaffner schaffte Teile davon bei den Durchgängen weg. Sowas wirkt ungastlich!

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Dann die Durchsage "Wegen einer Störung im Bordbistro ist heute nur ein eingeschränktes Angebot vorhanden". Na gut, ich wollte mich eh schon immer einschränken, ein paar Kilo weniger tun nicht schlecht

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Ich ließ mich im Sessel der 1. Klasse zurückfallen und merkte, dass man im ÖBB Railjet in der 1. Klasse besser sitzt, denn die Sessel lassen sich dort viel mehr zurücklehnen

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Dann wollte ich im Faltfahrplan "Ihr Reiseplan" blättern - doch ich fand keinen

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Auf die Frage nach dem Reiseplan bemerkte der Schaffner trocken: "Es wurde keiner geliefert". Kein Bedauern darüber, keine Entschuldigung oder Frage, ob ich was wissen möchte. Der Schaffner (heutzutage Zugbegleiter genannt) wirkte genervt, denn eine mir schon vorher ob ihres komischen Verhaltens aufgefallene "Dame", welche offenbar nur französisch sprach,  hatte keine Fahrkarte und auch kein Geld, nur eine Rose hielt sie auffällig in Händen

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Wo sind eigentlich die Zeitungen? Im IC wurde mir gesagt, dass es dort keine mehr gibt sondern nur mehr im ICE. Der Schaffner fragt natürlich nicht danach (wie das in Österreich der Fall ist), ich begebe mich auf die Suche. Die dafür vorgesehenen Wandständer sind leer. Im nächsten Wagen dann der Fund: Die Zeitungen befinden sich in 2 blauen "Zegern" Typus Ikea, welche einfach auf den Boden des Waggons gestellt waren und sich offenbar niemand dafür zuständig fühlte, diese ordnungsgemäss für die Kunden zu verstauen oder noch besser auszuteilen. Ich bediente mich dann halt selbst aus den Zegern heraus

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Die Durchsagen sind spärlich: Im EC 390, der von der Schaffnerin einmal als ICE und dann meist als IC inkorrekt bezeichnet wurde, gab es nur Durchsagen in Deutsch - eigentlich sollte in einem EC auch eine englische Ansage der Station erfolgen. Anschlussverbindungen wurden überhaupt nicht erwähnt, hier war man sehr minimalistisch und sagte nur, dass alle Anschlussverbindungen erreicht werden. Auch im ICE wurde (bei der Hinfahrt im ICE 14) auf eine Nennung von Anschlüssen verzichtet. In diesem Falle doppelt negativ: Kein Reiseplan im Zug vorhanden weil nicht geliefert und keine Durchsagen der Anschlüsse weil offenbar die Zugbegleiter zu bequem waren

Reisen mit der Deutschen Bahn; DEEF Dr. Michael Populorum 2013

Verspätete Einfahrt des ICE 15 Brüssel - Frankfurt am 22.5.2013 im Lütticher Bahnhof (Liegé / Luik Guillemins). Gedränge im Zug, dafür im Bordrestaurant wieder mal nur eingeschränktes Angebot wegen "technischen Problemen"

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Bei der Rückreise kam der ICE 15 in Liegé Guillemins mit ca. 15 Minuten Verspätung an - "technische Probleme schon bei der Hinfahrt" war die Begründung

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Dann die Durchsage im Zug: "Eingeschränktes Angebot im Restaurant wegen technischen Problemen". Naja, ich hatte im "Grand Cafe de la Gare" in Lüttich eben ein vormittägliches leckeres "Leffer Blond" geschlürft und ausserdem wollte ich mich ja wie schon vorhin bemerkt eh einschränken...

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Statt früher Pralinen wurde man in der 1. Klasse nun mit einer Minipackung "Gummibärchen" beglückt - welch´ein Abstieg

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Da im ICE auch in der 1. Klasse Gedränge herrschte (eine Doppeltraktion täte wahrlich Not!!) und ich von meinem Ledersessel am Fensterplatz ob der "genialen Bestuhlung" mehr in die Wand schauen konnte als aus dem Fenster beschliesse ich, den Zug in Köln zu wechseln, um in einem bequemeren Intercity anstatt durch die Tunnelorgie Richtung Frankfurt gemütlich entlang des Rheins nach Stuttgart zu fahren und dort dann in den IC nach Salzburg zu wechseln. 3 Stunden längere Fahrt aber ein Bahn-Reisender der alten Schule ist zeitlos glücklich, der Weg ist ja bekanntlich das Ziel...

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Nach Labung in der DB-Lounge Köln (schwer zu finden von unten her - sie ist auf Bahnsteig 1) mit gratis Sandwich und Becks Bier in einem umgebauten Grossraumwagen, der ident mit dem Interieur des ICE ist aber der Waggon ist eben breiter und weniger stark belegt, entlang des Rheins nach Stuttgart. Endlich mal wieder die Loreley gesehen :-). Die sogenannte "Linksrheinische Strecke" hat schon was, ein schöner Flecken Deutschlands, der obendrein herrlichen Rebensaft liefert

Reisen mit der Deutschen Bahn; DEEF Dr. Michael Populorum 2013

Umgebauter Intercity Grossraumwagen der DB 1. Klasse - allein am 4er-Tisch reist sich´s angenehm und entspannter als im ICE

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Im IC von Stuttgart dann in einem nicht umgebauten Grossraumwagen mit rotem Plüsch der 1970er Jahre nach Salzburg. Man sitzt bequem, doch ein in den Heizungsrippen am Boden installiertes Gebläse heult die ganze Fahrt über unangenehm wie ein Fön auf Stufe 3. Offenbar schlechte Wartung

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Ich blättere im aufliegenden Reiseplan und stelle fest, dass man im Zug (zumindest in den 3 Wagen 1. Klasse mit Bistro) einen falschen Fahrplan aufgelegt hat. Nämlich statt des Plans des IC 1269 den des IC 2269! Braucht wohl jemand eine neue Brille inkl. des Schaffners, der bei einem flüchtigen Hinblicken auf meine Intervention hin meint, der Plan stimme eh. Da es auch keine Durchsagen gibt hinsichtlich Anschlüssen eine Fahrt ohne Orientierungsmöglichkeit für die Reisenden. Zumindest kommen wir in München fast pünktlich an

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Ab München wechsle ich in den Abteilwagen, diese Abteile mit dem roten Plüsch, Überbleibsel der guten alten Zeit des "Trans Europa Express" (TEE), sind einfach bequem. Als ich jedoch die Heizung etwas zurückdrehen wollte hielt ich den Drehknopf in der Hand - wohl wiederum "mangelhafte Wartung" (ausgedehnte Intervalle)

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Von Stuttgart aus nach München nimmt unser IC übrigens noch die Fahrgäste mit, die eigentlich mit dem ICE vorher fahren wollten - doch dieser hat - so war aus den Lautsprechern am Bahnhof zu hören - 50 Minuten Verspätung. Grund: Eh klar, "technisches Gebrechen"....

Fazit: Der Spruch meiner Oma "Pünktlich wie die Deutsche Bahn" hat wohl ausgedient, besser passt zur Deutschen Bahn aktuell wohl der Titel einer ARD-Fernsehreihe aus den 1980ern: "Pleiten, Pech und Pannen".

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Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF;  Erstmals Online publiziert: 23. Mai 2013; Ergänzungen: :

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Last modified  Samstag, 02. Mai 2015 11:23:47 +0200
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